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Die Hohmann Affare war eine politische Affare in Deutschland die durch eine als antisemitisch kritisierte Rede des damaligen CDU und jetzigen AfD Politikers Martin Hohmann zum Tag der Deutschen Einheit am 3 Oktober 2003 ausgelost wurde und zu dessen Parteiausschluss aus der Christlich Demokratischen Union fuhrte Inhaltsverzeichnis 1 Der Anlass 2 Zitate aus Hohmanns Rede 2 1 Hohmanns Argumentation 3 Die Folgen 3 1 Gegenstimmen 3 1 1 Zentralrat der Juden in Deutschland 3 1 2 Historiker 3 1 3 Atheisten 3 2 Reaktionen in der CDU 3 3 Fraktionsausschluss 3 4 Parteiausschluss 4 Unterstutzung fur Hohmann 5 Hohmann und Gunzel 6 Keine strafrechtlichen Ermittlungen gegen Hohmann 7 Zivilrechtliche Folgen 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseDer Anlass BearbeitenAm 3 Oktober 2003 hielt Hohmann in Neuhof eine Rede zum Tag der Deutschen Einheit Darin monierte er dass man als Deutscher in Deutschland keine Vorzugsbehandlung geniesse und stellte die Frage ob es nicht sinnvoll sei die Zahlungen an die EU sowie die Entschadigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter wahrend des NS Regimes und an die judischen Opfer des Holocaust angesichts der schlechten Wirtschaftslage zu verringern Weiter beanstandete er dass immer neue Generationen deutscher Wissenschaftler auch noch die winzigsten Verastelungen der NS Zeit mit geradezu neurotischem Eifer durchforschen wurden Um das Argument zu entkraften dies sei aus historischen und moralischen Grunden nicht moglich diskutierte er anschliessend den Begriff Tatervolk in Zusammenhang mit den Deutschen wahrend der Zeit des Nationalsozialismus einerseits und den Juden wahrend der Oktoberrevolution und der Zeit des Stalinismus andererseits Er berief sich dabei auf das Werk Judischer Bolschewismus von Johannes Rogalla von Bieberstein Dresden 2002 Neuausg Graz 2010 und zitierte unter anderem aus dem Buch Der internationale Jude das Henry Ford ab 1920 herausgegeben hatte Nach diesen Thesen so Hohmann konnte man mit einer gewissen Berechtigung nach der Taterschaft der Juden fragen und diese mit einiger Berechtigung als Tatervolk bezeichnen Damit wurde man nur der gleichen Logik folgen mit der man Deutsche als Tatervolk bezeichnet Im weiteren Verlauf kritisierte Hohmann den Begriff Tatervolk und den damit verbundenen Vorwurf der Kollektivschuld sowohl den Juden als auch den Deutschen gegenuber als absurd und unangebracht Das wahre Tatervolk des 20 Jahrhunderts so Hohmann seien die Gottlosen mit ihren gottlosen Ideologien gewesen 1 Zitate aus Hohmanns Rede BearbeitenDie folgenden Passagen aus der Rede brachten Hohmann den Vorwurf des Antisemitismus ein Die Schuld von Vorfahren an diesem Menschheitsverbrechen hat fast zu einer neuen Selbstdefinition der Deutschen gefuhrt Trotz der allseitigen Beteuerungen dass es Kollektivschuld nicht gabe trotz nuancierter Wortneuschopfungen wie Kollektivverantwortung oder Kollektivscham Im Kern bleibt der Vorwurf die Deutschen sind das Tatervolk Auf diesem Hintergrund stelle ich die provozierende Frage Gibt es auch beim judischen Volk das wir ausschliesslich in der Opferrolle wahrnehmen eine dunkle Seite in der neueren Geschichte oder waren Juden ausschliesslich die Opfer die Leidtragenden Meine Damen und Herren es wird Sie uberraschen dass der amerikanische Autokonig Henry Ford 1920 ein Buch mit dem Titel The International Jew herausgegeben hat Darin prangert Ford die Juden generalisierend als Weltbolschewisten an Er vermeinte einen alljudischen Stempel auf dem roten Russland ausmachen zu konnen wo damals die bolschewistische Revolution tobte