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Der Trochaus altgriechisch troxaῖos trochaios laufend schnell lateinisch trochaeus Plural Trochaen ist in der quantitierenden antiken Verslehre ein aus zwei Verselementen bestehender Versfuss bei dem einem Longum lang schwer ein Breve kurz leicht folgt notiert als Sein metrisches Gegenstuck ist der Jambus Inhaltsverzeichnis 1 Trochaus und Choreus 2 Realisierung 3 Trochaische Versmasse 3 1 Antike Dichtung 3 2 Neuzeitliche Dichtung 3 2 1 Trochaische Versmasse im Deutschen 3 2 2 Stellung des Trochaus im Deutschen 4 Literatur 5 EinzelnachweiseTrochaus und Choreus BearbeitenDer Trochaus wurde gelegentlich auch Choreus xoreῖos choreios zum Tanz gehorig genannt beispielsweise bei Cicero Choreus bzw Chorius erscheint bei Diomedes Grammaticus allerdings auch als Bezeichnung fur den dreisilbigen Tribrachys 1 Umgekehrt erscheint in Ciceros Orator Trochaus auch als Bezeichnung des Tribrachys Er erwahnt an einer Stelle unter Bezug auf Aristoteles dass Trochaus und Choreus die gleiche Lange hatten was zutrifft da und drei Moren zahlen Die Verwirrung bzw Identifikation der beiden Fusse konnte dadurch entstanden sein dass man sich als durch Auflosung der Lange in in eine Doppelkurze entstanden dachte 2 Weiter unten erwahnt Cicero den Dichoreus der aus zwei Choreen bestehe und die Gestalt habe kurz darauf sagt er dann dass der Choreus aus drei Kurzen bestehe 3 Die Frage welchen Versfuss Aristoteles Cicero und andere jeweils meinten wenn sie von Trochaus bzw Choreus sprachen konnte bis heute nicht befriedigend in allen Details geklart werden 4 Die Bezeichnung Choreus als Synonym fur Trochaus hat sich im Namen des Chorjambus also Choreus plus Jambus erhalten Realisierung BearbeitenIn der antiken Dichtung erscheint der Trochaus in ambivalenter Form mit einem Anceps an zweiter Stelle Er kann also nicht nur als sondern auch spondeisch als und daktylisch als realisiert werden Fur den Trochaus gilt Dipodie das heisst das Metron das Grundelement als das der Trochaus in der antiken Metrik erscheint besteht aus zwei Versfussen gebildet nach dem Schema In einem aus Trochaen gebildeten Versmass werden daher die ungeradzahligen Versfusse in der Regel mit einem elementum breve am Ende gebildet sein wahrend die geradzahligen Fusse ambivalent enden also mit elementum anceps enden Das letzte Element im Versmass ist meist indifferent In der akzentuierenden Metrik moderner Sprachen wie dem Deutschen fehlt dem Trochaus die Ambivalenz und er wird regelmassig nach dem Schema bzw x x in der Heuslerschen Notation gebildet das heisst dass er stets aus zwei Silben besteht wobei die erste betont und die zweite unbetont ist Als Wortfuss ist der Trochaus im Deutschen haufig Beispiele sind Vater loben und freundlich die Hebungen sind durch Unterstreichung der entsprechenden Silben kenntlich gemacht Trochaische Versmasse BearbeitenAntike Dichtung Bearbeiten Trochaische Versmasse sind in der antiken Metrik Trochaische Dipodie tr2 bzw trochaischer Monometer ˌ Trochaische Tripodie tr3 besser bekannt als Ithyphallikos ith ˌ ˌ Trochaischer Quaternar tr4 bzw trochaischer Dimeter trd ˌ ˌ ˌ auch katalektisch tr4c als ˌ ˌ ˌ Der katalektische Dimeter ist als Kolon auch unter der Bezeichnung Lekythion bekannt Hauptartikel Trochaischer DimeterTrochaischer Septenar tr7 mit Zasur nach dem vierten Fuss ˌ ˌ ˌ ˌ ˌ ˌ Trochaischer Oktonar tr8 ebenfalls mit Zasur nach