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Die Stadtepartnerschaft zwischen der franzosischen Stadt Le Mans und Paderborn in Deutschland wird als eine der altesten wenn nicht die alteste Stadtepartnerschaft in Europa angesehen Sie entstand aus einer katholischen ewigen Liebesbruderschaft zwischen den beiden frankischen Bischofssitzen im Jahre 836 Die religiose Verbindung mit politischen Auswirkungen hielt uber die Jahrhunderte Weltlich wurde die Partnerschaft am 3 Juni 1967 durch die Stadte bestatigt 1 Wappen von Le MansWappen von PaderbornStadtepartnerschaft Le Mans Paderborn D F Paderborn Le MansLage von Le Mans und PaderbornInhaltsverzeichnis 1 Die ewige Liebesbruderschaft von 836 2 Religiose und politische Fortsetzung des Bundes 2 1 Mittelalter 2 2 Fruhe Neuzeit 2 3 Neuzeit 3 Die moderne Stadtepartnerschaft 4 Siehe auch 5 Weblinks 6 Bibliographie 7 EinzelnachweiseDie ewige Liebesbruderschaft von 836 BearbeitenIm Jahr 815 wurde der Sachse Badurad auf Vorschlag seines kaiserlichen Freundes Ludwigs des Frommen Bischof von Paderborn Mit dem Sachsen Aldrich wurde 822 ein weiterer Freund Berater und Vertrauter Ludwig des Frommen zum Bischof von Le Mans Aldrich war ein ehemaliger Domschuler in der Aachener Konigspfalz und war anschliessend Priester und Leiter der Domschule an der Pfalz von Metz gewesen Auf der Synode von Aachen im Jahr 836 die sich mit der Lebensfuhrung von Bischofen Klerikern und des Konigs befasste 2 trafen Badurad und Aldrich zusammen Neben der Unterstutzung der Synode des Kaisers war beiden vor allem die Festigung ihres christlichen Glaubens im heimatlichen Sachsen ein Anliegen Noch galten die Sachsen als wenig glaubig waren sie doch durch Karl den Grossen gewaltsam zum Christentum bekehrt worden Wahrend in Le Mans schon seit dem siebten Jahrhundert ein Kult des heiligen Julianus durch eine auf seinem Grab errichtete Basilika belegt ist 3 war das sachsische Paderborner Bistum noch ohne eigene Heiligenverehrung Die Gebeine des heiligen Julianus wurden gleichwohl erst in der Mitte des neunten Jahrhunderts entweder im Jahre 835 oder 845 in die Kathedrale von Le Mans ubertragen 3 In Aachen beschloss Badurad wohl im Verein mit Aldrich den heiligen Liborius zum Schutzpatron der sachsischen Stadt zu bestimmen Liborius von Le Mans war der vierte Bischof von Le Mans und damit indirekter Nachfolger des Julianus von Le Mans gewesen Im Jahr 397 nach 49 Amtsjahren als Bischof war er im Beisein des Martin von Tours gestorben Die offizielle Anordnung erfolgte schliesslich durch den Kaiser selbst Sciendum quoque quod reverendissimus imperator fieri praecepit cuius quicumque potestati resistit Dei nimirum ordinationi resistit zu deutsch Ihr musst ferner wissen dass der erlauchteste Kaiser Ludwig den Befehl gegeben hat dass dieses geschieht Wer immer sich seiner Amtsgewalt widersetzt widersetzt sich der Anordnung Gottes 4 Durch die Uberfuhrung der Reliquien des Bischofs nach Paderborn konne man den Altar des Bischofssitzes weihen Dieser kaiserliche Plan wurde im Mai 836 umgesetzt In Le Mans wurde die Translatio der Reliquien in einer rituellen Prozession vorgenommen Am 1 Mai 836 wurden die Gebeine des Heiligen in die Basilika der westfrankischen Stadt gebracht Die sich anschliessende Prozession fuhrte uber Yvre l Eveque Saint Mars la Briere gen Osten Der Konvoi pausierte aller Wahrscheinlichkeit nach in der Kapelle von Saint Medard Belegte Orte der Prozession sind des Weiteren Chartres Saint Denis und Bavay Die wahrscheinliche weitere Route verlief uber Tongern Julich Koln Dortmund Soest und Salzkotten Am 28 Mai 836 traf die Prozession in Paderborn ein Fur die Aufnahme der Gebeine stellte Bischof Badurad eine eigens errichtete zweigeschossige Krypta zur Verfugung Eine Armlehne des Liborius verblieb weiterhin