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Hattuarien auch Hettergau lat pagus Attoarii war ein merowingisch karolingisches Territorium im Fruhmittelalter Das Gebiet das in historischen Quellen als Land terra Gross Gau pagus und Grafschaft comitatus erscheint bezeichnete im Laufe der Zeit sehr unterschiedliche landschaftliche Einheiten und politische Bezirke Ursprunglich war mit Hattuarien ein Gebiet beiderseits des Niederrheins gemeint spater dann eine linksrheinische Grafschaft entlang der Niers Die Hauptorte waren Geldern Gennep und Xanten Das frankische Hattuarien zwischen Maas und unterem Niederrhein im Frankischen Reich Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Grafen in Hattuarien 3 Literatur 4 Einzelnachweise 5 AnmerkungenGeschichte BearbeitenDer Name Hattuarien leitet sich her vom frankischen Stamm der Chattuarier Diese waren ein Rhein Weser germanischer Stamm der ursprunglich wohl im nordlichen Hessen an Eder und Fulda siedelte in den ersten Jahrhunderten nach Christus aber in das Gebiet der unteren Ruhr der Lippe und des Munsterlandes zog Der Flussname Hetter und einige Stadtnamen wie Hattingen erinnern noch heute an sie Die Chattuarier waren Nachbarn der zunachst lippeaufwarts spater gegenuber Koln siedelnden Brukterer und der rheinabwarts siedelnden Chamaven Im 4 Jahrhundert schlossen sich Chattuarier Brukterer und Chamaven mit weiteren Stammen zum Stammesbund der Franken zusammen Nachdem Chlodwig I das Frankenreich gegen Ende des 5 Jahrhunderts geeint hatte und es 511 unter seinen Sohnen in die vier Teilreiche von Paris Soissons Metz und Orleans geteilt worden war kam es um 515 zu einem Daneneinfall in das Reich von Metz unter Konig Theuderich I 533 Gemass dem Liber Historiae Francorum wurde dabei der fur diese Zeit erstmals erwahnte Gross Gau bzw Bezirk der Chattuarier Theuderico paygo Attoarios verwustet 1 Durch die frankischen Reichsteilungen des 6 und 7 Jahrhunderts lag Hattuarien als Teil des frankischen Ostreichs Austrasien im Grenzgebiet zum Stammesherzogtum Sachsen Zu diesem Zeitpunkt war Hattuarien noch ein Gebiet links und rechts des Rheins zu dem auch die untere Ruhr gehorte Das Land der Chattuarier terram Chatuariorum und terram Hatuariorum kam jedoch zu Beginn des 8 Jahrhunderts von Osten her unter massiven sachsischen Expansionsdruck wie fruhkarolingische Annalen fur das Jahr 715 berichten 2 Offenbar ging den Franken ein Grossteil des rechtsrheinischen Hattuariens verloren Zwar konnten Karl Martell 741 und Pippin der Jungere 768 durch eine Reihe von Feldzugen das weitere Vordringen der Sachsen verhindern aber Hattuarien war nun in ein frankisches linksrheinisches Hattuarien und ein sachsisch westfalisches rechtsrheinisches Hatterun geteilt Der bis zu diesem Zeitpunkt zu Hattuarien gehorende frankische Ruhrgau wurde daraufhin Anfang des 9 Jahrhunderts dem Land Ripuarien zugeordnet Spatestens mit der Einfuhrung der karolingischen Grafschaftsverfassung im Ubergang vom 8 auf das 9 Jahrhundert wurde auch in Hattuarien ein graflicher Amtsbezirk etabliert So erscheint Hattuarien sowohl in den Annales Bertiniani zum Jahr 837 comitatus Ettra 3 als auch im Vertrag von Meerssen 870 Hattuarias 4 explizit als einheitliche Grafschaft In den ubrigen Quellen jener Zeit erscheint Hattuarien dagegen als Gross Gau pagus So in einem Diplom Konig Lothars II aus dem Jahr 855 in pago Hattuariensi 5 in der vor 866 entstandenen Translatio s Alexandri de pago Hatterun ex villa Heribeddiu 6 in einer Lorscher Tradition von 866 in pago Hattuaria 7 und einer Urkunde Ottos I des Grossen aus dem Jahr 947 in villa