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Karl Heinrich Schonstedt seit 1911 von Schonstedt 1 6 Januar 1833 in Broich 31 Januar 1924 in Berlin war ein deutscher Richter und von 1894 bis 1905 preussischer Justizminister Karl Schonstedt um 1900 Inhaltsverzeichnis 1 Werdegang 2 Amtszeit als Justizminister 3 Familie 4 Ehrungen Auswahl 5 Literatur 6 EinzelnachweiseWerdegang BearbeitenSchonstedt war der jungere Sohn eines Patrimonialrichters Er studierte Rechtswissenschaften in Bonn und legte 1853 das erste juristische Examen von damals noch drei ab 1850 wurde er Mitglied der Burschenschaft Alemannia Bonn 2 Nach Beendigung des Studiums arbeitete er 1858 kurzzeitig als Geschaftsfuhrer des neu gegrundeten Vereins fur bergbauliche Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund eines Arbeitgeberverbands von Zechenbesitzern im Ruhrrevier und trat 1859 als Gerichtsassessor in Schwelm im Bezirk des Appellationsgerichts Hamm in den preussischen Justizdienst ein 1865 wurde er Kreisrichter in seinem Heimatort Broich und 1867 in Duisburg Anschliessend war er eine Zeitlang als Hilfsarbeiter im Justizministerium tatig und wirkte an den Formulierungen des neuen deutschen Konkursrechtes mit Im Jahr 1872 ging er als Appellationsgerichtsrat nach Glogau in Schlesien und wechselte 1875 nach Frankfurt am Main Dort wurde er 1879 Landgerichtsdirektor d h Vorsitzender einer Kammer und ging 1883 nach Neuwied und 1884 nach Kassel Seit 1892 war er Prasident des Oberlandesgerichts in Celle 1 3 Amtszeit als Justizminister BearbeitenIm November 1894 trat er als Nachfolger Hermann von Schellings das Amt des preussischen Justizministers an 4 das er elf Jahre lang ausubte Die Ernennung des zuvor wenig hervorgetretenen Schonstedt hatte er wahrscheinlich dem Einfluss des nationalliberalen Finanzministers Johannes Miquel zu verdanken den er aus dessen Zeit als Oberburgermeister von Frankfurt am Main kannte Er war der erste Justizminister in Preussen der keine Karriere in der Ministerialburokratie hinter sich hatte sondern aus der Gerichtsbarkeit kam Ab 1895 war Schonstedt auch Mitglied des preussischen Herrenhauses und Kronsyndikus 1 Er stand keiner politischen Partei nahe pragte die preussische Justizverwaltung allerdings durch eine dezidiert harte Linie 4 Seine konservative Amtsfuhrung machte ihn bei Sozialdemokraten Linksliberalen und Zentrumsanhangern zunehmend unbeliebt Zuletzt galt er als der meistkritisierte Justizminister seit Leopold zur Lippe Biesterfeld Weissenfeld Selbst Katholik ermoglichte seine Personalpolitik zwar auch Zentrumsanhangern den Aufstieg in hohe Stellen in der Justizverwaltung Anhanger der SPD blieben dagegen in seiner Amtszeit bis ins 20 Jahrhundert hinein ausgeschlossen Allerdings setzte er damit Entwicklungen fort die bereits vor ihm ublich waren Seine Amtszeit stand im Zeichen der Einfuhrung des zum 1 Januar 1900 in Kraft tretenden deutschen Burgerlichen Gesetzbuches BGB Schonstedt sorgte fur einen reibungslosen Ubergang der Rechtsprechung an den preussischen Gerichten wobei ihm seine lange Erfahrung in der Gerichtsverwaltung zugutekam Er hielt dabei intensiv Kontakt auch zu untergeordneten Instanzen um sich unmittelbar uber auftretende Probleme und Tendenzen informieren zu lassen 1898 brachte er eine Rangerhohung der unteren und mittleren Richterchargen auf den Weg Die von ihm ins Auge gefassten weiteren internen Reformen der Justizbehorden konnte er aufgrund seiner schwachen Stellung innerhalb der Regierung und des starken parlamentarischen Widerstands gegen seine Person nicht durchsetzen Von Beginn an kritisiert wurde die unausgesprochene Benachteiligung judischer Bewerber fur