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Hepatitis C VirusHCV Virionen aus SerumSystematikKlassifikation VirenRealm Riboviria 2 Reich Orthornavirae 1 Phylum Kitrinoviricota 1 Klasse Flasuviricetes 1 Ordnung Amarillovirales 1 Familie FlaviviridaeGattung HepacivirusArt Hepacivirus CTaxonomische MerkmaleGenom ssRNA linearBaltimore Gruppe 4Symmetrie unbekanntHulle vorhandenWissenschaftlicher NameHepacivirus CKurzbezeichnungHCVLinksNCBI Taxonomy 11103NCBI Reference AF009606ViralZone Expasy SIB 37 Gattung ICTV Taxon History 201853127Das Hepatitis C Virus ist ein behulltes einzelstrangiges RNA Virus mit positiver Polaritat ss RNA und ist der Erreger der Hepatitis C Es ist das einzige bislang bekannte RNA Virus das ohne ein Retrovirus zu sein eine chronische Infektionskrankheit verursachen kann Zu Diagnostik Erkrankungen und Pravention siehe Hepatitis C Obwohl man seit den ersten Berichten 1974 uber ein infektioses Agens als Erreger der damals so genannten Non A Non B Hepatitis wusste war das Virus lange Zeit nicht identifiziert Erst nach der erstmaligen Anwendung der Klonierung von Genomfragmenten aus dem Serum eines kunstlich mit HCV infizierten Schimpansen gelang 1989 die Entdeckung und 1990 die Sequenzierung des dann Hepatitis C Virus genannten Erregers Es ist auch das erste Virus dessen Genomsequenz und Virusproteine einem umfassenden Patentschutz unterliegen was die Entwicklung neuer Testverfahren erheblich erschwerte Patenthalter ist nach der Ubernahme der Chiron Corporation im Jahr 2006 der Pharmakonzern Novartis Das Hepatitis C Virus HCV gehort zusammen mit dem Hepatitis B Virus HBV dem Epstein Barr Virus EBV dem humanen Papillomvirus HPV Humanen T lymphotropen Virus 1 HTLV 1 und dem Humanen Herpesvirus 8 HHV 8 auch Kaposi Sarkom Herpesvirus KSHV zu den humanen Viren die Krebserkrankungen auslosen konnen Es wird geschatzt dass diese Viren weltweit fur 10 bis 15 Prozent aller Krebserkrankungen verantwortlich sind 3 Fur die Entdeckung des Virus wurde 2020 den Wissenschaftlern Harvey J Alter Michael Houghton und Charles M Rice der Nobelpreis fur Physiologie oder Medizin zuerkannt 4 Inhaltsverzeichnis 1 Molekularbiologie 1 1 Systematik 1 2 Variabilitat und Subtypen 1 3 Struktur 1 4 Replikation 2 Wirte 3 Epidemiologie 4 Ubertragung 5 Virostatika 6 Meldepflicht 7 Quellen 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseMolekularbiologie BearbeitenSystematik Bearbeiten Durch Sequenzvergleiche und der Homologie zu anderen Virusproteinen wurde das HCV in die Familie der Flaviviridae eingruppiert wobei zunachst die Einordnung in die Gattungen Flavivirus oder Pestivirus nicht eindeutig war Phylogenetisch scheint das HCV naher mit den sonst nur tierpathogenen Pestiviren verwandt zu sein dies legen Hydrophobizitatsprofile der Proteine wie auch die Genomorganisation nahe Es erschien taxonomisch sinnvoll das HCV als einzigen Vertreter in ein neues Genus Hepacivirus zu gruppieren Nahe mit HCV verwandt jedoch noch keiner Gattung oder anderen Gattungen zugeordnet sind die GB Viren GB Virus A und B bei Neuweltaffen und Tamarinen besonders das auch beim Menschen vorkommende jedoch apathogene GB Virus C Variabilitat und Subtypen Bearbeiten Die Variabilitat des HCV ist auch im Vergleich zu anderen einzelstrangigen RNA Viren verhaltnismassig hoch So finden sich auf Genomebene beim Vergleich verschiedener Isolate bis zu 40 Abweichungen Daher wird das HCV in sieben Genotypen 1 7 unterteilt wobei ein einheitlicher Genotyp vereinbarungsgemass mindestens 72 Ubereinstimmung auf Aminosaureebene besitzen muss Diese Genotypen werden weiter in 30 Subtypen 1a 1b 3a usw untergliedert wobei die Homologie auf Aminosaureebene 73 bis 86 innerhalb der Subtypen betragt Aufgrund der Leseungenauigkeit der viralen RNA Polymerase mit einer Mutationsrate von 10 5 displaystyle 10 5 nbsp bis 10 4 displaystyle 10 4 nbsp pro Nukleotid und Replikation