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Dieser Artikel behandelt das Werk von Heinrich Heine Zum gleichnamigen Werk von Wolf Biermann siehe Deutschland Ein Wintermarchen Biermann Deutschland Ein Wintermarchen 1 1844 ist ein satirisches Versepos des deutschen Dichters Heinrich Heine 1797 1856 Den ausseren Rahmen dafur bildet eine Reise die der Autor im Winter 1843 unternahm 2 und die ihn von Paris nach Hamburg fuhrte 3 Heinrich Heine zur Zeit der Winterreise 1843 44Der Untertitel Ein Wintermarchen spielt auf William Shakespeares Alters Romanze The Winter s Tale 1623 an und weist darauf hin dass Heine seinen Gedichtzyklus als Gegenstuck zu dem drei Jahre fruher entstandenen Versepos Atta Troll Ein Sommernachtstraum verstand das seinen Untertitel ebenfalls einem Werk Shakespeares verdankt der Komodie A Midsummer Night s Dream 1600 Die formale Verwandtschaft der beiden Epen zeigt sich zusatzlich darin dass auch das Wintermarchen wie der Atta Troll genau 27 Capita umfasst deren Strophen ebenfalls aus Vierzeilern bestehen 4 Inhaltsverzeichnis 1 Entstehungsgeschichte 2 Inhalt 2 1 Ubersicht 2 2 Zu den einzelnen Kapiteln 3 Form 4 Rezeption 5 Literatur 5 1 Textausgaben 5 2 Sekundarliteratur 6 Weblinks 7 FussnotenEntstehungsgeschichte BearbeitenUnzufrieden mit den politischen Verhaltnissen im Deutschland der Restaurationszeit die ihm als getauftem Juden keine Moglichkeit fur eine juristische Tatigkeit boten und auch um der Zensur zu entgehen emigrierte Heine 1831 nach Frankreich nbsp Abdruck in Neue Gedichte 18441835 verbot ein Beschluss des deutschen Bundestags seine Schriften zusammen mit den Veroffentlichungen der Dichter des Jungen Deutschland Ende 1843 kehrte er noch einmal fur wenige Wochen nach Deutschland zuruck um seine Mutter und seinen Verleger Julius Campe in Hamburg zu besuchen Auf der Ruckreise entstand zunachst als Gelegenheitsgedicht der erste Entwurf zu Deutschland Ein Wintermarchen den er im Laufe der nachsten drei Monate zu einem hochst humoristischen Reiseepos weiterentwickelte zu versifizierten Reisebildern die eine hohere Politik atmen als die bekannten politischen Stankerreime 5 Sein damaliger Verleger allerdings fand das Werk von Anfang an zu radikal und warnte seinen Schutzling Sie werden viel fur diese Gedichte zu leiden haben Nicht zu gedenken dass Sie den Patrioten neue Waffen gegen sich in die Hande geben und so die Franzosenfresser wieder in die Schranken rufen auch die Moralisten werden uber Sie herfallen Wahrlich ich habe nie so bei einem Ihrer Artikel geschwankt als eben bei diesem namlich was ich tun oder lassen soll 6 Das fertige Versepos erschien 1844 beim Verlag Hoffmann und Campe in Hamburg Nach der Zwanzig Bogen Klausel einer Zensurrichtlinie der Karlsbader Konferenz von 1819 unterlagen Manuskripte von mehr als zwanzig Bogen also mehr als 320 Seiten 7 vor dem Druck nicht der Zensur Daher brachte der Verlag Deutschland Ein Wintermarchen zusammen mit anderen Gedichten im Band Neue Gedichte heraus Trotzdem musste sich Heine zu seinem Bedauern vor der Veroffentlichung seines Werkes dem fatalen Geschafte des Umarbeitens unterziehen und den Versen zahlreiche Feigenblatter anheften um dem voraussehbaren allgemeinen Naserumpfen etwas vorzubeugen und sich gegen den Vorwurf zu wehren ein Verachter des Vaterlands und