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Walter Mehring 29 April 1896 in Berlin 3 Oktober 1981 in Zurich war ein deutscher Schriftsteller und einer der bedeutendsten satirischen Autoren der Weimarer Republik Walter Mehring 1964 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 2 1 Muller Chronik einer deutschen Sippe von Tacitus bis Hitler 2 2 Die verlorene Bibliothek 2 3 Exilliteratur 2 4 Verzeichnis der Werke 3 Ehrungen 4 Literatur 5 Film und Fernsehen 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenWalter Mehring war Jude Sohn des Publizisten und Ubersetzers Sigmar Mehring seine Mutter war die Prager Opernsangerin Hedwig Lowenstein 25 Oktober 1866 die nach Theresienstadt deportiert wurde wo sie am 9 August 1942 starb 1 Er besuchte das Konigliche Wilhelms Gymnasium bis er wegen unpatriotischen Verhaltens relegiert wurde und sein Abitur extern ablegen musste In den Jahren 1914 15 studierte er zweieinhalb Semester Kunstgeschichte in Berlin und Munchen 1915 16 veroffentlichte Mehring erste Gedichte in Herwarth Waldens Zeitschrift Der Sturm 1917 18 war er Mitbegrunder der Berliner Dada Sektion Fur die Veroffentlichung des Gedichtes Der Coitus im Dreimaderlhaus in der dadaistischen Zeitschrift Jedermann sein eigner Fussball wurde Mehring wegen Obszonitat angeklagt die Ausgabe wurde beschlagnahmt Das Verfahren endete mit Freispruch Seine Gedichte aus den fruhen 1920er Jahren gehoren zu den wesentlichen Werken des Expressionismus Seit den 1920er Jahren publizierte Mehring regelmassig in verschiedenen literarischen Zeitschriften Vor allem in der von Siegfried Jacobsohn herausgegebenen Weltbuhne und im Tage Buch schrieb er in Gedichten und satirischer Prosa gegen Militarismus ubersteigerten Nationalismus Antisemitismus und Nationalsozialismus an Er gehorte neben Kurt Tucholsky zu den Grundern des politisch literarischen Kabaretts in Berlin Titel seines ersten Gedichtbandes Das politische Cabaret 1920 und verfasste in den 1920er Jahren Chansons und Texte fur alle namhaften Berliner Kabarett Theater so fur Max Reinhardts Schall und Rauch fur Rosa Valettis Cafe Grossenwahn und fur Trude Hesterbergs Wilde Buhne Von 1921 bis 1928 lebte er in Paris als Korrespondent und erforschte und ubersetzte die Revolutionslieder der Pariser Kommune Der in Paris verfasste amusant grimmige Polit Thriller Paris in Brand 1927 der das abenteuerliche Leben der belgischen Mystikerin Antoinette Bourignon im 17 Jahrhundert schildert war auch eine grandiose Satire auf die zeitgenossische Grosse Hure Presse Seine Lieder Gedichte Chansons und Theaterstucke machten ihn fruh beruhmt und verhasst Sein Theaterstuck Der Kaufmann von Berlin 1929 eine Persiflage auf die Inflationsgewinnler uraufgefuhrt von Erwin Piscator im Theater am Nollendorfplatz provozierte einen Skandal die SA demonstrierte vor dem Theater Joseph Goebbels verfasste im Angriff einen ganzseitigen Hetzartikel gegen ihn mit der Uberschrift An den Galgen Viele seiner Bucher landeten wahrend der Bucherverbrennung am 10 Mai 1933 auf dem Scheiterhaufen Mehring entging nur knapp seiner Verhaftung durch die SA emigrierte wurde 1939 in Frankreich interniert und konnte 1941 durch seine Flucht aus dem Lager St Cyprien der Auslieferung entgehen und uber La Martinique in die USA