Er bezeichnete die Juden in hervorragendem Masse als Revolutionsmacher Ford brachte in seinem Buch eine angebliche Wesensgleichheit von Judentum und Kommunismus bzw Bolschewismus zum Ausdruck Wie kommt Ford zu seinen Thesen die fur unsere Ohren der NS Propaganda vom judischen Bolschewismus ahneln Mit einer gewissen Berechtigung konnte man im Hinblick auf die Millionen Toten dieser ersten Revolutionsphase nach der Taterschaft der Juden fragen Juden waren in grosser Anzahl sowohl in der Fuhrungsebene als auch bei den Tscheka Erschiessungskommandos aktiv Daher konnte man Juden mit einiger Berechtigung als Tatervolk bezeichnen Das mag erschreckend klingen Es wurde aber der gleichen Logik folgen mit der man Deutsche als Tatervolk bezeichnet Daher sind weder die Deutschen noch die Juden ein Tatervolk Mit vollem Recht aber kann man sagen Die Gottlosen mit ihren gottlosen Ideologien sie waren das Tatervolk des letzten blutigen Jahrhunderts Mit Gott in eine gute Zukunft fur Europa Mit Gott in eine gute Zukunft besonders fur unser deutsches Vaterland 1 Hohmanns Argumentation Bearbeiten Anders als in den Medien zunachst berichtet bezeichnete Hohmann die Juden in seiner Rede tatsachlich nicht explizit als Tatervolk stellte aber gleichwohl fest dass man sie unter gewissen Voraussetzungen so nennen konne und listete dafur eine Reihe von Grunden auf Diese Auflistung macht einen Grossteil der Rede aus Seine Argumentation ahnelt dem klassischen Syllogismus und lasst sich als Dreischritt wie folgt zusammenfassen Den Deutschen werde wegen der nationalsozialistischen Verbrechen der Vorwurf gemacht ein Tatervolk zu sein Juden hatten wahrend der bolschewistischen Revolution auch Verbrechen begangen ohne ein Tatervolk genannt zu werden Da man die Juden trotz dieser Verbrechen nicht als Tatervolk bezeichnen konne sei diese Bezeichnung auch gegenuber den Deutschen unangebracht Von Kritikern wird Hohmann vorgeworfen er verfolge in seiner Rede zusatzlich eine verborgene Argumentation welche antisemitische Stereotype verbreite von denen er sich nur zum Schein distanziere Diese verborgene Argumentation erfolge in vier Schritten Zunachst fragt er Wie kommt Ford zu seinen Thesen die fur unsere Ohren der NS Propaganda vom judischen Bolschewismus ahneln Der folgende Teil der Rede Hohmanns fuhrt zahlreiche Argumente bzw Scheinargumente auf welche erkennbar machen dass Hohmann die Sichtweise von Ford fur stichhaltig halt Danach erlautert Hohmann Wir mussen genauer hinschauen Die Juden die sich dem Bolschewismus und der Revolution verschrieben hatten hatten zuvor ihre religiosen Bindungen gekappt Zum Schluss seiner Rede macht Hohmann im Unterschied zu Ford deutlich dass er nicht Juden fur gefahrlich halt sondern ganz allgemein Gottlosigkeit und gottlose Ideologien Die Ausfuhrlichkeit mit der Hohmann Argumente gegen Juden anfuhrt sowie seine Weigerung sich von Fords Thesen zu distanzieren wird von Kritikern als Ausdruck antisemitischen Denkens betrachtet Die Folgen BearbeitenVon Hohmanns 120 Zuhorern zumeist Mitglieder des CDU Ortsverbands Neuhof zeigte sich niemand uber seine Ausserungen irritiert In der Offentlichkeit blieb die Rede zunachst unbeachtet Erst nachdem der CDU Ortsverband Neuhof sie auf seine Internetseite gestellt hatte erschien am 27 Oktober 2003 ein kritischer Artikel der Journalistin Andrea Livnat in dem Online Magazin Hagalil com Darin heisst es Martin Hohmann sagt in seiner Rede nichts Verbotenes er hetzt nicht mit verfassungsfeindlichen Parolen Seine Argumentation ist wesentlich raffinierter und perfider Bestreitet er letztendlich dass die Juden als Kollektiv ein Tatervolk seien so zahlt