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Die Erdrotation ist die Drehbewegung der Erde um ihre eigene Achse Die Rotationsachse nennt man Erdachse Die Erde dreht sich nach Osten Vom Polarstern aus betrachtet dreht sich die Erde entgegen dem Uhrzeigersinn Veranschaulichung der ErdrotationDie Bewegung der Erdoberflache in Relation zum Sternenhimmel aufgrund der ErdrotationDer Rotationsvektor der Erde weist gemass der Rechtsschraubenregel genau nach Erd Nord und damit fast genau zum Polarstern Alle Punkte der Erdoberflache ausgenommen ihre zwei Pole bewegen sich dadurch in die jeweils lokale Ost Richtung Fur einen Beobachter der mit dem Kopf nach Norden am Boden liegt und die Sterne im Zenit betrachtet bewegt sich etwa eine erdfeste Mastspitze gegenuber einem sehr nahen Stern binnen einer Minute sichtbar ebenfalls nach Osten das jedoch am Himmel durch die Betrachtung von unten wie aus dem Erdinneren heraus gesehen links liegt Die durchschnittliche Dauer einer Umdrehung bezuglich des als ruhend angenommenen kosmischen Hintergrundes der mittlere siderische Tag betragt 23 h 56 min 4 0989 s Dies entspricht der vom IERS festgelegten nominellen mittleren Winkelgeschwindigkeit von 7 292115 10 5 rad s 1 bzw wenn man diese Winkelgeschwindigkeit mit dem Aquatorradius 6378 137 km multipliziert einer Umfangsgeschwindigkeit von 465 1 m s Als Bezugspunkte fur die prazise Messung der Umdrehungsdauer dienen heutzutage unter anderem mittels Radiointerferometrie beobachtete extragalaktische Radioquellen Bis vor wenigen Jahrzehnten standen jedoch keine ruhenden Referenzpunkte zur Verfugung die hoheren Anspruchen genugt hatten Die der Beobachtung zuganglichen Sterne waren wegen ihrer Eigenbewegung nur eingeschrankt geeignet In der astronomischen Praxis bezieht man die Umdrehung daher in der Regel auf den Fruhlingspunkt dessen Lage bezuglich der Sterne und Planeten stets berechnet werden kann Die Zeitspanne die die Erde braucht um nach einer Umdrehung wieder dieselbe Stellung bezuglich des Fruhlingspunktes einzunehmen ist ein Sterntag und betragt nur 23 h 56 min 4 0905 s Die Prazession der Erde ist der Grund dafur dass ein siderischer Tag etwa 8 Millisekunden langer ist als ein Sterntag Teilt man den Sterntag in 24 h Stunden Sternzeit ein so ist die Sternzeit ein direktes Mass fur den Drehwinkel der Erde Aus Kenntnis der Sternzeit lasst sich also der aktuelle Himmelsanblick bestimmen Insbesondere kulminiert fur den betreffenden Beobachter um 24 h der Fruhlingspunkt Man beachte die nicht ganz konsistente Bezeichnung Der Sterntag bezieht sich trotz seines Namens nicht auf die Sterne sondern auf den Fruhlingspunkt Auf die Sterne bezieht sich der siderische Tag Die englischen Bezeichnungen festgelegt vom IERS sind beispielsweise genau umgekehrt der Sterntag heisst hier sidereal day wahrend der siderische Tag stellar day heisst Inhaltsverzeichnis 1 Sonnentag 2 Rotationsachse 3 Zeitliche Veranderlichkeit 3 1 Physikalische Grundlagen 3 2 Veranderlichkeit der Umdrehungsdauer 3 2 1 Kurzfristige Schwankungen 3 2 2 Langfristige Anderungen 3 3 Veranderlichkeit der Drehachse 3 3 1 Prazession und Nutation 3 3 2 Polbewegung 4 Erdrotationsparameter 5 Entstehung 6 Nachweis 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseSonnentag Bearbeiten Ein Sonnentag 1 3 dauert jeweils langer als ein siderischer Tag 1 2 Der Sonnentag ist der Zeitraum vom Sonnenhochststand eines Tages zum nachsten und dient als Basis der alltaglichen Zeitmessung Er dauert im Mittel 24 Stunden und ist damit etwas langer als ein Sterntag oder ein siderischer Tag Der Unterschied zwischen der Lange des Sonnentages und der Lange des siderischen Tages resultiert aus der jahrlichen Bewegung der Erde um die Sonne Nach einer vollstandigen Rotation der Dauer eines siderischen Tages ist die Erde auf ihrer Bahn fast ein Bogengrad weitergelaufen Die Erde muss sich noch einmal um ungefahr den gleichen Winkel weiterdrehen bis die Sonne vom gleichen geographischen Ort