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Die Gnadenkapelle Altotting auch Heilige Kapelle genannt am Kapellplatz in Altotting in Bayern ist ein im Kern agilolfingischer Zentralbau aus dem 8 bis 10 Jahrhundert der im 15 Jahrhundert im gotischen Stil erweitert wurde Die Kapelle gilt als bayerisches Nationalheiligtum und ist eines der wichtigsten und meistbesuchten Wallfahrtsziele in Deutschland und Europa 1 2 Im Innern der Kapelle werden die Herzen bayerischer Herrscher verwahrt Die Gnadenkapelle von AltottingDer Rundgang um die Kapelle ist mit Votivbildern behangt Inhaltsverzeichnis 1 Bauwerk 2 Legende 3 Gnadenbild 4 Wallfahrt 5 Ausstattung 6 Bestattungen 7 Einzelnachweise 8 Literatur 9 WeblinksBauwerk BearbeitenDie Datierung der Gnadenkapelle auf eine Zeit zwischen dem 8 und 10 Jahrhundert ist umstritten Bereits 748 war der Ort eine Pfalz der Agilolfinger Herzoge von Bayern Vierzig Jahre spater wurde Altotting karolingische Konigspfalz Aus dieser Zeit stammt vermutlich auch der alteste Bau der heutigen Kapelle Moglicherweise diente die fruhbyzantinische achteckige Kirche San Vitale fruhes 6 Jahrhundert in Ravenna als Vorbild fur eine herzogliche Taufkapelle Damit stunde die Gnadenkapelle in derselben Architekturtradition wie die fruheste Bauperiode des Aachener Doms dessen Bauherren sich ebenfalls am Oktogon orientierten 907 wurde Ort und Pfalz durch den Ungarnsturm verwustet Nur das Oktogon der Taufkapelle uberstand die Zerstorung Dem im Kern wohl agilolfingischen Zentralbau wurden 1494 ein Schiff und ein Spitzturm angefugt Ein offener Umgang um die Kapelle folgte 1517 Der Anbau der Sakristei wurde 1686 vorgenommen Legende BearbeitenDer Grund fur die weltweite Bekanntheit Altottings als Marienwallfahrtsort liegt in einer Begebenheit aus dem 15 Jahrhundert Im Jahr 1489 soll sich dort folgendes Wunder ereignet haben Ein dreijahriger Knabe war in den Mornbach gefallen von der Stromung mitgetragen und fur ertrunken gehalten worden Die verzweifelte Mutter brachte das leblose Kind nach seiner Bergung in die der Muttergottes geweihte Kapelle und legte es auf den Altar Dort begann sie mit anderen Glaubigen fur die Rettung ihres Kindes zu beten Nach kurzer Zeit kehrte Leben in den Korper des scheinbar toten Kindes zuruck Die Legende besagt dass der gerettete Knabe spater zum Priester geweiht wurde Gnadenbild Bearbeiten nbsp Gnadenbild der GnadenkapelleIm 14 Jahrhundert kam das moglicherweise in Burgund oder am Oberrhein entstandene aus Lindenholz geschnitzte Bild einer stehenden Muttergottes nach Altotting Mit dem Aufkommen der Wallfahrt wurden zahlreiche Nachbildungen angefertigt eine solche steht z B in der Wallfahrtskapelle Maria Alber Die Madonnenstatue ist 64 Zentimeter hoch und enthalt eingearbeitete Silberplatten Weder der Ursprungsort noch die genaue Entstehungszeit konnten von Kunsthistorikern bisher zweifelsfrei ermittelt werden Mutmasslich ist die Figur am Ende des 13 oder im fruhen 14 Jahrhundert gefertigt worden Mit ihren schwarzen Handen und dem geschwarzten Gesicht soll die Madonna auf Vorbilder in der Auvergne verweisen Dort waren derartige religiose Holzskulpturen aus dem Hochmittelalter verbreitet