in Le Mans 5 In der Kathedrale von Le Mans wurde von beiden Seiten das Gelubde einer fraternitas caritatis perpetua einer ewigen Liebesbruderschaft zwischen Paderborn und Le Mans abgelegt Im fruhen Mittelalter waren Verbruderungen zwischen Klostern und Bischofssitzen allgemein ublich fur gewohnlich aber nicht auf eine so lange Entfernung Besondere Bedeutung erlangte die Verbruderung durch die anschliessende Langlebigkeit uber Jahrhunderte hinweg Religiose und politische Fortsetzung des Bundes BearbeitenMittelalter Bearbeiten Die Quellen schweigen zunachst fur uber 200 Jahre zur Partnerschaft der beiden Bischofssitze Manceller Dokumente des fruhen 13 Jahrhunderts legen aber nahe dass die enge Verbindung aufrechterhalten wurde So reagierte 1204 das Domkapitel von Le Mans betroffen auf Geruchte dass das Bistum Paderborn bereit sei die Reliquien wieder zuruckzuubertragen Noch im gleichen Jahr beruhigte Paderborn Le Mans Die Quellen bestatigen den Freundschaftsbund mehrfach als offensichtlich selbstverstandlich Auch gegenseitige Besuche sind belegt 1243 bringt der Domherr Sweder von Stormede von einem Besuch in Le Mans Reliquien des hl Julian nach Paderborn 6 Fruhe Neuzeit Bearbeiten nbsp Henri II d Orleans Gravur von Matthaus MerianAm Ende des Dreissigjahrigen Krieges blieben viele der deutschen geistlichen Territorien in der Hand protestantischer Herrscher so auch das Hochstift Paderborn 1647 appellierte das Domkapitel von Paderborn in einem Zehnpunkteplan an den Leiter der franzosischen Delegation in den Friedensverhandlungen Henri II d Orleans Longueville dass das Hochstift katholisch bleiben sollte Zur gleichen Zeit brachten die paderbornischen Stellen das Kapitel von Le Mans dazu den erst neunjahrigen Konig Ludwig XIV und seine Mutter die Regentin Anna von Osterreich um Fursprache zu bitten Derweil betrachtete die Landgrafschaft Hessen Kassel das Hochstift Paderborn als mogliche Kriegsbeute Zu Weihnachten 1647 bestatigt der Bischof von Le Mans Emmeric Marc de La Ferte 1637 1648 in einem Brief an das Hochstift die Gewahrleistung des koniglichen Schutzes Hessen Kassel musste seine expansionistischen Ambitionen stoppen Der Westfalische Frieden 1648 bestimmte dass das Hochstift Paderborn nie mehr in protestantische Hand gelangen solle Das Hochstift reagierte mit dem folgenden Dankesschreiben an die Manceller manceaux nous vous devons une reconnaissance eternelle parce que c est grace a vous si nous avons garde notre foi catholique apres le traite de Westphalie signe a Munster en 1648 Bei einem erneuten hessen kasselschen diplomatischen Vorstoss erinnerte der regierende franzosische Minister Kardinal Jules Mazarin 1656 in einem kurzen Brief daran dass der Konig von Frankreich fur das Bistum Paderborn auf Grund seines Liebesbundes mit Le Mans garantiere nbsp Staatssekretar ChoiseulIm 18 Jahrhundert wurde das Hochstift im Siebenjahrigen Krieg 1756 1763 vor allem vom Kurfurstentum Braunschweig Luneburg Kurhannover besetzt und beansprucht Auch franzosische Truppen besetzten das Furstentum mehrfach 1762 kam es zu einer Vereinbarung dass der vakant gewordene Furstbischofssitz zunachst nicht besetzt werden sollte wahrend die vor allem englisch kurhannoverschen Truppen des Herzogs Ferdinand von Braunschweig Wolfenbuttel die Stadt Paderborn besetzt hielten Auch in dieser Zeit waren die diplomatischen Beziehungen zur Bruderschaft der beiden Stadte sehr aktiv Ein Dutzend Briefe zwischen Konig Ludwig XV und seinem Aussenminister Etienne Francois de Choiseul spiegeln dies wider Die von Ludwig XIV garantierte konigliche Sicherheitszusage fur Paderborn musse weiter gelten Vor allem musse ein neuer Furstbischof gewahlt werden Mit dem Frieden von Paris 1763 konnte Wilhelm Anton von der Asseburg zum neuen Bischof gewahlt werden Im Zuge der