Stellen im preussischen Justizdienst deren Aussichten sich nach Schonstedts Amtsantritt verschlechterten 4 5 Antisemiten fassten die Haltung des Justizministeriums als Ermutigung dafur auf immer scharfere Restriktionen gegen die Anstellung judischer Richter zu fordern und vor der Gefahr einer real nicht vorhandenen Zunahme des judischen Elements in der Justiz zu warnen 4 Auch bei der Vergabe von Notarstellen wurden judische Rechtsanwalte gezielt benachteiligt und nach Beobachtungen des judischen Central Vereins wurden Juden in Preussen nicht mehr im gleichen Umfang wie andere Burger als Schoffen und Geschworene herangezogen 5 Auf die anhaltende Kritik von linksliberaler Seite raumte Schonstedt in einer Parlamentsdebatte 1901 freimutig ein dass es solche Behinderungen gab Er begrundete sie damit dass er dem Misstrauen weiter Kreise gegen die Juden habe Rechnung tragen mussen 6 7 Die Kritik von links richtete sich gegen Schonstedts Befurwortung des entschlossenen Kampfes gegen Sozialdemokraten und Gewerkschaften mit rechtlichen Instrumenten In diesen Zusammenhang gehoren die Zuchthausvorlage die Lex Heinze und der Gesetzentwurf zur Erschwerung des Kontraktbruchs landlicher Arbeiter Hinzu kam die grundlegende Kritik von links gegen die Klassenjustiz fur die Schonstedt als arbeitgebernaher Jurist ein geeignetes Ziel abgab Aber auch von der Wirtschaft wurde Kritik am preussischen Justizsystem geubt So wurde die Weltfremdheit der Richter beklagt Aus nationalliberalen Kreisen wurde die nachlassende Qualitat des Justizpersonals kritisiert Hierzu trug die Tatsache bei dass der Dienst in der preussischen Staatsverwaltung gesellschaftlich hoher angesehen und besser besoldet war als in der Justiz und daruber hinaus auch wesentlich gunstigere Beforderungsaussichten bot sodass ein beachtlicher Teil des juristischen Nachwuchses aus sozial und finanziell besser gestellten Familien den Gerichten verloren ging und nach dem Assessorexamen Karriere als Ministerialbeamter Landrat oder Burgermeister machte 8 Im November 1905 trat Schonstedt zuruck nachdem er durch eine Rechtfertigung seines Verhaltens wahrend des Konigsberger Hochverratsprozesses gegen neun zum Teil namhafte SPD Mitglieder im Februar 1904 fur Emporung gesorgt hatte und politisch nicht mehr zu halten war Danach zog er sich weitgehend ins Privatleben zuruck blieb aber bis 1918 Mitglied des Herrenhauses Er wohnte in Berlin in der Wilhelmstrasse 65 Stand 1905 9 Familie BearbeitenSein Vater Friedrich Schonstedt 1800 1840 war Assessor am furstlichen Patrimonialgericht in Broich und starb fruh Die Familie seiner Mutter Friedericia Schonstedt geb Schramm 1806 1882 stammte aus Hildesheim Sein alterer Bruder Rudolf 1831 war Tuchfabrikant und grundete 1864 eine Baumwoll Buntweberei in Duisburg 10 als deren Seniorchef er noch als beinahe 80 Jahriger bei seiner Goldenen Hochzeit im Jahr 1911 aktiv war 11 Auch seine Schwester Emma 1829 lebte um 1911 als Rentnerin in Duisburg Karl Schonstedt heiratete 1875 in Den Haag eine entfernte Verwandte wohl die Tochter des niederlandischen Generalstabschefs 1873 1877 und Marinemalers Aegidius Schonstedt 1812 1881 Wilhemine Schonstedt 1841 1912 war evangelisch Karl Schonstedt lebte mit ihr in einer damals kirchlich verurteilten Mischehe 12 Ihre drei Tochter Luise 1875 Frida 1877 1938 und Ida 1886 wurden evangelisch getauft und erzogen die beiden jungeren heirateten Gutsbesitzer und Adlige aus preussischem Junkerstand Karl von Schonstedt lebte auch als Witwer in Berlin und wurde auf dem evangelischen Dreifaltigkeitsfriedhof in Berlin Kreuzberg bei seiner Frau bestattet Ehrungen Auswahl BearbeitenIhm wurde im Jahr 1900 in Berlin