aus am Himmel wieder in derselben Himmelsrichtung wie am Tag zuvor gesehen werden kann Die hierfur benotigte zusatzliche Zeitspanne betragt im Mittel etwa 4 Minuten Der summierte Zeitunterschied nach einem vollstandigen Umlauf der Dauer eines siderischen Jahres entspricht der Dauer einer Rotation Die Anzahl der Sonnentage unterscheidet sich von der Anzahl siderischer Tage pro Jahr um 1 da die Drehrichtung der Erdrotation gleichsinnig zur Umlaufrichtung ist Weil die elliptische Erdbahn im Laufe eines Jahres mit unterschiedlicher Geschwindigkeit durchlaufen wird und zudem die Rotationsachse zur Bahnebene geneigt ist beziehungsweise die Aquatorebene zur Ekliptikebene sind nicht alle Sonnentage eines Jahres gleich lang Daher unterscheidet man zwischen einem veranderlichen wahren Sonnentag und dem stets gleich langen mittleren Sonnentag Der veranderliche wahre Sonnentag ist die jeweilige Zeitspanne zwischen aufeinanderfolgenden Tageshochststanden der Sonne die Lange des mittleren Sonnentages entspricht dem Durchschnitt der uber Jahre gemittelten Langen wahrer Sonnentage Der mittlere Sonnentag wurde per Definition in 24 Stunden eingeteilt deren gleichformigen Verlauf beispielsweise mechanische Uhren darstellen Im Unterschied dazu zeigen die Sonnenuhren naturgemass den tatsachlichen Sonnenstand an Der Zeitunterschied zwischen mittlerer Sonnenzeit und wahrer Sonnenzeit im Verlauf eines Jahres wird als Zeitgleichung bezeichnet Rotationsachse BearbeitenAufgrund des Tragheitsmoments der Erde ist die Richtung ihrer Rotationsachse im Raum fast siehe unten konstant Richtung Norden zeigt die Erdachse gegenwartig auf einen Punkt am Himmel der knapp ein Grad neben einem Stern des Sternbilds Kleiner Bar liegt Um diesen Punkt scheint sich fur einen irdischen Beobachter auf der Nordhalbkugel der Himmel einmal am Tag zu drehen Der Punkt heisst daher Himmelsnordpol und der Stern Polarstern Richtung Suden zeigt die Erdachse derzeit nicht auf einen markanten Stern Die Rotationsachse ist um knapp 23 5 gegen die Normale der Erdbahnebene geneigt Schiefe der Ekliptik Wahrend des jahrlichen Umlaufs der Erde um die Sonne ist daher auf einer Halfte der Bahn die Nordhalbkugel und auf der anderen Halfte die Sudhalbkugel der Sonne mehr oder weniger zugeneigt Auf dieser Halbkugel herrscht wegen der starkeren Sonneneinstrahlung Sommer die anderen Jahreszeiten ergeben sich entsprechend Zeitliche Veranderlichkeit BearbeitenPhysikalische Grundlagen Bearbeiten Aufgrund ihres Drehimpulses vollfuhrt die Erde eine Drehbewegung Der Drehimpuls ist das Produkt aus der Drehgeschwindigkeit der Erde ausgedruckt als Winkelgeschwindigkeit und ihrem Tragheitsmoment Da der Drehimpuls eine Erhaltungsgrosse ist kann er nur durch die Einwirkung eines von aussen angreifenden Drehmomentes geandert werden Als Vektor besitzt der Drehimpuls sowohl einen Betrag als auch eine Richtung Konstanz des Drehimpulses bedeutet daher dass sowohl die Umdrehungsgeschwindigkeit als auch die Lage der Drehachse im Raum konstant bleiben Die auf die Erde einwirkenden Drehmomente sind sehr klein sodass ihr Drehimpuls und damit auch ihre Drehgeschwindigkeit sowie die Ausrichtung ihrer Drehachse im Wesentlichen konstant bleiben Bei genauer Messung oder Betrachtung langer Zeitraume lassen sich jedoch zeitliche Veranderungen feststellen Die Drehgeschwindigkeit andert sich wenn sich durch Einwirken eines ausseren Drehmoments der Gesamtdrehimpuls andert wenn sich der betragsmassig konstant bleibende Gesamtdrehimpuls in verschiedener Weise auf Untersysteme Atmosphare Erdmantel Erdkern umverteilt die Beobachtungen erfassen nur die Bewegung des Untersystems Erdmantel mit Erdkruste wenn sich infolge Verformung z B postglaziale Landhebung oder Massenumverteilung z B Abschmelzen von Gletschern das Tragheitsmoment der Erde andert sodass trotz gleichbleibenden Gesamtdrehimpulses eine andere Drehgeschwindigkeit resultiert Pirouetteneffekt Die Lage der Rotationsachse im Raum andert sich wenn