dem vierten Fuss ˌ ˌ ˌ ˌ ˌ ˌ Katalektischer trochaischer Tetrameter trqc ˌ ˌ ˌ Neuzeitliche Dichtung Bearbeiten In der akzentuierenden Metrik moderner Sprachen wie dem Deutschen verliert der Trochaus wie schon gesagt seine Ambivalenz Die trochaischen Versmasse sind daher entsprechend regelmassig und konnen allein durch die Zahl der Hebungen bestimmt werden Man spricht daher zum Beispiel im Deutschen eher von trochaischem Vierheber Funfheber usw Die Bildung trochaischer Verse im Deutschen ist relativ einfach da zahlreiche zweisilbige Worte trochaische Wortfusse bilden mit denen sich leicht trochaische Rhythmen bilden lassen Zweisilbige Worter sind somit meist trochaisch Trochaische Versmasse im Deutschen Bearbeiten Obwohl zahlreiche deutsche Worter von ihrer naturlichen Betonung her trochaisch sind sind dennoch jambische Versmasse bei weitem die am haufigsten verwendeten in der deutschen Dichtung Einer der Grunde ist dass mit einem vorangestellten Funktionswort wie zum Beispiel dem Artikel sich sofort ein jambischer Ansatz ergibt Vater der Vater Trotzdem sind trochaische Verse im Deutschen durchaus nicht selten Bekannte Beispiele solcher trochaische Versmasse sind Trochaischer DreiheberIm Deutschen ist der trochaische Dreiheber relativ selten und erscheint praktisch nur als Kolon oder als brachykatalektisch verkurzter Vers in einer sonst vierhebigen Strophe Schema ˌ ˌ Als Beispiel die erste Strophe des bekannten Schuttelreimgedichts Die Rabenklippen 5 Auf den RabenklippenBleichen KnabenrippenUnd der Mond scheint finster durch s Gewolk Rings im Kringel schnatternSchwarze RingelnatternUnd der Uhu naht sich mit Gebolk In dem Gedicht aus sechs sechszeiligen Strophen besteht jede Strophe aus paarweise schuttelreimenden trochaischen Dreihebern im 1 2 4 und 5 Vers und katalektischen Vierhebern in den 3 und 6 Versen die ein normales Reimpaar bilden Ein weiteres Beispiel in dem der Dreiheber als Verkurzung des Vierhebers erscheint ist die erste Strophe von Max Goldts Konnten Bienen fliegen 6 Konnten Bienen fliegenherrschte Pracht in jedem Gartendoch sie fahren Bahn und kriegenStreit am Fahrscheinautomaten Hier ist der erste Vers der vierzeiligen Strophe gegenuber den restlichen drei Vierhebern zum Dreiheber verkurzt Trochaischer VierheberIn der deutschen Dichtung wird der trochaische Vierheber oft zur Nachbildung romanischer Versmasse verwendet so von Herder in seiner Nachdichtung des spanischen Nationalepos vom Cid 7 Als Vers der Romanzenstrophe vor allem bei den Romantikern sehr beliebt Schema ˌ ˌ ˌ Hauptartikel Trochaischer Vierheber Trochaischer FunfheberBesser bekannt als Serbische Trochaen nach einem in der serbischen Volksdichtung verbreiteten ungereimten katalektischen Zehnsilbler der ebenfalls von Herder im Deutschen eingefuhrt wurde Schema ˌ ˌ ˌ ˌ Als Beispiel die ersten Verse des Gedichts Tristan von August von Platen 8 Wer die Schonheit angeschaut mit Augen Ist dem Tode schon anheimgegeben Langere Formen Langere Formen trochaischer Verse sind im Deutschen extrem selten was daran liegen mag dass durch das haufige Zusammenfallen von Wortgrenze und Versgrenze die Neigung gross ist einen trochaischen Sechs oder Achtheber in zwei gleich lange Halbverse zu zerlegen Das wird merklich in den Ubersetzungen spatantiker trochaischer Tetrameter die meist als Vierheber ubersetzt werden Ein Beispiel eines katalektischen trochaischen Sechshebers ist das Gedicht Der