parteiischer Freund der Franzosen zu sein 8 Schon am 4 Oktober 1844 wurde das Buch in Preussen verboten und beschlagnahmt Am 12 Dezember 1844 erliess Konig Friedrich Wilhelm IV von Preussen einen Haftbefehl gegen Heine In der Folgezeit wurde das Werk wiederholt von den Zensurbehorden verboten In anderen Teilen Deutschlands war es zwar in Form einer ebenfalls bei Hoffmann und Campe erschienenen Separatausgabe erhaltlich doch musste Heine es kurzen und umschreiben Inhalt Bearbeiten nbsp Erste SeparatausgabeUbersicht Bearbeiten Der folgende Uberblick der Kapitel zeigt den groben Verlauf und die Hauptstationen der literarischen Kutschfahrt Capita I II Franzosisch deutsche Grenze Caput III Aachen Capita IV VII Koln Capita VIII XIII Westfalen Mulheim Hagen Unna Paderborn Capita XIV XVII Exkurs uber Kaiser Barbarossa Caput XVIII Minden Caput XIX Buckeburg und Hannover Capita XX XXVI Hamburg Caput XXVII Epilog Die tatsachliche Hinreise die nicht im traurigen Monat November Caput I erste Strophe sondern bereits im Oktober stattfand und welche hochst langweilig und ermudend war 9 nahm jedoch den kurzeren Weg uber Brussel Munster Osnabruck und Bremen nach Hamburg 10 Erst die Ruckfahrt vom 7 bis 16 Dezember verlief uber die oben angegebenen Stationen Heine verknupft seine Reisebeschreibung anhand regionaler historischer und autobiografischer Fakten mit politischen und philosophischen Betrachtungen Dabei stellt der Ich Erzahler seine illegalen Gedanken in den Vordergrund die er sozusagen versteckt als Konterbande Schmuggelgut wider das Verbot mit sich fuhrte Deutschland Ein Wintermarchen zeigt Heines bilderreiche poetische Sprache in enger Verbindung mit sarkastischer Kritik an den Zustanden in seiner Heimat Der Autor stellt seine liberale gesellschaftliche Vision dem truben Novemberbild des reaktionaren Heimatlandes gegenuber Er kritisiert vor allem den deutschen Militarismus und reaktionaren Chauvinismus gegenuber den Franzosen deren Revolution er als Aufbruch in ein sozialeres Europa versteht Er bewundert Napoleon als Vollender der Revolution und Verwirklicher der Freiheit Sich selbst sieht er nicht als Feind Deutschlands sondern als patriotischen Kritiker aus Vaterlandsliebe Pflanzt die schwarz rot goldne Fahne auf die Hohe des deutschen Gedankens macht sie zur Standarte des freien Menschtums und ich will mein bestes Herzblut fur sie hingeben Beruhigt euch ich liebe das Vaterland eben so sehr wie ihr 11 Zu den einzelnen Kapiteln Bearbeiten Caput I Nach dreizehn Jahren im Exil steht H 12 nicht ohne Ruhrung zum ersten Mal wieder an der deutschen Grenze und fuhlt sich wie durch Zaubersafte wunderbar erstarkt Angesichts eines kleinen Harfenmadchens das mit wahrem Gefuhl und falscher Stimme die alte Leier vom irdischen Jammertal singt verspricht er seinen deutschen Freunden mit dem nun folgenden Versepos ein neues Lied besseres Lied Wir wollen hier auf Erden schon Das Himmelreich errichten Caput II Bevor H voller Euphorie im Gepack nur Hemden Hosen und Schnupftucher doch im Kopf ein zwitscherndes Vogelnest Von konfiszierlichen Buchern deutschen Boden betreten kann wird sein Gepack von den preussischen Zollnern visitieret und beschnuffelt Ihr Toren die Ihr im Koffer sucht Hier werdet Ihr nichts entdecken Die Contrebande die mit mir reist Die hab ich im Kopfe