aussere Drehmomente einwirken Prazession Da die Symmetrieachse der Erde daruber hinaus nicht exakt mit ihrer Rotationsachse ubereinstimmt fuhrt der Erdkorper kleine Schwingungen um die Rotationsachse aus sodass deren Durchstosspunkte durch die Erdoberflache in einem Bereich von einigen Metern schwanken Polbewegung Veranderlichkeit der Umdrehungsdauer Bearbeiten Kurzfristige Schwankungen Bearbeiten Tageslangen 1962 bis 2015Genaue Messungen zeigen dass die Dauer einer Umdrehung und damit die Tageslange nicht streng konstant ist Das Bild rechts zeigt die Tageslangen seit 1962 Dargestellt ist die Abweichung der gemessenen Tageslange von einem nominalen vom internationalen Einheitensystem abgeleiteten Referenztag mit einer Lange von exakt 86 400 SI Sekunden Nach einer anfanglichen Zunahme ist der Trend seit Anfang der 1970er Jahre rucklaufig Solche Fluktuationen die mehrere Jahrzehnte bis Jahrhunderte umfassen konnen beruhen vermutlich auf Massenverlagerungen im flussigen ausseren Erdkern Diesen Schwankungen uberlagern sich Fluktuationen mit einer Dauer von etwa einem Jahrzehnt Sie werden vermutlich durch einen Drehimpulsaustausch zwischen Erdkern und Erdmantel verursacht Auch langerfristige Verschiebungen der Wasser bzw Eisverteilung auf der Erdoberflache durften eine Rolle spielen Besonders deutlich fallt eine jahrliche Schwankung mit einer Amplitude von etwa 2 ms auf Sie lasst sich auf Anderungen in der Position und Starke der grosseren Jetstreams zuruckfuhren Fluktuationen auf einer Zeitskala von Tagesdekaden werden durch den Drehimpulsaustausch zwischen Erdoberflache und Atmosphare verursacht z B Winde die gegen grossere Gebirgsketten wie die Anden oder die Rocky Mountains blasen Letzterer Zusammenhang ist inzwischen so gut bekannt dass meteorologische Atmospharenmodelle benutzt werden konnen um diese Schwankungen vorherzusagen Stichwort Atmospheric Angular Momentum AAM Gezeitenbedingte Verformungen von Erde und Ozeanen verursachen vierzehntagliche monatliche halbjahrliche und jahrliche Anteile der Fluktuationen Sie sind vollig vorhersagbar und werden daher oft aus den Beobachtungsdaten herausgerechnet um die ubrigen Effekte klarer hervortreten zu lassen Sie mussen vor der Anwendung anhand der betreffenden Rechenmodelle wieder hinzugefugt werden Gelegentlich werden Einzelereignisse wie z B Massenverlagerungen aufgrund starker Erdbeben in den Daten sichtbar In der Grafik sind die Auswirkungen eines besonders ausgepragten El Nino im Winter 1982 83 deutlich zu erkennen Das Seebeben im Indischen Ozean 2004 hat die Erdrotation so beschleunigt dass sich die Tageslange um 8 ms verkurzte 2 Eine weitere Beschleunigung erfuhr die Erdrotation am 11 Marz 2011 nach dem Erdbeben im Pazifischen Ozean vor der japanischen Kuste Die Erde dreht sich nun etwas schneller ein Tag ist nun 1 8 ms kurzer als zuvor 3 Auch Verlagerungen der Biomasse spielen eine gewisse Rolle Die Behauptung dass die Erde sich im Nord Sommer langsamer drehe als im Winter weil die Blatter an den Baumen das Tragheitsmoment vergrossern Pirouetteneffekt und es auf der Nordhalbkugel mehr Baume gibt als auf der Sudhalbkugel ist jedoch nicht haltbar Wie die Grafik zeigt ist die Tageslange im Nordsommer gerade am kurzesten die Erde dreht sich dann also besonders schnell Der sicherlich vorhandene Einfluss des Laubes wird also durch entgegengerichtete grossere Effekte vollig uberdeckt Ein uberdeckender Effekt ist unter anderem die Umverteilung von Wassermassen in Form von Schnee auf die Hohenlagen der Gebirge Bei all diesen Fluktuationen ist zu bedenken dass sich auch relativ kleine Einflusse zu merklichen Auswirkungen aufsummieren konnen wenn die Einwirkdauer lang genug ist Bei den langerfristigen Fluktuationen sind daher geringere Drehmomente oder Anderungen des Tragheitsmomentes notig als bei kurzerfristigen Die Differenz zwischen UT1 propor tional zur Erdrotation und UTC von Atomuhren abgeleitet mit Schaltsekunden von Anfang 1973 bis Mitte 2015Die