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Feuerwehren im Romischen Reich gab es als offentlich kommunale Organisation ungefahr seit dem ersten Jahrzehnt vor Christi Geburt Das Gebaude Nr 9 in der Via della VII Coorte uber dem antiken Wachlokal der VII cohortes vigilum aus dem 2 JahrhundertDas bei Ausgrabungen wiederentdeckte Wachthaus der VII Kohorte der romischen Feuerwehr Grafik von J Zielcke Inhaltsverzeichnis 1 Situation in der Stadt Rom 1 1 Die Anfange 1 2 Die erste offentlich kommunale Feuerwehr 1 3 Polizeiliche und juristische Aufgaben 1 4 Methoden der Brandbekampfung 2 Feuerwehren ausserhalb Roms 3 Siehe auch 4 Literatur 5 AnmerkungenSituation in der Stadt Rom BearbeitenDie Anfange Bearbeiten In der Romischen Republik gab es anfanglich keine Feuerwehr Die Brandbekampfung wurde zwar von den Nachtwachtern sogenannten triumviri nocturni ausgefuhrt 1 diese waren jedoch schon mehr mit Sicherheitsaufgaben beschaftigt Politisch fiel die Brandsicherung in das Feld der Adilen Hierbei gab es jedoch den Nachteil dass gemass dem Annuitatsprinzip jeder Adil lediglich ein Jahr lang sein Amt versah was eine effektive Organisation der Brandbekampfung drastisch erschwerte Die immer weiter auswuchernde Metropole Rom hingegen wurde fur verheerende Brande immer anfalliger was vor allem an den tausenden insulae den mehrstockigen Mietshausern fur die niedrigeren Schichten lag da jene meist eher schlecht als recht gebaut waren 2 Darum wurden von reichen Romern private Feuerwehren gebildet Diese jedoch konnten sich nie einer grosseren Popularitat erfreuen da manche Reiche ihr Vermogen durch diese Dienste noch zu vergrossern suchten Nach Ausbruch eines Brandes forderten sie im Gegenzug fur einen Loscheinsatz vom Eigentumer sein Haus zu einem Spottpreis zu verkaufen Weigerte er sich so zog die Feuerwehr unverrichteter Dinge ab Marcus Licinius Crassus zum Beispiel liess seine Privatfeuerwehr in Starke von 500 Mann nur ausrucken und loschen falls die Hausbesitzer die brennenden bzw vom angrenzenden Brand gefahrdeten Hauser zu Spottpreisen an ihn verkauften 3 Die erste offentlich kommunale Feuerwehr Bearbeiten Zum Problem der Bevolkerungsexplosion gesellte sich auch noch das Problem der Brandstiftungen durch Makler zwecks Grundstucksaneignung Angesichts dieser skandalosen Geschaftspraktiken verlangte das romische Volk lautstark nach einer Losung Der populistisch agierende ambitionierte Adil Marcus Egnatius Rufus erkannte in den 20er Jahren v Chr den politischen Wert dieses Themas 4 Er bildete aus eigenen Sklaven eine Feuerwehr und stellte sie bei Brandfallen kostenlos zur Verfugung Die Burger waren begeistert und dankten es ihm mit der Wahl zum Prator Dies wiederum beschaftigte den seit kurzem regierenden princeps Augustus der verhindern wollte dass zukunftig weiter aus der Stadtsicherheit gegen ihn konkurrierendes politisches Kapital geschlagen werden konnte 5 Dazu kam auch noch ein Grossbrand im Jahre 23 v Chr Als Reaktion bildete Augustus eine Feuerwehr aus 600 Sklaven die jedoch ebenfalls langfristig keine wirksame Brandbekampfung sicherstellen konnten Es bedurfte eines neuen Grossbrandes im Jahre 6 v Chr um ihm die Problematik und die Notwendigkeit einer Umorganisation der Feuerwehren klar werden zu lassen 6 Augustus grundete nun im Jahr 6 n Chr die vigiles Wachter die aus 3 500 im 2 Jahrhundert n Chr dann aus 7 000 freigelassenen Sklaven bestand Dieser Trupp wurde militarisch organisiert Die Einheit war unterteilt in sieben Kohorten unter je einem Tribun Jede der Kohorten war fur zwei Stadtbezirke verantwortlich Das Oberkommando