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Die Cohortes urbanae sing Cohors urbana lateinisch fur stadtische Kohorten waren eine Einheit der romische Armee die wahrend der Kaiserzeit in Rom und einigen weiteren Stadten stationiert war und dort polizeiliche Aufgaben erfullte 1 Inhaltsverzeichnis 1 Urbaner Hintergrund Rom 2 Entstehung und Organisation 3 Aufgaben und Funktion 4 Weitere polizeiahnliche Organe im Imperium Romanum 5 Literatur 6 EinzelnachweiseUrbaner Hintergrund Rom BearbeitenFur die Stadt Rom des 1 Jahrhunderts n Chr wird eine Einwohnerzahl von etwa eine Million Menschen beschrieben Die Grossstadt breitete sich auf einer Flache von ca 23 km aus einem Gebiet dass uber die sieben Hugel Roms noch weitraumige Vorstadte suburbia umfasste Aufgrund der Anzahl der Bewohnern und der raumlichen Ausdehnung der Metropole am Tiber barg sie fur kriminelle Aktivitaten ein hohes Risikopotential mit welchem sich eine stadtische Verwaltung auseinandersetzen musste 2 nbsp Ubersichtskarte Karte der sieben Hugel Roms auf Deutsch mit lateinischen Namen in Klammern nbsp Lage der von Aurelian in seiner Regentschaft von 270 bis 275 erbauten Kaserne fur die stadtischen Kohorten im Plan des kaiserlichen Roms orangefarbener PunktDie ungleiche Verteilung von Gutern soziale Spannungen und Ausgrenzungen konnen gewalttatiges kollektives Handeln begunstigen wobei zwischen einer aus diesen Grunden induzierten Kriminalitat und einer Unmutsbekundung von Gruppen einer Bevolkerung unterschieden werden muss Antike Quellen berichten von Diebstahlen und Raubereien im Rom von zur Zeit des Augustus haufigen bewaffneten Wegelagern von Menschenraub Viehdiebstahl Es war Kaiser Tiberius der im italischen Kernland die Anzahl der stationierten Militarposten erhohte um ein gewisses Mass an offentlicher Sicherheit vor dem Raubertum zu erreichen 3 Staat oder Staatlichkeit hatten obgleich vorhanden im antiken Rom eine andere Bedeutung als in den geopolitischen Systemen mit einer politischen Ordnungsstruktur in der Neuzeit Institutionalisierte Herrschaft und ein Gewaltmonopol waren noch nicht hochentwickelt dafur rudimentar und fragil Es gab noch keine Polizeiinstitution Staatsanwaltschaft Gerichtsvollzieher eigentliche Gefangnisse es gab kein offentliches Gesundheitswesen und noch keine offentlichen Schulen im strengen Wortsinn 4 Entstehung und Organisation Bearbeiten Hauptartikel Pax Romana Hauptartikel Prinzipat Unbekannt bleibt der genaue Zeitpunkt der Grundung der cohortes urbanae Sie werden im Jahre 5 n Chr erstmalig in einer Liste als regulare Einheiten erwahnt Moglich scheint eine Aufstellung in Verbindung mit der Rekrutierung von Pratorianern im Jahre 27 v Chr gegeben Die Pratorianergarde praetoriani war typisch fur die romischen Kaiserzeit Als Eliteeinheit bestand ihre Hauptaufgabe darin den Kaiser und dessen Familie mit Waffengewalt zu schutzen Dennoch sind Pratorianer nicht als eine reine Leibgarde anzusehen Funktionell waren sie klar darauf ausgerichtet dem Kaiser zur Verfugung zu stehen d h sie dienten nicht nur zu dessen Schutz vielmehr wurden ihnen auch administrative Aufgaben im gesellschaftlichen Leben Roms ubertragen 5 Um der Machtfulle der praetoriani ein Gegengewicht zu setzen wurden von Augustus die cohortes urbanae gegrundet sie stellten eine paramilitarische Gruppe dar welche als Ordnungskraft in der Stadt Rom u a diente Konzipiert als eine dem Kaisers loyal verbundene Truppe waren die cohortes