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Im I G Farben Prozess auch IG Farben Prozess mussten sich 23 leitende Angestellte der I G Farbenindustrie AG vor einem US amerikanischen Militargericht verantworten Der Prozess Vereinigte Staaten vs Carl Krauch et al begann am 27 August 1947 und endete am 30 Juli 1948 mit dem Urteil Es war der sechste der zwolf Nurnberger Nachfolgeprozesse die gegen Verantwortliche im NS Staat gefuhrt wurden Die Angeklagten am Tag der Prozesseroffnung 27 August 194713 der Angeklagten wurden zu Gefangnisstrafen verurteilt wahrend die restlichen zehn aufgrund fehlender Beweise freigesprochen wurden Mit den Urteilen wurden Plunderungen auslandischer Betriebe in den ehemaligen deutschen Feindlandern Polen Norwegen Frankreich und der Sowjetunion geahndet Ein weiterer Straftatbestand war Versklavung der planmassige Einsatz von Zwangsarbeitern aus dem eigens fur den Bau der Buna Werke errichteten KZ Auschwitz III Monowitz Auch die Herstellung von Giftgas Zyklon B und dessen Lieferung an die SS zum Zwecke der massenhaften Totung von Menschen in Konzentrationslagern wurde im Prozess behandelt Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Der Prozess 2 1 Die Anklager 2 2 Die Anklagepunkte 2 3 Die Richter 2 4 Die Angeklagten 3 Strategie der Verteidigung 4 Einzelne Anklagepunkte und Urteil 4 1 Anklagepunkte 1 und 5 Planung Vorbereitung und Durchfuhrung von Angriffskriegen 4 2 Anklagepunkt 2 Plunderung und Raub 4 3 Anklagepunkt 3 Zyklon B Menschenversuche Zwangsarbeit 4 4 Anklagepunkt 4 Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation 5 Strafvollzug 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenWahrend des Zweiten Weltkriegs hatten die Alliierten USA und UdSSR als einen der Kriegsgrunde gemeinsam den wirtschaftlichen Imperialismus Nazideutschlands angesehen Fur die Planung und Durchfuhrung dieses verbrecherischen Krieges wurde den Grossindustriellen eine Schlusselrolle zugerechnet Die amerikanische Sicht war dabei vom I G Farben Bericht der Kilgore Kommission und der Deutschlandbeschreibung Behemoth des Politikwissenschaftler Franz Neumann beeinflusst und man wollte die Grossindustriellen dafur strafrechtlich zur Verantwortung ziehen und deren Kartelle zerschlagen 1 nbsp Luftaufnahme KZ Monowitz Auschwitz III Januar 1945Die I G Farben war von den Nationalsozialisten zum Fuhren eines Angriffskrieges benotigt worden hatte sich durch die Plunderung und Aneignung fremden Eigentums in Deutschland und den besetzten Gebieten bereichert Zyklon B an die Konzentrations und Vernichtungslager geliefert von Menschenversuchen in Konzentrationslagern profitiert und zum Kriegsende zahlreiche Zwangsarbeiter beschaftigt sowie das KZ Monowitz Auschwitz III errichtet um Arbeitskrafte fur die neu errichteten Buna Werke verfugbar zu haben Dabei hatten die Konzernfuhrer die ganz uberwiegend keine uberzeugten Nationalsozialisten waren die Gewinne seit 1933 um das funffache gesteigert 2 Schon im April 1945 bezogen Ermittler der Finance Division General Eisenhowers das I G Farben Gebaude in Frankfurt um belastendes Material zu sammeln das die Verstrickung der I G Farben in den nationalsozialistischen Unrechtsstaat in einem offentlichen Strafverfahren sichtbar machen sollte Mit dem Kontrollratsgesetz Nr 9 wurde das gesamte Vermogen der I G Farben beschlagnahmt 3 Nach dem Potsdamer