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Siegfried Jacobsohn 28 Januar 1881 in Berlin 3 Dezember 1926 ebenda war ein deutscher Journalist Herausgeber und Theaterkritiker Er grundete 1905 die Zeitschrift Die Schaubuhne und nannte sie 1918 um in Die Weltbuhne deren Herausgeber er bis zu seinem Tode blieb Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenSchon mit 15 Jahren beschloss der aus einer judischen Familie 1 stammende Siegfried Jacobsohn Theaterkritiker zu werden Im Oktober 1897 verliess er ohne Abschluss die Schule und begann was damals auch ohne Abitur moglich war ein Studium an der Friedrich Wilhelms Universitat in Berlin Seine akademischen Lehrer waren unter anderem Erich Schmidt Ulrich von Wilamowitz Moellendorff und Max Herrmann Aber mehr noch als bei ihnen lernte er durch das Studium ihm vorbildlich erscheinender Kritiken allen voran jenen Maximilian Hardens Fritz Mauthners und Paul Schlenthers Zusatzlichen Rat holte er sich von Schauspielern unter ihnen Albert Bassermann Jakob Tiedtke und Richard Leopold nbsp Gedenktafel fur Siegfried JacobsohnNoch als Student wurde Jacobsohn von Hellmut von Gerlach als Theaterkritiker fur die Berliner Wochenzeitung Die Welt am Montag engagiert Dieser Jungling erinnerte sich Gerlach spater hatte buchstablich jeden Abend seines Schulerdaseins im Theater verbracht Er kannte jeden Schauspieler in jeder Rolle und er kannte die gesamte Buhnenliteratur Dabei eine Treffsicherheit des Urteils die bei solcher Jugend kaum vorstellbar schien Es war ein Phanomen Frankfurter Zeitung 8 November 1926 1 Morgenblatt In der Welt am Montag erschien im Marz 1901 Jacobsohns erster Beitrag Im Juni 1902 erhielt er einen Vertrag als Redakteur mit einer Laufzeit von drei Jahren Im September 1902 ubernahm er zusatzlich die Theaterkorrespondenz fur die Wiener Tageszeitung Die Zeit Er profilierte sich schnell als scharfer Kritiker von Dilettantismus auf der Buhne und scheute sich 1902 in der Auseinandersetzung um Hermann Sudermanns Streitschrift Die Verrohung in der Theaterkritik auch nicht das Berliner Tageblatt als den Sitz der Kunstkorruption zu attackieren Im November 1904 revanchierte sich die Feuilletonredaktion dieser im Mosse Verlag erscheinenden Tageszeitung indem sie Jacobsohn des Plagiats in zwei Fallen bezichtigte Die Ubereinstimmungen mit Texten des Theaterkritikers Alfred Gold erklarte er damit dass nach der Arbeit an seinem Buch Das Theater der Reichshauptstadt in seinem Gedachtnis von fremden Autoren Worte Bilder Satze und ganze Satzfolgen schlummerten die durch die geringste Assoziation geweckt worden seien Trotz der Fursprache von Maximilian Harden und Arthur Schnitzler die angesichts der Ubereinstimmungen bei Allerweltsformulierungen an einen geistigen Diebstahl nicht glauben mochten entliess die Welt am Montag ihren Kritiker nbsp Kopf der ersten Schaubuhne vom 7 September 1905Nach einer mehrmonatigen Europareise die ihn unter anderem nach Wien Rom und Paris fuhrte kehrte er Ende Mai 1905 mit Planen zu einer Theaterzeitschrift zuruck nach Berlin Das erste Heft der zunachst ganz auf Theaterfragen spezialisierten Wochenschrift die in Anspielung auf Friedrich Schillers Aufsatz Die Schaubuhne als moralische Anstalt betrachtet den Titel Die Schaubuhne erhielt erschien am 7 September 1905 Zu den wichtigsten Mitarbeitern gehorten Julius Bab Willi Handl Alfred Polgar Robert Walser ab 1907 Lion Feuchtwanger ab 1908 Herbert Ihering ab 1909 Robert Breuer ab 1911 und Kurt Tucholsky ab 1913 nbsp Umschlag der Weltbuhne vom 2 Dezember 1930Von 1913 an offnete Jacobsohn