wurde einem aus dem Ritterstand stammenden praefectus vigilum ubertragen Die Unterbringung der Kohorten geschah in stationes Kasernen und die ihrer diensthabenden Unterabteilungen in excubitoria Wachhauser 7 Damit war die romische Feuerwehr geboren und in dieser Form bestand sie jahrhundertelang weiter 8 9 Das einzige erhaltene Wachlokal der antiken Feuerwehr das Excubitorium der 7 Kohorte liegt im Stadtviertel Trastevere Das Anwesen war vermutlich ursprunglich ein Privathaus und wurde gegen Ende des 2 Jahrhunderts zu einem Wachlokal umgebaut Die Anlage die in den Jahren 1866 bis 1870 in Teilen ausgegraben wurde wies bei ihrer Entdeckung noch zahlreiche antike Graffiti und Inschriften auf die heute einen tiefen Einblick in das Leben und den Alltag der Feuerwehrleute geben die noch vorhandene wissenschaftliche Dokumentation dazu wurde in den 1990er Jahren von der Althistorikerin Maria Cristina Molinari und dem Archaologen Sascha Priester ausgewertet 10 Die ortliche Zustandigkeit der siebten Kohorte umfasste die Stadtviertel Trans Tiberim Bezirk XIV und Circus Flaminus Bezirk IX Polizeiliche und juristische Aufgaben Bearbeiten nbsp Graffito aus dem Wachraum der 7 Feuerwehr Kohorte vigiles in Trans Tiberim dem heutigen Trastevere Ein Marcus Antonius teilt mit dass er fur die Beleuchtung sebaciaria Talglichter im Wachraum gesorgt hat Nach den Namen der Konsulen stammt die Inschrift aus dem Jahr 239 Zuoberst stand bei den Aufgaben naturlich die aktive Feuerbekampfung Die Feuerwachter patrouillierten auch nachts 11 durch ihre Bezirke suchten nach moglichen Brandquellen und fahndeten nach Verstossen gegen die kaiserlichen Brandschutzvorschriften die mit der Zeit immer detaillierter und zahlreicher wurden Spater ubernahmen sie sogar die Jagd nach Brandstiftern von den Stadtwachen und ab Trajan fuhrte der praefectus vigilum bei dementsprechenden Prozessen den Vorsitz Spater fielen den vigiles auch mehr und mehr polizeiliche Aufgaben parallel zu den cohortes urbanae zu 12 So konnte der romische Stadtprafekt praefectus urbi sie bei Unruhen als Sicherheits und im absoluten Notfall sogar als Kampftruppe einsetzen Auch vor Gericht fielen dem praefectus vigilum der Vorsitz bei Brandstiftungsprozessen 13 zu aber auch immer umfangreichere entferntere Aufgaben da die Burger sich immer ofter auch mit sachfremden Antragen zum Beispiel bei Handelsgenehmigungen an ihn wandten In der Krise des 3 Jahrhunderts wurden die vigiles auch immer haufiger zu militarischen Einsatzen ausserhalb Roms herangezogen Methoden der Brandbekampfung Bearbeiten Bei der aktiven Brandbekampfung bei der die vigiles aufgrund eigener Amtsbefugnis suo iure 14 in die Privatwohnungen eindringen durften benutzten sie viele Ausrustungsteile die auch heute noch verwendet werden wie etwa Spritzen siphones vgl Plinius der Jungere Epistulae 10 33 2 Isidor von Sevilla Origines 20 6 9 mithilfe von Wasserdruckpumpen bzw Feuerspritzen 15 mit konisch geformten Strahlrohren war eine Wasserspritzweite von 25 29 Metern erreichbar 16 Ein Beispiel fur ein solches Feuerwehrrohr aus dem deutschen Raum ist im Rheinischen Landesmuseum Bonn zu besichtigen 17 Eimer hamae Juvenal 14 305f Leitern scalae Digesta Iustiniani 33 9 3 3 Axte und Beile dolabra Digesta Iustiniani 1 15 3 3 Sagen secures Titus Petronius Satyricon 78 6 Einreisshaken perticae Digesta Iustiniani 33 7 12 Hammer mallei Stangen Decken strata Lappendecken bzw Feuerpatschen centones mit Wasser oder Essig getrankt zum Schutz der Nachbarhauser Korbe Schwamme Besen Die vigiles selber hatten verschiedene Aufgabengebiete Es gab Wassertrager