Abkommen vom August 1945 sollte Deutschland demokratisiert denazifiziert demilitarisiert und dekartelliert werden um den moralischen und okonomischen Neuaufbau durch einen Elitenwechsel zu fundieren Im Nurnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher waren wichtige juristische Richtlinienentscheidungen zum Zwangsarbeitereinsatz als verbrecherischem Sklavenarbeits Programm und zur SS als verbrecherischer Organisation gefallt worden Es war aber kein Industrieller verurteilt worden da der einzige angeklagte Privatindustrielle durch einen Fehler der verhandlungsunfahige schwerkranke Gustav Krupp war Ein zweiter internationaler Hauptkriegsverbrecherprozess konzentriert auf die Wirtschaft wurde aus finanziellen Grunden und weil man den Sowjets keine Moglichkeit fur ein Tribunal gegen das kapitalistische System bieten wollte verworfen Durch die Hinwendung zur Reintegration Deutschlands als Bollwerk gegen den Kommunismus im Rahmen des Marshallplans wurden die Mittel fur die Industriellen Prozesse gekurzt und es wurden nur noch die Prozesse gegen Mitglieder von Flick I G Farben und Krupp vor einem Nationalen Militar Tribunal NMT der Amerikaner sowie im Fall des Rochling Konzerns vor einem franzosischen Tribunal durchgefuhrt 4 Der Prozess BearbeitenDer Prozess Vereinigte Staaten gegen Carl Krauch et al fand vom 14 August 1947 bis zum 30 Juli 1948 vor dem nationalen amerikanischen Nurnberger Militartribunal VI nach Kontrollratsgesetz Nr 10 im Nurnberger Justizpalast statt Die Anklager Bearbeiten Brigadegeneral Telford Taylor Chefanklager Josiah E DuBois stellvertretender Chefanklager Drexel A Sprecher Chef des Anklageteams im Fall I G FarbenDie Anklagepunkte Bearbeiten nbsp Angeklagte bei der Verlesung der Anklageschrift 5 Mai 1947Aufgrund der Anklageschrift vom 3 Mai 1947 wurde eine Anklage in den folgenden Punkten erhoben Verbrechen gegen den Frieden durch Planung Vorbereitung Einleitung und Fuhrung von Angriffskriegen und Invasionen anderer Lander Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Plunderung und Raub offentlichen und privaten Eigentums in kriegerisch besetzten Landern Versklavung der Zivilbevolkerung in von Deutschland besetzten oder kontrollierten Gebieten Einziehung dieser Zivilisten zur Zwangsarbeit Teilnahme an der Versklavung von Konzentrationslagerinsassen innerhalb Deutschlands an der volkerrechtswidrigen Verwendung von Kriegsgefangenen bei Kriegshandlungen Misshandlung Einschuchterung Folterung und Ermordung versklavter Menschen Mitgliedschaft von drei Vorstandsmitgliedern Christian Schneider Heinrich Butefisch Erich von der Heyde in der SS die vom Internationalen Militartribunal im vorangegangenen Hauptprozess als verbrecherische Organisation eingestuft worden war Verschworung zur Begehung von Verbrechen gegen den FriedenDie Richter Bearbeiten Die Jury bestand aus den folgenden Personlichkeiten Prasident Curtis Grover Shake ehemaliger Richter am Obersten Gericht des Staates Indiana James Morris Richter am Obersten Gericht des Staates North Dakota Paul M Hebert Law School Louisiana State University Clarence F Merrell Staat IndianaDie Angeklagten Bearbeiten Gegen 23 Personen wurde Anklage erhoben Die Tabelle stellt die wichtigsten Daten zusammen darunter die Urteile zu den einzelnen Anklagepunkten S schuldig U unschuldig Strafmass und Jahr der Entlassung 5 Ubersicht