die Schule von Clermont Ferrand soll eine wegweisende Werkstatte gewesen sein Insgesamt soll es allein in Europa 272 schwarze Madonnen geben in Frankreich wo von 188 solcher Statuen die Rede ist sind sie als Vierges Noires bekannt Beruhmte schwarze Marienfiguren gibt es ausser in Altotting in Einsiedeln Schweiz Loreto Italien und Tschenstochau Polen sowie Montserrat Spanien Haufig wird die Schwarzfarbung der Madonnen auf Kerzen und Weihrauch sowie auf Verschmutzung durch Staub zuruckgefuhrt Allerdings wird auch eine Oxidations Theorie diskutiert wonach chemische Veranderungen das Holz eindunkeln in Altotting etwa Reaktionen des eingelegten Silbers an der Luftfeuchtigkeit 3 Generell ist die Farbe Schwarz bei Kultfiguren auf antike Vorbilder zuruckzufuhren Schon die Grosse Gottermutter Kybele und die Totengottin Isis wurden in der Antike haufig schwarz dargestellt Die Altottinger Madonna ist seit 1518 bekleidet wobei die Stoffe zunachst aus Brautkleidern bayerischer Prinzessinnen stammten die als Opfergaben fur das Gnadenbild gespendet wurden Zepter und Krone stiftete der bayerische Kurfurst Maximilian I Am 11 September 2006 pilgerte Papst Benedikt XVI 4 nach Altotting und legte seinen Bischofsring den er bis zu seiner Papstwahl getragen hatte vor dem Gnadenbild nieder Der Ring ist heute am Zepter der Muttergottesstatue angebracht Ausser von Benedikt XVI wurde die Gnadenkapelle von den Papsten Pius VI und Johannes Paul II besucht Wallfahrt Bearbeiten nbsp Holzkreuze werden um die Kapelle getragen Viele Wallfahrtstraditionen reichen zuruck ins 15 Jahrhundert dem Herbst des Mittelalters Johan Huizinga eine Zeit der Kirchen und Glaubenskrise unmittelbar vor der Reformation Damals erschopfte sich die Frommigkeit nicht nur von Landesherren sondern auch von niederen Standen haufig im exzessiven Sammeln von Reliquien im Wunderglauben und in Pilgerfahrten wurde also generell ausserlicher Die schiere Anzahl Quantitat von Glaubensbeweisen wurde dominierend In diesem religiosen und sozialen Umfeld wurde die Gnadenkapelle zu einem Zentrum der Volksfrommigkeit und die schwarze Madonna Ziel von Furbitten sehr gefordert von Wittelsbacher Fursten wie Maximilian I der im Zuge der Gegenreformation ein dringendes politisches Interesse am Aufschwung der Wallfahrt hatte und die Jesuiten in Altotting ansiedelte Unzahlige Votivtafeln die an den Aussenwanden und im Inneren der Kapelle zu finden sind wurden aus Dankbarkeit fur die angeblich von Maria gewahrten Wunder angebracht Im Umgang befinden sich heute uber 2 000 Votivbilder Ein Teil der Pilger umrundet heute noch teils kniend die Kapelle oft mit eigens dafur bereitliegenden Holzkreuzen und betet um Hilfe bei Sorgen und Noten nbsp Das Langhaus der GnadenkapelleAm 15 August 2008 wurde der Wallfahrtskirche von Altotting durch Papst Benedikt XVI eine Goldene Rose verliehen eine hohe papstliche Auszeichnung die Joachim Kardinal Meisner als Kardinallegat am Fest Maria Himmelfahrt dem Wallfahrtsdirektor uberreichte Ausstattung Bearbeiten nbsp Inneres des OktogonsDie Umgestaltung des Inneren erfolgte in der ersten Halfte des 17 Jahrhunderts der Gnadenaltar ist von 1670 Der ganz in Silber getriebene