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Die Geschichte des Kantons Glarus umfasst die Entwicklungen auf dem Gebiet des schweizerischen Kantons Glarus von der Urgeschichte bis zur Gegenwart Inhaltsverzeichnis 1 Ur und Fruhgeschichte 2 Antike und Mittelalter 2 1 Romische Zeit 2 2 Christianisierung 2 3 Der Weg in die Eidgenossenschaft 3 Neuzeit 3 1 Reformation und Konfessionalismus 3 2 Napoleonische Zeit 3 3 20 und 21 Jahrhundert 4 Wirtschaftsgeschichte 4 1 Alpwirtschaft 4 2 Reislauferei 4 3 Gewerbliche Produktion 4 4 Fabrikindustrie 4 5 Industrielle Erneuerung 5 Sozialgesetzgebung 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseUr und Fruhgeschichte BearbeitenBronzezeitliche 13 9 Jh v Chr Funde sind erste Belege menschlicher Anwesenheit im heutigen Kanton Glarus Fur die keltische Besiedlung 3 Jh v Chr sprechen Bodenfunde und Ortsbezeichnungen So leitet sich der Name des Talflusses Linth vom keltischen Linta ab was die Geschmeidige oder Schlange Drache bedeutet Antike und Mittelalter BearbeitenRomische Zeit Bearbeiten Reste romischer Bauten finden sich am Walensee und auf Kerenzen Zu Beginn unserer Zeitrechnung gehorte das Glarnerland zur Provinz Ratien Christianisierung Bearbeiten Die erste Talkirche wurde im 6 Jahrhundert in Glarus gebaut Um 700 wanderten die Alemannen ein deren Sprache sich aber erst im 11 Jahrhundert allgemein durchsetzte Zu dieser Zeit unterstand das Glarnerland dem Kloster Sackingen Der Weg in die Eidgenossenschaft Bearbeiten Im 13 Jahrhundert kam es unter habsburgische Vormacht die die Glarner abzuschutteln versuchen Sie verfugten namlich uber eine gewisse Eigenstandigkeit urkundet doch 1282 die Gemeinschaft der Manner des ganzen Tales Glarus 1351 liessen sie sich von Zurchern und Innerschweizern erobern und schlossen am 4 Juni 1352 einen Bund mit Zurich Uri Schwyz und Unterwalden nicht aber mit Luzern Zug und Bern und errichteten unterhalb Nafels eine Letzimauer von der Uberreste heute noch festzustellen sind Der Vertrag von 1352 war aber einseitig Die Eidgenossen waren nur innerhalb der engen Glarner Landesgrenzen und unter gewissen formalen Bedingungen hilfspflichtig ja sie konnten sogar eine Hilfeleistungen verweigern und frei Bundnisse eingehen Die Glarner wurden dagegen verpflichtet ohne Prufung und ohne raumliche Beschrankung unverzuglich und auf eigene Kosten Hilfe zu leisten und Bundnisse sich genehmigen lassen Schon kurz darauf hingegen kamen die Glarner im nach Markgraf Ludwig benannten Brandenburger Frieden vom 14 September 1352 mit Zug wieder an den Habsburger Herzog Albrecht Erst nach der Niederlage bei Sempach 1386 unternahmen sie einen neuen Versuch und eroberten das Stadtchen Weesen das durch eine verraterische Mordnacht im Februar 1388 wieder verloren ging Es folgte am 9 April 1388 der Sieg der Glarner bei Nafels dem die Unabhangigkeit und gleichberechtigte Mitgliedschaft in der Eidgenossenschaft folgte Seither erinnert die am ersten Donnerstag im April begangene Nafelser Fahrt an dieses Ereignis Im Sempacherbrief von 1393 wurde Glarus erstmals gleichberechtigt in einem festen Verhaltnis zu den Eidgenossen berucksichtigt 1473 loste dann ein besserer Bundesbrief zuruckdatiert auf den 4 Juni 1352 den ursprunglichen Vertrag ab An der ersten ausfuhrlich