Mundulingheim in pago Hatteri in comitatu Erenfridi 8 Weitere in pago Nennungen Hattuariens stammen aus den Jahren 1062 villa que dicitur Escherde in pago Hatteron et in comitatu Godescalci comitis sita 9 und 1067 villa Stirhrim dicta in pago Hettero in comitatu Gerardi comitis sita 10 Die zitierten Erwahnungen z B die in der Translatio s Alexandri vorgenommene Verortung Herbedes in einem pago Hatterun oder auch die 1067er Nennung Styrums im pago Hettero zeigen dabei klar dass der Name Hattuarien auch im rechtsrheinischen Gebiet noch verwendet wurde obwohl diese Gegenden sicher nicht zur linksrheinischen frankischen Grafschaft Hattuarien gehorten 11 die sich aus den Gauen Gilde Keldagau Muhlgau und Duffelgau zusammensetzte Im Laufe des 10 Jahrhunderts wurde der Name Hattuarien durch Distriktbezeichnungen abgelost 12 Grafen in Hattuarien BearbeitenGrafen im linksrheinischen Komitat und Grossgau Hattuarien waren Eberhard von Franken um 885 2 Oktober 939 bei Andernach jungerer Bruder des Konigs Konrad I 904 Graf im Gilde Keldagau 13 14 Anm 1 909 Laienabt des Klosters St Maximin in Trier 913 Graf im Hessengau und im Perfgau 913 und 928 Graf im Oberlahngau 914 bis 918 Markgraf 918 nach dem Tod seines Bruders bis 939 Herzog von Franken 926 bis 928 auch Herzog von Lothringen 936 Truchsess und 938 Pfalzgraf Konradiner Konrad I 23 Dezember 918 alterer Bruder des genannten Eberhard von Franken 904 und 910 Laien Abt in Kaiserswerth 906 Herzog von Franken 908 Graf im Hessengau 910 Graf im Gilde Keldagau 15 und 911 bis 918 Konig des Ostfrankenreichs begraben in Fulda Konradiner Erenfried II urkundlich 942 966 vor 970 942 Graf im Zulpichgau 945 Graf im Bonngau 947 Graf im Grossgau Hattuarien 16 mit seinen Untergauen Duffelgau 947 17 Muhlgau 966 18 950 und 956 Graf in der Duisburg Kaiserswerther Grafschaft 946 959 Graf in der Grafschaft Huy Ezzonen Gottschalk Graf im Bezirk Hattuarien 1062 19 Gerhard Flamens 1082 Graf im Ruhrgau 1057 Graf im Hattuariergau 1067 20 Laut alteren Quellen sollen daruber hinaus weitere Personen Grafen in Hattuarien gewesen sein August von Haeften berichtete 1865 er finde in einem grossen Theile des Hattuarier Gaus einen Grafen Gottfried als Verwalter eines bedeutenden von Gennep an der Maas bis Monterberg am Rhein reichenden Comitats 21 Ein Schwestersohn Gottfrieds namens Balderich Balderich von Drenthe sei ferner Graf im Duffelgau gewesen Als Gottfried 1012 verstarb sei zwischen Balderich und Gottfrieds Schwiegersohn dem westfalischen Grafen und Billunger Wichmann III Anm 2 ein erbitterter Streit um die Vormundschaft uber Gottfrieds minderjahrigen Sohn ausgebrochen Balderich habe sowohl die Vormundschaft als auch die Grafschaft des Vetters erhalten 22 Tatsachlich findet sich jener Balderich zu Burg Upladen urkundlich mehrfach als Graf So etwa 1003 mihi Baledricus comes ego Baldericus comes und S Baldrici comitis 23 1015 nomine Baldericus 24 1019 mihi comes Baldricus 25 und noch einmal zwischen 1014 und 1021 ego Baldricus comes 26 Allerdings wird Balderich in keiner der Urkunden explizit Graf in Hattuarien oder im Duffelgau genannt Doch sprechen die in den Urkunden erwahnten Ortsnamen fur eine Grafschaft Balderichs in Hattuarien bzw im Duffelgau Literatur BearbeitenPeter Eschbach Der Stamm und Gau der Chattuarier ein Beitrag zur Geschichte der frankischen Stamme und Gaue am Niederrhein In Beitrage zur Geschichte des Niederrheins 17 1902 S 1 28 PDF 24 1 MB Ulrich Nonn Pagus und Comitatus in Niederlothringen In Bonner Historische Forschungen Band 49 Bonn 1983 S 74 89 zu Hattuarien Einzelnachweise Bearbeiten Monumenta Germaniae