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Hermann Kastner 25 Oktober 1886 in Berlin 4 September 1957 in Munchen war ein deutscher Rechtsanwalt und Politiker DDP LDP Kastner bei der Konstituierung der Provisorischen Volkskammer im Gebaude der DWK in Berlin 1949 Kastner bei der Eroffnung der Leipziger Fruhjahrsmesse im Schauspiel Leipzig 1950 Er war von 1922 bis 1933 und von 1946 bis 1950 Mitglied des Sachsischen Landtags von 1946 bis 1948 Sachsischer Justizminister und stellvertretender Ministerprasident des Landes Sachsen von 1948 bis 1949 Leiter des Fachsekretariats Finanzen Post und Fernmeldewesen und stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Wirtschaftskommission von 1948 bis 1949 Mitglied des Prasidiums des Deutschen Volksrates von 1949 bis 1950 Mitglied der Provisorischen Volkskammer sowie stellvertretender Ministerprasident der DDR Seit 1949 fungierte er gemeinsam mit Karl Hamann als Kovorsitzender der LDP wurde jedoch 1950 seines Amtes enthoben und aus der Partei ausgeschlossen Nachdem er 1951 rehabilitiert und wieder aufgenommen worden war fluchtete er 1956 in die Bundesrepublik Deutschland Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Geheimdiensttatigkeiten 3 Schriften 4 Siehe auch 5 Weblinks 6 Literatur 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenKastner wurde als Sohn eines Lehrers geboren Nach dem Besuch des Gymnasiums zum Grauen Kloster studierte er von 1904 bis 1908 Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft an der Friedrich Wilhelms Universitat Berlin Wahrend seines Studiums wurde er Mitglied beim Verein Deutscher Studenten Berlin 1 Kastner legte 1908 die Referendarprufung ab und promovierte 1909 an der Universitat Jena mit dem Thema Der Impfzwang und das Reichs Impfgesetz vom 8 April 1874 zum Dr jur Danach war Kastner als Referendar in den Stadtverwaltungen von Berlin Lichtenberg und Berlin Neukolln sowie beim Berliner Magistrat tatig 1917 wurde er als Professor an die Furst Leopold Akademie in Lippe Detmold berufen wo er Vorlesungen uber Staats Kommunal und Verwaltungsrecht hielt nach seinem Weggang von der Furst Leopold Akademie fuhrte er seinen Professorentitel im Sinne einer Titularprofessur weiter wozu keine formale Berechtigung bestand 2 1920 ging Kastner als Syndikus der sachsischen Wirtschaftsverbande nach Dresden 1918 wurde er Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei DDP Die Partei wahlte Kastner zum Vorsitzenden Ostsachsens Von der 2 Wahlperiode 1922 bis zur 4 Wahlperiode 1930 vertrat er die DDP als Abgeordneter im Sachsischen Landtag In der 5 Wahlperiode vertrat er von Oktober 1930 bis 1933 als Nachrucker fur Julius Dehne die mittlerweile entstandene Deutsche Staatspartei im Sachsischen Landtag Zeitweilig suchte er die Nahe zur NSDAP und beabsichtigte als Finanzminister in die Regierung Manfred von Killinger NSDAP einzutreten 3 Fur die 6 Wahlperiode die sich vom 16 Mai 1933 bis zum 22 August 1933 erstreckte und bereits unter nationalsozialistischer Herrschaft stand stellte sich Kastner dann aber doch nicht mehr zur Verfugung Er arbeitete fortan als Rechtsanwalt in Dresden Wahrend der Zeit des Nationalsozialismus unterhielt er Verbindungen zur Widerstandsgruppe um Rainer Fetscher und geriet mehrmals in Haft Im Juni 1945 ubernahm er das Amt des Prasidenten der Anwalts und Notarkammer