stecken Caput III Im langweiligen Nest Aachen begegnet H erstmals wieder preussischen Soldaten Noch immer das holzern pedantische Volk Noch immer ein rechter Winkel In jeder Bewegung und im Gesicht Der eingefrorene Dunkel H lastert uber deren Schnurrbarte Der Zopf der ehmals hinten hing Der hangt jetzt unter der Nase und macht sich ironisch lustig uber den Helm die Pickelhaube Ein koniglicher Einfall wars Es fehlt nicht die Pointe die Spitze Nur furcht ich wenn ein Gewitter entsteht Zieht leicht so eine Spitze Herab auf Euer romantisches Haupt Des Himmels modernste Blitze nbsp Der unfertige Kolner Dom zur Zeit Heinrich HeinesCaput IV Auf der Weiterreise nach Koln spottet H uber die anachronistische deutsche Gesellschaft die lieber ruckwartsgewandt den seit dem Mittelalter unvollendeten Kolner Dom fertig baue als sich der neuen Zeit zu stellen Dass die Arbeiten an dem mittelalterlichen Bauwerk im Zuge der Reformation eingestellt wurden bedeutet fur den Dichter den eigentlichen Fortschritt Die Uberwindung des traditionellen Denkens und das Ende der geistigen Unmundigkeit H ersetzte in der Separatausgabe die letzte Strophe aus der Edition Neue Gedichte durch funf neue in denen er Kritik an der Heiligen Allianz ubte Caput V H trifft auf den Rhein als Vater Rhein deutsche Ikone und deutscher Erinnerungsort Der Flussgott zeigt sich aber als unzufriedener alter Mann des deutschtumelnden Geschwatzes uberdrussig Er sehnt sich nach den frohlichen Franzosen zuruck furchtet jedoch deren Persiflage wegen Nikolaus Beckers politisch kompromittierenden Rheinlieds das den Fluss als reine Jungfrau darstelle die sich ihren Jungfernkranz nicht rauben lassen wolle Doch da kann ihn H beruhigen Die Franzosen seien inzwischen noch argere Philister geworden als die Deutschen Sie singen nicht mehr sie springen nicht mehr und tranken jetzt Bier und lasen Fichte und Kant Caput VI H bringt die Uberzeugung zum Ausdruck dass einmal gedachte Gedanken nicht wieder verloren gehen konnen und revolutionare Ideen sich auf Dauer auch in der Realitat durchsetzen Als ausfuhrendes Organ seiner revolutionaren Gedanken lasst H einen Damon auftreten der wie ein Liktor ein Beil vor sich hertrage und ihm schon lange als schattenhafter Begleiter folge immer prasent und auf ein Zeichen wartend um das Urteil des Dichters sofort zu vollstrecken Ich bin die Tat von deinem Gedanken Caput VII Gefolgt von seinem stummen Begleiter wandert H durch Koln Zuletzt erreicht er den Dom mit seinem Dreikonigenschrein und zerschmettert die armen Skelette des Aberglaubens Die Heiligen Drei Konige konnen dabei als Anspielung auf die reaktionare Heilige Allianz der Grossmachte Preussen Osterreich und Russland gesehen werden Deutsche sind souveran alleine noch im Luftreich des Traums 13 Caput VIII H fahrt mit der Kutsche uber den Postkurs von Koln nach Hagen Die Reise fuhrt zunachst durch Muhlheim jetzt Koln Mulheim das in H seine fruhere Begeisterung fur Napoleon Bonaparte in Erinnerung ruft Dessen Umgestaltung Europas hatte auch in H die Hoffnung auf Vollendung der Freiheit wachgerufen nbsp Hermannsdenkmal bei DetmoldCaput IX In Hagen geniesst H die altgermanische Kuche mit Sauerkraut Kastanien Grunkohl Stockfischen Bucklingen und Wursten gewurzt mit satirischen Spitzen gegen metaphorische Schweinskopfe Noch immer