Franzosischen Revolution wird der franzosische Klerus enteignet was von Papst Pius VI verurteilt wird Infolgedessen emigrierten viele Franzosen auch der hohe Klerus ins Ausland mit betrachtlichen Vermogenswerten Das Hochstift Paderborn wurde ein Land des Exils Mehrere hundert Franzosen fluchteten in das kleine Territorium einschliesslich Priester und dem Generalvikar von Le Mans Allein im November 1794 wohnten auf der Domfreiheit 72 Fluchtlinge 7 Der Bischof von Mans Gaspard Francois Jouffroy Gonssans fluchtete uber England nach Paderborn Seine sterblichen Uberreste wurden nie nach Le Mans ubertragen Er starb 1799 in der Stadt Er ist im Dom zu Paderborn begraben Andere neun Priester blieben bis zu ihrem Tod in Paderborn Neuzeit Bearbeiten 1802 03 verlor das Hochstift endgultig seine Eigenstandigkeit an Preussen Nach einer kurzen Zwischenperiode des Konigreichs Westphalen wurde 1813 das Furstentum Paderborn wiederholt dem protestantischen Preussen angeschlossen Wahrend der politischen und konfessionellen Umbruchzeit befand sich der Bischofssitz in einem schlechten Zustand war das Paderborner Land doch eine preussisch Provinzregion mir protestantischer Obrigkeit geworden Die Kontakte und das Reisen zwischen beiden befreundeten Stadten wurde stark eingeschrankt Zum 1000 jahrigen Jubilaum im Jahre 1836 konnte das Domkapitel von Le Mans trotz Einladung des Paderborner Klerus nicht am Liborifest teilnehmen das alljahrlich zur Erinnerung an die Reliquienuberfuhrung des Heiligen noch heute stattfindet 8 Allerdings sind 1850 Pilgerbesuche von Mancellern in Paderborn belegt 9 Die Weihbischof Joseph Freusberg und Bischof Charles Fillion unterhielten im ausgehenden 19 Jahrhundert eine lebhafte Korrespondenz 1867 erbat der Paderborner Bischof von seinem Pendant finanzielle Unterstutzung zur Restauration des Domes Aber auch das Bistum in Le Mans stand in grossen finanziellen Schwierigkeiten nbsp Maurice Orange 1868 1916 Schlacht bei Le Mans Gemalde vor 1914 Wahrend der Schlacht bei Le Mans 1871 bat ein aus Paderborn stammender preussischer Militarpfarrer um Hilfe um Verwundete zu heilen Der Kaplan feierte ein paar Tage spater eine Messe in der Manceller Kathedrale St Julien Bischof Fillion sandte einen Brief an seinen preussischen Amtskollegen dass die Stadt nicht besetzt werden solle Der zustandige Befehlshaber Friedrich Karl von Preussen antwortete negativ auf das Anliegen Wahrend des Kulturkampfes wurde der Paderborner Bischof Konrad Martin von Paderborn ins Exil gezwungen In dieser Zeit besucht er auch Le Mans mit einem Treffen mit dem gesamten Domkapitel in der Kathedrale In der Abtei von Solesmes sudlich der Sarthe findet er 1877 zwischenzeitlich Zuflucht Der Nationalismus der Jahrhundertwende machte auch vor den Beziehungen zwischen den Stadten nicht Halt Die Verbindungen brachen weitestgehend ab Eine erwogene Einladung zu Libori 1896 wurde auf Grund der politischen Lage nicht umgesetzt Immerhin gab es sogar wahrend des Ersten Weltkrieges eine Korrespondenz zu Kriegsgefangenen Offizielle Besuche gab es erst wieder 1920 anlasslich des Wechsels von Bischof Karl Joseph Schulte nach Koln und zur Erhebung Paderborns zum Erzbistum 1930 Drei Jahre nach Machtergreifung durch die Nationalsozialisten treffen 1936 zwei Vertreter des Manceller Domkapitels in Paderborn ein Es folgen Gegenbesuche Ausgerechnet wahrend der NS Zeit findet ein reger Austausch der Priesterschaft und des Klerus statt Auch in der unmittelbaren Nachkriegszeit wirkten die Beziehungen weiter etwa bei der Verlegung eines Kriegsgefangenenlagers Die moderne Stadtepartnerschaft BearbeitenEine offizielle Stadtepartnerschaft im modernen Sinne entstand zwischen beiden Stadten im Rahmen der europaischen Integration Im Zuge des Elysee Vertrages zwischen Deutschland und