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Unter Handelsgesellschaft versteht man im Handelsrecht eine Gesellschaft die ein Handelsgewerbe betreibt und als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes gilt Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Geschichte 2 1 Historische Arten 2 2 Forschung und Quellen zur Handelsgesellschaft im Mittelalter 3 Arten von heutigen Handelsgesellschaften 4 Sonstiges 5 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDas Kompositum Handelsgesellschaft beschreibt eine Gesellschaft die Handel betreibt Unter Handel ist dabei nicht nur der Handelssektor Grosshandel Einzelhandel sondern daruber hinaus jede Art von Handelsgewerbe zu verstehen sowie auch im Sinne von tatig sein Mit dem Rechtsbegriff Handelsgesellschaft verbindet das Handelsgesetzbuch HGB in Deutschland unterschiedliche Bedeutungsinhalte So bestimmt 6 Abs 1 HGB dass die fur Kaufleute bestehenden Vorschriften auch fur Handelsgesellschaften gelten Damit sind sie fur die offene Handelsgesellschaft OHG Kommanditgesellschaft KG Aktiengesellschaft AG 3 Abs 1 AktG und Gesellschaft mit beschrankter Haftung GmbH 13 Abs 3 GmbH Gesetz anzuwenden Eine Handelsgesellschaft ist auch die Europaische wirtschaftliche Interessenvereinigung EWIV Geht man von 6 Abs 1 HGB aus sind Handelsgesellschaften stets Gesellschaften mit Vollkaufmannseigenschaft 1 Danach muss der Begriff der Gesellschaft erfullt sein eine Zwecksetzung oder Rechtsform vorhanden sein die die Vollkaufmannseigenschaft begrundet und es darf keine Gesellschaft vorliegen die auch Minderkaufmann oder Nichtkaufmann sein konnte 2 Im engeren Sinne ist die Handelsgesellschaft eine Personengesellschaft des Handelsrechts OHG und KG auch Personenhandelsgesellschaften genannt Keine Handelsgesellschaften sind die stille Gesellschaft Gesellschaft burgerlichen Rechts Genossenschaften Sparkassen und der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit 3 Geschichte BearbeitenJudische Handelsgesellschaften sind seit der Zeit der Mischna im 1 Jahrhundert nach Christus belegt 4 Nach judischer Legaldefinition musste eine Handelsgesellschaft der Forderung oder Erreichung eines Zweckes dienen unabhangig davon ob dieser ein dauernder oder vorubergehender ist 5 Der Zweck judischer Handelsgesellschaften bestand meist darin Vermogen fur die Gesellschaft zu gewinnen oder zu erhalten 6 Im 9 Jahrhundert gab es eine judische Handelsgesellschaft die regelmassig auf zwei See und zwei Landwegen nach Indien und China reiste Einer der Reisewege fuhrte uber Chasaria einem judischen Staat in Sudrussland 7 Im islamischen Kulturkreis entwickelte sich ab dem 6 Jahrhundert also noch in vorislamischer Zeit die Mudaraba die immer noch eine wichtige Art des islamischen Finanzwesens darstellt Sie entstand als stille Gesellschaft bei der ein Kapitalgeber das Kapital bereitstellt und der Unternehmer die Arbeitsleistung erbringt Im Mittelalter bot die Handelsgesellschaft eine viel genutzte Moglichkeit Arbeit und Finanzrisiko im Wirtschaftsleben zu verteilen Handelsgesellschaften organisierten sich ausnahmslos als Personengesellschaften Im Mittelmeerraum gab es schon im Hochmittelalter in den Seestadten Handelsgesellschaften deren Organisation jedoch lokal unterschiedlich war 8 Die uberregional wirksamen Formen der Commenda im Seehandel und der Compagnia im Landhandel setzten sich seit dem beginnenden 12 Jahrhundert durch 9 Bei der Commenda bestand die Handelsgesellschaft aus zwei Partnern einem Kapitalgeber und einem