schmuckt man den Schweinen bei uns Mit Lorbeerblattern den Russel 14 und eine allzu fromme Gans Sie blickte mich an so bedeutungsvoll So innig so treu so wehe Besass eine schone Seele gewiss Doch war das Fleisch sehr zahe 15 Caput X H singt ein gutmutiges Loblied auf die lieben guten Westfalen 16 Sie fechten gut sie trinken gut Und wenn sie die Hand dir reichen Zum Freundschaftsbundnis dann weinen sie Sind sentimentale Eichen Caput XI H reist durch den Teutoburger Wald In Detmold sammelt man Geld fur den gerade begonnenen Bau des Hermannsdenkmals Auch H spendet und phantasiert daruber was wohl geschehen ware wenn der Cherusker Arminius die Romer nicht besiegt hatte Romische Kultur hatte das deutsche Geistesleben durchdrungen und statt drei Dutzend Landesvater n gabe es jetzt wenigstens einen richtigen Nero Das Caput ist verdeckt auch eine Attacke auf die Kulturpolitik des Romantikers auf dem Thron Friedrich Wilhelm IV denn fast alle in diesem Zusammenhang genannten Personlichkeiten z B Raumer Hengstenberg Birch Pfeiffer Schelling Massmann Cornelius residieren in Berlin Caput XII Als im Teutoburger Wald auf mitternachtlicher Fahrt die Kutsche plotzlich ein Rad verliert und eine Reparaturpause eingelegt werden muss halt H den ringsum hungrig heulenden Wolfen eine persiflierende Dankesrede deren verstummelten Abdruck in einer Allgemeinen Zeitung durch Georg Friedrich Kolb als bekannten Verleger und Politiker er satirisch anfuhrt Caput XIII Bei Paderborn erscheint dem Reisenden im Morgennebel ein Kruzifix Christus der arme judische Vetter hatte weniger Gluck als H den eine liebevolle Zensur bisher vor einer Kreuzigung bewahrt hat nbsp Kaiser Barbarossa am Fusse des KyffhauserdenkmalsCaput XIV H erinnert sich an seine alte Amme die ihm von traurigen Marchen und vom Kaiser Rotbart erzahlte der im Kyffhauser lebe und mit Ross und Reiter darauf warte dereinst Germania von ihren Ketten zu befreien Caput XV Ein feiner Dauerregen wiegt den Reisenden in den Schlaf Er traumt das Ammenmarchen von Barbarossa weiter Doch da prasentiert sich der mythische Kaiser nicht mehr als mutiger Haudegen sondern als seniler Greis der stolz darauf ist dass seine Fahne noch nicht von den Motten gefressen worden ist sich aber ansonsten kaum um Deutschlands innere Not bekummert Da es ihm ohnehin noch an einer ausreichenden Anzahl von Schlachtrossen fehlt lasst er sich Zeit mit dem Befreiungsschlag und vertroste H mit den Worten Wer heute nicht kommt kommt morgen gewiss Nur langsam wachst die Eiche Und chi va piano va sano 17 so heisst Das Spruchwort im romischen Reiche Caput XVI H informiert den Kaiser daruber dass zwischen Mittelalter und Neuzeit zwischen Barbarossa und 1843 die Guillotine fur die Abschaffung manch gekronter Haupter sorgte Der Kaiser ist emport spricht von Hochverrat und Majestatsverbrechen und verbietet H weitere respektlose Reden Doch der lasst sich nicht einschuchtern Das beste ware du bliebest zu Haus Hier in dem alten Kyffhauser Bedenk ich die Sache ganz genau So brauchen wir gar keine Kaiser Caput XVII Wieder aus seinem Schlummer erwacht bereut H seinen Streit mit Kaiser Rotbart Er bittet ihn im Stillen um Verzeihung und fleht ihn an das alte heilige romische Reich wiederherzustellen denn dessen modriger Plunder und Firlefanze sei allemal noch besser als