Frankreich wurden Gemeindepartnerschaften im grossen Stile gefordert Nach langem Zogern auf franzosischer Seite wurde am 3 Juni 1967 die Stadtepartnerschaft in Le Mans offiziell nachdem es schon 1961 erste Versuche gab Unterschrieben wurde der zweisprachige Vertrag zwischen den Burgermeistern Jacques Maury und Christoph Tolle Zwei Armeefahnen der beiden Stadte wurden ausgetauscht Um den religiosen Ursprung der Partnerschaft zu unterstreichen wurde am Sonntag eine gemeinsame Messe in der Manceller Kathedrale gefeiert Die europaische Dimension wurde durch den Europatag und einen Europazug manifestiert Fast alle Gymnasien und Realschulen fanden in Folge in Paderborn beziehungsweise in Le Mans eine Partnerschule Uber funfzig Vereine der Zivilgesellschaft und die Lokalzeitungen sind verschwistert Ferner unterhalten die Universitaten in Paderborn und in Le Mans enge Kontakte 10 Die Manceller Paderborner Partnerschaft wird heute bewusst in einen historischen Zusammenhang gestellt da es als eines der altesten internationalen Abkommen gilt und gleichzeitig die erste offizielle Verschwisterung zweier europaischer Stadte begrundete 11 Siehe auch BearbeitenDeutsch franzosische BeziehungenWeblinks BearbeitenOffizielle Darstellung der Stadt Paderborn Abgerufen am 3 August 2020 Portrait auf der Internetprasenz des Erzbistums Der heilige Liborius PDF 164 kB Erzbistum Paderborn 3 August 2020 abgerufen am 3 August 2020 Bibliographie BearbeitenBarbara Stambolis Libori Waxmann Munster 1996 ISBN 3 89325 433 1 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Jean Lelievre Maurice Balavoine Le Mans Paderborn 836 1994 Une amitie seculaire un sillage de lumiere Le Mans 1994 OCLC 464312443 franzosisch Thierry Trimoreau sous la direction de Francois Gaspard de Jouffroy Gonsans un eveque du Mans face a la Revolution ITF editeurs Le Mans 2010 ISBN 978 2 917900 16 1 franzosisch Einzelnachweise Bearbeiten 50 Jahre Stadtepartnerschaft Ein Ruckblick in bewegten Bildern Synode in Aachen 836 Abgerufen am 5 Januar 2013 a b Eintrag Julianus von Le Mans im Okumenischen Heiligenlexikon Zitiert nach Gereon Fritz Liborius und die Freundschaft zweier ungleicher Bruder 1200 Jahre fursorgliches Miteinander und das Anderssein der franzosischen Schwesterkirche PDF 164 kB Erzbistum Paderborn 25 Oktober 2008 S 2 Anm 5 abgerufen am 5 Januar 2013 Barbara Stambolis Libori Waxmann Munster 1996 ISBN 3 89325 433 1 S 18 Anm 21 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Gereon Fritz Liborius und die Freundschaft zweier ungleicher Bruder 1200 Jahre fursorgliches Miteinander und das Anderssein der franzosischen Schwesterkirche PDF 164 kB Erzbistum Paderborn 25 Oktober 2008 S 4 abgerufen am 5 Januar 2013 Die Fruhe Neuzeit Gesellschaftliche Stabilitat und politischer Wandel In Frank Gottmann Hrsg Paderborn Geschichte der Stadt in ihrer Region Band 2 Schoningh Paderborn 1999 ISBN 3 506 75690 7 S 287 Vgl Barbara Stambolis Libori Waxmann Munster 1996 ISBN 3 89325 433 1 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Vgl Gereon Fritz Liborius und die Freundschaft zweier ungleicher Bruder 1200 Jahre fursorgliches Miteinander und das Anderssein der franzosischen Schwesterkirche PDF 164 kB Erzbistum Paderborn 25 Oktober 2008 abgerufen am 5 Januar 2013 S 4 Gereon Fritz Liborius und die Freundschaft zweier ungleicher Bruder 1200 Jahre fursorgliches Miteinander und das Anderssein der franzosischen Schwesterkirche PDF 164 kB Erzbistum Paderborn 25 Oktober 2008 abgerufen am 5 Januar 2013 S 5 Wahlen Sie mit ARTE die popularste deutsch franzosische Stadtepartnerschaft Nicht mehr online verfugbar arte archiviert vom Original am 22 Januar 2013 abgerufen am 6 Januar 2013 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stadtepartnerschaft Le Mans Paderborn amp oldid 237244749