urbanae Teil des Militars ubernahmen jedoch eben nicht typische militarische Aufgaben 6 Alexandra W Busch 2007 nennt Zahlen Mannschaftsstarke bezuglich der Zusammensetzung der staatlichen Exekutivorgane im Zeitraum zwischen dem 1 und 4 Jahrhundert Militarische Paramilitarische Einheiten 1 Jahrhundert 2 Jahrhundert 3 Jahrhundert 4 Jahrhundertcohortes urbanae 1 500 2 000 6 000 6 000cohortes vigilum 3 500 3 500 7 000 7 000cohortes praetoriae 4 500 5 000 10 000 10 000 7 Eine der wichtigsten Grundungen Kaiser Augustus war die Schaffung eines stehenden Heeres 8 Im Jahre um 13 n Chr rief Augustus die cohortes urbanae unter dem Befehl des praefectus urbi als eine Sicherheitspolizei der Stadt Rom ins Leben Unter Augustus wurden zunachst drei Kohorten aufgestellt deren Nummerierung X XII an die der Pratorianer anschloss und aus drei Kohorten zu je 500 Mann bestand cohors quingenaria Im Gegensatz zu dieser Gardeeinheit unterstanden die cohortes urbanae nicht dem Pratorianerprafekten sondern dem Praefectus urbi dem Stadtprafekten Sie waren allerdings seit Tiberius bis zur Zeit Aurelians gemeinsam mit den Pratorianern in deren Lager Castra praetoria am Rande der Stadt untergebracht Die cohortes urbanae standen vom Ansehen her zwischen den Pratorianern und der dritten in Rom stationierten Truppe den Vigiles Laut Schiavone 9 waren die Cohortes urbanae fur die Verfolgung entsprechender Straftaten in einem Umkreis von 100 Meilen das einspricht circa 148 km zustandig Leitung hatte der Stadtprafekt praefectus urbi dem drei Stadtkohorten unterstanden Die Zahl der Kohorten wurde bis zum Ende der julisch claudischen Dynastie auf neun erhoht von denen im Jahr 68 drei nicht in Rom sondern in anderen Stadten Ostia Puteoli Lugdunum 10 stationiert waren Die Kohorte von Lugdunum war in erster Linie fur die Bewachung einer kaiserlichen Munzstatte verantwortlich die Augustus dort gegrundet hatte Ab der flavischen Zeit gab es vier Kohorten in Rom sowie je eine in Lugdunum und Karthago Unter Septimius Severus wurde die Mannschaftsstarke der cohortes urbanae von ursprunglich wohl je 500 auf 1500 Mann erhoht 11 Neben den cohortes urbanae wurden spatestens mit Augustus im Jahr 6 n Chr eine weitere Organisation die militia vigilum regime die spater in cohortes vigilum umbenannt wurden ihre Aufgaben lagen in der Brandbekampfung der Fahndung nach Brandstiftern und in Stadtwachen und ab Trajan fuhrte der praefectus vigilum bei dementsprechenden Prozessen den Vorsitz Den vigiles wie sie kurz bezeichnet wurden oblagen mehr und mehr auch polizeiliche Aufgaben Zur Uberwachung von Markten und Badern wurden die Adilen eingesetzt ihnen oblag die Einhaltung der betreffenden Gesetze So kontrollierten die Adilen die Gewichte die auf den Markten benutzt wurden Der Dienstplatz der Adilen eine Art Eichamt befand sich im Castortempel Aedes Castoris nbsp Grabstele des Vorstandes des Gefangnisses der XIII stadtischen Kohorte von Lugdunum Gallo Romisches Museum von Fourviere CIL XIII 1833Flavius Valerius Constantinus loste die cohortes vigiles kurze Zeit nach der Schlacht an der Milvischen Brucke im Jahre 312 n Chr auf einige Jahrzehnte spater traf diese Massnahme auch die cohortes urbanae 12 Aufgaben und Funktion Bearbeiten Hauptartikel Romisches Straf und Strafverfahrensrecht Hauptartikel Crimen Eine bedeutsame Funktion hatten die paramilitarischen Krafte bei der Uberwachung der offentlichen Spiele so im Circus Maximus oder im Colosseum inne 