dokumentierten Landsgemeinde gaben sie sich 1387 eigene Satzungen und legten damit den Grundstein zur heutigen demokratischen Kantonsverfassung 1395 kauften sie sich von Sackingen los zahlten dem Frauenkloster aber noch bis zum Umsturz Ende des 18 Jahrhunderts einen ewigen Jahreszins Neuzeit BearbeitenReformation und Konfessionalismus Bearbeiten Schon vor 1530 war die Mehrheit der Glarner und Glarnerinnen reformiert geworden Ulrich Zwingli hatte wahrend zehn Jahren von 1506 bis 1516 in Glarus noch als katholischer Pfarrer gewirkt und seine Reformationsschrift Auslegung oder Begrundung der Thesen oder Artikel 1523 Ammann Rat und Gmeind des Lands Glaris gewidmet Sein Schuler Valentin Tschudi wurde 1522 Pfarrer in Glarus er war aber ein sehr gemassigter Reformator der noch zu beiden Konfessionen Zugang hatte und auch fur sie da war 1 Zu Beginn der Kirchenreform lud das Land Glarus 1525 die Stadt Ilanz Glion zur Kirchweihfest ein welche eine Delegation von 200 jungen Leuten aus dem Grauen Bund sandte Dabei sprachen die Ilanzer in ihrem Antworteschreiben ihr Interesse aus Gesprache mit dem Pradikanten und Landmann Anselm Babler zu fuhren Im selben Jahr stellten die Glarner die jahrliche Wallfahrt nach Einsiedeln ein und die Landsgemeinde beschloss 1528 und 1529 die freie Predigt zuzulassen Die Gemeinden konnten nun frei wahlen ob sie den neuen Glauben annahmen oder nicht 2 Nur Nafels und Oberurnen blieben beim alten Glauben und einige wenige andere Gemeinden wurden paritatisch Die katholischen Orte wollten jedoch eine Rekatholisierung von Glarus erzwingen und losten damit den sogenannten Glarnerhandel oder Tschudikrieg 1560 64 aus der die Eidgenossenschaft an den Rand eines weiteren Religionskrieges brachte Im 2 Glarner Landesvertrag von 1564 wurde festgelegt dass die katholische Minderheit bei der Amtervergabe nicht benachteiligt werden durfte und die Vogteien Gaster und Uznach nebst den entsandten Landvogten aus Glarus katholisch sein mussten die Vogtei Werdenberg aber reformiert Erste Grundsatze von Religionsfreiheit vermochten jedoch die Spannungen zwischen den Konfessionen nicht zu verhindern Immerhin uberdauerte das Simultanverhaltnis an der Kirche von Glarus bis zur Weihe der katholischen Fridolinskirche 1964 nutzten beide Konfessionen die gleiche Kirche daran vermochte selbst der verheerende Brand von Glarus 1861 nichts zu andern Die Staatsgewalt jedoch teilte sich Es gab drei Landsgemeinden je eine der Angehorigen der beiden Glaubensgruppen und die gemeinsame Auch die Gerichte das Militar und Postwesen und der Salzhandel trennten sich Beim Militarwesen ist das noch heute sichtbar durch den Pulverturm in Schwanden fur den reformierten Landesteil nbsp PulverturmAuch wurde Katholiken und Protestanten die Post getrennt zugestellt Es galten gar weil die Reformierten den Gregorianischen Kalender ablehnten wahrend eines Jahrhunderts zwei Kalender 1836 hob die neue Kantonsverfassung diese konfessionelle Landesteilung auf Unruhmliche Bedeutung erlangte der Kanton Glarus in der Rechtsgeschichte als hier im Jahre 1782 mit der Enthauptung von Anna Goldi die letzte Hexenhinrichtung Mitteleuropas stattfand Ebenfalls einmalig in Europa wurde im Kanton Glarus erst im Jahre 1851 offiziell die Folter als Mittel der gerichtlichen