fur Eimerstaffetten aquarii Spritzenleute siphonarii andere kummerten sich um den Einsatz der meist mit Essig getrankten Loschdecken centones oder um die Beleuchtung des Einsatzortes Im Falle eines Brandes bildeten die Wachter zusammen mit den Anwohnern Eimerketten die an den in Rom uberall angelegten Brunnen ihren Anfang nahmen Nero ordnete an dass im Vorhof jedes Hauses Feuerloschgerate zur Verfugung zu stehen hatten Tacitus Annales 15 43 4 Geriet der Brand ausser Kontrolle wurden umstehende Bauten evakuiert und schnellstmoglich abgerissen um einen Flachenbrand zu verhindern Feuerwehren ausserhalb Roms BearbeitenFur den Hafen in Ostia stellte Kaiser Claudius im Jahr 50 n Chr eine Loschtruppe mit 700 Mann auf Die Kaserne wurde Ende des 19 Jahrhunderts ausgegraben Ein Teil dieser Truppe wurde spater nach Neapel verlegt 18 Diese beiden Orte waren als Versorgungshafen fur die Bevolkerung von grosser strategischer Bedeutung Eine weitere vom Staat aufgestellte Feuerwehr gab es zudem in Konstantinopel nachdem dieses im 4 Jahrhundert n Chr zur zweiten Hauptstadt wurde Alle anderen Gemeinden hatten eine eigene Feuerwehr auf die Beine zu stellen Oft ubernahmen in diesen Gemeinden die lokalen Handwerkerzunfte die Brandbekampfung sogenannte collegia Singular collegium Zusatzlich organisierten die Stadtoberen hin und wieder Zeitfeuerwehren zum Beispiel bei Durren Meistens aber waren die Hausbewohner gezwungen zusammen mit Nachbarn die Brande zu bekampfen Nachweislich befanden sich solche Vereine in Oberitalien wie in Como Verona oder Faventia in Venetien Aquileia und Tergeste und Istrien Siscia Aber auch in Noricum und Pannonien findet man solche Einheiten Mitarbeiter dieser Gruppen waren fabri subaediani jene Handwerker die mit Axten Sagen oder Zangen umgehen konnten Die centonarii waren Teppichhandler die das Feuer mit Feuerpatschen die sie mit Wasser oder Essig trankten bekampften Die utriculari brachten mit den Schlauchen das Wasser Obwohl sie straff militarisch organisiert waren kann man sie mit den heutigen Freiwilligen Feuerwehren vergleichen da sie ebenso neben ihrem Beruf den Brandschutz ausubten Mitglieder konnten sowohl Burger Freigelassene genauso wie Sklaven sein Auch Frauen waren Mitglieder dieser Gruppen Dokumentiert sind beispielsweise die collegiati in Virunum im heutigen Karnten wo das Verhaltnis Manner zu Frauen 10 9 betrug 18 Als Plinius der Jungere wegen zahlreicher Mangel nach einem Grossbrand in Nikomedia im Jahr 100 die Grundung einer beruflichen Loschmannschaft mit mindestens 150 Mann anregte wurde diese von Kaiser Trajan aus Furcht vor Zusammenrottung unsicherer Elemente abgelehnt Plinius Epistulae 10 33 f 18 Offensichtlich war fur die politisch Regierenden die Kameradschaft unter den Feuerwehrangehorigen eine gewichtige schwer von aussen zu beeinflussende und deshalb unbequeme regional bzw kommunalpolitische Grosse In Flavia Solva heute bei Leibnitz in der Steiermark fand man eine Inschrift die ein kaiserliches Dekret aus dem Jahr 205 n Chr enthalt Darin wurde die bisherige Regelung nach der die Mitglieder des Feuerwehr collegiums von Flavia Solva von Steuern befreit sind zwar durch die Kaiser Septimius Severus und Caracalla bestatigt Allerdings beschrankten die Herrscher dieses Privileg auf diejenigen Mitglieder des Vereins die auch tatsachlich gemeinnutzig tatig waren vermutlich weil zuvor Burger der Stadt die Mitgliedschaft im Verein als Steuerschlupfloch genutzt hatten 19 Siehe auch BearbeitenRomische Stadtbrande Grosser Brand RomsLiteratur BearbeitenP K Baillie Reynolds The Vigiles of Imperial Rome Oxford 