das Blattchen wie er seine Zeitschrift gerne nannte allmahlich auch fur politische Themen Im April 1918 benannte er sie in Die Weltbuhne um und entwickelte sie zu einem uber Deutschland hinaus bekannten pazifistischen Forum der politischen Linken Mit der Neuausrichtung anderte sich allmahlich auch das Mitarbeiterprofil Polgar und Tucholsky gehorten weiterhin zum engen Kreis der Autoren Hinzu kamen u a der politische Publizist Kurt Hiller ab 1915 der Nationalokonom Alfons Goldschmidt ab 1917 der satirische Schriftsteller Hans Reimann ab 1917 der Mitgrunder der Deutschen Friedensgesellschaft Otto Lehmann Russbuldt ab 1918 der sozialdemokratische Politiker Heinrich Strobel 1919 20 der Kunstkritiker Adolf Behne ab 1920 der Schriftsteller Walter Mehring ab 1920 der Wirtschaftsjournalist Richard Lewinsohn ab 1921 der Publizist Friedrich Sieburg ab 1921 und der politische Redakteur Carl von Ossietzky ab 1926 Als Theaterkritiker war Jacobsohn Antipode von Alfred Kerr anders als Kerr ein entschiedener Kritiker des Naturalismus und schatzte im Gegensatz zu ihm auch die Leistungen von Max Reinhardt als Theaterleiter und regisseur weit hoher ein als die von Otto Brahm Reinhardts Hinwendung zu einem Arenatheater die in Berlin in den Umbau des Zirkus Schumann zum 1919 eroffneten Grossen Schauspielhaus mundete hat er jedoch entschieden missbilligt Nach dem Ersten Weltkrieg setzte er grosse Hoffnungen in die Arbeit von Leopold Jessner als Intendant des Staatlichen Schauspielhauses in Berlin registrierte auch aufmerksam die Inszenierungen von Ludwig Berger Jurgen Fehling Heinz Hilpert Berthold Viertel und schliesslich Erwin Piscator Die von Jacobsohn neben den Klassikern hier vor allem William Shakespeare geschatzten und geforderten Autoren waren in den ersten Jahren unter anderen Hugo von Hofmannsthal und Arthur Schnitzler Die Hoffnungen die er auf die neoromantische Dramatik setzte erfullten sich fur ihn jedoch nicht Das war wahrscheinlich ein wesentlicher Grund fur seine 1913 einsetzende allmahliche Politisierung Die Buhnenwerke des Expressionismus beurteilte er mit Ausnahme der Stucke von Georg Kaiser und Ernst Toller ausserordentlich kritisch In dieser ganzen Generation von Dichtern schrieb er in der Schaubuhne vom 14 Marz 1918 ist des eigentlichen Dichtertums zu wenig In der Zeit der Weimarer Republik gehorte Jacobsohn zu den wenigen Theaterkritikern die sofort das Potential von Autoren wie Bertolt Brecht Arnolt Bronnen und Carl Zuckmayer erkannten obwohl ihn wie er Herbert Ihering 1920 gestand langst Theatermudigkeit plagte Durch Heranziehung der Richtigen so Kurt Hiller 1950 in seinem Buch Kopfe und Tropfe habe Jacobsohn nach dem Ersten Weltkrieg einen gewaltigen Aufstieg seines Blatts zustande gebracht Bemerkenswert ist vor allem dass Jacobsohn es auch fur Beitrage zu Themengebieten offnete die zwar kulturpolitisch wichtig waren ihm selbst aber nicht im Geringsten am Herzen lagen Hierzu zahlen vor allem Filmkritiken fur die er Hans Siemsen Frank Warschauer Roland Schacht und Rudolf Arnheim als Mitarbeiter gewinnen konnte Auch in der Musikkritik setzte er neue Akzente indem er selbst entschiedener Gegner Richard Wagners den sozialdemokratischen Wagnerianer Klaus Pringsheim mit der Musikkritik betraute Politisch naherte er sich schon gegen Ende des Ersten Weltkriegs mehr und mehr den Positionen der USPD Im Jahr 1918 engagierte er sich fur kurze Zeit in Hillers Rat geistiger Arbeiter verliess ihn aber bald weil ihm die Redaktionsarbeit fur die Weltbuhne wichtiger erschien er auch von Parteien nicht vereinnahmt werden