der Angeklagten Bild Angeklagter Funktion Verteidiger Assistent des Verteidigers Anklagepunkte Strafmass Entlassung Nachfolgende TatigkeitenI II III IV V nbsp Carl Krauch 1887 1968 Aufsichtsratsvorsitzender der I G Farben Conrad Bottcher Eduard Wahl bis 3 September 1947 6 Heinrich von Rospatt ab 11 September 1947 U U S U 6 Jahre 1950 entlassen 1955 Aufsichtsratsmitglied der Huls GmbH nbsp Otto Ambros 1901 1990 Vorstandsmitglied der I G Farben Planung IG Auschwitz Friedrich Drischel bis 15 Dezember 1947 Karl Hoffmann ab 15 Dezember 1947 Gernot Gather bis 9 September 1947 Wolfgang Alter ab 9 September 1947 Hermann Munzel vom 2 April 1948 bis 15 Juni 1948 U U S U 8 Jahre 1952 entlassen ab 1954 diverse Vorstandsfunktionen in der Pharmaindustrie und anderen Bereichen z B Grunenthal GmbH oder als Berater fur F K Flick nbsp Ernst Burgin 1885 1966 Vorstandsmitglied der I G Farben Werner Schubert Wolfgang Theobald U S U U 2 Jahre 1949 entlassen nbsp Heinrich Butefisch 1894 1969 Vorstandsmitglied der I G Farben Benzin Synthese IG Auschwitz Hans Flachsner Heinz Reintges bis 8 Januar 1948 Werner Bross ab 8 Januar 1948 U U S U U 6 Jahre 1951 entlassen 1952 Aufsichtsratsmitglied u a von Ruhrchemie und Deutsche Gasolin AG nbsp Walter Durrfeld 1899 1967 Betriebsfuhrer Buna Werk im KZ Auschwitz III Monowitz Alfred Seidl Heinz Trabandt U U S U 8 Jahre 1951 entlassen mehrere Aufsichtsratsmandate nbsp Fritz Gajewski 1885 1965 Vorstandsmitglied I G Farben Kontakt zu Dynamit Nobel AG Ernst Achenbach bis 1 Februar 1948 Wolfram von Metzler ab 1 Februar 1948 Carl Weyer U U U U Freispruch 1949 Geschaftsfuhrer und 1952 Vorstandsvorsitzender Dynamit Nobel AG nbsp Heinrich Gattineau 1905 1985 SA Fuhrer Direktor der I G Farben Rudolf Aschenauer Helmut Durr U U U U Freispruch u a im Vorstand der WASAG Chemie AG Krupp Konzern nbsp Paul Hafliger 1886 1950 Vorstandsmitglied der I G Farben Walter Vinassa bis 28 Januar 1948 Wolfram von Metzler ab 28 Januar 1948 Wolfram von Metzler bis 28 Januar 1948 Walter Vinassa ab 28 Januar 1948 U S U U 2 Jahre 1948 entlassen nbsp Erich von der Heyde 1900 1984 SS Hauptscharfuhrer Agrarwissenschaftler bei den I G Farben Karl Hoffmann Walter Bachem ab 22 August 1947 Josef Kossl ab 2 April 1948 U U U U U Freispruch nbsp Heinrich Horlein 1882 1954 Vorstandsmitglied der I G Farben Aufsichtsratsvorsitzender der Behringwerke und der DeGeSch Fritz Sauter bis 26 Mai 1947 Otto Nelte ab 26 Mai 1947 Heinrich Hendus vom 2 April 1948 bis 5 Mai 1948 Ernst Braune vom 5 Mai 1948 bis 12 Juni 1948 U U U U Freispruch 1952 Aufsichtsratsvorsitzender der Bayer AG Senator bei der Max Planck Gesellschaft nbsp Max Ilgner 1899 1966 Vorstandsmitglied der I G Farben Hans Laternser bis 13 August 1947 Herbert Nath ab 13 August 1947 Walter Bachem bis 22 August 1947 Joachim Lingenberg ab 22 August 1947 Agnes Nath Schreiber ab 13 Januar 1948 U S U U 3 Jahre 1948 entlassen im Auftrag der Evangelischen Kirche Deutschlands tatig u a Planung und Oberaufsicht der Fluchtlingsstadt Espelkamp nbsp Friedrich Jahne 1879 1965 Vorstandsmitglied I G Farben Chefingenieur Oskar Krauss bis 3 Dezember 1947 Hans Pribilla bis 3 Dezember 1947 Adolf P Eisemannn ab 21 November 1947 Oskar Krauss vom 3 Dezember 1947 bis 31 Mai 1948 U S U U 1 Jahre 1948 entlassen 1955 Aufsichtsratsmitglied der neuen Farbwerke Hoechst nbsp August von Knieriem 1887 1978 