er doch zuvor genau dafur Beweise auf Durch die Gegenuberstellung von Nationalsozialismus und Bolschewismus bzw von Deutschen und Juden als Tatervolk wird der Holocaust verharmlost die Schuld des nationalsozialistischen Deutschland relativiert und schliesslich antisemitische Argumentationen der ubelsten Sorte aufgewarmt und neu serviert Juden sind wahlweise die Drahtzieher von Bolschewismus Kommunismus Sozialismus Kapitalismus je nachdem wie es der Sprecher eben braucht 2 Erst dieser Artikel machte die Medien und die breite Offentlichkeit auf die Rede aufmerksam Hohmann geriet sofort bundesweit unter heftige Kritik sowohl von Seiten der Medien als auch von Politikern anderer Parteien und schliesslich auch der CDU Der antisemitische 3 Tenor der Rede rief in der Folge eine breite offentliche Debatte hervor Gegenstimmen Bearbeiten Die Kritik an Hohmann richtet sich darauf dass seine Argumentation schon deshalb falsch und tendenziell antisemitisch sei weil ihre Pramissen nicht stimmten Die zentralen Argumente gegen Hohmanns Ansichten lauteten wie folgt In der Debatte um die deutsche Verantwortung fur den Holocaust spiele der Begriff Tatervolk uberhaupt keine Rolle Hohmann suche damit vom Kern der Debatte abzulenken Die Gleichsetzung zwischen dem Beitrag einzelner Juden zum Bolschewismus und dem Beitrag einer Mehrheit der Deutschen zum Nationalsozialismus sei vollig unverhaltnismassig verzerre die historischen Tatsachen und stelle an sich ein bekanntes antisemitisches Klischee dar Weder Lenin noch Stalin waren Juden und Stalin hatte bereits vor Beginn der grossen Terrorwelle der 1930er Jahre Parteifunktionare judischer Herkunft wie Trotzki aus allen Fuhrungspositionen verdrangt Die gleichwertige Absolution sowohl der Juden als auch der Deutschen vom Vorwurf der Taterschaft laufe im Kern auf eine Relativierung und Verharmlosung der nationalsozialistischen Verbrechen hinaus was eine ubliche Vorgehensweise von Antisemiten sei Hohmanns Argumentation decke sich mit den umstrittenen Thesen von Ernst Nolte die von der grossen Mehrheit der deutschen Geschichtswissenschaftler Mitte der 1980er Jahre im Historikerstreit zuruckgewiesen worden seien Zentralrat der Juden in Deutschland BearbeitenDer damalige Prasident des Zentralrats der Juden in Deutschland Paul Spiegel kritisierte die Rede Martin Hohmanns in der ARD Die Ausserungen von Herrn Hohmann sind ein Griff in die unterste Schublade des widerlichen Antisemitismus Der Abgeordnete habe die zarten Pflanzen der Aussohnung zwischen Juden und Nichtjuden brutal zertreten 4 In diesem Sinne ausserte sich auch Salomon Korn Vizeprasident des Zentralrates der Juden in Deutschland am 9 November 2004 in einer Rede zum Gedenken an die Novemberpogrome 1938 Dass Hohmanns Rede antisemitisch ist steht ausser Frage Wer ein Standardwerk der antisemitischen Literatur wie Henry Fords 1920 erschienenes Buch The International Jew ausdrucklich zur Grundlage seiner Uberlegungen macht und daraus zustimmend zitiert argumentiert antisemitisch Wer die angebliche Verbrechensbeteiligung von Juden derjenigen von Deutschen gegenuberstellt und dem in Kollektivhaftung genommenen judischen Volk in seiner Gesamtheit ein kommunistisches Staatsverbrechen anzulasten versucht mit dem Argument viele Juden seien an ihm beteiligt gewesen argumentiert antisemitisch Einige Monate zuvor hatte Korn bereits zum Beschluss der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main Stellung genommen gegen Martin Hohmann kein Strafverfahren wegen Volksverhetzung einzuleiten s u Die Tatsache dass Hohmann seine antisemitische mit antidemokratischem und volkischem Gedankengut gepaarte