www.wikidata.de-de.nina.az
Die Bestattungsurne auch Graburne genannt ist ein seit dem Neolithikum bekannter Behalter zur endgultigen Bestattung oder Aufbewahrung der Asche von verstorbenen Menschen nach einer Feuerbestattung Schmuckurne Schnure zum Ablassen der Urne ins Erdreich Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Materialien 2 Die Moderne 3 Materialien 3 1 Aschekapsel 3 2 Schmuckurne 4 Entwicklungen 5 Vorschriften 6 Galerie 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseGeschichte und Materialien BearbeitenIn Mitteleuropa kam die Bestattung in Urnen oder Schalen erstmals in der Schonfelder Kultur etwa 2 500 2 100 v Chr auf und verschwand dann wieder Bald danach seit etwa 2 000 v Chr erscheint in England die Kragenurne engl collared urn Diese wird spater durch die Urne des Festland Typs die Kordonurne engl cordoned urn ersetzt die schlanker und hoher ist Einige dieser Urnen wurden in Steinkisten eingebettet Mit dem Ende der Bronzezeit seit etwa 1 300 v Chr begann sich diese Form der Bestattung in ganz Mitteleuropa auszubreiten Sie wird der Urnenfelderkultur zugeordnet und ist in der Hallstattzeit uberaus prasent Zahlreiche Funde von Urnen zeigen je nach Zeit und Ort deutlich unterschiedliche Ausgestaltungen So finden sich zum Beispiel keramische Gesichtsurnen und Hausurnen insbesondere in Norditalien wo sie gelegentlich auch mit Nachbildungen von etruskischen Helmen gefunden wurden Spater fand man Hausurnen in Mitteldeutschland und Gesichtsurnen entlang der pommerschen Ostsee wo sie wahrend der LaTene Zeit auftauchen Im Neuwieder Becken findet sich eine Schussel mit durchlochtem Rand als eisenzeitliche Kremationsbestattung Pithoi und verschieden bauchige Vasenformen finden sich besonders entlang der Mittelmeerkusten wobei man im Westen eher konische Formen bevorzugte an der Adria eher bauchige Formen mit schmalem Hals und Deckeln oder Nachbildungen von Hausern In der romischen Antike wurden auch Situlen als Urnen genutzt Als Pithoi Bestattungen werden im Unterschied zu Urnenbestattungen primar Korperbestattungen bezeichnet die den Urnengrabern moglicherweise voraus gingen wie einige Aschereste nahelegen Das fruheste Beispiel einer Pithoi Bestattung stammt vom Ende der Jungsteinzeit 3 650 3 500 v Chr aus der Agais und wurde in Kephala auf der Insel Kea entdeckt In der fruhminoischen Periode erscheint es fast zeitgleich mit der Einfuhrung von Bestattungen in Larnaken eine Form von Knochenkisten wie sie auf dem kanaanitischen Gebiet bekannt sind Seit der Mittelminoischen Periode etwa 2 000 1 550 v Chr wird die Beerdigung in Pithois immer beliebter und ist nahezu uberall auf den Inseln der Agais der turkischen Westkuste bzw der griechischen Kuste bekannt Seit etwa 1 350 v Chr erscheinen Kremationen in dem luwisch hethitischen Gebiet von Kizzuwatna und in dem syrisch turkischen Grenzgebiet um Karkemish Ein spathethitischer Urnenfriedhof wurde 2018 in der Region Karahuyuk in dem Distrikt Elbistan gefunden aus der Zeit in der dieses Gebiet von Suppiluliuma I erobert worden ist Belegt sind Urnengraber im Umfeld von Karkemish an der syrisch turkischen Grenze in Yunus Turkei und Tell Shiukh Fawqani Syrien die denen von Hama wahrend der neohethitischen Kleinkonigreiche ahneln Zu dieser Zeit ist luwisch noch belegt und die Konige nahmen den Titel hethitischer Grosskonige an Gleichzeitig verdrangt aramaisch die alte Handelssprache und eine bilinguale phonizisch luwische Inschrift dokumentiert die Verbreitung neuer Schriftzeichen Ergebnisse aus der syrischen Grabung von Tell Shiukh Fawqani zeigen nicht nur Gemeinsamkeiten mit Urnengrabern in Hama sondern auch dass diese Praxis mit der assyrischen Eroberung beendet wurde Ebenso bemerkenswert sind Grabbeigaben wie eiserne Pfeilspitzen bei Mannern sowie Schmuck Tonkessel und Spinnwirtel bei Frauen und Kindern Einige Eisenteile sind wie Depotfunde neben Bestattungen ausgegraben worden 1 Auf Munzen wurden Aschenurnen der antik romischen Imperatoren selten abgebildet Eine Ausnahme ist die Aschenurne des Vespasian nbsp Aschenurne des Vespasian abgebildet auf einem antik romischen silbernen DenariusDie Moderne