13 In welchem Ausmass und mit welchem Vorgehen sie auch in der Verbrechensbekampfung tatig wurden bleibt in der wissenschaftlichen Diskussion offen Damit hatten die Kohorten des Kaiserzeit als permanente Ordnungsapparate eine andere Schnittmenge in ihren Aufgaben als etwa die Polizei der Neuzeit 14 Weitere polizeiahnliche Organe im Imperium Romanum BearbeitenDer Althistoriker Krause 2004 15 fuhrt an dass obgleich sich der romische Staat nicht um den Aufbau einer spezialisierten Polizei als solche kummerte das romische Militar sich partiell dieser Aufgaben widmete So wurden in den Regiones dem italischen Kernland unter den Kaisern Augustus und Tiberius Militarposten stationes begrundet die um die Einhaltung der gesellschaftlichen Regeln bemuht waren In den romischen Provinzen ausserhalb des Kernlandes oblag diese Aufgabe im administrativen Funktions und Kompetenzbereich der jeweiligen Statthalter und seines Stabes So beschrieb der Jurist Domitius Ulpianus dass das suffiziente Handeln eines Statthalters darin Ausdruck fande Verbrecher wie Rauber Diebe etc zu ermitteln und in einer angemessenen Form zu bestrafen Die Militarangehorigen die fur solche polizeilichen Aufgaben abgestellt wurden waren die stationarii welche an strategisch bedeutsamen Orten in der Provinz als eine Art Militarpolizei dem Statthalter direkt unterstanden Ahnlich den stationarii waren die burgarii die in befestigten burgi stationiert waren 16 Die Frumentarii hatten insbesondere in Verbindung mit den Statthaltern in den romischen Provinzen nicht nur ihr Hauptquartier in der Nahe der Kanzlei officium des Statthalters sondern sie waren auch mit geheim polizeilichen Aufgaben betraut Aber auch in der Hauptstadt Rom gab es ebenfalls Frumentarii dort stellten sie eine Art Hilfstruppe numerus und erfullten vor allem Botendienste im administrativen Bereich 17 nbsp Ubersichtskarte der Hauptstrassen im Romischen Reich zur Zeit von Hadrian Regentschaft 117 138 Die Benefiziarier beneficiarii wiederum waren Principales 18 der romischen Armee die militar polizeiliche Aufgaben ausubten in der Legion waren sie als Sekretare im Stab des Statthalters aktiv oder wurden auf Stationen in den Provinzen abkommandiert 19 Ihnen oblag auch die Bekampfung etwa der Strassenrauberei und Bandenkriminalitat an den romischen Fernstrassen Sie wurden durch die vom jeweiligen Statthalter hierzu autorisiert und waren aus ihren Stammeinheiten abkommandierte Legionare mit einem entsprechenden militarischen Rang Literatur BearbeitenWerner Eck Urbanae cohortes In Der Neue Pauly DNP Band 12 1 Metzler Stuttgart 2002 ISBN 3 476 01482 7 Sp 1030 Helmut Freis Die cohortes urbanae Epigraphische Studien 2 ISSN 0071 0989 Bonner Jahrbucher Beihefte 21 Bohlau Koln u a 1967 Fred Charles Mench The cohortes urbanae of imperial Rome An epigraphic study Diss Yale Univ 1968 Wilfried Nippel Aufruhr und Polizei in der romischen Republik Klett Cotta Stuttgart 1988 ISBN 978 3 608 91434 4 Romina Schiavone Hrsg Gefahrliches Pflaster Kriminalitat im Romischen Reich Band 21 Xanthener Berichte Philipp von Zabern Darmstadt 2013 ISBN 978 3 8053 4382 4 John Brian Campbell cohortes urbanae In The Oxford Classical Dictionary 4th ed Oxford University Press Oxford 2012 ISBN 978 0 19 954556 8 Jens Uwe Krause Gefangnisse im Romischen Reich Heidelberger Althistorische Beitrage und Epigraphische Studien Franz Steiner Verlag Stuttgart 1996 ISBN 3 515 06976 3 Jens Uwe Krause Kriminalgeschichte der