Rede in Konjunktive verpackt hat um sie damit unterhalb der strafrechtlichen Sanktionierungsmoglichkeiten zu halten macht sie um so abgefeimter Mit Sicherheit lasst sich aber sagen dass man Hohmann mit einiger Berechtigung als Antisemiten allemal als Konjunktiv Antisemiten bezeichnen konnte Historiker Bearbeiten Der Historiker Ulrich Herbert von der Albert Ludwigs Universitat Freiburg kam nach der Analyse von Hohmanns Rede zu folgendem Urteil 5 Was er macht ist eine Entlastungsargumentation Die Deutschen mussten sich von der Vergangenheit endlich befreien Sie mussten diese Schmach des Begriffes Tatervolk ablegen Und das tut er dadurch dass er sagt er wurde ja auch andere nicht als Tatervolk bezeichnen obwohl sie es ja genauso verdient hatten wie die Deutschen Er geht dann auf die Juden ein durch eine historisch falsche und mitunter abstruse Gleichsetzung von Judentum und Bolschewismus und greift dadurch das zentrale Gedankengut des nationalsozialistischen Antisemitismus auf der genau mit dieser Verbindung Judentum und Bolschewismus den Holocaust begrundet und legitimiert hat Im gleichen Sinne argumentierte Wolfgang Benz der Leiter des Zentrums fur Antisemitismusforschung in Berlin Angesichts von Hohmanns Behauptung man konnte wegen der Beteiligung einzelner Juden an Erschiessungskommandos der Tscheka die Juden insgesamt mit einiger Berechtigung als Tatervolk bezeichnen verwies Benz auf die gleichlautende Argumentation der nationalsozialistischen Propaganda 6 Das ist Goebbels pur das kann man nicht anders sagen Mit dem Stereotyp des judischen Bolschewismus haben die Nationalsozialisten Propaganda gemacht Mit denselben Vorwurfen die in der Rede von Herrn Hohmann als Tatsachenbericht vorkommen Der Historiker Jorg Baberowski von der Berliner Humboldt Universitat warf Hohmann vor die Grunde unterschlagen zu haben warum relativ viele Juden auf Seiten der Revolution gegen das zaristische Regime gestanden hatten weil sie in Russland eine diskriminierte und verfolgte Minderheit waren die seit Anfang der 1880er Jahre immer wieder staatlich geduldeten oder sogar propagierten Pogromen ausgesetzt waren Baberowski machte aber auch deutlich dass nur verschwindend wenige russische Juden sich zu den Bolschewiki bekannt und dass diese sich ausdrucklich weder ethnisch noch religios als Juden bezeichnet hatten Aus diesem Grund warf auch Benz Hohmann vor sich die nazistische Definition von Juden als Volk statt als Religionsgemeinschaft zu eigen gemacht und sie in seiner Argumentation mit den nationalsozialistischen Tatern auf eine Stufe gestellt zu haben Fur Benz hatte Hohmann eine lupenreine Probe gegeben wie Antisemitismus funktioniere Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik habe ein Politiker einer demokratischen Partei eine geschlossene judenfeindliche Argumentation mit entsprechender Vorbereitung und Gesinnung vorgetragen 7 Der Politikwissenschaftler Wolfgang Gessenharter machte zusatzlich darauf aufmerksam dass Hohmann mit seiner Forderung dass Deutsche in Deutschland bevorzugt behandelt werden mussten den Gleichheitsartikel 3 des Grundgesetzes infrage gestellt habe 8 Atheisten Bearbeiten Die zentrale Schlussfolgerung von Hohmanns Rede lautete dass Gottlosigkeit das eigentliche Ubel darstelle und die Gottlosen die Vollstrecker des Bosen seien Fur Wolfgang Benz weist diese Argumentation Hohmann als Verfechter eines christlichen Fundamentalismus aus 9 Demgegenuber verwahrten sich Atheisten wie Hans Schauer gegen Hohmanns generellen Vorwurf die Gottlosen aller Art seien das Tatervolk das fur die Katastrophen des 20 Jahrhunderts verantwortlich sei Hohmanns Aussage Nur religiose