wollte und ihm doktrinare Positionen grundsatzlich zuwider waren Er zeigte keine Beruhrungsangste vor gesellschaftlichen Kontakten etwa mit Oskar von Hindenburg woruber er Tucholsky ironisch nach Paris berichtete Als dieser seine publizistische Polemik gegen Reichsprasident Ebert den angeblichen Verrater seiner Klasse ins Masslose steigerte ermahnte ihn Jacobsohn mit prophetischen Worten im November 1924 Lass endlich den Ebert in Ruhe Erstens wirst Du Dich von seinem Nachfolger bitter nach ihm zurucksehnen Zweitens ist Korperumfang kein Argument Drittens mochte ich mal erleben was Du sagen wurdest wenn ein deutschnationaler Abgeordneter ein deutschnationaler Reichsprasident ware Viertens hat er in zahem Kampf die Auflosung des Reichstags erreicht und das bedeutet dass ich Dir weiter erhalten bleibe und Gehalt zahle wahrend Du bei einer neuen Rechtsregierung mich und Dein Geld hattest im Massengrab suchen konnen nbsp Grab Siegfried Jacobsohns auf dem Sudwestkirchhof StahnsdorfJacobsohn war ein ausgesprochen streitbarer Charakter In der Rubrik Antworten und in eigenen Artikeln und Artikelreihen attackierte er auch Gegner von denen man meinen konnte sie hatten seine Unterstutzung verdient So kam es 1913 zu einem heftigen Konflikt mit Theodor Lessing nachdem Jacobsohn dessen Gutachten uber Hermann Sudermanns Theaterstuck Der gute Ruf abgedruckt hatte und Sudermann deswegen die Gerichte bemuhte Nachdem er sich schon um 1918 mit Stefan Grossmann uberworfen hatte behauptete Jacobsohn 1920 aufgrund von Zwischentragereien Grossmann lasse sich von Intendanten fur positive Kritiken bezahlen 1922 musste er diesen Vorwurf zurucknehmen Im Jahr 1925 bezichtigte er auf einen Hinweis von Kurt Tucholsky hin Heinrich Fischer unberechtigterweise des Plagiats was zum endgultigen Zerwurfnis mit Karl Kraus fuhrte der obgleich charakterlich ganz ahnlich gelagert ihm in der Fackel einen an Morphinismus grenzenden Drang zum Vorknopfen bescheinigte Tatsachlich brachten Jacobsohns manchmal vorschnelle weil nicht ausreichend durch Recherchen abgesicherte Attacken ihm im Lauf der Jahre rund vierzig Prozesse ein von denen er viele aber nicht alle gewann Jacobsohn war auch fur zahlreiche andere Periodika tatig darunter die Deutsche Montagszeitung Berlin die Frankfurter Nachrichten die Weser Zeitung Bremen die Prager Presse das Prager Tagblatt und die Zeit im Bild Berlin Munchen Wien Er starb am 3 Dezember 1926 ganz uberraschend an einem epileptischen Anfall 2 Jacobsohn wurde auf dem Sudwestkirchhof Stahnsdorf sudlich von Berlin beigesetzt Ehrengrab der Stadt Berlin Er war seit 1915 mit der Verlegerin und Ubersetzerin Edith Jacobsohn geb Schiffer verheiratet die mit ihrem Vermogen mehrmals den Verlag vor dem Konkurs rettete Mit ihr hatte er einen Sohn Peter Jacobsohn 1916 1998 Seine Wochenzeitschrift Die Weltbuhne wurde nach seinem Tod zunachst fur einige Monate von dem widerstrebenden Kurt Tucholsky 1926 1927 2 dann von Carl von Ossietzky weitergefuhrt 1927 1933 Seine Witwe Edith Jacobsohn ubernahm 1927 die Verlagsleitung 1933 wurde die Zeitschrift verboten und ihr Archiv konfisziert es ist seitdem verschollen Sie erschien nach dem Verbot 1933 als Neue Weltbuhne in Prag Neugrundung 1946 in Berlin Ost 1993 eingestellt Werke BearbeitenDas Theater der Reichshauptstadt Albert Langen Munchen 1904 Max Reinhardt Erich Reiss Berlin 1910 Der Fall Jacobsohn Verlag der Schaubuhne Berlin 1913 Die ersten Tage Ein Schriftsteller erlebt auf Sylt den Beginn des Ersten Weltkriegs Reuss amp Itta Verlagsanstalt Konstanz 1916 portal dnb de Reprint 2014 