www.wikidata.de-de.nina.az
Aon oder Aion von altgriechisch ὁ aἰwn ho aiṓn aus archaischem Griechisch ὁ aἰϝwn ho aiwṓn ist ein Begriff der antiken und spatantiken Philosophie und Religion der ursprunglich die Weltzeit oder Ewigkeit bezeichnet spater eine Gottheit in der diese hypostasiert wurde Mit diesen Aonen sind nicht Zeitraume gemeint siehe u a Aon in der Theologie sondern Wesenheiten oder zusammenfassend die Emanationen einer obersten Gottheit Gnosis Der jugendliche Aion im Tierkreis stehend zu seinen Fussen Tellus und die vier Jahreszeiten Bodenmosaik aus Sentinum beim heutigen Sassoferrato um 250 n Chr Inhaltsverzeichnis 1 Griechische Literatur und Philosophie 2 Aion als Gottheit im antiken Synkretismus 3 Der Begriff Aon in der Gnosis 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGriechische Literatur und Philosophie BearbeitenDer griechische Begriff aiṓn bezeichnet das individuelle Leben oder die Lebenszeit dann auch eine sehr lange unbegrenzte Zeit ein Zeitalter oder die Ewigkeit 1 Im medizinischen Kontext war aiṓn eine Bezeichnung fur das Ruckenmark als Sitz der Lebenskraft In der griechischen Philosophie erscheint der Aion zuerst in der Logoslehre des Heraklit Aion ist ein Knabe der spielt die Brettsteine hin und her setzt einem Knaben gehort die Konigsherrschaft 2 Mit dem Spiel mag hier die Aufeinanderfolge zyklischer Zeitabschnitte Tage Jahreszeiten Weltalter gemeint sein die von einem ewigen Zeitgott geregelt wird Das Spiel endet die Steine werden neu aufgestellt und ein neuer Zyklus beginnt Euripides fuhrt den Aion als Sohn des Chronos ein 3 Bei Platon 4 erscheint der Aion als ideeller Gegenbegriff zur empirischen zyklisch fortschreitenden Zeit die Platon mit dem Gott Chronos bezeichnet Der Himmel mit den Bewegungszyklen der Himmelskorper und Spharen ist ein Sinnbild der Ewigkeit aber eben nicht die Ewigkeit Aion selbst Fur die Neuplatoniker wird der Aion folglich zum Begriff fur die Ordnung und Zeit des Weltalls Bei Aristoteles wird der Aion folgendermassen beschrieben Das Telos die biologische wie geistige Vollendung und Endstufe welches die Lebenszeit jedes einzelnen umfasst heisst Aion Ewigkeit In gleicher Weise ist aber auch das Telos des ganzen Himmels mit den Gestirnen Aion ein Wort das von aei ἀei ewig gebildet ist unsterblich und gottlich 5 Der spatantike Dichter Nonnos von Panopolis schildert den Gott Aion als altersschwachen Greis und Berater des Zeus der das Rad der Zeit rollt und sich dabei immer aufs neue verjungt ausserdem eine Rolle bei der Geburt der Aphrodite gespielt haben soll 6 Weitere Nennungen dieser dichterisch mythologischen Gestalt finden sich bei Quintus von Smyrna 7 Synesios von Kyrene 8 und dem Nonnos Schuler Johannes von Gaza 9 Aion als Gottheit im antiken Synkretismus Bearbeiten nbsp Frontrelief von der Saule des Antoninus Pius 161 n Chr Man hat versucht Beziehungen der Vorstellung vom Aion bei Plato und Aristoteles zu iranischen Quellen herzustellen insbesondere zu Zurvan der zum Schopfergott personifizierten Zeit und Ewigkeit in der zurvanistischen Sonderform des Zoroastrismus 10 Die Verehrung einer Gottheit Aion ist aber erst in romischer Zeit nachweisbar Eine einzelne in Eleusis gefundene Inschrift SIG 1125 mit einer Widmung an Aion die vermutlich aus der Zeit des Augustus datiert kann noch nicht als Beleg fur eine irgendwie verbreitete Verehrung von Aion als Gottheit gelten Dass Aion im Kontext des romischen Kaiserkultes erscheint z B auf dem Frontrelief der Saule des Antoninus Pius wo der geflugelte Aion mit Schlange und Globus in der Linken das vergottlichte Kaiserpaar Antoninus Pius und Faustina emportragt kann ebenso wenig als eindeutiger Beleg fur eine Verehrung gelten da es sich auch um eine rein allegorische Figur handeln konnte In der antiken Religion zwischen allegorischer Figur Hypostase Numen und Gottheit trennen zu wollen ist freilich schwierig vielleicht sinnlos nbsp Patera von Parabiago mit Aion im Tierkreis stehend um 360 n Chr Wie auch immer die Verbindung zwischen dem zoroastrischen Gott Zurvan und Aion beschaffen gewesen sein mag dass die Darstellung Zurvans