Schmuck des Gnadenaltars stammt aus dem Jahr 1670 Die Laibung der Altarnische ziert eine Darstellung der Wurzel Jesse Die Silberarbeiten stammen von den Goldschmieden Balthasar Ableithner Franz Oxner und Johann F Fesenmayr Eine bedeutende Schmiedearbeit ist der rechts am Altar kniende 1737 von Kurfurst Karl Albrecht gestiftete Silberprinz des flamischen Meisters Guillielmus de Grof Es stellt das Abbild des zehnjahrigen Kurprinzen Maximilian III Joseph in zierlicher Rokokorustung dar Als Pendant kam links vom Altar in den 1930er Jahren die von dem Munchener Bildhauer Georg Busch geschaffene Silberfigur des knienden heiligen Bruders Konrad von Parzham hinzu Mittlerweile ist uber dem Silberprinzen auch die von Benedikt XVI verliehene Goldene Rose angebracht Bestattungen Bearbeiten nbsp Herzurne Kaiser Karl VII in der GnadenkapelleIm Laufe der Zeit fanden in der Gnadenkapelle insgesamt drei Korperbestattungen 1633 1634 1666 statt daneben erfolgten uber einen Zeitraum von mehr als 300 Jahren insgesamt 28 Herzbestattungen 5 Als 1633 die Gemahlin des Grafen Wilhelm von Slavata starb bewilligten Stiftsdekan Scheitenberger und das Kollegiatstift die Bestattung der Grafin Lucie Otilie in der Gnadenkapelle welche am Abend des 18 Mai 1633 ganz unauffallig erfolgte Kurfurst Maximilian I befurchtete nicht ohne Grund dass dieser Prazedenzfall Nachahmung finden konnte und zudem die Leichenausdunstungen schadliche Wirkungen auf die Gesundheit der Kapellenbesucher haben wurden In seiner Antwort auf das kurfurstliche Protestschreiben wies der Dekan unter anderem darauf hin dass die Verstorbene eine bedeutende Wohltaterin der Gnadenkapelle gewesen war und gesundheitliche Schaden nicht entstehen konnten weil die Leiche zuerst in zwei Holzsarge und schliesslich auch noch in einen Zinnsarg gelegt und uber mannshoch in die Erde versenkt worden sei Der Kurfurst entschied schliesslich dass weder Gedenkstein noch Grabplatte an oder uber dem Bestattungsort in der Gnadenkapelle angebracht werden durfe was auch unterblieb 6 Sein Herz und die Herzen anderer uberwiegend von Mitgliedern des Hauses Wittelsbach sind hier bestattet Bis heute sind das die Herzen von einem Kaiser sechs Konigen drei bayerischen Kurfursten elf furstlichen Frauen funf Bischofen sowie zwei anderen furstlichen Personen 13 Herzurnen sind eingemauert oder unter dem Pflasterboden bestattet und damit nicht sichtbar 14 silberne Urnen mit insgesamt 15 Herzen sind in Mauernischen ausgestellt die meisten stehen in Wandnischen auf der Westseite des Oktogons 5 Die in den Mauernischen aufgestellten Urnen sind ausschliesslich aus Silber zum Teil vergoldet und mit Edelsteinen geschmuckt Im Fall von Kronprinz Rupprecht wurde auf Anordnung seines Sohnes Albrecht anstelle einer silbernen Herzurne ein vergoldetes Silbergefass mit Bergkristall aufgestellt Die Herzen der Mutter von Kurfurst Karl Theodor und Konig Maximilian I wurden auf Ersuchen des Hauses Wittelsbach 1983 in der Gnadenkapelle aufgenommen Sie befinden sich hinter dem Altar in Urnen aus Zinn bzw Kupfer und ohne weitere Verzierung Im Fall der Kurfurstin Elisabeth Renata sind ausser dem Herzen auch ihre Eingeweide in der Gnadenkapelle