Als Herausgeber Oscar Sauer Ein Gedenkbuch 1856 1916 Oesterheld amp Co Berlin 1916 Das Jahr der Buhne 10 Bande Oesterheld amp Co Berlin 1912 1920 Verlag der Weltbuhne 1921 Max Reinhardt 4 und 5 vollig veranderte und auf Spielzeiten bis 1919 erweiterte Auflage Erich Reiss Berlin 1921 Richard von Soldenhoff Hrsg Briefe an Kurt Tucholsky 1915 1926 Der beste Brotherr dem schlechtesten Mitarbeiter Munchen und Hamburg 1989 Gesammelte Schriften hrsg von Gunther Nickel und Alexander Weigel Wallstein Gottingen 2005 Literatur BearbeitenRolf Badenhausen Jacobsohn Siegfried In Neue Deutsche Biographie NDB Band 10 Duncker amp Humblot Berlin 1974 ISBN 3 428 00191 5 S 245 f Digitalisat Joachim Bergmann Die Schaubuhne Die Weltbuhne 1905 1933 Bibliographie und Register mit Annotationen Saur Munchen 1991 Axel Eggebrecht Uber Siegfried Jacobsohn In Hans Jurgen Schulz Hrsg Journalisten uber Journalisten Munchen 1980 Alf Enseling Die Weltbuhne Organ der intellektuellen Linken C J Fahle Munster 1962 Hans Mayer Siegfried Jacobsohn vor der Schaubuhne und Weltbuhne In Ders Zur deutschen Literatur der Zeit Zusammenhange Schriftsteller Bucher Rowohlt Reinbek 1967 Rolf Michaelis Von der Buhnenwelt zur Weltbuhne Siegfried Jacobsohn und die Schaubuhne Konigstein Taunus 1980 Gunther Nickel Die Schaubuhne Die Weltbuhne Siegfried Jacobsohns Wochenschrift und ihr asthetisches Programm Westdeutscher Verlag Opladen 1996 Stefanie Oswalt Siegfried Jacobsohn Ein Leben fur die Weltbuhne Bleicher Gerlingen 2000 ISBN 3 88350 665 6 Alfred Polgar S J und Die Weltbuhne In Die Weltbuhne Jg 23 Nr 48 vom 29 November 1927 S 830 832 Marcel Reich Ranicki Der solide Schwarmer In Ders Die Anwalte der Literatur DVA Stuttgart 1994 S 203 216 Rolf Schulze Der Theaterkritiker Siegfried Jacobsohn Leipzig o J Wolfgang Steinke Der Publizist Siegfried Jacobsohn als Theaterkritiker Berlin 1960 Kurt Tucholsky Gedenken an Siegfried Jacobsohn In Die Weltbuhne Jg 23 Nr 48 vom 29 November 1927 S 810 812 Kurt Tucholsky Funfundzwanzig Jahre Hommage an Siegfried Jacobssohn In Gesammelte Werke 8 1930 ISBN 3 499 29012 X S 200 211 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikiquote Siegfried Jacobsohn Zitate nbsp Wikisource Siegfried Jacobsohn Quellen und Volltexte nbsp Commons Siegfried Jacobsohn Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Siegfried Jacobsohn im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Michael Jurgs Scharfschutze des Wortes Journalist Kampfer gegen den Zeitgeist Siegfried Jacobsohn In Suddeutsche Zeitung 17 Dezember 2002 sueddeutsche de Klaus Bellin Zuinnerst freier Mann Siegfried Jacobsohn grundete die Schaubuhne vor 100 Jahren In Neues Deutschland 21 September 2005 abgerufen am 1 Dezember 2017 Klaus Volker Das Theater allein kann sich nicht bessern Siegfried Jacobsohns gesammelte Schriften In NZZ Online 3 Dezember 2005 archive org abgerufen am 1 Dezember 2017 Einzelnachweise Bearbeiten Vater vieler Sohne der Publizist Siegfried Jacobsohn Abgerufen am 13 Februar 2018 a b Wilhelm von Sternburg Es ist eine unheimliche Stimmung in Deutschland Carl von Ossietzky und seine Zeit Aufbau Verlag Berlin 1996 ISBN 3 351 02451 7 S 194 197 Normdaten Person GND 118556371 lobid OGND AKS LCCN nr90004712 VIAF 34583747 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Jacobsohn SiegfriedALTERNATIVNAMEN SJKURZBESCHREIBUNG deutscher Journalist und TheaterkritikerGEBURTSDATUM 28 Januar 1881GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 3 Dezember 1926STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Siegfried Jacobsohn amp oldid 225572118