entwickeln sich in einem infizierten Wirt weitere Abweichungen von der ursprunglichen Sequenz die man als Quasispezies bezeichnet Die schnelle Entstehung dieser Quasispezies wird mit der Fahigkeit des HCV in Verbindung gebracht eine chronische Infektion zu verursachen Dabei weichen die standig auftauchenden Varianten ahnlich der HIV Infektion dem Zugriff des Immunsystems aus dieser Mechanismus wird auch Immunevasion genannt Struktur Bearbeiten Das einzelstrangige RNA Genom als Saure negativ geladen liegt im Virion an das Coreprotein basisch positiv geladen angelagert vor Das Coreprotein bildet hochstwahrscheinlich kein klassisches Kapsid mit einer festen Symmetrie z B ikosaedrisch Freie Kapside konnten bislang nicht glaubhaft dargestellt oder zusammengelagert werden Das Coreprotein ist von innen in der Virushulle verankert und uber eine Transmembran Helix an den Komplex der beiden Hullproteine E1 E2 envelope engl Hulle gebunden Der transmembrane Abschnitt des HCV Coreproteins entspricht wahrscheinlich dem grosseren M Matrix Protein bei Viren der Gattung Flavivirus z B Gelbfiebervirus FSME Virus Dieses M Protein wird vom Core Protein abgespalten und kleidet die Virushulle von innen aus beim HCV unterbleibt offenbar diese Abspaltung eines M Proteins Das HCV ist ausserst schwierig im Elektronenmikroskop darzustellen bisher hat keine Publikation ein endgultig bewiesenes Bild zeigen konnen Manche Abbildungen zeigen Partikel einer anzunehmenden Grosse von ca 50 nm die nach bestimmten Reinigungsverfahren sichtbar werden siehe oben Diese schwierige Visualisierung wahrscheinlich aufgrund einer strukturellen Instabilitat und Empfindlichkeit gegenuber normalen Praparationsmethoden des HCV ist ein Grund fur seine sehr spate Entdeckung trotz intensiver Suche Im Genom des HCV findet sich ein grosser offener Leserahmen open reading frame ORF von dem ein einziges Polyprotein von 3008 bis 3037 Aminosauren Lange abgelesen wird Dieses Protein wird durch zellulare Proteasen Signalase der ER Membran und virale Proteasen noch wahrend der Translation in die Strukturproteine Core E1 und E2 sowie die Nicht Strukturproteine NS2 bis NS5 aufgespalten Dies bedeutet dass ausser dem vorhandenen Virusgenom keine weitere messenger RNA transkribiert wird Die Tabelle fuhrt diese Proteine mit ihrer teilweise noch unklaren Funktion der Molmasse und der Aminosaure Position auf dem Polyprotein auf Protein Grosse kDa Position FunktionCore 21 19 1 190 Bindung der RNA und des E1 E2 Heterodimers Oligomerisierung und Lipidbindung Aktivierung und Hemmung zellularer Gene Leucin Zipper Motiv E1 31 37 191 383 Glykosyliertes Membranprotein virales Hullprotein E1 E2 HeterodimerisierungE2 61 72 384 746 Glykosyliertes Membranprotein virales Hullprotein Bindung an zellulare Rezeptoren CD81 SRB1 Hypervariable Region HVR1 Antikorper bindende Regionp7 7 747 809 Membranprotein moglicherweise IonenkanalNS2 21 23 810 1026 Zink Metalloprotease Autoprotease in Verbindung mit NS3NS3 70 72 1027 1657 Protease HelikaseNS4A 16 27 1658 1710 Membranassoziation der NS3 NS4A Komplexe Kofaktor fur NS3NS4B 27 1711 1971 membranassoziiert unbekannte FunktionNS5A 56 58 1972 2419 Phosphoprotein fruher mit Interferon Sensitivitat assoziiertNS5B 68 70 2420 3010 RNA abhangige RNA PolymeraseDer offene Leserahmen des etwa 9 5 kb langen HCV Genoms wird von zwei nichtcodierenden Regionen NCR engl non coding region flankiert denen eine regulatorische Funktion wahrend der Virusreplikation zukommt Vor dem Startcodon als Nukleotid Position 1 definiert befindet sich die etwa 340 Basen lange 5 NCR die innerhalb der HCV Isolate die grosste Sequenz Ubereinstimmung und eine komplexe Faltung des RNA Stranges zeigt Am Ende des Genoms findet sich die 250 300 Basen lange 3 NCR Im Wesentlichen besteht diese aus einem polymeren Uracil polyU bzw Adenin polyA und einer hochkonservierten Nukleotidsequenz von 98 Basen