Krieg I von Georg Heym 9 Hier die erste Strophe Aufgestanden ist er welcher lange schlief Aufgestanden unten aus Gewolben tief In der Dammrung steht er gross und unerkannt Und den Mond zerdruckt er in der schwarzen Hand Ein Beispiel eines katalektischen trochaischen Achthebers findet sich in dem Sonett Ewige Freude der Ausserwehlten von Andreas Gryphius 10 hier die ersten beiden Verse O wo bin ich O was seh ich wach ich treummt mir wie wird mir JEsu welcher Wollust Meer uberschwemmt mein frolich Hertz Hier sieht man die stark ausgepragte Diharese die den Achtheber de facto in zwei Vierheber zerlegt Verse wechselnder LangeHaufig werden in deutschen Gedichten Strophen aus trochaischen Versen unterschiedlicher Lange gebaut Als Beispiel das bekannte Gedicht Er ist s von Eduard Morike 11 Fruhling lasst sein blaues BandWieder flattern durch die Lufte Susse wohlbekannte DufteStreifen ahnungsvoll das Land Veilchen traumen schon Wollen balde kommen Horch von fern ein leiser Harfenton Fruhling ja du bist s Dich hab ich vernommen Es hat drei und vierhebige Verse und auch einen funfhebigen Vers Davon enden der erste vierte funfte siebte und achte mannlich also mit einer betonten Silbe Da im trochaischen Gedicht das Enden mit einer betonten Silbe keinen vollstandigen letzten mehr ergibt sind diese Verse auch katalektisch Stellung des Trochaus im Deutschen Bearbeiten Die Taktreihe x x x x x x x in der Heuslerschen Schreibweise lasst sich sowohl als katalektisch trochaisch ˌ ˌ ˌ ˌ als auch als akephal jambisch ˌ ˌ ˌ ˌ interpretieren Man hat daher den fehlenden Auftakt als Kennzeichen des trochaischen Versmasses ausgemacht und diesem dementsprechend einen fallenden Rhythmus zugeschrieben weshalb nach einem Vorschlag von Ivo Braak der Trochaus im Deutschen besser als Faller bezeichnet werden sollte 12 Gerhard Storz hat diese Bezeichnung als irrefuhrend kritisiert da mit Hebung und Senkung keineswegs ein Wechsel der Tonhohe verbunden ist Storz meint im trochaischen Vers weiterhin eine gewisse Beschwingtheit die durch das Drangen auf den Anfang zu verursacht wird 13 wahrnehmen zu konnen Heusler sah im Trochaus den Grundtakt der deutschen Sprache und Ulrich Pretzel schlug dieser Linie folgend vor nur Trochaen mit und ohne Auftakt zu unterscheiden 14 Auch Wolfgang Kayser macht den Unterschied am Auftakt fest Es ist gewiss seltsam aber unleugbar dass der kleine Unterschied des vorhandenen oder fehlenden Auftaktes denn darauf lauft praktisch der Unterschied zwischen den beiden Geschwistern hinaus dem Vers einen vollig anderen Charakter gibt 15 Das halt Otto Knorrich fur falsch und verweist darauf dass der Rhythmus eines Verses nicht nur vom Metrum bestimmt wird sondern vor allem auch von Faktoren wie dessen sprachlicher Realisation und dem Verhaltnis zwischen Wortfussen und Versfussen 16 Tatsachlich entsteht durch eine allzu regelmassige und allzu vorhersehbare Ubereinstimmung von Wort und Versfussen ein Effekt den Heinrich Heine als Klappern bezeichnete In einem Brief an Immermann schrieb er dass es nicht wunschbar sei dass die Worter und die Versfusse immer zusammenklappen welches bei vierfussigen Trochaen immer unertraglich ist namlich wenn nicht just das Metrum sich selbst parodieren soll 17 Den Effekt sieht man deutlich wenn man den ersten Vers von Goethes Zauberlehrling Hat der alte Hexenmeister trochaischer Vierheber mit dem ersten Vers von Heines Nachtgedanken Denk ich