Sachsens Er gehorte zu den Initiatoren des Grundungsaufrufs des Landesverbandes Sachsen der Demokratischen Partei Deutschlands vom 6 Juli 1945 Am 15 August benannte sich die Partei in LDP um und Kastner wurde ihr erster sachsischer Landesverbandsvorsitzender der er bis zum Oktober 1947 blieb Er galt als engagierter Befurworter der Blockpolitik und so gehorte er zu den 70 Vertretern der Beratenden Versammlung dem Vorlaufer des Sachsischen Landtags Nach den Landtagswahlen vom 20 Oktober 1946 in Sachsen zog Kastner fur die LDP in den Landtag ein und wurde zugleich Vizeprasident und Mitglied des Altestenrates Im Rahmen der Bildung der ersten sachsischen Landesregierung nach dem Kriege im Dezember 1946 dem Kabinett Friedrichs wurde Kastner zum Justizminister berufen Dieses Amt hatte er bis zum Marz 1948 inne als er zur Deutschen Wirtschaftskommission DWK nach Berlin gerufen wurde Kastner war Leiter des Fachsekretariats Finanzen Post und Fernmeldewesen Zudem war er einer von vier stellvertretenden Vorsitzenden der DWK Des Weiteren beteiligte er sich im Deutschen Volksrat fur die LDP an der Ausarbeitung einer Verfassung fur die Deutsche Demokratische Republik Im gleichen Jahr wurde Kastner stellvertretender LDP Chef Auf dem Eisenacher Parteitag 1949 wahlte ihn die Partei zum Vorsitzenden Am 11 Oktober 1949 wurde Kastner in der ersten DDR Regierung unter Otto Grotewohl stellvertretender Ministerprasident Im Zuge LDP interner Auseinandersetzungen wurde er auf Betreiben Hans Lochs und Johannes Dieckmanns vom LDP Parteivorsitz abgelost und aus der Partei ausgeschlossen Dadurch verlor er im Juli 1950 auch sein Regierungsamt Kritisiert wurde sein Eintreten fur die Blockpolitik seine kompromissbereite Haltung gegenuber der SED seine Zustimmung zu den Enteignungen im Zuge der Bodenreform sowie Verschwendungssucht Eitelkeit und Korruption Zudem wurden Kastner seine sehr guten Kontakte zur sowjetischen Militarverwaltung dort vor allem zum spateren sowjetischen Botschafter in Berlin Wladimir Semjonow vorgeworfen 4 Die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen stellten sich als haltlos heraus 5 Kastner wurde 1951 rehabilitiert Er erhielt den Vorsitz des Forderungsausschusses fur die deutsche Intelligenz beim Ministerprasidenten der DDR einem Organ des Ministerprasidenten mit betrachtlichen politischen und materiellen Einflussmoglichkeiten auf die Intelligenz nicht zuletzt um Absetzbewegungen nach dem Westen zu verhindern 6 Durch den sowjetischen Hochkommissar Wladimir Semjonow war Kastner 1953 fur kurze Zeit als Justizminister im Gesprach 7 8 Im September 1956 floh er wegen zunehmender Resignation uber die Entwicklung in der DDR in die Bundesrepublik wo er in Munchen lebte 9 Er starb auf dem Munchener Hauptbahnhof an den Folgen eines Herzinfarktes 10 Geheimdiensttatigkeiten BearbeitenSeit 1948 beschaffte Kastner unter dem Decknamen Helwig fur die Organisation Gehlen OG Berichte uber alle Organisationen in der SBZ bzw DDR in denen er vertreten war Unter anderem kopierte er samtliche Protokolle der Kabinettssitzungen der ersten DDR Regierung und liess diese samt selbst verfassten Berichten von seiner Frau mit einem Sonderausweis im Auto nach West Berlin schmuggeln 11 Als es 1953 in der DDR zu Unruhen und zum Volksaufstand des 17 Juni kam erfuhr die OG uber einen Agenten bei der Hohen