traditionell als geflugelte menschliche Gestalt mit Lowenkopf um deren Fusse sich eine Schlange windet auf die Aion Ikonographie gewirkt hat ist offensichtlich Entsprechende Bildnisse wurden vielfach in Mithraen gefunden Allerdings ist eine Abgrenzung gegenuber Darstellungen des aus der Orphik stammenden Phanes der ebenfalls haufig zusammen mit einer Schlange gezeigt wird schwierig Haufig sind im Kontext des Mithras Kultes Bildnisse in denen Aion als junger in einem Tierkreis stehender Mann gezeigt wird etwa auf dem heute in der Munchner Glyptothek gezeigten aus einer romischen Villa bei Sentinum nahe dem heutigen Sassoferrato in Umbrien stammenden Mosaik Ende des 4 Jahrhunderts berichtet Epiphanius von Salamis dass noch zu seiner Zeit in Alexandria in der Nacht vom 5 auf den 6 Januar das Fest der Geburt des Aion durch die Jungfrau Kore gefeiert wurde Diese Geburt fand in einem unterirdischen Schrein im Koreion dem Tempel der Kore statt Dort befand sich ein holzernes Bildnis des Aion das nachdem die ganze Nacht hindurch Hymnen gesungen wurden bei Anbruch des Morgens mit funf goldenen Kreuzen geschmuckt und in einer Prozession umhergetragen wurde 11 Diese Statue wird auch in der Suda erwahnt und es wird angedeutet dass der eigentliche Name des Gottes geheim sei 12 Die Parallelen zum christlichen Epiphaniasfest sind offensichtlich und wurden schon in der Antike bemerkt Hermann Usener ging gar von der christlichen Erneuerung eines heidnischen Kults aus 13 Doch auch zu anderen Gottheiten weist das Fest des Aion wie schon Epiphanius nahelegt Beziehungen auf namlich durch das Nilwasserschopfen zum Fest der Auffindung heuresis des Osiris 14 und durch das Datum zum Fest der Epiphanie des Dionysos 15 Der Begriff Aon in der Gnosis BearbeitenGnosis von altgriechisch gnῶsis gnō sis Er Kenntnis oder Gnostizismus latinisierte Form des griechischen gnwstikismos gnōstikismos bezeichnet als ein religionswissenschaftlicher Begriff verschiedene religiose Gruppierungen die als synkretistische Lehren den Hohepunkt ihrer Ausformulierung im 2 und 3 Jahrhunderts nach Christus hatten Die verschiedenen gnostischen Systeme weisen aber auch auf fruhere antike Vorlaufer hin Antike religiose und philosophische Systeme sind fundamental der Beschreibung der Anfangsgrunde verpflichtet Das Ursprungsdenken ist elementar einen herkunftslosen Anfang darf es nicht geben Ursprung und die Einheit des Seienden sind zu benennen um so Wesen und Ziel der Welt und des Lebens zu erfassen 16 In der gnostischen Kosmogonie wird ein dualistisches Weltbild angenommen das eine materielle von einer himmlischen Licht Welt scheidet In der Seele des Menschen sei ein Funke des himmlischen Lichts er ist im Leib des Menschen auf der Erde gefangen Die Erkenntnis gnῶsis gnō sis gibt den Weg zur Erlosung vor es ist die Erinnerung an die eigene himmlische Herkunft aus dem Licht Wahrend die materielle Welt oder Schopfung des Demiurgen erfullt sei von Einsamkeit von furchterlicher Angst vor damonischen Machten Alle realen Lebensvollzuge seien toxisch und damonisch infiziert In den meisten gnostischen Systemen und Narrationen wurden die verschiedenen Emanationen der obersten Gottheiten zusammenfassend als Aonen bezeichnet die Gesamtheit aller Aonen ihre Anzahl war bei den verschiedenen Gruppierungen sehr unterschiedlich und bildete nach Anschauung aller das Pleroma Die Aonen ordnen sich zusammen mit ihrem gottlichen Ursprung dem unbekannten Gott zum Pleroma altgriechisch plhrwma Fulle der Summe der rein geistigen Wesenheiten Der unbekannte Gott der sich aller menschlicher Vorstellungskraft entzoge sei umgeben von einer Fulle dem Pleroma aus geistigen Wesen oder Geistwesen den Aonen die er aus seinem unergrundlichen Urgrund emaniert Haufig erscheinen die aus der Gottheit emanierten Aonen als mannlich weibliche Paare oder Dualitaten syzygiai Syzygien Aonen sind Sequenzen von Wesenheiten Geist Wesenheiten das heisst ein erster Aon bzw ein Aonenpaar wirkt und das was es zu wirken vermag wirkt sich auf das nachste duale Paar aus Dann wird es von einem nachsten abgelost und dieses nachdem es mit seinen