Wurzeln und Bindungen werden ahnliche Katastrophen verhindern wie sie uns Gottlose bereitet haben wurde angesichts der kirchlichen Kriminalgeschichte und der Ablehnung des Atheismus durch die Nationalsozialisten als grobe Beleidigung empfunden Verschiedene freigeistige und atheistische Organisationen erstatteten deshalb Strafanzeige gegen Hohmann Reaktionen in der CDU Bearbeiten Auch Kritiker aus seiner eigenen Partei wie Jurgen Ruttgers und Heiner Geissler warfen Hohmann vor er habe sich antisemitischer Vorurteile bedient und diese damit verstarkt Sie forderten daher seinen Ausschluss aus Fraktion und Partei Hohmann wies den Zuspruch von antisemitischer Seite die er nach seiner Rede erhielt zwar zuruck und bedauerte den entstandenen Eindruck Es war nicht meine Absicht die Einzigartigkeit des Holocaust zu bestreiten und es war auch nicht meine Absicht Juden als Tatervolk zu bezeichnen Wenn gleichwohl ein anderer Eindruck entstanden ist dann entschuldige ich mich dafur ganz ausdrucklich und bedauere es wenn ich dadurch Gefuhle von Menschen verletzt habe Er weigerte sich jedoch die missverstandlichen Passagen seiner Rede eindeutig zuruckzunehmen In der ZDF Sendung Frontal21 sagte er Eine Entschuldigung ware glaube ich ein Signal dass die Tatsachen nicht stimmen die ich angefuhrt habe Die Tatsachen sind aber richtig Auch in der Geschichte des judischen Volkes gibt es dunkle Flecken Ein solcher Fleck war die Beteiligung von vielen Juden an der bolschewistischen Revolution 1917 dadurch sind viele Menschen zu Tode gekommen Das will ich aber nicht als Vorwurf sagen das sage ich nur als Feststellung Diese Haltung Hohmanns fuhrte schliesslich zu seinem Ausschluss aus der CDU Bundestagsfraktion und aus der Partei Im November 2016 bekraftigte Hohmann bei seiner Bewerbungsrede um einen aussichtsreichen Platz auf der hessischen AfD Liste zur Bundestagswahl 2017 es habe eine Medienkampagne gegeben die ganz ubel und perfide gewesen sei und die Rede verfalscht habe 10 Fraktionsausschluss Bearbeiten Die CDU Bundesvorsitzende Angela Merkel massregelte Hohmann am 3 November 2003 hielt jedoch weitergehende Konsequenzen zunachst nicht fur notig sofern Hohmann sich nicht erneut im Sinne seiner kritisierten Rede aussere Wegen der fortgesetzten offentlichen Diskussion beantragte sie eine Woche spater schliesslich doch seinen Ausschluss aus der CDU CSU Bundestagsfraktion und kundigte auch an seinen Ausschluss aus der CDU zu betreiben Die Parteispitze der CDU wollte in Bezug auf Hohmann zunachst keine weiteren Konsequenzen ziehen ubernahm aber am 10 November 2003 die Position Merkels Am 14 November 2003 beschloss die CDU CSU Bundestagsfraktion Hohmann auszuschliessen Mit 78 stimmten zwar mehr Abgeordnete fur den Antrag als die erforderlichen zwei Drittel jedoch weniger als erwartet Es war der zweite Fraktionsausschluss eines Unions Abgeordneten in der Geschichte des Deutschen Bundestages nach Schmidt Wittmack Parteiausschluss Bearbeiten Die hessische CDU leitete am 21 November 2003 ein parteiliches Untersuchungsverfahren gegen Hohmann ein das am 16 Juli 2004 mit seinem Parteiausschluss durch das Landesparteigericht der CDU Hessen endete Hohmann so die Begrundung des Gerichts habe schuldhaft und erheblich gegen die Grundsatze und die Ordnung der Partei verstossen Er habe in einer Rede Judentum und Bolschewismus argumentativ verknupft und damit ein anstossiges Klischee verwendet das schon von den Nazis zur Rechtfertigung des Holocaust verwendet worden sei Zudem habe sich Hohmann nicht eindeutig von der Rede distanziert und seiner Partei somit schweren Schaden zugefugt Gegen die Entscheidung des