gegenwartigen Tageslangen sind meist langer als die Referenz Tageslange von 86400 SI Sekunden Dies liegt daran dass die SI Sekunde letztlich uber mehrere Zwischenschritte von derjenigen Tageslange abgeleitet wurde die wahrend der Mitte des 19 Jahrhunderts bestand Aufgrund der unten erlauterten langfristigen Zunahme der Tageslange sind die Tage heute generell etwas langer als damals Der Uberschuss der Tageslange uber die nominalen 86 400 s muss regelmassig durch eine Schaltsekunde ausgeglichen werden Liegt die Tageslange beispielsweise langere Zeit um 2 ms uber dem Sollwert so gerat die Erdrotation gegenuber einer konstant gehenden Atomuhr mit jedem Tag um 2 ms mehr in Verzug Nach 500 Tagen ware der Unterschied auf eine Sekunde aufgelaufen Die 500 Rotation ware also erst um eine Sekunde nach Mitternacht Atomzeit des 500 Tages beendet In unregelmassigen Abstanden zu vollen oder halben Kalenderjahren wird daher eine Schaltsekunde eingefugt um die Differenz klein zu halten Diese Zeitskala die einerseits auf der durch Atomuhren definierten und daher streng gleichmassigen SI Sekunde beruht die aber andererseits durch Einfugen oder gegebenenfalls Weglassen von Schaltsekunden an die unregelmassige Erdrotation angepasst wird ist die Koordinierte Weltzeit UTC Sie entfernt sich mit jeder positiven Schaltsekunde weiter von der streng gleichmassigen aber nur fur wissenschaftliche und technische Zwecke benutzten Internationalen Atomzeit TAI Im genannten Beispiel ware etwa alle anderthalb Jahre eine Schaltsekunde notig Dies war wahrend der 1980er Jahre auch tatsachlich der Fall Wie der Tageslangengrafik zu entnehmen ist hat sich die Tageslange seit Mitte der 1990er Jahre wieder deutlich dem historischen Wert angenahert sodass zwischen 1999 und 2006 keine Schaltsekunde erforderlich war Langfristige Anderungen Bearbeiten Gezeiteneinfluss auf Erdrotation und Mondumlauf Die gegenuber dem Mondumlauf etwa 28 mal schnellere Erdrotation verschiebt die Flutberge durch Reibung um den Voreilwinkel nach Osten Diese Reibenergie wirkt verzogernd auf die Erdrotation Der voreilende Flutberg auf der mondzugewandten Seite wirkt gravitativ beschleunigend auf den Mond wie ein kreisender Hammerwerfer auf den Hammer Der auf der abgewandten Seite wirkt zwar verzogernd auf den Mond aber sein Einfluss ist durch die grossere Entfernung geringer Die Gezeitenreibung ubt ein bremsendes Drehmoment auf die Erde aus sodass die Tageslange langsam aber kontinuierlich zunimmt In den modernen Messreihen wird dieser Effekt fast ganz von den oben beschriebenen Fluktuationen verdeckt Weil er aber sakular ist und sich daher uber langere Zeitraume quadratisch aufsummiert lasst er sich mit Hilfe uberlieferter antiker und mittelalterlicher astronomischer Beobachtungen eindeutig nachweisen und auch fur die Vergangenheit zahlenmassig bestimmen Da bis zur Einfuhrung von Atomuhren die vom Beobachter benutzte Zeitskala stets am Sonnenlauf und damit letztlich an der Erddrehung abgeglichen wurde war sie denselben Fluktuationen und langfristigen Driften unterworfen wie die Erdrotation Andererseits beruhen moderne physikalische Modelle der Planetenbewegung auf einem streng gleichmassigen Zeitverlauf wie er heutzutage unabhangig von der Erddrehung mit Atomuhren realisiert werden kann Konkret wird hierfur die sogenannte Terrestrische Zeit TT benutzt Rechnet man nun die Planetenbewegungen zuruck um den Zeitpunkt des beobachteten Ereignisses in der gleichmassig verlaufenden TT zu bestimmen und vergleicht diesen Zeitpunkt mit der uberlieferten ungleichmassig verlaufenen Ortszeit des Beobachters so stellt man eine Diskrepanz fest die kontinuierlich anwachst je weiter man in die Vergangenheit zuruckgeht Fur babylonische Berichte um das Jahr 700 beispielsweise unterscheidet sich die uberlieferte Ortszeit um etwa funf bis sechs Stunden von jener Zeit die man unter der Annahme einer konstanten Erdrotation erwarten wurde Auf die den Berichten entnommene Ortszeit ist daher stets eine