Wahrheitsfindung abgeschafft Napoleonische Zeit Bearbeiten Im Jahr 1798 marschierten die Franzosen in die Schweiz ein Im Marz wurde unter dem Druck Frankreichs in Aarau die Helvetische Republik ausgerufen Das Land Glarus wurde zum Kanton Glarus die Kantonsgrenzen wurden neu festgelegt Johann Melchior Kubli wurde zum Senator als Vertreter von Glarus gewahlt Von 1798 bis 1803 gehorte Glarus kurzzeitig zum Kanton Linth Der Glarner wurde bereits im Oktober zum Senatsprasidenten der Helvetischen Republik erkoren 1799 wurde das Glarnerland zum Kriegsschauplatz fremder Heere Die Franzosen zwangen die uber den Pragelpass und das Klontal vorgestossenen Russen unter General Suworow zum verlustreichen Ruckzug uber den verschneiten Panixerpass Aus dem ausgehungerten Land zogen 1200 Kinder in andere Kantone wo sie Ernahrung und Hilfe finden mussten 20 und 21 Jahrhundert Bearbeiten 1968 erhalten die Glarnerinnen das partielle Stimmrecht 1972 nehmen die ersten Frauen gleichberechtigt an der Landsgemeinde teil 2006 beschliesst die Landsgemeinde die Gemeindestrukturreform Aus 25 Gemeinden werden drei Einheitsgemeinden Am 1 Januar 2011 wird die Reform endgultig umgesetzt Wirtschaftsgeschichte BearbeitenAlpwirtschaft Bearbeiten Der Kanton Glarus ist der am starksten industrialisierte Kanton der Schweiz Ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte zeigt dass die Glarner schon fruh keine Selbstversorger mehr waren Sie sicherten sich bereits im 15 Jahrhundert ihr Auskommen mit Viehexport und Handel mit Milchprodukten zu denen damals schon der Glarner Schabziger gehorte Der Alpwirtschaft kommt heute noch Bedeutung zu Die 96 Alpen werden von 125 Sennten mit knapp 14 000 Tieren bestossen Je Alpsommer werden rund 4000 Tonnen Milch verarbeitet Reislauferei Bearbeiten Von etwa 1500 bis 1800 bildete die Reislauferei eine der Hauptverdienstquellen der Glarner Fast 1000 brachten es in fremden Diensten zum Offizier einige zudem zu Ruhm Ansehen und Reichtum und noch viel mehr verloren als Soldaten ihr Leben Der Herrschaftssitz von Kaspar Freuler zeugt von den Moglichkeiten eines Heerfuhrers jener Zeit Heute beherbergt dieses schonste Burgerhaus der Schweiz aus dem 17 Jahrhundert das sehenswerte Museum des Landes Glarus mit Textildruck Skisport Militar und Waffenabteilung Gewerbliche Produktion Bearbeiten Im 16 und 17 Jahrhundert kam der Handel mit gewerblichen Produkten Schiefertafeln und tische Griffel gestrickte Strumpfe Kappen Matzenwebereiwaren und spater in einer Zeit der Verdienstlosigkeit die Handspinnerei auf Fabrikindustrie Bearbeiten Um 1740 halt mit der ersten Zeugdruckerei die Fabrikindustrie Einzug ins Tal was dazu fuhrt dass die Weberei aufgenommen wurde In Zeiten des Niedergangs wegen der Maschinenspinnerei und weberei kam es zu Auswanderungswellen Mitte des 19 Jahrhunderts verliess jede zwolfte Person das Glarnerland An diese wirtschaftlich schlimmen Situationen erinnert die Siedlung New Glarus im Staate Wisconsin USA die 1845 von ausgewanderten Glarnern und Glarnerinnen errichtet wurde und zu der immer noch gute Beziehungen bestehen Einige Jahre spater um 1865 kam es zum glarnerischen Wirtschaftswunder Die Bevolkerung wuchs stark an Die Textilindustrie bot uber 10 000 Arbeitsplatze an und ihre Produkte gelangten wegen