Kommission der Sowjetunion in Deutschland dass Kastner zur sowjetischen Administration in der DDR enge Kontakte unterhielt 12 Da er aber weiterhin viele Informationen aus der DDR lieferte hielt die OG trotz dieser Kenntnisse an ihm als Nachrichtenquelle fest Man verkannte dabei dass Kastner im Auftrag des SMAD bzw SKK gezielt Informationen in den Westen lancierte 13 Nach einer Analyse des BND soll sich Kastner zugleich als Doppelagent des NKWD und spater des MfS betatigt haben 14 Dass das MfS ihn fur den Fall einer moglichen Wiedervereinigung Deutschlands als Ersatzministerprasidenten vorgesehen habe stellt sich gemass neueren Forschungsergebnissen als unbestatigtes Gerucht heraus 15 Nachdem das Netz der Agenten der OG in der DDR durch das MfS im Laufe der Zeit immer mehr aufgerollt worden war kam es 1953 zu einer Verhaftungswelle Daraufhin befahl Reinhard Gehlen die Aktion Herbstwetter in deren Zuge einige Spitzenagenten der OG aus der DDR in die Bundesrepublik geschleust wurden Kastner wollte indes zunachst nicht fliehen obwohl ihm sein Fuhrungsoffizier Tarnay eine deutliche Warnung uberbracht hatte Erst als ihm Konrad Adenauer eine personliche Einladung verbunden mit dem Angebot eine angemessene politische Position zu erhalten ubermittelte liess er sich von einer Ubersiedlung nach Westdeutschland uberzeugen In der Nacht vom 5 auf den 6 September 1956 geleiteten Agenten des inzwischen aus der OG hervorgegangenen Bundesnachrichtendienstes BND zuerst seine Frau und danach ihn selbst per S Bahn von Ost nach West Berlin In ihrer neuen Wohnung wurden die Eheleute Kastner von einem Vertreter des BND begrusst der ihnen einen Gruss von Adenauer uberbrachte 16 Schriften BearbeitenDer Impfzwang und das Reichs Impfgesetz vom 8 April 1874 Frankel Berlin 1909 OCLC 793566951 zugleich Diss jur Jena 1909 Das Geschichtsbild der Liberal Demokratischen Partei Deutschlands LDP Schriftenreihe Bd 16 LDP Berlin 1950 DNB 364257571 Siehe auch BearbeitenKabinett Friedrichs II Kabinett Seydewitz I Provisorische Regierung der DDRWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Hermann Kastner Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Hermann Kastner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Literatur von und uber Hermann Kastner in der Sachsischen Bibliografie Werke von und uber Hermann Kastner in der Deutschen Digitalen Bibliothek Zeitungsartikel uber Hermann Kastner in den Historischen Pressearchiven der ZBW Eintrag zu Hermann Kastner in der Zentralen Datenbank Nachlasse Eintrag zu Hermann Kastner in Kalliope Hermann Kastner im Munzinger Archiv Artikelanfang frei abrufbar Hermann Kastner Tabellarischer Lebenslauf im LeMO DHM und HdG Lebenslauf von Hermann Kastner auf den Seiten der Friedrich Naumann Stiftung fur die FreiheitLiteratur BearbeitenKarsten Jedlitschka Kastner Hermann In Institut fur Sachsische Geschichte und Volkskunde Hrsg Sachsische Biografie Hella Kaden Kastner Hermann In Gabriele Baumgartner Dieter Hebig Hrsg Biographisches Handbuch der SBZ DDR 1945 1990 Band 1 K G Saur Munchen 1996 ISBN 3 598 11176 2 S 378 Vorschau in der Google Buchsuche Agatha Kobuch Hermann Kastner 1886 1957 In Sachsisches Staatsministerium der Justiz Hrsg Sachsische Justizminister 1831 bis 1950 Acht biographische Skizzen Sachsische Justizgeschichte Band 4 SMJ Dresden 1994 S 164 189 PDF 14 8 MB