das jetzige politische Zwitterwesen das weder Fleisch noch Fisch sei Caput XVIII In der bedrohlichen preussischen Festung Minden fuhlt sich H ahnlich gefangen wie damals Odysseus in der Hohle des einaugigen Riesen Polyphem Das Essen und das Bett sind so schlecht dass er unruhig schlaft und davon albtraumt wie Prometheus an einen Felsen gekettet zu sein und vom preussischen Adler die Leber herausgehackt zu bekommen Caput XIX Nach einem Besuch des Geburtshauses seines Grossvaters in Buckeburg reist H weiter nach Hannover wo sich Konig Ernst August bestens geschutzt durch die Feigheit seiner Untertanen zu Tode langweilt und sich an das freiere grossbritanische sic Leben gewohnt am liebsten selbst erhangen mochte 18 Caput XX H ist am Ziel seiner Reise In Hamburg quartiert er sich bei seiner Mutter ein Diese bringt sogleich ein deftiges Essen auf den Tisch und stellt ihm typisch Mutter mitunter verfangliche Fragen Versteht deine Frau die Haushaltung Welchem Volk wirst du den Vorzug geben Zu welcher Partei gehorst du mit Uberzeugung Der Sohn jedoch gibt nur ausweichende Antwort Der Fisch ist gut lieb Mutterlein Doch muss man ihn schweigend verzehren Man kriegt so leicht eine Grat in den Hals Du darfst mich jetzt nicht storen Caput XXI H tut sich in Hamburg schwer die alten Statten seiner Jugendzeit wiederzufinden da die halbe Stadt vor kurzem einem Brand zum Opfer gefallen ist Man hat jedoch reichlich Schadenersatz eingestrichen Umso hohnischer mokiert er sich uber das heuchlerische Selbstmitleid der Hanseaten nbsp Mosaik der Hammonia am Portal des Hamburger RathausesCaput XXII H blickt nostalgisch zuruck Die Zeiten haben sich verandert Die Hamburger erscheinen ihm wie wandelnde Ruinen und viele seiner ehemaligen Bekannten sind alt geworden oder schon nicht mehr da Caput XXIII H singt ein Loblied aufs gute Essen und Trinken und seinen Verleger Campe der ihn zu beidem einladt In weinseliger Stimmung erscheint ihm Hammonia Hamburgs Schutzheilige die ihn mit auf ihr Kammerlein nimmt Caput XXIV Hammonia offenbart H dass er nach dem Tode Klopstocks ihr Lieblingsdichter sei und erkundigt sich nach den Grunden fur seine Reise Der gesteht ihr seine Krankheit und Wunde seien sein Heimweh und seine Vaterlandsliebe Die sonst so leichte franzosische Luft Sie fing an mich zu drucken Ich musste Atem schopfen hier In Deutschland um nicht zu ersticken Caput XXV Die Gottin verspricht ihrem Besucher das zukunftige Deutschland zu zeigen wenn er zu schweigen gelobe An Stelle eines Eides verlangt sie zur Besiegelung einen frivolen Liebesdienst Heb auf das Gewand und lege die Hand Hier unten an meine Huften Und schwore mir Verschwiegenheit In Reden und in Schriften Caput XXVI Mit gluhenden Wangen zeigt Hammonia H ihren Zauberkessel der sich als Nachttopf Karls des Grossen entpuppt und dessen Gestank der deutsche Zukunftsduft sei Hastig schliesst die verliebte Gottin den Deckel und gibt sich dem Poeten in einem Rausch wilder Ekstase hin die den Genius des Dichters zu neuen schopferischen Visionen begeistert Kein Wunder dass an dieser Stelle der Zensor einschreitet und der Leser uber alles Weitere unaufgeklart bleibt Caput XXVII Zum Ende seines Wintermarchen entwirft H ein optimistisches Bild zukunftiger Leser Generationen Das alte Geschlecht der Heuchelei wird verschwinden