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Edgar Jean Vincent Barthelemy Faure 18 August 1908 in Beziers Departement Herault 30 Marz 1988 in Paris war ein franzosischer Politiker und Jurist Er war 1945 46 Anklager bei den Nurnberger Prozessen Wahrend der Vierten Republik war er als Mitglied der Parti radical 1952 und 1955 56 kurzzeitig Premierminister Edgar Faure 1955 In der Funften Republik gehorte Faure als Vertreter der Gaullisten UNR UDR RPR 1959 66 dem Senat an 1966 68 war er Landwirtschafts 1968 69 Bildungs 1972 73 Sozialminister 1973 78 Prasident der Nationalversammlung ab 1974 Prasident der Region Franche Comte Von 1979 bis 1984 war er Mitglied des Europaischen Parlaments fur die liberale UDF von 1980 bis zu seinem Tod erneut Senator Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Politisches Wirken in der Vierten Republik 3 Politisches Wirken in der Funften Republik 4 Politische Mandate 5 Schriften 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenEr studierte in Paris Rechtswissenschaft und war mit 21 Jahren der zu dieser Zeit jungste Anwalt in Frankreich 1931 heiratete Faure Lucie Meyer mit der er zwei Tochter hatte Sein Engagement in der Politik startete er in den Reihen der linksburgerlich antiklerikalen Radikalen Partei Parti republicain radical et radical socialiste PRS der fuhrenden Partei der Dritten Republik die zwischen 1900 und 1940 die Mehrzahl der Ministerprasidenten stellte Wahrend des Zweiten Weltkriegs und der deutschen Okkupation schloss sich Faure der Resistance an und floh 1942 nach Algier in das Hauptquartier von General Charles de Gaulle der ihn zum Chef des Service legislatif der Gouvernement provisoire de la Republique Francaise GPRF machte 1945 46 war er stellvertretender franzosischer Chefanklager beim Nurnberger Prozess 1961 promovierte Faure mit einer Arbeit uber das Fiskalsystem unter dem romischen Kaiser Diokletian 1962 erhielt er die Lehrbefugnis fur Rechtsgeschichte und romisches Recht Politisches Wirken in der Vierten Republik Bearbeiten1946 wurde Faure als Mitglied der Parti radical PRS in die Konstituierende Nationalversammlung der Vierten Republik gewahlt Nach der Bildung einer Dreierkoalition aus Sozialisten SFIO Kommunisten PCF und dem christlich demokratisch orientierten Mouvement republicain populaire MRP Volksrepublikaner befanden sich die Radikalen zunachst in einer Aussenseiterposition Als die Kommunisten 1947 aus der Regierung gedrangt wurden konnten die Radikalen trotz sinkender Popularitat und einem Stimmenanteil von weniger als 10 Prozent oft eine uberproportional wichtige Rolle bei der Bildung der franzosischen Regierungen spielen da keine der anderen Gruppierungen in der Lage war eine klare Mehrheit zu erlangen Faure war der Anfuhrer des konservativeren Flugels der Partei dem der linke Flugel unter Pierre Mendes France entgegenstand Im politischen Alltag nannte man Faure la girouette die Wetterfahne Von 1949 bis 1950 war er Staatssekretar im Finanzministerium anschliessend bis 1951 Haushaltsminister dann bis 1952 Justizminister Edgar Faure war von Januar bis Februar 1952 Ministerprasident President du Conseil des ministres Er stand einer Mitte rechts Koalition aus PRS christdemokratischen MRP und liberal konservativem CNIP vor die nach einem Monat durch ein Misstrauensvotum gesturzt wurde Von 1953 bis 1955 war er Finanz und Wirtschaftsminister Von Februar 1955 bis Januar 1956 folgte seine zweite Amtszeit als Regierungschef Seinem Kabinett gehorten Minister der PRS MRP CNIP UDSR und der URAS Gaullisten an Der spatere senegalesische Prasident Leopold Sedar Senghor vom Rassemblement Democratique Africain