Korrektur DT zu addieren um den zugehorigen Zeitpunkt in Terrestrischer Zeit zu erhalten und um den Bericht mit der Ruckrechnung vergleichen zu konnen Die Auswertung zahlreicher Beobachtungen aus den letzten 2700 Jahren zeigt dass die Tageslange wahrend dieses Zeitraums im Mittel um etwa 17 ms pro Jahr zunahm 4 5 Dies stimmt gut uberein mit dem unabhangig davon gewonnenen Befund dass die Tageslange einerseits wegen der Gezeitenreibung um etwa 23 ms pro Jahr zunimmt 6 uber die Drehimpulserhaltung abgeleitet aus dem beobachteten Einfluss der Gezeitenreibung auf die Bewegung des Mondes wahrend die durch die postglaziale Landhebung verursachte Verschlankung der Erde wegen des damit einhergehenden Pirouetteneffektes die Tageslange um etwa 6 0 ms pro Jahr verkurzt 7 da das Volumen der Erde sich nicht andern kann fuhrt die Hebung polnaher Gebiete zu einer Schrumpfung des Aquatorwulstes ein Rotationsellipsoid mit geringerer Abplattung hat ein geringeres Tragheitsmoment Fur prahistorische Zeiten lasst sich die Geschwindigkeit der Erdrotation aus taglichen Wachstumsringen fossiler Meeresorganismen mit Kalkskelett ablesen 8 Wenn der tagliche Zuwachs durch den monatlichen Wechsel von Nipp und Springtide oder durch den jahrlichen Jahreszeiten wechsel moduliert wird wie man auch an heute lebenden Verwandten solcher Organismen beobachten kann so lasst sich durch Abzahlen der Ringe zumindest im Prinzip die Anzahl der Tage im Monat beziehungsweise im Jahr ermitteln Entsprechende Untersuchungen deuten beispielsweise an dass vor 400 Millionen Jahren das Jahr etwa 400 Tage hatte bei angenommener gleicher Jahresdauer dauerte ein Tag also nur circa 21 9 Stunden Fur die Zeit vor 310 Millionen Jahren konnte dagegen eine Tagesdauer von 20 Stunden ermittelt werden Mathematische Modelle fur die fruhe gerade im Entstehen befindliche Erde also vor rund 4 Milliarden Jahren legen eine ursprungliche Tageslange von lediglich 14 Stunden nahe 9 Andere Wissenschaftler nehmen fur diese Phase der Erdgeschichte eine Rotationsdauer von sechs bis sieben Stunden an 10 Veranderlichkeit der Drehachse Bearbeiten Prazession und Nutation Bearbeiten Wegen ihrer Abplattung hat die Erde einen 20 km starken Aquatorwulst der wegen der Schiefstellung der Erdachse gegen die Bahnebene geneigt ist Die von der Sonne dem Mond und den anderen Planeten ausgeubten Gravitationskrafte versuchen ihn in die Bahnebene zu ziehen doch nach dem Kreiselgesetz der Prazession weicht die Erdachse senkrecht auf dieses Drehmoment aus Sie behalt ihre Neigung von 67 gegenuber der Bahnebene bei schwenkt jedoch auf einem Kegelmantel in etwa 26 000 Jahren einmal herum Weil die Schnittlinie von Aquatorebene und Ekliptik als Ursprung der Himmelskoordinaten dient andern sich diese sakular mit der Zeit Eine weitere Korrektur ist die Nutation das Schwingen um die Rotationsachse mit einer Periode von annahernd 19 Jahren Polbewegung Bearbeiten Hauptartikel Polbewegung Der von der instantanen Rotations achse der Erde in den Jahren 2001 bis 2005 am Nordpol zuruckgelegte WegVor etwa 150 Jahren haben Astronomen herausgefunden dass geographischer Nord und Sudpol der Erde nicht vollig unveranderlich sind Zu solchen Verschiebungen kommt es durch Uberlagerung mehrerer Phanomene Zum einen bewegen sich die Kontinente relativ zueinander unter dem Einfluss der Plattentektonik Aus Sicht eines Messortes auf einem Kontinent verandert sich damit allmahlich der Ort der Pole Die Symmetrieachse der Erde fallt nicht genau mit der Rotationsachse zusammen Die Rotation ist aber trotzdem stabil da sie wegen der Abplattung der Erde um die Achse mit dem grossten Tragheitsmoment stattfindet Andernfalls wurde die Abweichung sich aufschaukeln und zu einem Taumeln des Erdkorpers fuhren Wegen der stabilen Situation bleibt die Abweichung aber begrenzt und die Symmetrieachse der Erde vollfuhrt etwa einmal im Jahr eine prazessionsahnliche Bewegung um die Drehachse Der Punkt an dem die momentane Drehachse die Erdoberflache