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Ein Graberfeld ist ein Areal auf dem die Toten einer Gemeinschaft bestattet werden oder wurden Der Begriff findet in der kontinentaleuropaischen Archaologie und anderen Kulturwissenschaften als Alternative zu dem christlichen Ausdruck Friedhof Anwendung ohne dass der Begriff auf heidnische Gesellschaften beschrankt ist Die Graber konnen als Erdbestattungen oder Brandgraber nicht zwingend mit Urnen in Form von Flachgrabern Grabhugeln Buckelgrabern oder anderen Grabmonumenten angelegt sein Graberfeld wahrend der archaologischen Ausgrabung mit den auf dem Boden angezeichneten Umrissen der einzelnen Grabgruben Inhaltsverzeichnis 1 Abgrenzung 2 Beschreibung 3 Arten 4 Graberfelder der Linearbandkeramiker 5 Fruhmittelalter 5 1 Merowingerzeitliche Graberfelder 5 1 1 Zeitliche Einordnung 5 1 2 Verbreitung 6 Weitere Beispiele 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseAbgrenzung BearbeitenIm Gegensatz zu einem Graberfeld ist eine Nekropole oder Totenstadt altgriechisch nekros nekros deutsch Toter polis polis deutsch Stadt eine grossere Begrabnis und Weihestatte des Altertums oder der Fruhgeschichte Nekropolen weisen bauliche Eigenschaften auf und liegen oft abseits der Wohnsiedlungen In griechischen romischen phonizischen und judischen Orten war dies aus religiosen Grunden vorgeschrieben Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch wird der Begriff Nekropole teilweise mit der Bezeichnung Graberfeld gleichgesetzt Meist sind die Grabstatten in Nekropolen jedoch kammer oder gebaudeartig Auf einem Friedhof wird die Summe der Grabreihen dann als Graberfeld bezeichnet wenn es sich in der Gesamtanlage geometrisch von benachbarten Feldern oder Quartieren abgrenzt 1 Beschreibung BearbeitenDie Anzahl der Bestattungen ist bei der Begriffswahl kaum relevant Theoretisch kann ab drei Grabern von einem Graberfeld gesprochen werden zumal im Falle von archaologischen Statten stets damit gerechnet werden muss dass es durch Erosion Uberbauung oder landwirtschaftliche Arbeiten zum Verlust von Bestattungen gekommen sein kann Aus diesem Grund ist zu beachten dass selbst auf vollstandig erforschten Graberfeldern meist nur eine kleine Anzahl von Grabern als gesichert angegeben werden kann Ein Graberfeld besteht nicht nur aus Graberfunden Es gehoren auch jene Objekte dazu die in unmittelbarem Zusammenhang mit Bestattungen stehen oder im Rahmen des Totenrituals eine Rolle spielten so etwa Bautasteine Runensteine Feuerstellen Schiffssetzungen Totenhutten oder Menhire sofern ihre Gleichzeitigkeit mit der Bestattungsplatznutzung belegt ist Zu den Grabern gehoren auch die in vielen Perioden ublichen Grabbeigaben die Archaologinnen und Archaologen wertvolle Hinweise uber die Sozialstrukturen und das Alltagsleben vergangener Perioden liefern konnen Die Belegungsdauer die aktive Nutzungszeit eines Graberfeldes ist unterschiedlich und kann sich von einer Generation bis uber mehrere Kulturen in Einzelfallen also uber mehrere Jahrtausende erstrecken Wahrend die Belegungsdauer offensichtlich starker demografischen und topografischen Bedingungen unterliegt und weniger kulturspezifisch ist kann die Platzwahl auf Hohenzugen oder in der Nahe alterer Grabhugel durchaus zu den Charakteristika einer Kultur gehoren Die Graberfeldanalyse bildet eine wichtige Grundlage der archaologischen Forschung Arten Bearbeiten nbsp Korperbestattung zweier Madchen in einer Grabgrube Doppelbestattung Der Begriff kann dem Bestattungsritus entsprechend in Unterkategorien aufgeteilt werden Hugelgraberfeld wenn es sich um uberhugelte Bestattungen