Landesparteigerichts legte Hohmann Beschwerde beim Bundesparteigericht ein Diese wurde mit Beschluss vom 4 November 2004 zuruckgewiesen Allerdings sprach sich der stellvertretende Vorsitzende des Gerichts Friedrich Wilhelm Siebeke in einem Sondervotum gegen den Ausschluss Hohmanns aus der CDU aus Martin Hohmann bemuhte danach die Zivilgerichtsbarkeit um seinen Ausschluss aus der CDU anzufechten Seine Klage wies das Landgericht Berlin am 11 November 2005 ab das Kammergericht wies Hohmanns Berufung gegen das Urteil des Landgerichts zuruck und liess die Revision nicht zu Der Bundesgerichtshof wies am 10 Dezember 2007 Hohmanns Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zuruck 11 Hohmann hatte angekundigt seinen Fall wenn notig bis vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen Unterstutzung fur Hohmann BearbeitenNach dem Bekanntwerden seiner Rede erntete Hohmann nicht nur Kritik sondern fand auch Zustimmung besonders in den Internetforen seiner Partei und verschiedener Medien Mehrere prominente Unions Politiker nahmen Hohmann in Schutz darunter der CSU Bundestagsabgeordnete Norbert Geis der ehemalige Berliner Innensenator Heinrich Lummer und der CDU Fraktionschef im sachsischen Landtag Fritz Hahle Ungeachtet der Kritik von Seiten zahlreicher Fachhistoriker sprach die CDU Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld in Interviews mit der Wochenzeitung Junge Freiheit und dem Nachrichtenmagazin Focus von einer Medienkampagne gegen Hohmann Anfang 2005 plante der Kreisverband Nordwestmecklenburg der Jungen Union bei einer Veranstaltung Hohmann einzuladen musste jedoch auf parteiinternen Druck hin darauf verzichten Der JU Kreisvorsitzende musste daraufhin zurucktreten 12 Der Historiker Ernst Nolte interpretierte die Rede Hohmanns im geschichtlichen Kontext und kam zu dem Schluss dass sie einem Begreifenwollen und einer Uberwindung kollektivistischer Schuldzuschreibungen zwar nicht dienlich gewesen sei dass jedoch der von Hohmann geausserten Kritik von politischer Seite nicht respektvoll genug begegnet worden sei sofern die kritische Absicht uberhaupt zur Kenntnis genommen worden sei Hohmanns Kritik sei zulassig und um der freiheitlichen Demokratie willen verdienstvoll Einer solchen Kritik sollte mit Respekt begegnet werden wenn sie auf Argumenten und der vielleicht irrtumlichen Feststellung von Tatsachen beruht Dieser Respekt ist Martin Hohmann nicht erwiesen worden Aber seine Tapferkeit inmitten einer fessellosen Kampagne und seine Weigerung uber das Recht auf Meinungsfreiheit hinaus auf seine Gewissensfreiheit zu verzichten verdienen Anerkennung ja Bewunderung 13 Der fruhere ZDF Journalist Fritz Schenk ebenfalls CDU Mitglied rief die Initiative Kritische Solidaritat mit Martin Hohmann ins Leben Zudem initiierte er eine Anzeigenkampagne in der FAZ und anderen deutschen Tageszeitungen in der ein Verbleib Hohmanns in Partei und Fraktion gefordert wurde Zu den Unterzeichnern des Appells gehorten u a Heinrich Lummer und der Munchner Gross Verleger Herbert Fleissner CSU Nicht alle Unterzeichner verteidigten Hohmanns Rede sahen aber sein verfassungsmassiges Recht auf freie Meinungsausserung verletzt Laut Alfred Schobert vom Duisburger Institut fur Sprach und Sozialforschung e V lassen sich die Erstunterzeichner des Aufrufs drei Organisationen zuordnen Mehr als die Halfte von ihnen wiesen mehr oder minder enge Bindungen zur rechtskonservativen Wochenzeitung Junge Freiheit auf Einige Unterzeichner entstammten dem Christlich Konservativen Deutschland Forum CKDF zu dessen hessischem Landesforum dem Arbeitskreis Konservativer Christen AKC um Herbert Gassen Hohmann