war unter Faure Staatssekretar Wahrend seiner Regierung fand im Juni 1955 die Konferenz von Messina statt die die Grundung der EU Vorlaufer Europaische Wirtschaftsgemeinschaft EWG und Euratom vorbereitete Bei der Genfer Gipfelkonferenz im Juli 1955 war er als franzosischer Regierungschef einer der grossen Vier neben Dwight D Eisenhower USA Nikolai Bulganin Sowjetunion und Anthony Eden Grossbritannien Faures Regierung bereitete schrittweise eine Entlassung der franzosischen Protektorate Marokko und Tunesien in die Unabhangigkeit vor Sie verhandelte inoffiziell mit dem inhaftierten tunesischen Nationalistenfuhrer Habib Bourguiba der freigelassen wurde und im Juni 1955 nach Tunis zuruckkehrte Kurz darauf wurde Tunesien die innere Autonomie vertraglich gewahrt Mit dem exilierten marokkanischen Sultan Mohammed V schloss Faure im November 1955 einen Vertrag uber die independance dans l interdependance Unabhangigkeit in gegenseitiger Abhangigkeit der dem Sultan die Ruckkehr in sein Heimatland erlaubte Ende 1955 schlug Faure dem Staatsprasidenten Rene Coty die Auflosung der Nationalversammlung vor und ging ein Wahlbundnis mit den Mitte rechts Parteien CNIP MRP ein Daraufhin wurde er auf Betreiben von Mendes France aus der Radikalen Partei ausgeschlossen Mendes France fuhrte die PRS in die Front republicain mit den Sozialisten die nach den Wahlen eine Regierungskoalition unter Guy Mollet bildete Faure ubernahm stattdessen den Vorsitz des Rassemblement des gauches republicaines RGR das er von einem Wahlbundnis zu dem auch die Parti radical gehort hatte in eine separate Partei umwandelte in der sich die Gegner Mendes Frances unter den Radikalen sammelten Das RGR erhielt nur 12 Sitze in der Nationalversammlung Faure selbst wurde aber wiedergewahlt Faure war ein fruher Befurworter einer Ruckkehr des Generals de Gaulle in die franzosische Politik Er erklarte Der Algerienkrieg ist ein Problem der vierten Dimension Und es gibt nur einen Mann der vierten Dimension der es losen kann 1 Politisches Wirken in der Funften Republik BearbeitenObwohl er die Machtergreifung de Gaulles 1958 befurwortete hielt Faure zunachst Abstand von der gaullistischen Partei UNR Mit der Erdrutschwahl im Dezember 1958 schied er aus der Nationalversammlung aus Er wurde im April 1959 als Oppositionsvertreter in den franzosischen Senat gewahlt beim Verfassungsreferendum 1962 uber die Einfuhrung der Direktwahl des Staatsprasidenten stimmte er mit nein In der Folgezeit naherte er sich jedoch den Gaullisten an De Gaulle schickte Faure 1963 auf eine inoffizielle Mission in die Volksrepublik China um die Herstellung diplomatischer Beziehungen zwischen Paris und Peking 1964 vorzubereiten Bei der Prasidentschaftswahl 1965 sprach sich Faure fur eine Wiederwahl de Gaulles aus im selben Jahr wurde er selbst als Senator wiedergewahlt Im Januar 1966 trat er als Landwirtschaftsminister in die Regierung unter Premierminister Georges Pompidou ein nbsp Edgar Faure links zusammen mit UNESCO Generaldirektor Rene Maheu 1972Nach den Mai Unruhen 1968 vertraute ihm Prasident de Gaulle das schwierige Amt des Ministers fur nationale Bildung im Kabinett Couve de Murville an In dieser Position verantwortete er das Gesetz uber die Orientierung der hoheren Bildung vom 12 November 1968 das auch als Loi Faure bezeichnet wird Die Universitaten und Hochschulen erhielten dadurch grossere Autonomie Fakultaten wurden durch unites d enseignement et de recherche UER Einheiten der Lehre und Forschung abgelost die Forschung und Lehre starker vernetzen und interdisziplinares Arbeiten fordern sollten Zudem wurden gewahlte Universitatsrate eingefuhrt in