durchstosst zeichnet dabei eine unregelmassige Spirale mit einem maximalen Durchmesser von etwa 20 m Diese Schwingung setzt sich aus zwei Komponenten zusammen einer durch periodische Verlagerungen von Wasser und Luftmassen erzwungenen Schwingung mit jahrlicher Periode und einer freien Schwingung mit einer Periode von etwa 14 Monaten Chandler Periode Die Uberlagerung der beiden fuhrt dazu dass die Amplitude der Gesamtschwingung in etwa sechsjahrlichem Rhythmus zwischen ca 2 m und ca 8 m schwankt Im Mittel driftet der Pol langsam in Richtung 80 West Paleographische Untersuchungen legen nahe dass es in der Vergangenheit auch grosse Polbewegungen gegeben hat Einige Bewegungen mit einem Umfang von mehr als 50 fanden vor etwa 800 Millionen Jahren statt 11 12 13 Erdrotationsparameter Bearbeiten Hauptartikel Erdrotationsparameter Fur zahlreiche Anwendungen der Astronomie der Raumfahrt des Vermessungswesens insbesondere der Astrogeodasie etc ist die genaue Kenntnis der momentanen Orientierung der Erde im Raum notwendig Liegen die Genauigkeitsanforderungen in einem Bereich in dem die oben erlauterten kurz und langfristigen Schwankungen sich bemerkbar machen so mussen diese berucksichtigt werden Zu diesem Zweck werden die sogenannten Erdrotationsparameter regelmassig gemessen und veroffentlicht Sie umfassen die Weltzeitkorrektur dUT1 die den Unterschied zwischen der an die variable Erddrehung gekoppelten Zeitskala UT1 und der von der gleichmassigen Atomzeit abgeleiteten Koordinierten Weltzeit UTC angibt UT1 ist proportional zur Erdrotation und damit ein Mass fur den augenblicklichen Drehwinkel der Erde Der Unterschied dUT1 UT1 UTC spiegelt die Unregelmassigkeit der Erddrehung wider Droht der Unterschied grosser als 0 9 s zu werden so wird eine Schaltsekunde in UTC eingefugt um die Abweichung wieder zu kompensieren die Polkoordinaten x und y Sie beschreiben die Lage der momentanen Drehachse des Erdkorpers genauer des Celestial Ephemeris Pole bezuglich eines bestimmten fixen Punktes auf der Erdoberflache des IERS Referenzpols Die x Achse verlauft in Richtung des Nullmeridians genauer des IERS Referenzmeridians und die y Achse in Richtung 90 West Als Masseinheit werden meist Millibogensekunden verwendet der Abstand beider Punkte auf der Erdoberflache lasst sich auch in Metern ausdrucken die Himmelspolschwankungen d ps displaystyle mathrm d psi und d ϵ displaystyle mathrm d epsilon die die beobachteten Abweichungen des Himmelspols von bestimmten mathematischen Modellen fur Prazession und Nutation beschreiben d ps displaystyle mathrm d psi ist die Abweichung in ekliptikaler Lange d ϵ displaystyle mathrm d epsilon ist die Abweichung der Ekliptikschiefe Die dafur notigen regelmassig weltweit durchgefuhrten Beobachtungen werden vom International Earth Rotation and Reference Systems Service IERS koordiniert ausgewertet und veroffentlicht Die so gewonnenen Daten sind auch selbst von wissenschaftlichem Interesse Sie enthalten Informationen uber den Aufbau und die physikalischen Eigenschaften der Erde Formanderungen der Erdkugel Anderungen in der genauen Lage des Erdschwerpunkts und im Erdinneren ablaufende geophysikalische Prozesse Die einschlagigen Beobachtungen erfolgten seit dem Ende des neunzehnten Jahrhunderts durch Positionsmessungen an Sternen oder Beobachtungen von Sternbedeckungen durch den Mond Es konnte alle funf Tage eine Bestimmung der Parameter vorgenommen werden Seit den 1970er und 1980er Jahren kamen VLBI Messungen und GPS Beobachtungen sowie Laserentfernungsmessungen zu geeigneten Satelliten und zum Mond dazu und es konnten stundliche oder sogar etwas haufigere Messwerte erfasst werden Neuerdings lassen sich die Fluktuationen mit Hilfe von Ringlasern auch kontinuierlich verfolgen Die fur die Bestimmung der Erdrotationsparameter benotigten Dreh und Richtungswinkel konnen heutzutage mit einer Genauigkeit von etwa einer halben Millibogensekunde gemessen werden In Mitteleuropa arbeiten einige Forschungsgruppen