denn schon knospet die Jugend welche versteht Des Dichters Stolz und Gute Und sich an seinem Herzen warmt An seinem Sonnengemute Mit den letzten Strophen stellt sich Heine in die Tradition von Aristophanes und Dante und spricht dann den Konig von Preussen direkt an Beleid ge lebendige Dichter nicht Sie haben Flammen und Waffen Die furchtbarer sind als Jovis Blitz Den ja der Poet erschaffen Mit der Androhung der ewigen Verdammnis des Konigs schliesst das Epos Form BearbeitenDas Werk besteht neben einem Vorwort 19 und einem Nachtrag 20 aus 27 Kapiteln Capita I XXVII mit mehr als 500 Strophen die in je vier Verse aufgeteilt sind und Ahnlichkeit mit der sogenannten Nibelungenstrophe haben Der erste und dritte Vers jeder Strophe weisen je vier Hebungen auf der zweite und vierte je drei Das Versmass wird uberwiegend von Jamben bestimmt Die Zahl der unbetonten Senkungen variiert jedoch wie es typisch fur Volkslieder ist sodass der Rhythmus des Epos haufig vom Anapast mitgepragt wird und so freier und prosa ahnlicher wirkt Auch das Reimschema ist einfach Vers 2 und 4 sind durch einen Kreuzreim verbunden Vers 1 und 3 reimlos Nach demselben Schema verteilen sich die Kadenzen die Zeilen 1 und 3 klingen immer mannlich aus die Zeilen 2 und 4 immer weiblich Rezeption BearbeitenHeines Versepos war bis in unsere Zeit hinein in Deutschland sehr umstritten Vor allem im Jahrhundert seiner Entstehung betrachtete man das Werk als Schmahschrift eines heimatlosen Vaterlandsverraters Miesmachers und Schandmauls Diese Sichtweise von Deutschland Ein Wintermarchen fand sich spater besonders in der Zeit des Nationalsozialismus die Heine als judischen Nestbeschmutzer sah und verbannte bis ins dummlich Groteske ubersteigert Die moderne Zeit sieht in Heines Werk moglicherweise aufgrund eines entspannteren Verhaltnisses zu Nationalismus und Deutschtumelei vor dem Hintergrund der europaischen Integration ein bedeutendes politisches Gedicht in deutscher Sprache souveran in Witz Bildwahl und Sprache Ein Grossteil des Reizes den das Versepos heute ausubt liegt darin begrundet dass seine Botschaft nicht eindimensional sondern vieldeutig die Gegensatze in Heines Denken engagiert zum Ausdruck bringt Der Dichter zeigt sich als Mensch der seine Heimat liebt und als kreativen Kontrast zum leichtlebigen Frankreich sucht So wie der Riese Antaus Caput I letzte Strophe den Kontakt zur Erde braucht so schopft auch Heine seine Kraft und Gedankenfulle aus dem Kontakt zum Heimatland Exemplarisch wird hier der Bruch sichtbar den die Julirevolution fur das intellektuelle Deutschland bedeutete Der frische Wind der Freiheit erstickt in den reaktionaren Bestrebungen der Restauration der schon eingetretene Fruhling weicht einer neuen Frostperiode der Zensur Unterdruckung Verfolgung und Exilierung der Traum von einem demokratischen Deutschland ist auf ein ganzes Jahrhundert hinaus ausgetraumt Deutschland Ein Wintermarchen markiert einen Hohepunkt der politischen Dichtung des Vormarz Es ist ein Bekenntnis zur Lebensfreude und Gegenwartigkeit in Gleichheit und Freiheit blosses Amusement jedoch ware eine unangemessene Reaktion weil sie den aufklarerischen Ernst Heines verkennt 21 War das Werk jahrzehntelang als antideutsches Pamphlet des Wahlfranzosen Heine verpont so gilt es heute als bewegendes lyrisches