BearbeitenDie moderne Feuerbestattung und die damit verbundene Anderung der Urnenkultur in Deutschland beginnt mit der Inbetriebnahme des Krematoriums Gotha im Jahre 1878 Zum Ende des 19 Jahrhunderts gab es in Deutschland nur funf Krematorien Gotha 1878 Heidelberg 1891 Hamburg 1892 Jena 1898 und Offenbach 1899 Mit Beginn des 20 Jahrhunderts nahm die Zahl der Krematorien und damit einhergehend die Zahl der Einascherungen sprunghaft zu Bis zum Oktober 1937 war die Zahl der Feuerbestattungsanlagen im damaligen Deutschen Reich bereits auf 116 angestiegen Deutschland verfugte zu dieser Zeit mit weitem Abstand uber die meisten Einascherungsanlagen in Europa Insgesamt wurden bis zum 30 September 1937 uber eine Million Einascherungen durchgefuhrt 2 Die Entwicklung der Zahl der Einascherungen in Dresden mag das verdeutlichen Wurden in den ersten 18 Jahren des Bestehens der Feuerbestattungsanlage in Tolkewitz etwa 30 000 Einascherungen durchgefuhrt so verdoppelte sich diese Zahl in den acht Folgejahren 3 Die Zunahme der Feuerbestattungen erforderte eine juristische Gleichberechtigung mit der Erdbestattung Daruber hinaus verlangte die zuvor bestehende Rechtsunsicherheit und Rechtszersplitterung eine einheitliche Rechtsgrundlage zu schaffen die den Verhaltnissen der modernen Feuerbestattungsanlagen Rechnung trug Materialien BearbeitenAschekapsel Bearbeiten nbsp Herstelleranzeige mit Urnen der Willibald Volsing KG von 1920 nbsp Moderne Schmuckurne nbsp Urnenangebot eines heutigen HerstellersBereits in der Fruhzeit der modernen Feuerbestattung wurde darauf Wert gelegt die Asche pietatvoll zu behandeln sie wird ohne mit der Hand beruhrt zu werden gesammelt und in eine Blechkapsel getan die an Ort und Stelle verlotet wird 4 Eine einheitliche Verschlusstechnik gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht So wurden Aschenkapseln teils verlotet teils verschraubt und abgefeilt Auf diese Weise liess sich eine Urne nur noch gewaltsam offnen 5 Schmuckurne Bearbeiten Weil die Aschebehalter in Deutschland uber mehrere Jahrzehnte oberirdisch aufgestellt werden durften bevorzugte man dafur bestandige Materialien vorzugsweise Stein 6 In solche Uberurnen wurde der Aschebehalter eingesetzt Die Bestattungsgefasse wurden vielfach aus Naturstein gefertigt Granit Marmor Sandstein Porphyr Muschelkalk Travertin Serpentinit In einfacheren Fallen kommen Metalle zum Einsatz Eisen Bronze Zink Kupfer Die Schmuckurne gibt zudem die Moglichkeit diese in einer Urnenhalle bzw wahrend der Trauerfeier aufzustellen Als imposant sind die moglichen Grossen der damaligen Urnen zu bezeichnen als maximale Hohe werden 80 cm als grosstmoglicher Durchmesser 40 cm angegeben In dieser Zeit hielten vorwiegend vasenformige Urnen sowie Urnenstelen Einzug auf deutschen Friedhofen 4 Entwicklungen BearbeitenIn der Nachkriegszeit war die Auswahl von Urnen bis zu Beginn der 1990er Jahre dem jeweiligen okonomischen System entsprechend in Deutschland sehr verschieden Wahrend die Angebote im marktwirtschaftlichen System der Bundesrepublik eine grosse Materialvielfalt aufweisen bestand im planwirtschaftlichen System der Mangelwirtschaft in der DDR eine solche Auswahlmoglichkeit nicht Den Hinterbliebenen blieb nur die Moglichkeit sich fur eine Urne aus gepresstem Kunstharz bzw Duroplast zu entscheiden sofern diese verfugbar war oder auf die Beisetzung einer Schmuckurne zu verzichten Seit den 1970er Jahren war das Angebot in Westdeutschland einheitlich umfangreich und reicht von einfachen in grosser Stuckzahl hergestellten Urnen zu handwerklich und kunstlerisch gestalteten Einzelstucken Dabei hat die Vielfalt der verwendeten Werkstoffe weiter zugenommen der mancherorts aufkommenden Forderung nach Verganglichkeit im Erdboden folgend wurden Urnen aus dunnwandigem Eisenblech mit galvanischer Kupfer oder Messingauflage entwickelt Mit dem Aufkommen der Seebestattung wurden spezielle wasserlosliche Urnen entwickelt ferner hielt Holz als zusatzlicher Werkstoff Einzug in das Sortiment der angebotenen Urnen Seit Mitte der 1990er Jahre sind Urnen aus biologisch abbaubaren Naturstoffen anzutreffen Es gibt biologisch abbaubare Eingefass Urnen