an dieser Thematik unter anderem in Hannover Jurgen Muller und in Wien Harald Schuh Die Geschwindigkeit mit der sich die Erdoberflache in Hohe des Aquators in ostliche Richtung bewegt liegt in etwa bei 1670 km h und nimmt in Richtung der beiden Pole durch den kleiner werdenden Umfang der Breitenkreise ab Entstehung BearbeitenNach der gangigen Vorstellung entstand das Sonnensystem aus einer Gas und Staubwolke die sich aufgrund ihrer eigenen Schwerkraft verdichtete Wenn zwei Gas oder Staubteilchen sich relativ zueinander bewegen so hat jedes bezuglich des anderen einen Drehimpuls sofern sie sich nicht exakt aufeinander zubewegen Die Existenz eines Drehimpulses ist also nicht an eine Kreisbewegung gebunden auch ein geradlinig oder sonst beliebig bewegtes Teilchen tragt bezuglich eines Referenzpunktes einen Drehimpuls sofern seine Bewegung von diesem Referenzpunkt aus gesehen eine Seitwartskomponente hat also nicht direkt auf den Referenzpunkt zu gerichtet ist Man betrachte etwa eine Billardkugel die eine zweite Kugel nicht vollig zentral trifft Beide Kugeln werden sich nach der Kollision um ihre Hochachsen drehen der in diesen Drehungen steckende Drehimpuls wurde dem Drehimpuls entnommen den die linear bewegte Kugel vor dem Stoss bezuglich der zweiten Kugel hatte Wurden die Kugeln beim Stoss zusammenkleben so wurde das entstandene Objekt rotieren Aus demselben Grund rotieren auch die in einer Gas und Staubwolke gebildeten Klumpchen da es sehr unwahrscheinlich ist dass alle ihre Bestandteile exakt zentral aufeinandergestossen sind Auch nachdem die Klumpchen zu grosseren Planetesimalen angewachsen sind andert jeder Einschlag eines Planetesimals auf einem Protoplaneten dessen Rotation je nach Einschlagpunkt und winkel Die Antwort auf die Frage Woher kam der Drehimpuls lautet also aus der ungeordneten Bewegung der Teilchen die neben ihrem mit der Bewegung verbundenen linearen Impuls auch stets einen Drehimpuls tragen und deren Drehimpulse sich bei der Zusammenballung zu Planeten nicht alle gegenseitig aufgehoben haben Je kompakter sich der entstehende Korper verdichtet desto schneller dreht er sich auch bei konstant bleibendem Drehimpuls aufgrund des Pirouetteneffektes Die Drehrichtung der Erde ist identisch mit der Umlaufrichtung auf ihrer Bahn um die Sonne wie bei fast allen anderen Planeten auch Lediglich die Venus dreht sich entgegengesetzt und die Drehachse von Uranus liegt nahezu in seiner Bahnebene Nachweis BearbeitenDie Rotation der Erde manifestiert sich durch Coriolis und Zentrifugalkrafte an der Erdoberflache Dies zeigt sich unter anderem in der Drehrichtung von Wolkenwirbeln in Tiefdruckgebieten Die Erdrotation bewirkt eine mit Annaherung an den Aquator zunehmende Zentrifugalkraft Sie ist am Aquator der Erdanziehungskraft entgegengerichtet weshalb dort das Gewicht eines Gegenstands geringer ist als an den Polen Zusammen mit der ebenfalls durch die Zentrifugalkraft hervorgerufenen Erdabplattung betragt die Differenz 0 53 Zum Nachweis der Erdrotation im Labor konnen die folgenden physikalischen Experimente herangezogen werden Foucaultsches Pendel funktioniert nicht am Aquator erstmals 1851 in der Pariser Sternwarte Fallexperiment funktioniert nicht an den Polen Kreiselkompass funktioniert in einfacher Ausfuhrung nicht an den Polen LasergyroskopSchwenkbarer Stab nach Hans Bucka zum Nachweis der Erdrotation Versuchsbeginn Stab in Ruhe Versuchsende Stab dreht sichSchwenkbarer idealer Stab siehe Abbildungen rechts funktioniert nicht am Aquator Dieser Nachweis gelingt nach Hans Bucka mit einem in einer drehbaren Halterung aufgehangten schwenkbaren Stab 14 Ein homogener Stab ist auf der Langsachse dicht neben seinem Mittelpunkt mit einer horizontalen Drehachse reibungsarm gelagert und befindet sich anfangs in horizontaler Lage und in Bezug auf die Erdoberflache in Ruhe Dennoch hat er einen Drehimpuls der durch die Erdrotation bedingt ist Durch einen geeigneten Mechanismus zum Beispiel ein durchbrennender