Kapitalnehmer wahrend bei der Compagnia mehrere Partner zeitlich begrenzt im Regelfall fur eine Zeitspanne von 3 5 Jahren zusammenfanden 8 Ausser dem Eigenkapital der Teilhaber kannten diese Gesellschaften schon die Kapitalbeschaffung in Form von Risikokapital italienisch accommandita und festverzinslichem Kapital italienisch depositum 8 Die beschrankte Haftung einer solchen Gesellschaft im Zahlungsausfall ist erstmals 1408 in Florenz belegt 10 Die alteste Urkunde uber die Grundung einer italienischen seehandelsorientierten Commenda lateinisch commendare anvertrauen stammt aus Venedig vom Mai 1072 11 Sie galt als Handelsgesellschaft in der Form einer stillen Gesellschaft bei der jemand den Vertrieb fremder Waren auf See gegen Gewinnanteil ubernahm Im Jahre 1165 folgte in Genua die Seegesellschaft italienisch societas maris mit gegenseitiger Kapitaleinlage Im Jahre 1166 unterwarf man sie in Pisa und Florenz einer gesetzlichen Regelung 12 Danach kam um 1276 die Landhandelsgesellschaft italienisch societas terrae auf die den Binnenhandel zwischen Markten betrieb Italienische Quellen sprachen jeweils von Unternehmen italienisch societas wenn das Unternehmensrisiko der Gewinn oder die Kosten auf gemeinsame Rechnung mehrerer Personen gehen sollten 13 Es ist allerdings ungeklart ob die Commenda im romischen Recht Anerkennung fand Im Bankwesen von Florenz entwickelte sich die Commenda im 14 Jahrhundert neben dem lateinisch Depositum zu einer Hauptform der Kapitalanlage 14 Die begrenzte Haftung des Commendators als Urform auch der Kommanditgesellschaft fand 1408 in Florenz gesetzlichen Niederschlag 15 Die Handelsorganisationen erreichten ab Mitte des 13 Jahrhunderts zunachst in Italien einen Hohepunkt 16 In Florenz bestand um 1270 ein Doppelunternehmen der Familien Mozzi Spini das 1290 in Neapel ein Schiff mit Wein und Fruchten fur Tunis beladen liess 17 Im Jahre 1310 entstand die bedeutende Compagnia von Lapo und Dolfo de Bardi in Florenz mit 24 Gesellschaftern der im Oktober 1330 verschiedene Schiffe in Venedig beschlagnahmt wurden 18 Die Peruzzi besassen bedeutende Handelsprivilegien in Zypern und Armenien Diese Handelshauser vereinnahmten Kaufpreise aus ihren Warenverkaufen und stellten Wechsel aus so dass die Funktionstrennung zwischen Handels und Bankgeschaft nicht immer deutlich zu erkennen ist Als im Jahre 1339 der englische Konig Eduard III die Zahlungen an seine Glaubiger einstellte hatte dies auch den Bankrott der Hauser Bardi Peruzzi und vieler anderer zur Folge 19 In Deutschland erlangten durch den Handel viele Handelshauser bedeutende Marktmacht Der Kaufmann Hermann Morneweg liess im Lubecker Niederstadtbuch zwischen 1323 und 1335 insgesamt 18 Gesellschaftsvertrage eintragen 20 Die bedeutendsten Handelsgesellschaften des Mittelalters betrieben die Augsburger Familien Welser und Fugger Das grosste Handelsunternehmen Deutschlands gehorte den Welsern unter dem Namen Grosse Ravensburger Handelsgesellschaft lateinisch Magna Societas 21 das bereits um 1380 entstand und ab 1408 Handelskontakte zu Spanien pflegte Es vermarktete Leinentuche und Papier Hans Fugger seit 1367 in Augsburg 1403 grundete ein Handelsunternehmen das dessen Witwe Elisabeth bis zu ihrem Tod 1436 weiterfuhrte und ein Kupfermonopol aufbaute Ihre Sohne Andreas 1457 und Jakob Fugger der Altere aus dem Stamm Fugger von der Lilie ubernahmen das Unternehmen Zwischen 1485 und 1560 baute Jakob Fugger die Gesellschaft zum fuhrenden suddeutschen Grossunternehmen aus 22 Mit ihrem Geld