Lange die als X Tail bezeichnet wird Replikation Bearbeiten Die Erkennung der Leberzelle Hepatozyt als Zielzelle und der Eintritt in die Zelle werden mit hoher Wahrscheinlichkeit uber einen oder mehrere Rezeptoren vermittelt Der Rezeptor fur das HCV ist noch nicht eindeutig identifiziert einige Hinweise deuten auf eine Bindung an den beta Lipoprotein Rezeptor den CD81 Rezeptor und den HDL Rezeptor SRB1 Durch Hemmung des CD81 und des SRB1 konnte die Aufnahme von E1 E2 in Hepatozyten blockiert werden doch keiner dieser Rezeptoren alleine reicht zur Infektion einer Zelle aus Daruber hinaus ist keiner der genannten Rezeptoren leberspezifisch In Analogie zu anderen Mitgliedern der Flaviviridae nimmt man an dass das HCV durch ein sich abschnurendes Blaschen der Zellmembran Endosom in die Zelle gelangt wo es zur Fusion der Endosomenmembran mit der Virushulle und dadurch zur Freisetzung des Coreprotein RNA Komplexes in das Zytosol kommt Das als mRNA lesbare HCV Genom gelangt zunachst direkt zu den Ribosomen des rauen ER wo eine erste Synthese von Virusproteinen stattfindet Dieser erste Schritt ist notwendig da das Virus zuerst einige Molekule der viralen RNA abhangigen RNA Polymerase NS5B benotigt und dieses Enzym in der Zelle nicht vorhanden ist Um die Menge an verfugbarer viraler mRNA zu erhohen folgt als weiterer Schritt die Vermehrung der viralen RNA Dazu synthetisiert die NS5B Polymerase einen Gegenstrang Negativstrang der viralen RNA als Vorlage Matrize fur die folgende Synthese weiterer Plusstrange Als Initiationssignal fur die NS5B Polymerase dienen wahrscheinlich die spezifisch gefalteten Abschnitte in den beiden nichtcodierenden Regionen der viralen RNA Es gibt Hinweise darauf dass sich beide Enden des RNA Genoms uber die Bindung an zellulare Proteine zu einem Ring schliessen und dadurch ein Replikationskomplex im Sinne eines Rolling circle Mechanismus entsteht In HCV replizierenden Zellkulturen konnten im Elektronenmikroskop auffallige Membranstrukturen gefunden werden die als HCV Replikationskomplexe angesehen werden Diese als membranous web membranoses Netz bezeichneten Strukturen werden durch das hydrophobe Membranprotein NS4B induziert Ganz ahnliche spezifische Membranveranderungen finden sich als sogenanntes Viroplasma bei allen ss RNA Viren die diesbezuglich untersucht wurden Nach ausreichender Synthese der viralen mRNA beginnt nun die Translation der viralen Proteine vorwiegend der Strukturproteine Zur Initiation der Translation an den Ribosomen nutzen eukaryotische mRNAs in der Regel eine Modifizierung des 5 Endes das sogenannte Cap Das HCV besitzt durch die Faltung der 5 NCR jedoch eine besondere Struktur zur CAP unabhangigen Initiation die so genannte Interne ribosomale Eintrittstelle engl Internal ribosomal entry site IRES Dadurch benotigt die HCV RNA keine zellularen Faktoren zur Bindung an die Ribosomen und zum Start der Proteinsynthese Die IRES findet sich sonst nur bei einigen Picornaviren wie zum Beispiel dem Poliovirus Noch wahrend der Translation werden die Strukturproteine von zellularen Proteasen Signalase vom entstehenden Polyproteinstrang abgeschnitten die Hullproteine E1 und E2 gelangen in das Lumen des ER lagern sich in die Membran ein und werden glykosyliert Das Core Protein lagert sich von aussen in die ER Membran und bindet aufgrund seiner Ladungseigenschaften die virale mRNA Es kommt nun zur Verpackung des Core RNA Komplexes und zur Abschnurung Knospung engl budding des HCV Partikels in das Lumen des ER Die neuen Virionen verlassen nun durch zellulare Sekretion uber den Golgi Apparat die Zelle Wirte BearbeitenDer Mensch ist einziger naturlicher Wirt des HCV Bei der Erforschung des HCV in den 1980er Jahren und den Versuchen zur Herstellung eines Impfstoffes ab 1990 wurden Menschenaffen vorwiegend Schimpansen kunstlich infiziert Diese sind ebenso infizierbar eine chronische Infektion ist jedoch