Faden der zwischen der Halterung und dem etwas langeren Stabende gespannt ist bringt sich der Stab durch das leichte Ubergewicht einer Seite in die lotrechte Lage wobei sich sein Tragheitsmoment um mehrere Grossenordnungen verringert Da der Drehimpuls sich wegen der Drehimpulserhaltung nicht andert beginnt sich der Stab im Drehsinn der Erde zu drehen was zum Beispiel mit einem Lichtzeiger sichtbar gemacht werden kann dessen Spiegel an der Drehachse der Halterung angebracht wurde Literatur BearbeitenH Schuh u a Erdrotation und globale dynamische Prozesse In Mitteilungen des Bundesamtes fur Kartographie und Geodasie Band 32 Frankfurt am Main 2003 ISBN 3 89888 883 5 Volltext im Portal des Forschungsprojektes Earth Rotation and Global Dynamic Processes Memento vom 6 Juli 2016 im Internet Archive PDF 3 4 MB abgerufen am 20 Oktober 2020 Franz Barthelmes Ludwig Ballani Roland Klees Horst Jochmann Joachim Hopfner Hans Greiner Mai 1994 Erdrotationsschwankungen Erdkerndynamik und Schwerefeld Geowissenschaften 12 300 304 doi 10 2312 Geowissenschaften 1994 12 300 Weblinks Bearbeiten Wiktionary Erdrotation Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Erdrotation de Website des Bundesamtes fur Kartographie und Geodasie abgerufen am 20 Oktober 2020 Erik Oppold Lernmodul Erde Erdbahn astronomische Jahreszeiten Geometrisch astronomische Grundlagen In WEBGEO basics Klimatologie Institut fur Physische Geographie IPG der Universitat Freiburg abgerufen am 20 Oktober 2020 Erdrotationsdaten des IERS englisch franzosisch und russisch abgerufen am 20 Oktober 2020 Internationaler Erdrotationsdienst IERS Stellt die gemessene Tageslange einschliesslich historischer Archivdaten seit Beginn systematischer Messungen zur Verfugung englisch abgerufen am 20 Oktober 2020 Ringlaser der Fundamentalstation Wettzell abgerufen am 20 Oktober 2020 AAM Scientific Background Information Memento vom 5 Juli 2009 im Internet Archive Information zum atmospharischen Drehimpuls englisch abgerufen am 20 Oktober 2020 Historical Eclipses and Earth s Rotation doi 10 1046 j 1468 4004 2003 44222 x englisch Einzelnachweise Bearbeiten D D McCarthy G Petit Hrsg IERS Conventions 2003 IERS Technical Note No 32 Kap 1 General Definitions and Numerical Standards PDF Chile Beben hat Erdachse verschoben In Spiegel de Spiegel Verlag 2 Marz 2010 abgerufen am 20 Oktober 2020 Bethge Philip u a Der Stromausfall In Der Spiegel Nr 12 vom 21 Marz 2011 S 90 f Jean O Dickey et al 1994 Lunar Laser Ranging A Continuing Legacy of the Apollo Program Science 265 482 490 Warum die Tage langer werden Spektrum der Wissenschaft 10 2007 S 36 45 ISSN 0170 2971 F R Stephenson Historical Eclipses and Earth s Rotation Cambridge University Press Cambridge UK 1997 S 37 Stephenson S 516 G Pannella Paleontological Evidence on the Earth s Rotational History since Early Precambrian Astrophysics and Space Science 16 1972 212 237 bibcode 1972Ap amp SS 16 212P William und Fank Awbrey As the World Turns Can Creationists Keep Time Thwaites 1982 S 18 22 nach diesem Video Harald Lesch Wie entstand der Mond Beitrag fur die Sendung alpha Centauri abgerufen am 20 Oktober 2020 Markus Becker Unwucht im Globus In Spiegel de 1 September 2006 abgerufen am 20 Oktober 2020 Adam C Maloof et al Combined paleomagnetic isotopic and stratigraphic evidence for true polar wander from the Neoproterozoic Akademikerbreen Group Svalbard Norway Geological Society of America Bulletin 188 2006 S 1099 2014 doi 10 1130 B25892 1 online Memento vom 15 Oktober 2008 im Internet Archive abgerufen am 20 Oktober 2020 Emmanuelle Arnaud et al Hrsg The Geological Record of Neoproterozoic Glaciations Geological Society London 2011 ISBN 978 1 86239 334 9 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Hans Bucka Zwei einfache Vorlesungsversuche zum Nachweis der Erddrehung Zeitschrift fur Physik A Bd 126 S 98 105 1949 Bd 128 S 104 107 1950 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erdrotation amp oldid 235007039