sorgten die Fugger und Welser fur die Wahl Karl V am 28 Juni 1519 zum Konig 23 Die Handelsgesellschaften der Hanse waren haufig Familienunternehmen mit zwei bis vier Gesellschaftern 24 die hieruber ihr Sendegeschaft abwickelten Ihre Gesellschafter waren hansische Kaufleute wahrend Beteiligungsverbote fur ausserhansische Gesellschafter butenhansische Handelsgesellschaften fur eine Isolierung sorgten Eine Klage der Hansestadte gegen die Handelsgesellschaften der Fugger und Welser wegen zu hoher Marktmacht und Zinswucher lehnte Karl V ab In Frankreich legalisierte man die Kommanditgesellschaft franzosisch Societe en commandite im Marz 1673 durch das franzosische Handelsrecht franzosisch Ordonnance de Commerce pour la commerce im September 1807 auch im Handelsgesetzbuch franzosisch Code de Commerce Das Allgemeine Preussische Landrecht vom Juni 1794 enthielt lediglich Regelungen zur OHG und stillen Gesellschaft erst das ADHGB vom Mai 1861 ubernahm auch Vorschriften fur die Kommanditgesellschaft die auch das HGB vom Januar 1900 weitgehend unverandert liess Historische Arten Bearbeiten Die Halbgesellschaft Die Halbgesellschaft war die erste richtige Handelsgesellschaft in der der Kaufmann das Kapital einbrachte und ein bzw mehrere Mitglieder den Handel betrieben Die Handeltreibenden erhielten einen Gewinnanteil und mussten demnach auch fur Verluste aufkommen Das unbekannte Kommissionsgeschaft Das unbekannte Geschaft welches auch als Kommissionsgeschaft bezeichnet wird kann auch als Halbgesellschaft dargestellt werden kam jedoch nur selten vor Es zeichnete sich dadurch aus dass einer das Kapital zur Verfugung stellte aber ein anderer dieses verwaltete Der Gewinn wurde dabei meistens halbiert im Gegensatz zur Verlustregelung welche sich als schwieriger erwies Oft wurde der Verlust jedoch auch halbiert Das Sevende Geschaft Eine Form der Handelsgesellschaften war die sevende Sendegut auch Eigengeschaft genannt Das heisst ein Kaufmann sendete Ware durch einen sogenannten Diener Dieser Diener bekam weder einen Gewinnanteil noch einen Dienstvertrag sondern einen festen Lohn Der Kaufmann ubernahm somit die volle Haftung fur seine Ware und seinen Gewinn bzw Verlust Das Sendegutgeschaft wird auch als Kommissionsgeschaft bezeichnet da der Kaufmann die komplette Bezahlung ubernahm Die Wederlegginge Gesellschaft In dieser Form von Handelsgesellschaft gab es zweiseitige Kapitalanlagen und somit auch zwei Geschaftspartner Das Geschaft ubernahm einer der beiden Partner der andere Partner widerlegte wederlegginge sein Kapital dem sogenannten Kapitalfuhrer Dadurch entstand ein Gesellschaftskapital Der Begriff Widerlegung bezeichnet also eigentlich nur den Grundungsprozess ist in der Literatur jedoch etabliert sodass er die Gesellschaft an sich bezeichnete Zudem ist unklar ob es eine Hierarchie zwischen den Gesellschaftern gab Die Haufigkeit dieser Gesellschaft lasst vermuten dass dies die zentrale Gesellschaftsform zu dieser Zeit war Der Gewinn wurde meist halbiert und der Verlust nach Kapitaleinsatz geteilt Oft erhohte der Kapitalgeber seinen Gewinn durch Zusatzinvestitionen oder ermoglichte damit dass die Gesellschaft zustande kommen konnte Forschung und Quellen zur Handelsgesellschaft im Mittelalter Bearbeiten Gesellschaftshandel trat in unterschiedlichen Formen auf deshalb ist in der Geschichtswissenschaft die Erforschung der Dimension von Handelsgesellschaften ein wichtiges Arbeitsgebiet Die Forschung unterscheidet dabei zwei voneinander zu trennende Entwicklungslinien