und teilweise visionares Zeugnis des Exilanten und Emigranten Heinrich Heine in dem er nicht zuletzt den Untergang Preussens durch dessen Militarismus vorausahnt Es hat im Laufe der Jahrhunderte uber zwanzig Nachahmer gefunden der bekannteste darunter Wolf Biermann der 1972 das Motiv der Wintermarchen Reise verwendete In Artikeln der von Heines Freund Karl Marx herausgegebenen Neuen Rheinischen Zeitung wurde das Werk mehrfach zitiert 22 Das Buch wurde in die ZEIT Bibliothek der 100 Bucher aufgenommen Dem deutschen Regisseur Sonke Wortmann diente der Titel 2006 als Vorbild fur seinen Dokumentarfilm Deutschland Ein Sommermarchen Katja Riemann verknupfte Auszuge aus Deutschland Ein Wintermarchen mit Liedern aus dem Zyklus Winterreise zu Winter Ein Roadmovie das bei den Ruhrfestspielen 2012 uraufgefuhrt wurde Literatur BearbeitenTextausgaben Bearbeiten Heinrich Heine Deutschland Ein Wintermahrchen Separatdruck Hoffmann und Campe Hamburg 1844 Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv Heinrich Heine Historisch kritische Gesamtausgabe der Werke Hrsg von Manfred Windfuhr Bd 4 Atta Troll Ein Sommernachtstraum Deutschland Ein Wintermahrchen Bearb von Winfried Woesler Hoffmann und Campe Hamburg 1985 H H Deutschland Ein Wintermarchen Hrsg von Joseph Kiermeier Debre Deutschen Taschenbuch Verlag Munchen 1997 ISBN 3 423 02632 4 Bibliothek der Erstausgaben H H Deutschland Ein Wintermarchen Hrsg von Werner Bellmann Durchgesehene Ausgabe Reclam Stuttgart 2001 ISBN 3 15 002253 3 bietet die Fassung der Neuen Gedichte 1844 und Varianten der Separatausgabe 1844 H H Deutschland Ein Wintermarchen Bilder von Hans Traxler Hrsg von Werner Bellmann Gebundene Ausgabe Reclam Stuttgart 2005 ISBN 3 15 010589 7 Als Reclam Taschenbuch Nr 20236 Stuttgart 2011 ISBN 978 3 15 020236 4 Sekundarliteratur Bearbeiten Werner Bellmann Heinrich Heine Deutschland Ein Wintermarchen Erlauterungen und Dokumente Revidierte Ausgabe Reclam Stuttgart 2005 ISBN 3 15 008150 5 Hans Bohm Heines Werke Sakularausgabe Band 2 Teilband 3 Gedichte 1827 1844 und Versepen Kommentar III Deutschland Ein Wintermahrchen Akademie Verlag Berlin 1998 ISBN 978 3 05 002771 5 Karlheinz Fingerhut Heinrich Heine Deutschland Ein Wintermarchen Grundlagen und Gedanken zum Verstandnis erzahlender Literatur Diesterweg Frankfurt a M 1992 ISBN 3 425 06167 4 Jost Hermand Heines Wintermarchen Zum Topos der deutschen Misere In Diskussion Deutsch 8 1977 Heft 35 S 234 249 Joseph A Kruse Ein neues Lied vom Gluck Heinrich Heines Deutschland Ein Wintermahrchen In J A K Heine Zeit Stuttgart Munchen 1997 S 238 255 Fritz Mende Heine Chronik Daten zu Leben und Werk Hanser Munchen 1975 ISBN 3 446 12087 4 Wolfgang Preisendanz Heinrich Heine Werkstrukturen und Epochenbezuge Fink Munchen 1973 ISBN 3 7705 0888 2 Renate Stauf Heinrich Heine Deutschland Ein Wintermarchen In Renate Stauf Cord Berghahn Hrsg Weltliteratur II Eine Braunschweiger Vorlesung Bielefeld 2005 S 269 284 Jurgen Walter Deutschland Ein Wintermarchen In Jurgen Brummack Hrsg Heinrich Heine Epoche Werk Wirkung Beck Munchen 1980 S 238 254 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Deutschland Ein Wintermahrchen Quellen und Volltexte Deutschland Ein Wintermarchen bei Zeno org Deutschland Ein Wintermarchen im Projekt Gutenberg DE Deutschland Ein Wintermarchen als