handelt Korpergraberfeld wenn es sich ausschliesslich um unverbrannte Bestattungen handelt Reihengraberfeld wenn die Bestatteten einheitlich ausgerichtet liegen Knochenlagerfeld wenn lediglich gesammelte oder exhumierte Knochen an einem Platz bestattet werden Brandgraberfeld wenn es sich ausschliesslich um verbrannte Bestattungen handelt Brandschuttgraberfeld wenn die Beisetzung des Leichenbrandes und der Beigaben einem anderen Ort als die Verbrennung stattfindet Brandgrubengraberfeld wenn die Verbrennung und Beisetzung an ein und derselben Stelle geschieht Urnengraberfeld wenn die Uberreste in Urnen beigesetzt werden Die Pragnanz dieser Sitte im jungbronzezeitlichen Mitteleuropa verlieh der Kulturerscheinung ihren Namen Urnenfelderkultur birituelles Graberfeld lateinisch bi zwei wenn es sich sowohl um Brand als auch um Korpergraber handeltGraberfelder der Linearbandkeramiker BearbeitenAnhand der Beispiele Elsloo und Niedermerz weist Norbert Nieszery 1995 2 nach dass die Bevolkerung der Siedlungen etwa zu 20 in Graberfeldern wiederzufinden ist Selbst auf nahezu vollstandig ausgegrabenen Platzen ist die Anzahl der Korpergraber ahnlich gering meist sogar geringer Daraus ergibt sich die Frage was mit den 80 restlichen Toten geschehen ist 3 Ein Blick auf die bandkeramischen Praktiken zeigt dass nicht alle Toten auf Graberfeldern zu erwarten sind Hypothetisch fehlen die in den Siedlungen bestatteten oder in den Hohlen geopferten Allerdings erscheint die uberlieferte Zahl dieser Personen nicht ausreichend um das Defizit auszugleichen Nieszerys Antwort war die Korpergraber der LBK reprasentierten lediglich einen kleinen Teil von der bestattenden Population und damit einen selektierten Personenkreis Es wurde versucht die geringe Graberzahl was auch fur die Michelsberger Kultur gilt mit archaologisch nicht nachweisbaren Praktiken oder dem Uberwiegen der nur in wenigen Fallen uberlieferten Brandbestattung zu erklaren In Elsloo machen bei gunstigen Erhaltungsbedingungen die Korperbestattungen gegenuber den Brandgrabern etwa 58 aus Bei Dominanz der Brandbestattung tritt der exzeptionelle Charakter der Korpergraber noch deutlicher hervor Die Tatsache dass bei weitem nicht zu jeder Siedlung ein Graberfeld bekannt ist und selbst bei grossflachigen Ausgrabungen wie im Merzbachtal nur eines zusammen mit mehreren in unmittelbarer Nahe liegenden Siedlungen freigelegt werden konnte lasst den Eindruck entstehen dass Graberfelder als mikro regionale Bestattungszentren genutzt wurden Sollte dies zutreffen wurde der Anteil der korperbestatteten Bandkeramiker noch kleiner und die Sonderstellung der Korperbestattung noch deutlicher Die Sonderstellung wird durch die Gemeinsamkeiten zwischen der regularen Korperbestattung und der Kultopfer die sich im Befund und in der charakteristischen Zusammensetzung des Fundmaterials andeuten unterstrichen In den Korpergrabern der Bandkeramik befindet sich ein selektierter Personenkreis Dieser ist nicht komplett uberliefert was mit schlechten Erhaltungsbedingungen zu erklaren ist Die Exhumierung von Leichen Leergraber macht zudem wahrscheinlich dass einige Korperbestattungen lediglich eine Zwischenstation im nicht abgeschlossenen mehrstufigen Bestattungsritual in Herxheim festgestellt darstellen Es ist davon auszugehen dass mit den Korperbestattungen lediglich ein kleiner von der bestattenden Population selektierter Personenkreis erfasst wurde Bei der Auswertung ist lediglich eine Auswahl erkannt und palaeodemographische Analysen sind mit grosster Zuruckhaltung zu betrachten 4 Fruhmittelalter BearbeitenMerowingerzeitliche Graberfelder Bearbeiten