eine mediterrane und eine nordeuropaische 8 Doch es gibt nur wenige Quellen die vertiefte Einblicke in spat mittelalterliche Handelsgesellschaften gewahren Zu den bedeutendsten Quellen im norddeutschen Raum zahlen die Hanseregesten 25 die Rechnungsbucher der Kaufleute Veckinchusen 26 sowie das Lubecker Niederstadtbuch von 1311 1361 27 Arten von heutigen Handelsgesellschaften BearbeitenHandelsgesellschaften sind insbesondere Personengesellschaften wie die Offene Handelsgesellschaft OHG und die Kommanditgesellschaft KG Kapitalgesellschaften wie die Gesellschaft mit beschrankter Haftung GmbH und die Aktiengesellschaft AG Sonstiges BearbeitenHandelsgesellschaft oder Handelskompanie hiessen auch die Unternehmen die den uberseeischen Handel mit uberseeischen Besitzungen oder Kolonien betrieben Sie waren teilweise privilegiert Compagnie de la Nouvelle France Neufrankreich heute Kanada Ostindien Kompanie Ostender Kompanie Emder Ostasiatische Handelskompanie Hudson s Bay CompanyEinzelnachweise Bearbeiten Peter Jabornegg Peter Apathy Hrsg Kommentar zum HGB Band 1 1997 S 648 Rn 3 Peter Jabornegg Peter Apathy Hrsg Kommentar zum HGB Band 1 1997 S 648 Rn 4 Peter Jabornegg Peter Apathy Hrsg Kommentar zum HGB Band 1 1997 S 109 Rn 6 Mischna Ketubba X S 4 Barbara Mattes Judisches Alltagsleben in einer mittelalterlichen Stadt 2003 S 59 Erich Esril Hildesheimer Das judische Gesellschaftsrecht 1930 S 3 Salcia Landmann Die Juden als Rasse 1981 S 277 a b c d Hermann Kellenbenz Handelsgesellschaft in LexMA IV Sp 1901 Hermann Kellenbenz Die Struktur der Unternehmungen In Troisieme Conference International d Histoire Economique 1965 S 1 32 Federigo Melis Le societa commerciali a Firenze dalla seconda meta del XIV al XVIs In Troisieme Conference International d Histoire Economique Munchen 1965 S 47 62 Hans Hattenhauer Europaische Rechtsgeschichte 1999 S 268 f Levin Goldschmidt Universalgeschichte des Handelsrechts 1891 S 255 Max Weber Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter 1889 S 16 ff Levin Goldschmidt Universalgeschichte des Handelsrechts 1891 S 267 Charles S Lobingier The natural History of he private artificial person In Tulane Law Review 1939 S 57 Barbara Mattes Judisches Alltagsleben in einer mittelalterlichen Stadt 2003 S 60 Robert Davidsohn Forschungen zur Geschichte von Florenz Band 3 1896 S 153 Otto Meltzing Das Bankhaus der Medici und seine Vorlaufer 1906 S 68 Antony Mason Die Renaissance 2007 S 12 Barbara Mattes Judisches Alltagsleben in einer mittelalterlichen Stadt 2003 S 66 Herbert Franke Saeculum Weltgeschichte Die Entdeckung der Welt durch Europa 1975 S 11 Mark Haberlein Die Fugger Geschichte einer Augsburger Familie 1367 1650 2006 S 93 Brigitte Beier Die Chronik der Deutschen 2007 S 132 Barbara Mattes Judisches Alltagsleben in einer mittelalterlichen Stadt 2003 S 65 Hermann Kellenbenz Handelsgesellschaft In LexMA IV Sp 1901 Michael P Lesnikow Die Rechnungsbucher des hansichen Kaufmanns Veckinchusen in Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte 19 1973 Fritz Rorig Das Lubecker Niederstadtbuch des 14 Jahrhunderts Seine rechtliche Funktion sich wandelnde Zielsetzung und wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung In Ehrengabe dem deutschen Juristentage uberreicht vom VLGA Lubeck 1931 S 35 54 siehe auch Jurgen Reetz Uber das Niederstadtbuch in ZVLGA 35 1955 S 34 56 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4138897 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Handelsgesellschaft amp oldid 231729708