Jurist und Wirtschaftsfuhrer Horst Pelckmann Friedrich Silcher U U U U Freispruch 1950 Berater beim Wiederaufbau der BASF ab 1955 Aufsichtsratsvorsitzender der I G Farbenindustrie i L 7 nbsp Hans Kugler 1900 1968 Leitender Angestellter I G Farben Beirat fur Exportfragen der Prufungsstelle Chemie Helmut Henze Heinrich von Rospatt bis 11 September 1947 Leopold Krafft von Dellmensingen ab 13 Oktober 1947 U S U U 1 Jahre 1948 entlassen u a im Vorstand der Cassella Farbwerke Mainkur AG nbsp Hans Kuhne 1880 1969 Vorstandsmitglied I G Farben Gunther Lummert bis 5 Mai 1948 Herbert Nath ab 5 Mai 1948 Gunther Hindemith Erna Kroen ab 22 Juli 1947 U U U U Freispruch Beschaftigung bei Bayer in Elberfeld nbsp Carl Lautenschlager 1888 1962 Wehrwirtschaftsfuhrer Fritz Sauter bis 26 Mai 1947 Hans Pribilla ab 26 Mai 1947 Helmut Eisenblatter U U U U Freispruch ubernahm die Leitung der Entnazifizierung des Werkes nbsp Wilhelm Rudolf Mann 1894 1992 Manager der I G Farben Erich Berndt Rolf W Muller vom 22 August 1947 bis 17 Oktober 1947 U U U U Freispruch 1949 Leiter des Verkaufs von Pharmazeutika bei Bayer AG nbsp Fritz ter Meer 1884 1967 Vorstandsmitglied Verwalter IG Auschwitz Erich Berndt Martin Cremer vom 13 Oktober 1947 bis 15 Dezember 1947 Karl Bornemann ab 15 Dezember 1947 Christian Tuerck Karl Bornemann vom 13 Oktober 1947 bis 15 Dezember 1947 Hermann Munzel vom 15 Dezember 1947 bis 1 April 1948 Ernst Braune vom 28 April 1948 bis 5 Mai 1948 U S S U 7 Jahre 1950 entlassen 1955 Aufsichtsratsmitglied der Bayer AG nbsp Heinrich Oster 1878 1954 Vorstandsmitglied der I G Farben Helmut Henze Wolfgang Heintzeler Gernot Gather ab 9 September 1947 U S U U 2 Jahre 1949 entlassen 1949 Mitglied des Aufsichtsrats der Gelsenberg AG nbsp Hermann Schmitz 1881 1960 Vorstandsvorsitzender I G Farben Finanzchef Otto Kranzbuhler bis 3 Oktober 1947 Rudolf Dix ab 3 Oktober 1947 Hanns Gierlichs Gunther Lummert ab 4 Mai 1948 U S U U 4 Jahre 1949 entlassen 1952 Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank Berlin West 1956 Aufsichtsrats Ehrenvorsitzender der Rheinischen Stahlwerke nbsp Christian Schneider 1887 1972 Hauptbetriebsfuhrer I G Farben Hellmuth Dix Rupprecht Storkebaum U U U U U Freispruch Aufsichtsratsmitglied der Suddeutschen Kalkstickstoff Werke AG in Trostberg und der Rheinauer Holzhydrolyse GmbH Mannheim 8 nbsp Georg von Schnitzler 1884 1962 Vorstandsmitglied der I G Farben Walter Siemers Rupprecht von Keller U S U U 5 Jahre 1949 entlassen Prasident der Deutsch Ibero Amerikanischen GesellschaftCarl Wurster 1900 1974 Vorstandsmitglied der I G Farben Verwaltungsrat der DeGeSch Friedrich Wagner Wolfgang Heintzeler ab 8 September 1947 U U U U Freispruch 1952 Vorstandsvorsitzender der neuen BASF u v m 9 Strategie der Verteidigung BearbeitenDie Verteidigung stellte das Gericht in Frage da es sich um Siegerjustiz handle die gegen den Rechtsgrundsatz nullum crimen sine lege nulla poena sine lege verstosse und auf einem unzulassigen nachtraglichen Gesetz ex post facto beruhe Das Verfahren benachteilige die Verteidigung gegenuber der Anklagevertretung und letztendlich gehe es nur darum einen ganzen Berufsstand unter einem Kollektivvorwurf anzuklagen 10 Die Verteidigung bemuhte sich die individuelle Schuld an den zur Last gelegten Verbrechen zu leugnen und die Rolle der einzelnen Angeklagten als unbedeutend darzustellen Bei