denen neben den Professoren auch Vertreter der Studenten technischen und Verwaltungsmitarbeiter einbezogen wurden 2 Anfang der 1970er Jahre leitete Faure eine internationale Kommission der UNESCO zu den Zielen und zur Entwicklung des Bildungswesens Diese legte 1972 einen Bildungsgesamtplan unter dem Titel Learning to be The World of Education Today and Tomorrow deutscher Titel Leben lernen Was Schule heute leisten muss vor der auch als Faure Report bekannt wurde 3 Im Kabinett Messmer I war Faure 1972 73 Ministre d Etat d h einer der hochstrangigen Minister und leitete das Sozialministerium Von 1973 bis 1978 bekleidete Faure das Amt des Prasidenten der Nationalversammlung Als hochstrangiger franzosischer Parlamentarier reiste er im Januar 1974 in die Deutsche Demokratische Republik DDR 4 Die Basis seiner politischen Aktivitaten bildete eine in Frankreich ubliche Amterkumulation nationaler mit lokalen Mandaten Von 1947 bis 1970 bekleidete Faure das Amt des Burgermeisters der Kleingemeinde Port Lesney im Departement Jura und war von 1949 bis 1967 gleichzeitig Prasident des Generalrats des Departements Von 1971 bis 1977 war er Burgermeister der Stadt Pontarlier und von 1983 bis zu seinem Tod 1988 erneut von Port Lesney Nach der Grundung der franzosischen Regionen war er zudem von 1974 bis zu seinem Tod mit einer kurzen Unterbrechung 1981 82 erster Prasident des Regionalrates der Region Franche Comte nbsp Edgar Faure als SenatorVon 1979 bis 1984 gehorte er dem ersten gewahlten Europaischen Parlament an Er wurde uber die von Simone Veil gefuhrte Liste der Union pour la democratie francaise UDF gewahlt 5 und gehorte der Liberalen und Demokratischen Fraktion im Europaparlament an Zudem war er stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses fur Regionalpolitik und Raumordnung 6 1980 wurde Faure erneut in den franzosischen Senat gewahlt dem er bis zu seinem Tod angehorte Nach zwei Jahren der Fraktionslosigkeit schloss er sich 1982 der Senatsfraktion Gauche democratique demokratische Linke an der vorwiegend Senatoren der Parti radical und des Mouvement des radicaux de gauche angehorten Faure kehrte also zum Ende seines Lebens zu seiner einstigen politischen Heimat zuruck Faure starb im Alter von 79 Jahren in Paris und wurde dort auf dem Cimetiere de Passy bestattet Politische Mandate BearbeitenMitgliedschaft in Nationalversammlung und Senat 1946 bis 1958 Abgeordneter des Departements Jura 1959 bis 1967 Senator fur das Departement Jura 1967 bis 1980 Abgeordneter des Departements Doubs 1980 bis 1988 Senator fur das Departement DoubsMitgliedschaft im Europaischen Parlament 1979 bis 1984 EuropaparlamentarierAmter in der Regionalpolitik 1947 bis 1971 Burgermeister von Port Lesney Jura 1949 bis 1967 Prasident des Conseil general des Departements Jura 1967 bis 1979 Mitglied des Conseil General des Departements Doubs 1971 bis 1977 Burgermeister von Pontarlier 1974 bis 1981 Prasident des Regionalrats des Franche Comte 1982 bis 1988 Prasident des Regionalrats des Franche Comte 1983 bis 1988 Burgermeister von Port LesneyRegierungsamter Finanzminister 1950 51 Premierminister 1952 Aussenminister 1955 Premierminister 1955 56 Landwirtschaftsminister 1966 Erziehungsminister 1968 Sozialminister 1969 Prasident der Nationalversammlung 1973 78 1978 wurde er Mitglied der Academie francaise Er schrieb politische Bucher aber auch Krimis unter dem Pseudonym E Sanday Schriften BearbeitenLe serpent et la tortue les problemes de la Chine populaire Juillard 1957 La disgrace de Turgot Gallimard 1961 La capitation de Diocletien Sirey 1961 Prevoir le present Gallimard 1966 L education nationale et la