Antike C H Beck Munchen 2004 ISBN 3 406 52240 8 Theodor Mommsen Die Gardetruppen der Romischen Republik und der Kaiserzeit In Hermes Band 14 1879 S 25 160 Lennart Gilhaus Physische Gewalt in der griechisch romischen Antike Ein Forschungsbericht H Soz Kult 13 Juli 2017 auf meinclio clio online de 3 hier S 24 Martin Zimmermann Gewalt Die dunkle Seite der Antike DVA Munchen 2013 ISBN 978 3 421 04471 6 Einzelnachweise Bearbeiten Alexandra W Busch Militia in Urbe The military presence in Rome In The Impact of the Roman Army 200 B C A D 476 Economic Social Political Religious and Cultural Aspects Proceedings of the Sixth Workshop of the International Network Impact of Empire Roman Empire 200 B C A D 476 Capri Italy March 29 April 2 2005 Brill Leiden 2007 ISBN 978 90 474 3039 1 S 315 341 Willem Marinus Jongman II Bevolkerung und Wirtschaft der Stadt Rom B Wirtschaft In Hubert Cancik Helmuth Schneider Hrsg Der Neue Pauly J B Metzler Verlag Stuttgart 2001 S 1079 1081 Marcus Prell Armut im antiken Rom Von den Gracchen bis Kaiser Diokletian Band 77 Beitrage zur Wirtschaft und Sozialgeschichte Franz Steiner Stuttgart 1997 ISBN 3 515 07055 9 S 245 248 Michael Sommer Dark Rome Das geheime Leben der Romer C H Beck Munchen 2022 ISBN 978 3 406 78144 5 S 83 f Sandra Bingham The Praetorian Guard A History of Rome s Elite Special Forces I B Tauris London 2013 ISBN 978 1 84511 884 6 S 81 114 Werner Eck Urbanae cohortes In Der Neue Pauly DNP Band 12 1 Metzler Stuttgart 2002 ISBN 3 476 01482 7 Sp 1030 Aus Alexandra Busch Militia in Urbe The military presence in Rome In The Impact of the Roman Army 200 B C A D 476 Economic Social Political Religious and Cultural Aspects Proceedings of the Sixth Workshop of the International Network Impact of Empire Roman Empire 200 B C A D 476 Capri Italy March 29 April 2 2005 Brill Leiden 2007 ISBN 978 90 474 3039 1 S 315 341 Gabriele Wesch Klein Die Provinzen des Imperium Romanum WBG Darmstadt 2016 ISBN 978 3 534 26438 4 S 73 Romina Schiavone Agens at latrunculum Strafverfolgung im Romischen Reich In Romina Schiavone Hrsg Gefahrliches Pflaster Kriminalitat im Romischen Reich Band 21 Xanthener Berichte Philipp von Zabern Darmstadt 2013 ISBN 978 3 8053 4382 4 S 225 Patrick Charell Die Stadtkohorte von Lugdunum Militarische Schutztruppe oder Sicherheitspolizei nach romischem Vorbild 2 Aufl Grin Munchen 2011 ISBN 978 3 640 91592 7 Cohortes Urbanae Imperium Romanum Version LX auf imperiumromanum com 1 Jens Uwe Krause Kriminalgeschichte der Antike C H Beck Munchen 2004 ISBN 3 406 52240 8 S 46 Fik Meijer Die Gladiatoren Patmos Dusseldorf 2004 ISBN 978 3 491 96209 5 S 99 Uwe Walter Verbrechen im alten Rom Artefakte und Klischees Frankfurter Allgemeine Zeitung 8 Juli 2011 2 Jens Uwe Krause Kriminal Geschichte der Antike C H Beck Munchen 2004 ISBN 3 406 52240 8 S 44 60 Der Althistoriker Jens Uwe Krause Kriminal Geschichte der Antike C H Beck Munchen 2004 ISBN 3 406 52240 8 S 47 Gabriele Wesch Klein Die Provinzen des Imperium Romanum WBG Darmstadt 2016 ISBN 978 3 534 26438 4 S 73 siehe hierzu auch Liste der Dienstgrade und Truppengattungen in der romischen Armee Joachim Ott Die Beneficiarier Untersuchungen zu ihrer Stellung innerhalb der Rangordnung des romischen Heeres und zu ihrer Funktion H 92 Einzelschriften Historia Steiner Stuttgart 1995 ISBN 3 515 06660 8 Normdaten Sachbegriff VIAF 220005156 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Cohortes urbanae amp oldid 236492415