enge Beziehungen unterhielt Viele der Erstunterzeichner engagierten sich bei Stimme der Mehrheit einer 1997 gegrundeten Untergliederung des Landesverbandes Nordrhein Westfalen des Bundes der Selbstandigen Am 23 Juli 2005 gab Fritz Schenk seinen Ausstieg aus der Initiative bekannt und begrundete dies mit der unabhangigen Kandidatur Hohmanns Massive Ruckendeckung erhielt Hohmann aus allen Kreisen der Neuen Rechten von der Jungen Freiheit bis zum Studienzentrum Weikersheim 8 Vereinzelt erhielt Hohmann Unterstutzung von judischer Seite So nahm der sich als antizionistischer Jude bezeichnende Moishe Friedman Hohmann in Schutz und forderte den Bundestag auf ihn zu rehabilitieren Auch Norman Finkelstein Autor des umstrittenen 14 Buches Die Holocaust Industrie fand nichts an Hohmanns Rede auszusetzen Hohmann und Gunzel BearbeitenEine Fortsetzung erfuhr die Affare Anfang November 2003 als Hohmann dem ZDF Magazin Frontal21 einen Brief von Brigadegeneral Reinhard Gunzel prasentierte Der Kommandeur des Kommandos Spezialkrafte KSK zollte Hohmann darin auf Bundeswehr Briefpapier Beifall fur seine Rede Bundesverteidigungsminister Peter Struck versetzte den General daraufhin am 4 November 2003 in den vorzeitigen Ruhestand da er gegen das fur die Bundeswehr geltende politische Neutralitatsgebot verstossen habe Hohmann entschuldigte sich spater bei Gunzel damit der Reporter habe ihm versprochen er wolle den Brief nicht namentlich in der Sendung prasentieren und positiv uber Hohmann berichten Keine strafrechtlichen Ermittlungen gegen Hohmann BearbeitenDie Staatsanwaltschaft beim Landgericht Fulda lehnte es am 5 Februar 2004 ab ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Hohmann wegen Volksverhetzung und Beleidigung einzuleiten Seine Rede habe ihrer Auffassung nach keine Volksverhetzung im Sinne von 130 Abs 1 Nr 1 und 2 StGB dargestellt da weder das Tatbestandsmerkmal des Aufstachelns zum Hass noch das des Angriffs auf die Menschenwurde anderer gegeben sei Diese Entscheidung wurde am 14 Mai 2004 trotz Beschwerden u a seitens des Zentralrats der Juden in Deutschland durch die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main bestatigt Zivilrechtliche Folgen BearbeitenGegen das Magazin Stern des Verlags Gruner Jahr erwirkte Hohmann 2004 eine einstweilige Verfugung Nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main darf die Zeitschrift nicht weiter behaupten Hohmann habe die Juden als Tatervolk bezeichnet 15 Als stern de diese Behauptung 2023 wiederholte 16 erwirkte Hohmann eine Gegendarstellung 17 Der WDR Spiegel Online die Frankfurter Rundschau Bild T Online de die Schweriner Volkszeitung und Berlin Online haben sich gegenuber Hohmann rechtsverbindlich verpflichtet die Behauptung zu unterlassen er habe die Juden als Tatervolk bezeichnet 18 2016 scheiterte Martin Hohmann mit einer Klage vor dem Amtsgericht Dresden wo er gegen das Kulturburo Sachsen auf Erstattung der Kosten einer Abmahnung klagte Die dortige Richterin vertrat die Ansicht dass man ihn aufgrund der gangigen Interpretation seiner Rede von den Juden als Tatervolk als antisemitisch bezeichnen durfe 19 Literatur BearbeitenWolfgang Benz Was ist Antisemitismus C H Beck Munchen 2004 Fritz Schenk Der Fall Hohmann und kein Ende Mit dem Text des Sondervotums des Bundesparteigerichts der CDU 2 Auflage Munchen 2005 ISBN 3 8004 1466 X Michael Wildt Gemeinnutz geht vor Eigennutz Ein kurzer Nachtrag zur Hohmann Rede In Mittelweg 36 13 Jg 2004 Heft 1 S 88 92 Gekurzte Fassung online unter http www taz de pt 2004 03 03 a0191 nf text Doron Rabinovici Ulrich Speck Natan Sznaider Neuer Antisemitismus Eine globale Debatte