Kraften wirkte wiederum abgelost von einem weiteren Aonenpaar und so fort Nach Martin R von Ostheim 17 sind sie vergleichbar mit wesenhaften platonischen Ideen Sie zeigen aber auch Entsprechungen zu den Engelshierarchien der judischen und christlichen Uberlieferung Die gnostischen Systeme gehen zumeist von einem hochsten gottlichen Bewusstsein aus Ein solches gottliches Prinzip habe nichts mit der Schopfung der Welt der physisch realen Welt zu tun Vielmehr werden eine ganze Reihe von Gottheiten postuliert die sich zwischen dem hochsten Geistwesen und der physisch realen Welt befinden Es sind die Aonen die gottlichen Zwischenwesen welche aus dem Hochsten als Emanationen hervorgingen und sich in absteigender Tendenz meist dual entwickelten Je weiter sie sich von der metaphorisch gottlichen Lichtquelle entfernten um so schwacher sei ihr Licht Aus den letzten Aonen wurde die bose Gottheit Dieser bose Aon ware der Schopfergott Demiurg Sein Streben fuhre zum Sichtbaren er schuf die Welt mit ihrer Materie und damit auch den Korper fur den menschlichen Geist Der menschliche Geist wird als ein Effluvium aus der Aonenwelt des Lichtes angesehen Der menschliche Geist wurde vom Korper den der Demiurg schuf umschlossen und gefangen gehalten Durch Erkenntnis Wissen und Einsicht konne der Mensch sich den gottlichen Ursprungs seines Geistes bewusst werden und versuchen seinen Geist aus dem Gefangnis des Korpers zu befreien Der gute gottliche Funke im Menschen sein gottlicher Kern konne nur durch die Befreiung vom bosen Korper dem Werk des Demiurgen erlost werden nbsp Als Beispiel die valentianische Aonenwelt 18 19 Literatur BearbeitenHeinrich Junker Uber iranische Quellen der hellenistischen Aion Vorstellung In Vortrage der Bibliothek Warburg Bd 1 Teubner Leipzig 1921 S 125 178 Doro Levi Aion In Hesperia 13 1944 S 269 314 Wolfgang Fauth Aion In Der kleine Pauly Alfred Druckenmuller Stuttgart 1964 Bd 1 Sp 185 188 Gunther Zuntz Aion Gott des Romerreichs Vorgelegt am 12 November 1988 Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Philosophisch historische Klasse 1989 2 Carl Winter Heidelberg 1989 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Aon Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Siehe z B Homerische Hymne an Hermes 42 DK Heraklit B 52 Heraklit knupft hier an ein homerisches Gleichnis an Euripides Herakliden 898 ff Platon Timaios 37d Aristoteles De caelo I 9 zitiert nach RGG Bd 1 S 194 Nonnos von Panopolis Dionysiaka VII 22 ff XXIV 265 ff XXXVI 422 f XLI 178 ff Quintus von Smyrna Posthomerica XII 194 f Synesios von Kyrene Hymnen 9 67 Johannes von Gaza Tabula mundi I 137 Vgl auch Heinrich F Junker Uber iranische Quellen der hellenistischen Aion Vorstellung Leipzig 1923 und Enzo Degani Aἰwn Aion da Omero ad Aristotele Pubblicazioni della Facolta di Lettere e Filosofia Universita di Padova Band 37 L S Olschki Florenz 1961 zugleich Tesi di laurea Universitat Padua 1958 Epiphanius von Salamis Adversus haereses LI 22 8 ff Siehe Suda On Line s v Ἐpifanios epsilon 2744 und Diagnwmwn delta 522 Hermann Usener Das Weihnachtsfest Religionsgeschichtliche Untersuchungen erster Teil Friedrich Cohen Bonn 21911 S 27 ff Vgl auch L Kakosy Osiris Aion In Oriens antiquus Band 3 1964 S 15 25 Jarl Fossum The Myth of the Eternal Rebirth Critical Notes on G W Bowersock Hellenism in Late Antiquity In Vigiliae Christianae Bd 53 Nr 3 August 1999 S 305 315 Udo Schnelle Das Evangelium nach Johannes Theologischer Handkommentar zum Neuen Testament 5 Aufl Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2016 ISBN 978 3 374 04317 0 S 41 Martin R von Ostheim Selbsterlosung durch Erkenntnis Die Gnosis im 2 Jahrhundert n Chr Schwabe Basel 2013 ISBN 978 3 7965 2894 1 S 74 75 George Robert Stow Mead Helena Petrovna Blavatsky Pistis Sophia Lucifer 6 1890 33 230 239 London The Theosophical Publishing Society Vergleiche auch Epiphanios von Salamis Adversus haereses I 31 5 6Normdaten Person GND 118920871 lobid OGND AKS LCCN no2014109041 VIAF 74652038 Wikipedia Personensuche Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Aon Philosophie amp oldid 231183308