participation Plon 1968 Philosophie d une reforme Plon 1969 L ame du combat Fayard 1969 Ce que je crois Grasset 1971 Pour un nouveau contrat social Seuil 1973 Au dela du dialogue avec Philippe Sollers Balland 1977 La banqueroute de Law Gallimard 1977 La philosophie de Karl Popper et la societe politique d ouverture Firmin Didot 1981 Pascal le proces des provinciales Firmin Didot 1930 Le petrole dans la paix et dans la guerre In Nouvelle revue critique 1938 Memoires I Avoir toujours raison c est un grand tort Plon 1982 Memoires II Si tel doit etre mon destin ce soir Plon 1984 Discours prononce pour la reception de Senghor a l Academie francaise le 29 mars 1984Literatur BearbeitenPatrice Lestrohan L Edgar Biographie d Edgar Faure 1908 1988 Le Cherche midi 2007Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Edgar Faure Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Edgar Faure im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Kurzbiografie und Werkliste der Academie francaise franzosisch Edgar Faure in der Abgeordneten Datenbank des Europaischen ParlamentsEinzelnachweise Bearbeiten Original La Guerre d Algerie est un probleme de la quatrieme dimension Et il n y a qu un homme de la quatrieme dimension pour le resoudre Zitiert nach Patrice Lestrohan L Edgar Biographie d Edgar Faure 1908 1988 Le Cherche midi 2007 S 209 William F Edmiston Annie Dumenil La France contemporaine 4 Auflage Heinle Cengage Learning Boston 2010 S 253 Georg Hanf Wieder entdeckt neu gelesen Learning to be The world of education today and tomorrow In BWP Nr 4 2011 S 59 Christian Wenkel Auf der Suche nach einem anderen Deutschland Das Verhaltnis Frankreichs zur DDR im Spannungsfeld von Perzeption und Diplomatie de Gruyter Oldenbourg Munchen 2014 S 372 Elus elections europeennes 1979 France Politique 21 Marz 2019 Edgar Faure in der Abgeordneten Datenbank des Europaischen ParlamentsVorgangerAmtNachfolgerRene Pleven Pierre Mendes FranceMinisterprasident der Vierten Republik 20 Januar 1952 29 Februar 1952 23 Februar 1955 24 Januar 1956Antoine Pinay Guy MolletPierre Mendes FranceAussenminister von Frankreich 20 Januar 1955 23 Februar 1955Antoine PinayRene Maier Maurice Bourges Maunoury Pierre PflimlinFinanzminister von Frankreich 20 Januar 1952 8 Marz 1952 28 Juni 1953 20 Januar 1955 14 Mai 1958 1 Juni 1958Antoine Pinay Robert Buron Antoine PinayMaurice Bourges MaunouryInnenminister von Frankreich 1 Dezember 1955 1 Februar 1956Jean Gilbert JulesRene MaierJustizminister von Frankreich 11 August 1951 20 Januar 1952Leon Martinaud DeplatAchille PerettiPrasidenten der franzosischen Nationalversammlung 2 April 1973 3 April 1978Jacques Chaban DelmasBildungsminister der Funften Franzosischen Republik Jean Berthoin Andre Boulloche Michel Debre Louis Joxe Pierre Guillaumat Lucien Paye Pierre Sudreau Louis Joxe Christian Fouchet Alain Peyrefitte Francois Xavier Ortoli Edgar Faure Olivier Guichard Joseph Fontanet Rene Haby Christian Beullac Alain Savary Jean Pierre Chevenement Rene Monory Lionel Jospin Jack Lang Francois Bayrou Claude Allegre Jack Lang Luc Ferry Francois Fillon Gilles de Robien Xavier Darcos Luc Chatel Vincent Peillon Benoit Hamon Najat Vallaud Belkacem Jean Michel Blanquer Pap Ndiaye Normdaten Person GND 121807347 lobid OGND AKS LCCN n50000318 VIAF 31996150 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Faure EdgarALTERNATIVNAMEN Sanday E Pseudonym KURZBESCHREIBUNG franzosischer Politiker Mitglied der Nationalversammlung MdEPGEBURTSDATUM 18 August 1908GEBURTSORT BeziersSTERBEDATUM 30 Marz 1988STERBEORT Paris Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Edgar Faure amp oldid 238160547