die juristische Ehrendoktorwurde verliehen Grosskreuz des Roten Adlerordens mit Eichenlaub und Brillanten 1903 Osmanie Orden Erhebung in den erblichen preussischen Adelsstand Kaisergeburtstag 1911 13 In Rixdorf 1899 und in Berlin Gesundbrunnen 1902 wurden Strassen nach ihm benannt Literatur BearbeitenThomas Ormond Richterwurde und Regierungstreue Dienstrecht politische Betatigung und Disziplinierung der Richter in Preussen Baden und Hessen 1866 1918 Ius Commune Zeitschrift fur Europaische Rechtsgeschichte Bd 65 Klostermann Frankfurt am Main 1994 ISSN 0175 6532 ISBN 3 465 02633 0 S 427 ff Reinhold Zilch Schonstedt Karl Heinrich von In Neue Deutsche Biographie NDB Band 23 Duncker amp Humblot Berlin 2007 ISBN 978 3 428 11204 3 S 423 Digitalisat Einzelnachweise Bearbeiten a b c Schonstedt Karl Heinrich In Protokolle des preussischen Staatsministeriums Bd 10 Personenregister S 434 Digitalisat PDF 2 9 MB Helge Dvorak Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft Bd I Politiker Teilband 5 R S Winter Heidelberg 2002 ISBN 3 8253 1256 9 S 311 Schonstedt Karl Heinrich In Meyers Grosses Konversations Lexikon Bd 18 Leipzig 1909 S 5 f a b c d Barbara Strenge Juden im preussischen Justizdienst 1812 1918 Der Zugang zu den juristischen Berufen als Indikator der gesellschaftlichen Emanzipation Einzelveroffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin Bd 81 Saur Berlin 1996 ISBN 3 598 23225 X S 233 a b Barbara Strenge Juden im preussischen Justizdienst 1812 1918 Saur Berlin 1996 S 237 Thomas Rink Doppelte Loyalitat Fritz Rathenau als deutscher Beamter und Jude Hildesheim 2002 S 43 Barbara Strenge Juden im preussischen Justizdienst 1812 1918 Saur Berlin 1996 S 287 Barbara Strenge Juden im preussischen Justizdienst 1812 1918 Saur Berlin 1996 S 239 Berlin und die Berliner Leute Sitten Dinge Winke J Bielefelds Verlag Karlsruhe 1905 S 69 Hochfelds Strassen und die Geschichte der Namensgebung In bz duisburg de abgerufen am 24 Juni 2021 Jubilaen In Wochenberichte der Leipziger Monatsschrift fur Textil Industrie 26 Jg Nr 16 19 April 1911 S 384 f Schonstedt sei ein Namenskatholik der sich vom kirchlichen Leben fernhielt und in gemischter Ehe mit protestantischer Kindererziehung lebte klagte man in der katholischen Presse vgl Katholiken und hohere Staatsamter in Germania Nr 262 14 November 1909 S 1 A Freiherr von Houwald Brandenburg Preussische Standeserhebungen und Gnadenakte fur die Zeit 1873 1918 Gorlitz 1939 S 185 Preussische Justizminister Kircheisen Beyme Danckelmann Muhler Kamptz Savigny Uhden Bornemann Maerker Kisker Rintelen Simons Bernuth Lippe Biesterfeld Weissenfeld Leonhardt Friedberg Schelling Schonstedt Beseler Spahn Rosenfeld Heine Zehnhoff Schmidt Holscher Reichskommissar Kerrl GurtnerPrasidenten des Oberlandesgerichtes Celle Hermann Kuhne 1879 1887 Moritz Bardeleben 1887 1892 Karl Schonstedt 1892 1894 Adam Krah 1894 1905 Wilhelm Heinroth 1905 1909 Jakob Wolff Karl Rasch 1921 1923 Otto Meyer 1923 1931 Adolf von Garssen 1931 1945 Hodo von Hodenberg 1945 1955 Bruno Heusinger 1955 1960 Ekhard Koch 1960 1966 Wilhelm Kregel 1966 1974 Gerhard Mutzelburg 1974 1976 Harald Franzki 1976 1989 Helga Oltrogge 1989 2006 Peter Gotz von Olenhusen 2006 2017 Stefanie Otte seit 2018 Normdaten Person GND 116889209 lobid OGND AKS LCCN no2021138414 VIAF 52453231 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Schonstedt Karl vonALTERNATIVNAMEN Schonstedt Karl Heinrich vollstandiger Name Geburtsname KURZBESCHREIBUNG preussischer JustizministerGEBURTSDATUM 6 Januar 1833GEBURTSORT BroichSTERBEDATUM 31 Januar 1924STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Karl von Schonstedt amp oldid 235779840