Suhrkamp Frankfurt 2004 ISBN 3 518 12386 6 Weblinks BearbeitenVollstandige Rede von Martin Hohmann am 3 Oktober 2003 Topik des Antisemitismus am Beispiel der Neuhofer Rede Martin Hohmanns oder Woran erkennt man eine antisemitische Rede Rhetorik Online 2 2004 abgerufen am 1 November 2013 Der Fall Hohmann im Kontext Memento vom 29 Februar 2008 im Internet Archive Vortrag von Ernst Nolte Alfred Schobert Eliten Antisemitismus in Nazi Kontinuitat graswurzel netEinzelnachweise Bearbeiten a b Vollstandige Rede Hohmanns Memento vom 4 Mai 2009 im Internet Archive http www hagalil com archiv 2003 10 hohmann htm A Dirk Moses Stigma and Sacrifice in the Federal Republic of Germany In History amp Memory 19 2007 Nr 2 S 139 180 hier S 172 Fn 36 Pol o Dochartaigh 2007 Philo Zionism as a German Political Code Germany and the Israeli Palestinian Conflict Since 1987 In Journal of Contemporary Central and Eastern Europe 15 2007 S 233 255 hier S 251 Matthias Kuntzel Confronting Anti Semitism But How In Telos 2006 S 140 153 Joanne Sayner 2008 Review von Literarischer Antisemitismus nach Auschwitz In Monatshefte 100 2008 Nr 4 S 638 640 hier S 640 Robert S Wistrich The Politics of Ressentiment Israel Jews and the German Media Hebrew University of Jerusalem Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism Jerusalem 2004 S 21ff Tagesschau de CDU Abgeordneter nennt Juden Tatervolk Memento vom 4 Mai 2009 im Internet Archive Jorg Brase Werner Martin Doye Gefahrliche Lugen Memento vom 19 Mai 2004 imInternet Archive In Frontal21 11 November 2003 Christian Esser Ulrike Hinrichs Friedrich Kurz Die Hohmann Affare Memento vom 14 Februar 2007 imInternet Archive In Frontal21 4 November 2003 Wolfgang Benz Hohmann Affare In Ders Hrsg Handbuch des Antisemitismus Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart Bd 4 Ereignisse Dekrete Kontroversen W de Gruyter Berlin 2011 S 170 a b Wolfgang Gessenharter Strategien und Einflussspharen der Neuen Rechten In Mechtild Gomolla Ellen Kollender Marlene Menk Hg Rassismus und Rechtsextremismus in Deutschland Figurationen und Interventionen in Gesellschaft und staatlichen Institutionen Beltz Juventa Weinheim 2018 S 54 Wolfgang Benz Hohmann Affare In Ders Hrsg Handbuch des Antisemitismus Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart Bd 4 Ereignisse Dekrete Kontroversen W de Gruyter Berlin 2011 S 169f Norbert Blech Martin Hohmann warnt vor perverser und anti christlicher Gender Ideologie www queer de 17 Oktober 2019 Parteiausschluss von Hohmann rechtskraftig Memento vom 18 Dezember 2007 im Internet Archive CDU Landeschef Ich bin froh dass sich die Vernunft durchgesetzt hat Junge Union ladt Hohmann ein und wieder aus handelsblatt com abgerufen am 21 Marz 2018 Der Fall Hohmann im Kontext Berlin 31 08 2004 Memento vom 6 Oktober 2007 im Internet Archive Martin Dietzsch Alfred Schobert Hg Ein judischer David Irving Norman G Finkelstein im Diskurs der Rechten Erinnerungsabwehr und Antizionismus CDU Politiker Hohmann erzielt einstweilige Verfugung gegen Stern In RP Online 12 Marz 2004 abgerufen 28 September 2016 Rechtsaussen Spruche und Stasi Spitzel Diese Politiker wurden schon aus der CDU CSU verbannt Abgerufen am 4 Februar 2023 Gegendarstellung von Martin Hohmann Abgerufen am 4 Februar 2023 Wer MdB HOHMANN Tatervolk Behauptung unterstellt zahlt an Mutter in Not In Osthessen News 11 Februar 2005 abgerufen 28 September 2016 Jennifer Stange Ex CDU MdB scheitert vor Gericht Man darf ihn Antisemit nennen in der Judischen Allgemeine vom 1 Juli 2016 abgerufen am 26 September 2016 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hohmann Affare amp oldid 232815517