belegten Straftaten wurde behauptet unter Befehlsnotstand gehandelt zu haben wobei die den Befehl erteilende Person mittlerweile jeweils verstorben sei 11 Verteidigung und Angeklagte scheuten sich offenbar unter der Anleitung von Fritz ter Meer nicht Mitangeklagte und Zeugen massiv unter Druck zu setzen gezielt zu lugen und Gefalligkeitsaussagen in Form von Affidavits vorzulegen 12 Einzelne Anklagepunkte und Urteil BearbeitenIn den Anklagepunkten 1 4 und 5 wurden alle Beschuldigten freigesprochen Beim Freispruch in Punkt 1 Mithilfe zur Aufrustung und Unterstutzung von Angriffskriegen begrundete das Gericht dass die Teilnahme an der Wiederaufrustung nicht strafbar sei Den Angeklagten sei nicht nachgewiesen worden dass sie von der Planung der Angriffskriege Kenntnis gehabt hatten Damit entfiel auch die Anklage in Punkt 5 der Verschworung zum Angriffskrieg Auch der Vorwurf der Anklage die I G habe Hitlers Machtergreifung durch eine Spende gefordert wurde vom Gericht nicht akzeptiert Bei Hitlers Rede vor dem Industrie Club Dusseldorf war keiner der fuhrenden Manner der I G Farben anwesend an einer Spendensammlung fur die NSDAP habe sie sich zu einem Zeitpunkt beteiligt als Hitler bereits Reichskanzler war Anklagepunkte 1 und 5 Planung Vorbereitung und Durchfuhrung von Angriffskriegen Bearbeiten Die Anklage verwandte viel Zeit und Muhe darauf die I G Farben Manager zu belangen die die Angriffskriege erst ermoglicht hatten und denen es nach Eroberungen gelustet hatte Die Hurden fur eine Verurteilung lagen durch die vorausgegangenen Freispruche von Albert Speer und Hjalmar Schacht zu diesen Anklagepunkten im Nurnberger Hauptkriegsverbrecherprozess sehr hoch 13 Das Gericht sprach alle Angeklagten in den Punkten 1 und 5 frei Sie hatten erstens keine Kenntnis von den Angriffsplanen der Reichsfuhrung gehabt zweitens seien solche Vorwurfe tatbestandlich auf die engste Fuhrungsriege beschrankt und eine Massenbestrafung sei nicht aufgrund eines Kollektivvorwurfs moglich Laut Gericht waren die Rollen der Angeklagten an der Planung und Durchfuhrung der Angriffskriege die von Mitlaufern und nicht von Fuhrern 14 Anklagepunkt 2 Plunderung und Raub Bearbeiten nbsp Zeuge Hans Wagner wird vor einem Konzernorganigramm vereidigtWie im Prazedenzfall Flick bei den Arisierungen sah das Gericht Eigentumsdelikte an offentlichem oder privatem Besitz nicht als Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach Kontrollratsgesetz Nr 10 an sondern sah eine Zustandigkeit nur bei Raub Plunderung und Ausbeutung nach der Haager Landkriegsordnung Es sei daher nicht fur Straftatbestande im Zusammenhang mit dem Anschluss Osterreichs oder der Eingliederung des Sudetenlandes zustandig da damals kein Kriegsrecht herrschte In den besetzten und annektierten Gebieten bereicherte sich die I G Farben nach einem deutlich ausgearbeiteten Plan mit wechselnden und komplizierten Vertragen und baute ihr chemisches Unternehmen auf Kosten der fruheren Eigentumer aus Insgesamt konnten eine Reihe von Eigentumsdelikten in Polen Norwegen und Frankreich mit Elsass Lothringen als Kriegsverbrechen einzelnen Angeklagten nachgewiesen werden Fur schuldig wurden befunden Schmitz ter Meer von Schnitzler Ilgner Burgin Haflinger Oster Jahne und Kugler Fur die Sowjetunion gab es zwar schon weitreichende Plane zur Plunderung die aber wegen der militarischen Niederlage