mit dekorativer Gestaltung Biologisch abbaubare Eingefass Urnen haben den Vorteil dass nach Ablauf der Grabstatte die noch vorhandenen Aschenkapseln und Uberurnen nicht wieder ausgegraben und an anderer Stelle etwa auf dem Friedhofsgelande mit anderen Urnen entsorgt werden mussen Vorschriften BearbeitenIm Gesetz uber die Feuerbestattung vom 15 Mai 1934 RGBl I S 380 und seiner Durchfuhrungsverordnung vom 10 August 1938 RGBl I S 1000 wurden die Grundlagen fur Urnenbestattungen niedergelegt Mit dem Inkrafttreten dieser Vorschriften wurde den Krematorien eine einheitliche Vorgehensweise bei der Behandlung der Aschen Verstorbener vorgeschrieben Die Verwendung einer fest verschlossenen Aschenkapsel und ihre Beschriftung nach einheitlichen Grundsatzen ist darin ebenso obligatorisch geregelt wie die Benutzung des Schamotte Identitatssteins Urnenstein Diese Hilfsmittel wurden jedoch keineswegs allein in Deutschland sondern auch in Nachbarlandern in denen die Feuerbestattung praktiziert wurde eingefuhrt Osterreich Belgien Tschechoslowakei Niederlande Die Aschenkapsel besteht aus Eisenblech vgl die inzwischen zuruckgezogene DIN 3198 Aschekapsel fur Urnen Die Urnenhersteller wurden vor die Herausforderung gestellt die Schmuckurnen so zu gestalten dass die Aschenkapsel darin Platz findet Neben den zuvor erwahnten vergleichsweise kostspieligen Werkstoffen findet seit den 1930er Jahren die Verwendung von Kunstharz als preisgunstigere Variante weite Verbreitung Galerie Bearbeiten nbsp Etruskische Urne aus Chiusi 1 Jahrhundert v Chr Herzogliches Museum Gotha nbsp Romische Gesichtsurne im Museum Carnuntinum Niederosterreich nbsp Romische Marmorurne 2 Jahrhundert n Chr Herzogliches Museum Gotha nbsp Schaufenster eines Bestattungs unternehmens mit Urnen nbsp Aschekapsel in ihrer Uberurne nach 15 Jahren in Friedhofserde nbsp Geoffnete Aschekapsel mit der Totenasche nbsp Zeichnung von vorgeschichtlichen Urnenfunden auf der Flur von Alt Lonnewitz 1911 nbsp Bestattungsurne im Wappen von BomlitzLiteratur BearbeitenHans Joachim Behnke Untersuchungen zu Bestattungssitten der Urnenfelderzeit und der alteren Eisenzeit am Hochrhein Die hallstattzeitlichen Grabhugel von Ewattingen und Lembach und die urnenfelderzeitliche Siedlung von Ewattingen im Landkreis Waldshut Leipziger Universitats Verlag Leipzig 2000 ISBN 3 934565 65 4 Zugleich Hamburg Univ Diss 2000 Daniela Kern Thunau am Kamp eine befestigte Hohensiedlung Grabung 1965 1990 Urnenfelderzeitliche Siedlungsfunde der unteren Holzwiese Mitteilungen der Prahistorischen Kommission der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften 41 Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Wien 2001 ISBN 3 7001 2985 8 Wolfgang Kimmig Die Urnenfelderkultur in Baden Untersucht auf Grund der Graberfunde Romisch Germanische Forschungen 14 de Gruyter Berlin 1940 Hermann Muller Karpe Beitrage zur Chronologie der Urnenfelderzeit nordlich und sudlich der Alpen Romisch Germanische Forschungen 22 de Gruyter Berlin 1959 Norbert Fischer Formen der Aschenbeisetzung Geschichte und Gegenwart In Tade M Spranger u a Hrsg Handbuch des Feuerbestattungswesens Munchen 2014 S 288 298 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Bestattungsurnen Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Aline Tenu Assyrians and Aramaeans in the Euphrates Valley viewed from the cemetery of Tell Shiukh Fawqani Syria 2009 doi 10 4000 syria 515 Max Opitz Hrsg Auskunftsbuch fur die Deutsche Bestattungswirtschaft Gorlitz 1938 S 115 und 116 Max Opitz Hrsg Auskunftsbuch fur die Deutsche Bestattungswirtschaft Gorlitz 1938 S 172 und 173 a b G L Kostler Der Leichenbestatter Unentbehrliches fachliches Handbuch fur Leichenbestattungen Sargfabriken und verwandte Branchen Eger 1911 S 104 Max Opitz Das Bestattungswesen und die drohende Kommunalisierung Gorlitz 1920 S 37 Norbert Fischer Aschengrabmaler und Aschenanlagen der modernen Feuerbestattung im spaten 19 und fruhen 20 Jahrhundert In Grabkultur in Deutschland Berlin 2009 ISBN 978 3 496 02824 6 S 151 161 Normdaten Sachbegriff GND 4768035 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bestattungsurne amp oldid 236672170