beigesetzt 5 nbsp Der Silberprinz von Guillielmus de GrofSichtbar in Nischen aufgestellt 5 0 1 Kaiser Karl VII 1697 1745 in Doppelurne mit Herz seiner Gemahlin Maria Amalie 1701 1756 0 2 Kurfurst Maximilian III 1727 1777 0 3 Kurfurst Karl Theodor 1724 1799 0 4 Konig Maximilian I 1756 1825 0 5 Konig Maximilian II 1811 1864 0 6 Konig Ludwig I 1786 1868 0 7 Konig Ludwig II 1845 1886 0 8 Konigin Marie 1825 1889 Gemahlin Konig Maximilians II 0 9 Konig Otto 1848 1916 10 Konigin Marie Therese 1849 1919 Gemahlin Konig Ludwigs III 11 Konig Ludwig III 1845 1921 12 Antonia von Luxemburg 1899 1954 Gemahlin Kronprinz Rupprechts 13 Kronprinz Rupprecht 1869 1955 14 Marie Anne Henriette Leopoldine de La Tour d Auvergne 1708 1728 Mutter von Kurfurst Karl Theodor 15 Maria Franziska Dorothea von Pfalz Sulzbach 1724 1794 Mutter Konig Maximilians I Nicht sichtbar in der Kapelle verwahrt 5 0 1 Johann t Serclaes Graf von Tilly 1559 1632 Heerfuhrer der Katholischen Liga 0 2 Kurfurstin Elisabeth Renata 1574 1635 Gemahlin Kurfurst Maximilians I 0 3 Kurfurst Maximilian I 1573 1651 0 4 Franz Wilhelm von Wartenberg 1593 1661 Kardinal zuletzt Furstbischof von Regensburg 0 5 Albrecht Sigismund von Bayern 1623 1685 zuletzt Furstbischof von Freising und Regensburg 0 6 Maria Violante Grafin von Sternberg 1700 0 7 Joseph Clemens von Bayern 1671 1723 zuletzt Erzbischof und Kurfurst von Koln 0 8 Clemens August von Bayern 1700 1761 zuletzt Erzbischof und Kurfurst von Koln 0 9 Johann Theodor von Bayern 1703 1763 Kardinal zuletzt Furstbischof von Luttich 10 Clemens Franz von Bayern 1722 1770 11 Maria Anna Josepha Augusta von Bayern 1734 1776 Markgrafin von Baden 12 Maria Anna von Pfalz Sulzbach 1722 1790 Gemahlin Clemens Franz von Bayern 13 Kurfurstin Maria Anna 1728 1797 Gemahlin Kurfurst Maximilians III Einzelnachweise Bearbeiten Christoph Markschies Hubert Wolf Erinnerungsorte des Christentums C H Beck 2010 ISBN 978 3 406 60500 0 google de abgerufen am 7 Dezember 2019 Joachim Hotz Wallfahrtskirchen in Europa Keyser 1983 ISBN 978 3 87405 158 3 google de abgerufen am 7 Dezember 2019 Brigitte Romankiewicz Die schwarze Madonna Hintergrunde einer Symbolgestalt Ostfildern 2004 ISBN 3 491 72483 X Benoit XVI au sanctuaire d Altotting In La Croix 11 September 2006 ISSN 0242 6056 la croix com abgerufen am 14 September 2020 a b c d e Herzbestattungen in der Gnadenkapelle von Altotting in neueschatzkammer de Memento vom 15 Juli 2019 im Internet Archive Friedrich Leeb Die Altottinger Gnadenkapelle als letzte Ruhestatte in Ostbairische Grenzmarken 4 1960 S 20 25 Literatur BearbeitenJosef Pfennigmann Studien zur Geschichte Altottings im Fruh und Hochmittelalter Dissertation ISBN 3 920191 21 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Gnadenkapelle Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Commons Gnadenkapelle Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Gnadenort Altotting Fotos von der Gnadenkapelle Altotting www inn salzach com Kunsthistorische Fuhrungen im barocken Altotting48 226270130556 12 676548958333 Koordinaten 48 13 34 6 N 12 40 35 6 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gnadenkapelle Altotting amp oldid 238342888