nicht mehr realisiert werden konnten so dass der Angeklagte Ambros freigesprochen wurde 15 Anklagepunkt 3 Zyklon B Menschenversuche Zwangsarbeit Bearbeiten nbsp Zwangsarbeiter entladen Zement im Lager MonowitzDas Gericht befand den Nachweis der Anklage uberzeugend dass die I G Farben uber die Firma Deutsche Gesellschaft fur Schadlingsbekampfung an der Lieferung grosser Mengen des Schadlingsbekampfungsmittels Zyklon B an die SS beteiligt war und dass das Gas bei der massenhaften Ermordung der Insassen von Konzentrationslagern Verwendung fand Es betrachtete aber die Annahme der Anklage als ausgeschlossen dass einer der Angeklagten Kenntnis von dieser bestimmungswidrigen Verwendung des Schadlingsbekampfungsmittels gehabt hatte Eine Einschatzung zu der inzwischen auch weite Teile der historischen Forschung gekommen sind 16 Medikamente der I G Farben wurden zu Menschenversuchen in Konzentrationslagern verwendet und die Testergebnisse dem Konzern zur Verfugung gestellt Im Prozess konnte nicht zweifelsfrei belegt werden dass Angeklagte von der rechtswidrigen Verwendung Kenntnis hatten so dass kein Schuldspruch erfolgte Nach Einschatzung der historischen Forschung wussten einige Verantwortliche uber die Menschenexperimente Bescheid billigten sie auch und haben sich damit strafbar gemacht 17 Anklagepunkt 4 Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation Bearbeiten Im Nurnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher war die SS als verbrecherische Organisation eingestuft worden Alle drei Angeklagten im I G Farben Prozess denen die Mitgliedschaft in dieser Organisation vorgeworfen wurde wurden in diesem Anklagepunkt freigesprochen Schneider war nur zahlendes Mitglied Von der Heyde nur bei der Reiter SS die nicht zu den kriminellen Organisationen gerechnet wurde und Butefisch nur Ehrenmitglied ohne je eine Funktion wahrgenommen und den Eid geleistet zu haben das Tragen der Uniform hatte er verweigert 18 Strafvollzug BearbeitenDie Verurteilten wurden soweit ihre Strafzeit nicht bereits durch die Untersuchungshaft abgebusst war in das Landsberger Gefangnis gebracht Samtliche zu Haftstrafen verurteilten Angeklagten wurden vorzeitig aus der Haft entlassen Wann die letzten Inhaftierten entlassen wurden ist nicht eindeutig geklart In der gelaufigen Literatur ist jedoch meist von 1952 oder 1951 die Rede Die meisten Angeklagten hatten bald wieder Posten in der Industrie inne Literatur BearbeitenJens Ulrich Heine Verstand amp Schicksal Die Manner der I G Farbenindustrie A G 1925 1945 in 161 Kurzbiographien Verlag Chemie Weinheim u a 1990 ISBN 3 527 28144 4 Florian Jessberger Von den Ursprungen eines Wirtschaftsvolkerstrafrechts Die I G Farben vor Gericht In Juristenzeitung 2009 S 924 932 Stephan H Lindner Das Urteil im I G Farben Prozess In Kim C Priemel Alexa Stiller Hrsg NMT Die Nurnberger Militartribunale zwischen Geschichte Gerechtigkeit und Rechtschopfung Hamburger Edition Hamburg 2013 ISBN 978 3 86854 577 7 S 405 ff Stephan H Lindner Aufrustung Ausbeutung Auschwitz Eine Geschichte des I G Farben Prozesses Wallstein Gottingen 2020 ISBN 978 3 8353 3686 5 Udo Walendy Hrsg Auschwitz im IG Farben Prozess Holocaust Dokumente Verlag fur Volkstum u Zeitgeschichtsforschung Vlotho Weser 1981 ISBN 3 922252 15 X Englisch The IG Farben Trial The United States of America vs Carl Krauch et al US Military