an Deutschland in der Nacht jambischer Vierheber vergleicht Der Unterschied liegt hier nicht in einer rhythmischen Zauberwirkung des Auftakts sondern darin dass im pseudonaiven Vers Goethes der Rhythmus nach den ersten vier Silben klar ist und klar bleibt wahrend bei Heine es nach den ersten drei Silben nicht klar ist welcher Rhythmus sich etablieren wird da z B das relative Gewicht von denk und ich ungefahr gleich ist Es konnte auch ganz anders weiter gehen Denk ich an Glaube und Hoffnung und Liebe Oder Denk ich an den alten Sack Es ist jedenfalls so dass der jambische Vers gegenuber dem trochaischen im Deutschen die mit sehr grossem Abstand haufigste Versform ist und die Domanen des trochaischen Verses die sich harmlos gebende Satire und humoristische Dichtung und der naive Ton im Volksliedhaften sind Literatur BearbeitenSandro Boldrini Prosodie und Metrik der Romer Teubner Stuttgart amp Leipzig 1999 ISBN 3 519 07443 5 S 99 110 Otto Knorrich Lexikon lyrischer Formen Kroners Taschenausgabe Band 479 2 uberarbeitete Auflage Kroner Stuttgart 2005 ISBN 3 520 47902 8 S 242f Gunther Schweikle Dieter Burdorf Hrsg Metzler Lexikon Literatur Begriffe und Definitionen Metzler Stuttgart 2007 ISBN 978 3 476 01612 6 S 784f Einzelnachweise Bearbeiten Diomedes Grammaticus ars grammatica 465 20 bzw 479 2 Cicero Orator 193 Trochaeum autem qui est eodem spatio quo choreus cordacem appellat quia contractio et brevitas dignitatem non habeat Vgl auch 191 Cicero Orator 212f u 217 David Mankin Cicero De Oratore III Cambridge University Press Cambridge 2011 ISBN 978 0 521 59657 2 S 274 Anonymes Gedicht entstanden vor 1905 gelegentlich Heinrich Seidel zugeschrieben Zitiert nach Robert Gernhardt Klaus Casar Zehrer Hrsg Hell und Schnell 555 komische Gedichte aus 5 Jahrhunderten S Fischer Frankfurt a M 2004 ISBN 3 10 025505 4 S 404 Gernhardt Zehrer Hrsg Hell und schnell Frankfurt a M 2004 S 457 Herder Der Cid Nach spanischen Romanzen besungen In Adrastea Bd 5 9 Stuck Hartknoch Leipzig 1803f online August Graf von Platen Werke in zwei Banden Band 1 Lyrik Munchen 1982 S 69 online Georg Heym Dichtungen Reclam Stuttgart 1969 S 11 13 online Gryphius XLIX Ewige Freude der Ausserwehlten In Freuden vnd Trauer Spiele auch Oden vnd Sonnette sampt Herr Peter Squentz Schimpff Spiel Sonnette Das Ander Buch Breslau 1658 S 55f Eduard Morike Samtliche Werke in zwei Banden Bd 1 Munchen 1967 S 684 online Ivo Braak Poetik in Stichworten 8 Aufl Stuttgart 2001 S 82 Gerhard Storz Der Vers in der neueren deutschen Dichtung Reclam Stuttgart 1970 S 45 u 47 Ulrich Pretzel Interpretationen Goethescher Verskunst In Veroffentlichungen des Instituts fur Deutsche Sprache und Literatur Bd 11 Berlin 1958 S 226 Wolfgang Kayser Kleine deutsche Verslehre Francke Bern 1946 S 26 Otto Knorrich Lexikon lyrischer Formen Kroners Taschenausgabe Band 479 2 uberarbeitete Auflage Kroner Stuttgart 2005 ISBN 3 520 47902 8 S 242f Brief an Immermann 3 Februar 1830 in Zusammenhang mit Heines Anderungsvorschlagen zu Immermanns Tulifantchen Versfusse Zweigliedrig Pyrrhichius Trochaus Jambus Spondeus Dreigliedrig Tribrachys Daktylus Amphibrachys Anapast Bacchius Kretikus Antibacchius Molossus Viergliedrig Prokeleusmatikos Paon 1 2 3 4 grosser Ionikus Antispast kleiner Ionikus Chorjambus Ditrochaus Dijambus Epitrit 1 2 3 4 Dispondeus Funfgliedrig Thymelicus Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Trochaus amp oldid 235834297