Hauptartikel Liste merowingerzeitlicher Graberfelder Die Merowingerzeit deckt sich ziemlich mit der Zeit in der fruhmittelalterliche Reihengraberfelder in Mitteleuropa die wichtigsten archaologischen Quellen darstellen Diese Graberfelder folgen in der Auswahl ihrer Areale gewissen Mustern oder zeigen regionale Gemeinsamkeiten So wurden Graberfelder in frankischen und alamannischen Gebieten der Merowingerzeit bevorzugt auf einem leicht ansteigenden Gelande oberhalb der zugehorigen Ansiedlung mit Blickkontakt auf die Siedlung angelegt In ebenen Gebieten wurde dagegen eine raumliche Nahe zur Siedlung bevorzugt Gelegentlich andern ganze Grabergruppen einer Periode ihre geographische Ausrichtung gegenuber fruheren Bestattungen was durch Anderungen in den religiose Vorstellungen erklarbar ist Eine haufig anzutreffende Ausrichtung der Graber ist die Ost West Richtung der Kopf des Verstorbenen im Westen 5 6 Zeitliche Einordnung Bearbeiten Die merowingerzeitlichen Graberfelder zeichnen sich durch zahlreiche Grabbeigaben wie Waffen Ton und Glasgefasse sowie Schmuckstucke aus Sie werden etwa vom 5 bis ins 8 Jahrhundert genutzt und lassen sich in drei Zeitabschnitte untergliedern 7 Der erste Abschnitt umfasst die zweite Halfte des 5 Jahrhunderts und das fruhe 6 Jahrhundert bis etwa 530 n Chr Der Anteil dieser fruhen Graber an den Graberfeldern ist gering was damit zu erklaren ist dass in dieser Zeit die Beigabensitte nicht verbreitet war was die Graber schwerer auffindbar macht beziehungsweise dass vollig andere Bestattungsformen vorherrschten Der zweite Abschnitt reicht von etwa 530 bis etwa 585 n Chr und beinhaltet die mit Abstand meisten Graber Typisch ist eine regelhafte und relativ gleichformige Beigabensitte In Frauengrabern findet sich als charakteristisches Element die Vierfibeltracht mit Almandin Scheibenfibeln Bugelfibeln S Fibeln und Vogelfibeln sowie einteilige Gurtelgarnituren und Schilddornschnallen Mannergraber sind durch Waffenbeigaben vor allem Schmalsaxe und Schildbuckel mit Spitzenknopf gekennzeichnet Der dritte Zeitabschnitt umfasst etwa die Zeit von 585 670 n Chr Die typischen Grabbeigaben dieses Abschnitts sind eine Einfibeltracht mit Goldscheibenfibeln bei Frauen sowie Breitsaxe und Schildbuckel ohne Spitzenknopf bei Mannern Sehr charakteristisch sind weiterhin Gurtel aus mehrteiligen Garnituren mit halbrunden oder triangularen Beschlagen An den Beschlagen finden sich haufig Tauschierungen mit geometrischen Mustern oder Tierstildekor Im Laufe des 7 Jahrhunderts enden die merowingerzeitlichen Reihengraberfelder Nach und nach ging die Beigabensitte zuruck wobei grosse regionale Unterschiede zu verzeichnen sind Im westlichen Mitteleuropa endet die Beigabensitte in der Regel fruher als im Osten Allerdings finden Gefassbeigaben im Niederrheingebiet bis ins 8 Jahrhundert Verwendung wahrend diese Sitte in Bayern im fruhen 7 Jahrhundert stark rucklaufig ist Auch verlagern sich die Friedhofe am Ubergang des 7 zum 8 Jahrhunderts von den Randbereichen ausserhalb der Siedlungen zu den Kirchen die inmitten der Dorfer liegen Verbreitung Bearbeiten Graberfelder der Merowingerzeit finden sich in den sudlichen und westlichen Teilen Deutschlands sowie anderen Landern im Rheingebiet wie Frankreich Belgien und die Niederlande Bedeutende Graberfelder im alemannischen Bereich sind das Graberfeld von Weingarten und das Graberfeld von Oberflacht Weitere grossere merowingerzeitliche Graberfeldern im Rheingebiet und Suddeutschland sind beispielsweise Altenerding Andernach Aubing Beckum Bulach Dittenheim Deersheim Donaueschingen Ehrang Eichstetten Fridingen Krefeld