1926 Digitalisat Werner Krenkel Vigiles In Der Kleine Pauly KlP Band 5 Stuttgart 1975 Sp 1270 f Olivia F Robinson Fire prevention at Rome In Revue Internationale des Droits de l Antiquite Band 24 1977 S 377 388 J S Rainbird The fire stations of Imperial Rome In Papers of the British School at Rome Band 54 1986 S 147 169 Olivia F Robinson Ancient Rome City Planning and Administration Routeledge London 1992 bes S 105 110 Robert Sablayrolles Libertinus miles Les cohortes de vigiles Rom 1996 ISBN 2 7283 0365 7 Helmut Freis Feuerwehr In Der Neue Pauly DNP Band 4 Metzler Stuttgart 1998 ISBN 3 476 01474 6 Sp 963 964 Jens Meier Feuerwehr ein alter Hut Die Feuerwehr im antiken Rom In Brandschutz Deutsche Feuerwehr Zeitung Ausgabe 2 1998 S 50 56 Renate Lafer Omnes collegiati concurrite Brandbekampfung im Imperium Romanum Grazer Altertumskundliche Studien P Lang Frankfurt am Main u a 2001 ISBN 3 631 35716 8 Sabine Panzram Vigiles In Der Neue Pauly DNP Band 12 2 Metzler Stuttgart 2002 ISBN 3 476 01487 8 Sp 206 207 Holger Sonnabend Wie Augustus die Feuerwehr erfand Grosse Errungenschaften der Antike Artemis amp Winkler Dusseldorf Zurich 2002 S 169 177 Kurt Wallat Sequitur clades Die Vigiles im antiken Rom P Lang Frankfurt am Main u a 2004 ISBN 3 631 52473 0 Karl Wilhelm Weeber Feuerwehr In Derselbe Alltag im Alten Rom Das Stadtleben 4 Auflage Patmos Dusseldorf 2005 S 90 f Anmerkungen Bearbeiten Vgl zu den triumviri nocturni Scholion ad Juvenal 13 157 Johannes Lydos de magistratibus 1 50 Digesta Iustiniani 1 15 1 Cassius Dio Romische Geschichte 55 8 Velleius Paterculus Historia Romana 2 91 Vgl Juvenal Saturae 3 197 222 Vitruv De architectura 2 8 20 2 9 16 Plutarch Crassus 2 4 Vgl Velleius Paterculus Historia Romana 2 91 3 5 Vgl Cassius Dio Romische Geschichte 53 24 4 f 54 2 4 Sueton Augustus 30 1 Cassius Dio Romische Geschichte 55 26 4 f Cassius Dio Romische Geschichte 57 19 6 Sueton Tiberius 37 1 Sueton Claudius 18 1 Cassius Dio Romische Geschichte 53 24 6 55 8 55 26 4 f Karl Wilhelm Weeber Nachtleben im alten Rom Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2004 S 12 Maria Cristina Molinari Sascha Priester L Excubitorium della VII Coorte a Trastevere Roma Nuova analisi delle fonti manoscritte e di quelle edite In Rendiconti della Accademia Nazionale dei Lincei Ser 9 Band 10 Rom 1999 S 523 575 Digitalisat Seneca Epistulae morales 64 1 Cassius Dio Romische Geschichte 58 9 Tacitus Historiae 3 64 3 69 Digesta Iustiniani 1 15 3 47 2 58 1 12 6 5 Titus Petronius Satyricon 78 7 Beschreibung einer Wasserdruckpumpe bei Vitruv De architectura 10 7 Rekonstruktionszeichnung bei Albert Neuburger Die Technik des Altertums Voigtlander Leipzig 1919 S 232 Zu antiken Feuerloschpumpen vgl J G Landels Die Technik in der antiken Welt 4 Auflage Munchen 1989 S 93ff Bernd Paffgen Frank Willer Bergung und Restaurierung eines Feuerloschpumpen Strahlrohres des 4 Jahrhunderts In Landschaftsverband Rheinland Hrsg Archaologie im Rheinland 2002 Stuttgart 2003 S 112 113 a b c 120 Jahre Bundesfeuerwehrverband ISBN 978 3 9502364 8 4 S 14 AE 1966 277 dazu Renate Lafer Der Centonarierverein von Flavia Solva und die Freiwillige Feuerwehr im Westteil des Imperium Romanum In Elisabeth Krenn Ursula Schachinger Hrsg Neue Forschungen aus Flavia Solva Archaologische Gesellschaft der Steiermark Beiheft 3 Academic Publishers Graz 2003 S 83 104 Ausserdem Stefan Groh Flavia Solva Steueroase im Schatten von Grabhugeln In Der Standard vom 1 Juli 2021 abgerufen am 24 Juli 2023 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Feuerwehren im Romischen Reich amp oldid 235824185