entkommen 1953 kehrte Mehring nach Europa zuruck und lebte in Berlin Hamburg und Munchen in Ascona im Tessin und schliesslich in Zurich Er wurde auf dem Friedhof Sihlfeld in Zurich beigesetzt 1967 wurde er mit dem Fontane Preis ausgezeichnet Seit 1956 war er Mitglied der Deutschen Akademie fur Sprache und Dichtung in Darmstadt Werke BearbeitenMuller Chronik einer deutschen Sippe von Tacitus bis Hitler Bearbeiten Dieser Roman gilt neben Otto Michael Knabs Kleinstadt unterm Hakenkreuz 1934 Werner Turks Kleiner Mann in Uniform 1934 und Paul Westheims Heil Kadlatz Der Lebensweg eines alten Kampfers 1936 als einer der ersten satirischen Romane uber den Nationalsozialismus uberhaupt Darin schildert Mehring die Familiengeschichte der Mullers die sich als geborene Untertanen in jede Staatsform der deutschen Geschichte eingepasst haben Mehring bezeichnet sich in einer Rahmenhandlung als Herausgeber der sippenhistorischen Aufzeichnungen mit denen der letzte der Sippe Dr Arminius Muller man beachte die Namensgleichheit mit Arminius dem Sieger der Schlacht im Teutoburger Wald im Jahr 9 n Chr gegen die Romer seine rein arische Abstammung bis in die Romerzeit hinein nachweisen wollte Denn aufgrund einer romischen Polizeiakte kann Muller nachweisen dass sein Vorfahr der germanische Lustknabe Millesius in eine Bordellschlagerei verwickelt war In diesem Bordell nimmt dann auch die Geschichte der deutschen Geschichtsschreibung ihren Anfang denn Millesius diktiert dem Moralisten und Mitbesucher Tacitus sein Hauptwerk die Germania In diesem Stil verfahrt Mehring auch mit dem Rest der ruhmreichen vaterlandischen Geschichte Die Christianisierung die Heldentaten der Kreuzzugsritter aber auch die Hexenverfolgung alles wurde von Mitgliedern der Familie Muller beeinflusst Spater gab es gar einen Muller in der langen Garde des Soldatenkonigs einen Befreiungskrieger gegen Napoleon der allerdings aufgrund von Trunkenheit an keinen Heldentaten teilnehmen konnte und schliesslich Arminius Muller der in seiner Wohnung germanischen Kult wieder aufleben lasst und schliesslich nur wegen seiner judischen Frau aus der nationalsozialistischen Bewegung ausgeschlossen wird und in Paris stirbt wo der Exilant Walter Mehring seinen Nachlass bekommen haben will Der Roman wurde noch im Jahr seines Erscheinens 1935 von Mehring zuruckgezogen da der deutsche Botschafter Franz von Papen wegen des Machwerk s das eine grobe Beleidigung des arischen Rasse Empfindens darstelle die osterreichische Regierung unter Druck setzte und diese Mehring bat den Staat Osterreich nicht in die Verlegenheit zu bringen ihn an das Deutsche Reich ausliefern zu mussen Die verlorene Bibliothek Bearbeiten Mehring widmete seiner auf der Flucht vor dem NS Regime verlorenen Bibliothek die auf seinen Urgrossvater zuruckging und die ihm von seinem Vater Sigmar Mehring hinterlassen worden war sein Buch Die verlorene Bibliothek Untertitel Autobiographie einer Kultur 2 mit einer subjektiven Auswahl fur ihn personlich bedeutsamer Werke und Solitar der deutschen Exil und Erinnerungsliteratur 3 Das Buch ist eine geistreiche Analyse der Wirkungslosigkeit der Dichter und Denker des 19 und fruhen 20 Jahrhunderts angesichts der Barbarei des Dritten Reichs Ausgesprochen dokumentarischen Wert haben seine