Udo Leuschner Hermann Kastner spioniert fur die Organisation Gehlen In Ders Die Geschichte der FDP Metamorphosen einer Partei zwischen rechts liberal und neokonservativ Monsenstein und Vannerdat Munster 2010 ISBN 3 86991 049 6 S 169 f Online Helmut Muller Enbergs Kastner Hermann In Wer war wer in der DDR 5 Ausgabe Band 1 Ch Links Berlin 2010 ISBN 978 3 86153 561 4 Johannes Zeller Prof Dr Hermann Kastner Politiker Lebemann Agent Eine Funktionars Biographie 1945 bis 1956 Studien zur Zeitgeschichte Band 97 Kovac Hamburg 2016 ISBN 3 8300 8936 8 Einzelnachweise Bearbeiten Louis Lange Hrsg Kyffhauser Verband der Vereine Deutscher Studenten Anschriftenbuch 1931 Berlin 1931 S 107 Zeller Kastner S 176 ff Johannes Zeller Prof Dr Hermann Kastner Politiker Lebemann Agent Eine Funktionars Biographie 1945 bis 1956 Kovac Hamburg 2016 S 178 http saebi isgv de biografie Hermann Kastner 1886 1957 Zeller Kastner S 131 139 Zeller Kastner S 146 159 Zeller Kastner S 162 179 SOWJETZONE Alles auf den Kopf In Der Spiegel Nr 29 1953 online http saebi isgv de biografie Hermann Kastner 1886 1957 Zeller Kastner S 180 Zeller Kastner S 173 f Heinz Hohne Hermann Zolling Pullach intern General Gehlen und die Geschichte des Bundesnachrichtendienstes Hoffmann und Campe Hamburg 1971 ISBN 3 455 08760 4 S 161 Zeller Kastner S 180 Benedict Maria Mulder Weil er Mielke in die Quere kam Vor 50 Jahren wurde Walter Linse in Moskau hingerichtet In Der Tagesspiegel 13 Dezember 2003 archiviert vom Original abgerufen am 10 Marz 2023 Zeller Kastner S 162 179 Heinz Hohne Hermann Zolling Pullach intern General Gehlen und die Geschichte des Bundesnachrichtendienstes Hoffmann und Campe Hamburg 1971 ISBN 3 455 08760 4 S 262 Sachsische Justizminister Konigreich Sachsen Julius Traugott von Konneritz Albert von Carlowitz Karl Braun Gustav Friedrich Held Ferdinand von Zschinsky Johann Heinrich August von Behr Robert Schneider Christian Wilhelm Ludwig von Abeken Rudolf Schurig Konrad Wilhelm von Ruger Victor Alexander von Otto Paul Arthur Nagel Rudolf HeinzeFreistaat Sachsen Georg Gradnauer Rudolf Harnisch Erich Zeigner Alfred Neu Wilhelm Bunger Arthur von Fumetti Karl Emil MannsfeldSachsen in der Zeit des Nationalsozialismus Otto Georg ThierackSachsen zwischen dem Dritten Reich und Auflosung in der DDR Reinhard Uhle Hermann Kastner Johannes DieckmannFreistaat Sachsen Steffen Heitmann Manfred Kolbe Thomas de Maiziere Geert Mackenroth Jurgen Martens Sebastian Gemkow Katja MeierVorsitzende der LDPD Waldemar Koch 1945 Wilhelm Kulz 1945 1948 Arthur Lieutenant 1948 komm Vors Karl Hamann 1948 1952 Kovors Hermann Kastner 1949 1950 Kovors Hans Loch 1951 1960 Max Suhrbier 1960 1967 Manfred Gerlach 1967 1990 Rainer Ortleb 1990 Landesvorsitzende der LDPD Sachsen Hermann Kastner 1945 1947 Arthur Bretschneider 1947 1949 Walter Thurmer 1949 1951 Herbert Wetzstein 1951 Artur Schlesinger 1951 1952 Normdaten Person GND 124426832 lobid OGND AKS LCCN no2003107495 VIAF 77247764 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kastner HermannKURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker LDPD MdV stellvertretender Ministerprasident der DDRGEBURTSDATUM 25 Oktober 1886GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 4 September 1957STERBEORT Munchen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hermann Kastner amp oldid 236752888