ihrer ausgezeichneten Qualitat Marktforschung vor Ort und weit verzweigtem Netz an Handelsniederlassungen in jeden Winkel der Erde Industrielle Erneuerung Bearbeiten Der Niedergang der Druck und Textilindustrie gegen Ende des Jahrhunderts traf das Land hart Doch schaffte wie die oben erwahnten Zahlen belegen die glarnerische Wirtschaft den Strukturwandel So finden sich heute beispielsweise im denkmalgeschutzten Hanggiture Holzturm an und in dem einst die bedruckten bunten Tucher zum Trocknen ausgehangt waren High Tech Unternehmen Die gewonnene Vielseitigkeit liess die glarnerische Wirtschaft widerstandsfahiger werden geblieben ist die enorme Exportabhangigkeit Sozialgesetzgebung BearbeitenSeit alters her an das Mitbestimmen an der Landsgemeinde gewohnt pragt die Glarner Arbeiterschaft zusammen mit Pfarrern und sozial gesinnten Arzten z B Fridolin Schuler die Sozialgesetzgebung im 19 und 20 Jahrhundert So wurde zum Beispiel 1856 die Fabrikarbeit fur unter 12 Jahrige verboten und 1864 das erste demokratisch durchgesetzte Fabrikgesetz erlassen Es reduzierte die tagliche Arbeitszeit auf zwolf Stunden 1872 auf elf Stunden verbot Nacht und Kinderarbeit schrieb Arbeitssicherheits und Hygienemassnahmen vor und brachte einen bescheidenen Wochnerinnenschutz 1916 stimmte die Landsgemeinde der Schaffung einer kantonalen Alters und Invalidenversicherung zu Diese erste obligatorische Sozialversicherung fand mit der AHV erst 1948 eine Entsprechung auf Bundesebene Ebenfalls war es die Glarner Landsgemeinde die 1925 als erstes seiner Art das Gesetz uber die Arbeitslosenversicherung erlassen hatte In Schwanden grundeten 1839 200 Einwohner die Aktienbackerei Schwanden Sie war als Selbsthilfeorganisationen zur Vermittlung von Brot ein Vorlaufer der Konsumvereine 3 Literatur BearbeitenWalter Hauser Stadt in Flammen Der Brand von Glarus im Jahr 1861 Limmat Verlag Zurich 2011 ISBN 978 3 85791 630 4 Walter Hauser Bitterkeit und Tranen Szenen der Auswanderung aus dem Tal der Linth und Ausschaffung des heimatlosen Samuel Fassler nach Amerika Limmat Verlag Zurich 1995 ISBN 3 85791 268 5 Rolf Kamm Glarus zwischen Habsburg und Zurich Die Entstehung des Landes im Spatmittelalter Hier Jetzt Baden AG 2010 ISBN 978 3 03919 150 5 Nicole Lieberherr Johann Melchior Kubli Fursprecher im Hexenhandel um Anna Goldi Baeschlin Verlag Glarus 2010 ISBN 978 3 85546 223 0 Jakob Winteler Geschichte des Landes Glarus DNB 455697590 Band 1 Von den Anfangen bis 1638 Glarus 1952 Band 2 Von 1638 bis zur Gegenwart Glarus 1954 Weblinks BearbeitenMartin Peter Schindler Ernst Tremp Rolf Kamm Karin Marti Weissenbach Anne Lise Head Konig August Rohr Hans Laupper Glarus Kanton In Historisches Lexikon der Schweiz Einzelnachweise Bearbeiten Veronika Feller Vest Tschudi Valentin In Historisches Lexikon der Schweiz Martin Bundi Cristian Collenberg Ratische Alpenpasse Vias alpinas reticas Somedia Buchverlag Glarus Chur 2016 ISBN 978 3 906064 54 3 S 64f Schwanden GL GeschichteGeschichte der Kantone der Schweiz Aargau Appenzell Ausserrhoden Appenzell Innerrhoden Basel Landschaft Basel Stadt Bern Freiburg Genf Glarus Graubunden Jura Luzern Neuenburg Nidwalden Obwalden Schaffhausen Schwyz Solothurn St Gallen Tessin Thurgau Uri 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