Historica SS rer Merov II S 274 Z 21 f Digitalisat Ulrich Nonn Pagus und Comitatus in Niederlothringen In Bonner Historische Forschungen Band 49 Bonn 1983 S 74 f Monumenta Germaniae Historica SS I S 6 Digitalisat Ulrich Nonn Pagus und Comitatus in Niederlothringen In Bonner Historische Forschungen Band 49 Bonn 1983 S 75 Monumenta Germaniae Historica SS rer Germ Nr 5 S 14 Digitalisat Monumenta Germaniae Historica Capit II Nr 251 S 194 Digitalisat Monumenta Germaniae Historica DD Lo II Nr 2 S 385 Z 26 Digitalisat Monumenta Germaniae Historica SS II S 680 Z 20 Digitalisat CL 33 vom 5 Oktober 866 Monumenta Germaniae Historica DD O I Nr 89 S 172 Z 8 f Digitalisat Monumenta Germaniae Historica DD H IV Nr 86 S 112 Z 8 Digitalisat Monumenta Germaniae Historica DD H IV Nr 200 S 258 Z 1 Digitalisat Ulrich Nonn Pagus und Comitatus in Niederlothringen In Bonner Historische Forschungen Band 49 Bonn 1983 S 75 f Eugen Ewig Die Civitas Ubiorum die Francia Rhinensis und das Land Ribuarien In Rheinische Vierteljahresblatter Jg 19 Bonn 1954 S 17 Anm 90 Theodor Joseph Lacomblet Hrsg Urkundenbuch fur die Geschichte des Niederrheins Band I 779 1200 Dusseldorf 1840 Nr 83 S 45 Digitalisat Helmuth Kluger Propter claritatem generis In Hanna Vollrath Stefan Weinfurter Hrsg Koln Stadt und Bistum in Kirche und Reich des Mittelalters Festschrift fur Odilo Engels zum 65 Geburtstag Koln Weimar Wien 1993 S 223 258 hier S 232 Anm 58 Theodor Joseph Lacomblet Hrsg Urkundenbuch fur die Geschichte des Niederrheins Band I 779 1200 Dusseldorf 1840 Nr 85 S 46 f Digitalisat Monumenta Germaniae Historica DD O I Nr 89 S 172 Z 8 f Digitalisat Monumenta Germaniae Historica DD O I Nr 93 S 176 Z 6 f Digitalisat Monumenta Germaniae Historica DD O I Nr 316 S 430 Z 8 f Digitalisat Monumenta Germaniae Historica DD H IV Nr 86 S 112 Z 8 Digitalisat Monumenta Germaniae Historica DD H IV Nr 200 S 258 Z 1 Digitalisat August von Haeften Ueberblick uber die Niederrheinisch Westfalische Territorial Geschichte bis zum Anfange des 15 Jahrhunderts In Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins Band 2 Bonn 1865 S 1 41 hier S 25 Google Bucher August von Haeften Ueberblick uber die Niederrheinisch Westfalische Territorial Geschichte bis zum Anfange des 15 Jahrhunderts In Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins Band 2 Bonn 1865 S 1 41 hier S 25 f Google Bucher Theodor Joseph Lacomblet Hrsg Urkundenbuch fur die Geschichte des Niederrheins Band I 779 1200 Dusseldorf 1840 Nr 138 140 S 86 f Digitalisat Theodor Joseph Lacomblet Hrsg Urkundenbuch fur die Geschichte des Niederrheins Band I 779 1200 Dusseldorf 1840 Nr 148 S 91 Digitalisat Theodor Joseph Lacomblet Hrsg Urkundenbuch fur die Geschichte des Niederrheins Band I 779 1200 Dusseldorf 1840 Nr 153 S 95 Digitalisat Theodor Joseph Lacomblet Hrsg Urkundenbuch fur die Geschichte des Niederrheins Band I 779 1200 Dusseldorf 1840 Nr 159 S 98 Digitalisat Anmerkungen Bearbeiten Der ebenfalls in der 904er Urkunde genannte Otto Graf im pagis Diuspurch Duisburg Kaiserswerther Grafschaft war ein weiterer Bruder Eberhards und Konrads I Ulrich Nonn Pagus und Comitatus in Niederlothringen In Bonner Historische Forschungen Band 49 Bonn 1983 S 86 Wichmann III ist nicht zu verwechseln mit Wichmann von Hamaland dem Vater von Balderichs Frau Adela von Hamaland Wegen der Erbschaft des Wichmann von Hamaland lagen die Eheleute Balderich und Adela in langjahriger Fehde mit Adelas Schwester Luitgard Abtissin des von Wichmann von Hamaland gegrundeten Stifts Elten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hattuarien amp oldid 222838389