gemeinfreies Horbuch bei LibriVoxFussnoten Bearbeiten In der originalen Orthographie lautete der Titel Deutschland Ein Wintermahrchen Die Reise begann am 21 Oktober und endete am 16 Dezember 1843 Zur genauen Reiseroute vgl unten die Ubersicht zum Inhalt Beim Metrum endet allerdings die Ahnlichkeit denn der Atta Troll benutzt Trochaen das Wintermarchen dagegen Jamben und Anapaste So Heine in einem Brief an seinen Verleger Campe am 20 Februar 1844 So Campe zitiert nach Klaus Briegleb Hg Heinrich Heine Werke in vier Banden Hanser Munchen 1968 1976 Band 4 S 608 Ein Bogen entspricht 16 Druckseiten Vorwort zu Deutschland Ein Wintermarchen So schreibt Heine am 28 Oktober 1843 an Mathilde Heine und fahrt fort Ich bin ganz erschopft Ich hatte viel Ungemach und schlechtes Wetter Vgl Fritz Mende Heine Chronik Hanser Munchen 1975 S 169 Aus Heines Vorwort zu Deutschland Ein Wintermarchen Obwohl streng literaturwissenschaftlich genommen der Reisende und der Autor des Versepos nicht deckungsgleich sind ist doch einerseits der autobiografische Charakter des Textes so offensichtlich und sind andererseits Begriffe wie Erzahler lyrisches Ich und Protagonist ebenfalls so wenig zutreffend dass es im Folgenden schon der formalen Einfachheit halber ausnahmsweise erlaubt sein soll Autor und Erzahler als mehr oder weniger identisch anzusehen und zu einem neutralen H zu verkurzen Franzosen und Russen gehort das Land Das Meer gehort den Britten Wir aber besitzen im Luftreich des Traums Die Herrschaft unbestritten Heinrich Heine Deutschland Ein Wintermarchen In Neue Gedichte Hoffmann und Campe 1844 abgerufen am 15 Dezember 2017 Anspielung auf literarische Lohnlakaien Anspielung auf den mit Heine befreundeten Rechtsphilosophen Eduard Gans Wahrend seiner Gottinger Studentenzeit hatte sich Heine der Landsmannschaft spater Corps Guestphalia angeschlossen Wer langsam geht geht sicher Caput XIX zielt vor allem ab auf den Verfassungsbruch Ernst Augusts im Jahr 1837 gegen den die sieben Gottinger Professoren opponierten Das erganzende Vorwort wurde von Heine am 17 September 1844 geschrieben Es befasst sich mit seinen Reaktionen auf die Zensur nimmt die von ihm erwarteten moglichen Einwande gegen sein Werk voraus und entkraftet sie Der Nachtrag zu Deutschland tragt den Untertitel Abschied von Paris und besteht aus 11 weiteren Strophen die den Anlass und die Dauer der Reise nennen und kommentieren Vgl Christoph Siegrist Nachwort zu Christoph Siegrist Hrsg Heinrich Heine Werke Insel Frankfurt 1968 Band I Seite 502 Marx Engels Werke Band 5 Berlin 1964 S 27 ff Werke von Heinrich HeineVersepen Atta Troll Deutschland Ein WintermarchenSammlungen Buch der Lieder RomanzeroGedichte und Balladen Die alten bosen Lieder Der Asra Belsatzar Du bist wie eine Blume Im wunderschonen Monat Mai Das Fraulein stand am Meere Die Grenadiere Ein Jungling liebt ein Madchen Die Lore Ley Nachtgedanken Schelm von Bergen Die schlesischen WeberBuhnenwerke Almansor Der Doktor Faust Ein TanzpoemEssays Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland Die romantische SchuleReiseberichte Die HarzreiseAnderes Die Gotter im Exil Der Rabbi von Bacherach Normdaten Werk GND 4099225 1 lobid OGND AKS VIAF 215112840 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Deutschland Ein Wintermarchen amp oldid 238114969