Gellep Holzgerlingen Kirchheim Heuau Julich Schretzheim Dillingen an der Donau Stuttgart Feuerbach Unterhaching Weilbach Westheim in Mittelfranken um nur einige zu nennen Im Gebiet der Sachsen in Norddeutschland und auf der jutischen Halbinsel herrschten in der Kaiserzeit Urnengraber vor Ab dem 4 Jahrhundert mischten sich Korpergraber darunter Aus dem 5 und 6 Jahrhundert liegen relativ wenige Graberfalder aus den sachsischen Gebieten vor da viele Bestattungsplatze aufgegeben wurden Eines das sehr lange genutzt wurde ist das Graberfeld Liebenau im heutigen Niedersachsen Einige Graberfelder enthalten auch Pferdegraber wie etwa jenes aus Alach in Thuringen oder Dorverden in Niedersachsen 7 Weitere Beispiele BearbeitenGraberfelder verschiedener Kulturen und Epochen lassen sich zum Beispiel in Skandinavien finden in oder bei Gettlinge Blomsholm Li Mala Trullhalsar Vatteryd Vi alvar und Lindholm Hoje Siehe auch BearbeitenCillin SteinkisteLiteratur BearbeitenNorbert Nieszery Linearbandkeramische Graberfelder in Bayern Internationale Archaologie Bd 16 Marie Leidorf Espelkamp 1995 ISBN 3 924734 34 8 Paul Wallin In search of rituals and group dynamics correspondence analyses of Neolithic grave fields on the Island of Gotland in the Baltic Sea In Documenta Praehistorica Bd 37 2010 S 65 75 doi 10 4312 dp 37 6 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Graberfeld Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Literatur von und uber Graberfeld im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Paul Wolf Der Friedhof als stadtebauliches und architektonisches Problem In Stephan Hirzel Hrsg Grab und Friedhof der Gegenwart Bucher des Reichsausschusses fur Friedhof und Denkmal Band 1 ZDB ID 844396 8 Callwey Munchen 1927 S 60 61 Norbert Nieszery Linearbandkeramische Graberfelder in Bayern Internationale Archaologie Marie Leidorf Rahden Westfalen 1995 ISBN 978 3 924734 34 3 Frank Nikulka Archaologische Demographie Methoden Daten und Bevolkerung der europaischen Bronze und Eisenzeiten Publikation der Vor und Fruhgeschichtlichen Archaologie der Universitat Hamburg Sidestone Press Leiden 2016 ISBN 978 90 8890 395 3 1 auf kulturwissenschaften uni hamburg de hier S 86 97 Frank Falkenstein Geschlechterrollen und Sozialstatus im Spiegel der neolithischen Graberfelder von Aiterhofen Odmuhle und Trebur In Frank Falkenstein Sabine Schade Lindig Andrea Zeeb Lanz Hrsg Kumpf Kalotte Pfeilschaftglatter Zwei Leben fur die Archaologie Gedenkschrift fur Annemarie Hausser und Helmut Spatz Internationale Archaologie Studia honoraria 27 Rahden Westfalen 2008 S 77 95 2 auf phil uni wuerzburg de Gerhard Fingerlin Zur alamannischen Siedlungsgeschichte des 3 7 Jahrhunderts In Wolfgang Hubener Hrsg Die Alemannen in der Fruhzeit Veroffentlichung des Alemannischen Instituts Nr 34 ZDB ID 741612 x Konkordia Buhl 1974 S 45 88 Hubert Fehr Germanische Einwanderung oder kulturelle Neuorientierung Zu den Anfangen des Reihengraberhorizontes In Sebastian Brather Hrsg Zwischen Spatantike und Fruhmittelalter Archaologie des 4 bis 7 Jahrhunderts im Westen Erganzungsbande zum Reallexikon der germanischen Altertumskunde Band 57 Walter de Gruyter Berlin New York 2008 ISBN 978 3 11 020049 2 S 67 102 academia edu PDF 3 8 MB abgerufen am 9 Januar 2017 a b Frank Siegmund Alemannen und Franken Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Erganzungsbande 23 2 Auflage Walter de Gruyter Berlin u a 2000 ISBN 3 11 016788 3 Zugleich Gottingen Universitat Habilitations Schrift 1996 Normdaten Sachbegriff GND 4071980 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Graberfeld amp oldid 237051188