Tribunal Nuremberg Judgment of 30 July 1948 Das Urteil im I G Farben Prozess englisch PDF 181 Seiten 1 3 MB Grietje Baars Capitalism s Victor s Justice The Hidden Stories Behind the Prosecution of Industrialists Post WWII In The Hidden Histories of War Crime Trials Hrsg Heller und Simpson Oxford University Press 2013 ISBN 978 0 19 967114 4 S 163 ff Office of Military Government for Germany United States OMGUS Ermittlungen gegen die I G Farbenindustrie AG September 1945 Ubersetzt und bearbeitet von der Dokumentationsstelle zur NS Sozialpolitik Hamburg Greno Nordlingen 1986 ISBN 3 89190 019 8 Mark E Spicka The Devil s Chemists on Trial The American Prosecution of I G Farben at Nuremberg The Historian Vol 61 Nr 4 S 865 882 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons I G Farben Prozess Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Nurnberger Prozess gegen I G Farben 1947 48 bei wollheim memorial de Dokumente IG Farben Trial profit over life org weitgehend vollstandige Mikrofilmkopien der Gerichtsakten englisch Video zum Prozess aus der Sammlung des Robert H Jackson Center englisch 7 06 Min Erinnerungen der Staatsanwaltin Belle Mayer Zeck Teil 1 Video englisch 9 55 Min und Teil 2 7 59 Min Einzelnachweise Bearbeiten Grietje Baars Capitalism s Victor s Justice The Hidden Stories Behind the Prosecution of Industrialists Post WWII In The Hidden Histories of War Crime Trials Hrsg Heller und Simpson Oxford University Press 2013 ISBN 978 0 19 967114 4 S 163 169 f Florian Jessberger Die I G Farben vor Gericht S 925 Florian Jessberger Die I G Farben vor Gericht S 925 Kim Christian Priemel Flick Eine Konzerngeschichte vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik Wallstein 2007 ISBN 978 3 8353 0219 8 S 616 ff Priemel und Stiller NMT Die Nurnberger Militartribunale zwischen Geschichte Gerechtigkeit und Rechtschopfung Hamburger Edition 2013 ISBN 978 3 86854 577 7 S 773 ff Wahl war ab 3 September 1947 Special Counsel fur alle Angeklagten fur Fragen des internationalen Rechts August von Knieriem bei wollheim memorial de Christian Schneider bei wollheim memorial de 1945 1955 Nurnberger Prozesse und Entflechtung der I G Farben Memento vom 2 April 2015 im Internet Archive Stephan H Lindner Das Urteil im I G Farben Prozess S 415 Stephan H Lindner Das Urteil im I G Farben Prozess S 411 f Stephan H Lindner Das Urteil im I G Farben Prozess S 412 f Stephan H Lindner Das Urteil im I G Farben Prozess S 408 f Florian Jessberger Die I G Farben vor Gericht S 927 Stephan H Lindner Das Urteil im I G Farben Prozess S 418 Stephan H Lindner Das Urteil im I G Farben Prozess S 420 Stephan H Lindner Das Urteil im I G Farben Prozess S 420 f Kevin Jon Heller The Nuremberg Military Tribunals and the Origins of International Criminal Law Oxford University Press 2011 ISBN 978 0 19 955431 7 S 292 ff Nurnberger Prozesse Hauptkriegsverbrecher Prozess12 Nachfolgeprozesse Fall I Arzte Fall II Generalfeldmarschall Milch Fall III Juristen Fall IV Wirtschafts Verwaltungshauptamt der SS Fall V Flick Fall VI I G Farben Fall VII Generale in Sudosteuropa Fall VIII Rasse und Siedlungshauptamt der SS Fall IX Einsatzgruppen Fall X Krupp Fall XI Wilhelmstrasse Fall XII Oberkommando der Wehrmacht Normdaten Sachbegriff GND 4226692 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title I G Farben Prozess amp oldid 238793678