selten Diese damals vorwiegend in den USA durchgefuhrten Versuche sind in Europa aus ethischen Grunden untersagt Trotz intensiver Experimente steht erst seit 2004 ein Virus produzierendes Zellkultursystem fur HCV zur Verfugung das die Erforschung der Vermehrung des Virus in der Zelle und die Entwicklung neuer antiviraler Substanzen wesentlich beschleunigen durfte Epidemiologie BearbeitenDie Pravalenzratio Zahl der Erkrankten im Verhaltnis zur Zahl der Untersuchten betragt weltweit 0 031 in Europa und den USA weniger als 0 02 In Japan der Mongolei und Agypten liegt sie bei 0 181 in letzterem verursacht durch Fehler bei einer Behandlung gegen Schistosomiasis kontaminierte Kanulen Weltweit geht die WHO von 170 Millionen chronischen Virustragern aus Die Anzahl der an Hepatitis C Erkrankten ist in manchen Landern wesentlich geringer Die Verteilung der Geno und Subtypen folgt auch geographischen Mustern in Europa und Amerika finden sich vorwiegend die sonst weltweit vorkommenden Subtypen 1a 1b und 3a vorwiegend bei Drogenabhangigen in Asien ist der Subtyp 1b der dominierende in Afrika der Genotyp 4 in Sudafrika der Genotyp 5 und in Hongkong und Vietnam der Genotyp 6 Die Genotypen 2 und 3 sind weltweit vertreten jedoch in wesentlich geringerem Ausmass Der Zeitraum der stammesgeschichtlichen Trennung der Genotypen konnte mittels der Sequenzvariabilitat und der berechneten Mutationshaufigkeit auf etwa 500 Jahre geschatzt werden Daher ist zu vermuten dass die Diversifizierung der Genotypen mit dem Aufkommen der globalen Seefahrten um das Jahr 1500 einherging Ubertragung BearbeitenDas Virus wird parenteral ubertragen d h vorwiegend durch Blut und Blutprodukte eine sexuelle Ubertragung ist eher selten Damit sind folgende Risiken definiert Dialyse besonders vor 1991 Bluttransfusion vor 1991 intravenoser Drogenkonsum Tatowierung und Piercing Bei etwa 30 der Patienten ist der Ubertragungsweg unbekannt Virostatika BearbeitenZugelassene und experimentelle Virostatika gegen das Hepatitis C Virus umfassen Ribavirin gegen die RdRP die NS3 4A Inhibitoren wie Asunaprevir Boceprevir Ciluprevir Danoprevir Faldaprevir Glecaprevir Grazoprevir Narlaprevir Paritaprevir Simeprevir Sovaprevir Telaprevir Vaniprevir Vedroprevir Voxilaprevir und die NS5A Inhibitoren Daclatasvir Elbasvir zugelassen fur HCV1 und HCV4 Ledipasvir MK 8408 Odalasvir Ombitasvir Ravidasvir und Velpatasvir Meldepflicht BearbeitenIn Deutschland ist jeder direkte oder indirekte Nachweis vom Hepatitis C Virus namentlich meldepflichtig nach 7 des Infektionsschutzgesetzes In der Schweiz ist der positive laboranalytische Befund zu einem Hepatitis C Virus meldepflichtig und zwar nach dem Epidemiengesetz EpG in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 3 der Verordnung des EDI uber die Meldung von Beobachtungen ubertragbarer Krankheiten des Menschen Quellen BearbeitenH J Thiel u a Genus Hepacivirus In C M Fauquet M A Mayo u a Eighth Report of the International Committee on Taxonomy of Viruses London San Diego 2005 ISBN 0 12 249951 4 S 993 998 David M Knipe Peter M Howley eds in chief Fields Virology 5 Auflage 2 Bande Philadelphia 2007 ISBN 978 0 7817 6060 7 S 1113 1126 und 1253 1291 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Hepatitis C Virus Sammlung von Bildern Hepatitis C virus Taxonomie Datenbank des NCBI Referenzsequenz NC 004102 des HCVEinzelnachweise Bearbeiten a b c d ICTV ICTV Taxonomy history Yellow fever virus EC 51 Berlin Germany July 2019 Email ratification March 2020 MSL 35 ICTV Master Species List 2018b v2 MSL 34 Marz 2019 D Martin J S Gutkind Human tumor associated viruses and new insights into the molecular mechanisms of cancer In Oncogene Band 27 Nr 2 2008 S 31 42 PMID 19956178 The Nobel Prize in Physiology or Medicine 2020 In nobelprize org 5 Oktober 2020 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hepatitis C Virus amp oldid 231485170