Ausfuhrungen uber den Berliner Dadaismus den literarischen Expressionismus Surrealismus und Futurismus der 1920er Jahre die Prager Literaturszene zwischen den beiden Weltkriegen und den Beginn der nationalsozialistischen Verfolgung Unter dem Eindruck der Nazi Herrschaft und des Weltkriegs entstand eine Mischung aus Autobiografie und Zeitbild Literaturgeschichte literaturkritischer und politisch gesellschaftlicher Reflexion Der Verfasser hatte die Idee zu diesen Aufzeichnungen wahrend des Zweiten Weltkriegs in einem franzosischen Internierungslager und im amerikanischen Exil entwickelt Es erschien zuerst 1951 auf Englisch als The Lost Library in New York dann 1952 auf Deutsch und 2014 in franzosischer Ubersetzung unter dem Titel La bibliotheque perdue 4 nbsp Grab Walter Mehrings Friedhof Sihlfeld ZurichExilliteratur Bearbeiten Walter Mehring veroffentlichte ein explizit politisches Buch 1934 erschien in Paris Editions du Carrefour anonym das Werk Nazifuhrer sehen Dich an 33 Biographien aus dem Dritten Reich Deutsches Exilarchiv 4034 Der Titel ist eine Anspielung auf Johann von Leers NS Propagandaschrift Juden sehen dich an 1933 Das Werk enthalt 33 Biografien von Nazi Grossen Der Schreibstil ist detailliert und sachlich 5 In vielen Bibliografien wird Mehring das 1942 in New York Albert Unger auf Englisch erschienene Werk Timoshenko Marshal of the Red Army Deutsches Exilarchiv 4037 zugeschrieben Walter Mehring hat gegenuber Frank Hellberg die Autorschaft zuruckgewiesen 6 Verzeichnis der Werke Bearbeiten Walter Mehring Werke 10 Bde hrsg von Christoph Buchwald Claassen Dusseldorf 1978 1983 Muller Chronik einer deutschen Sippe Roman 1978 EA 1935 Die verlorene Bibliothek Autobiographie einer Kultur Hamburg 1952 Neuauflage 1978 ISBN 3 548 37022 5 Neuausgabe mit einem Nachwort von Martin Dreyfus Elster Verlag Zurich 2013 ISBN 978 3 906065 02 1 Die hollische Komodie Drei Dramen Die hollische Komodie Der Kaufmann von Berlin Die Fruhe der Stadte 1979 Wir mussen weiter Fragmente aus dem Exil 1979 Paris in Brand Roman Claassen Dusseldorf 1980 ISBN 3 546 46450 8 EA Th Knaur Nachfolger Berlin 1927 Algier oder die 13 Oasenwunder Westnordwestviertelwest oder Uber die Technik des Seereisens Zwei Novellen 1980 ISBN 3 546 46451 6 Chronik der Lustbarkeiten Die Gedichte Lieder und Chansons 1918 1933 1981 Staatenlos im Nirgendwo Die Gedichte Lieder und Chansons 1933 1974 1981 Neuausgabe der Gedichte Lieder und Chansons des Walter Mehring in einer Auswahl und mit einem Nachwort von Martin Dreyfus unter dem Titel Dass diese Zeit uns wieder singen lehre Elster Verlag Zurich 2014 ISBN 978 3 906065 21 2 Die Nacht des Tyrannen Roman 1983 EA 1938 ISBN 3 546 46455 9 Verrufene Malerei Erinnerungen eines Zeitgenossen und 14 Essais zur Kunst 1983 ISBN 3 546 46454 0 Verrufene Malerei Von Malern Kennern und Sammlern Berichte aus Paris Berlin New York Florenz mit 88 Reproduktionen von 88 Bildern Zeichnungen Fotos und Dokumenten Zocher amp Peter Zurich 2021 Paul Klee Fruhe Begegnung 2011 postum Piet Meyer Verlag Bern Wien ISBN 978 3 905799 14 9 Walter Mehring Poesiealbum 321 Lyrikauswahl Alex Dreppec Grafik von Conrad Felixmuller Markischer Verlag Wilhelmshorst 2015 ISBN 978 3 943708 21 9 Ehrungen BearbeitenEhrengast der Villa Massimo Rom 1962 Fontane Preis Berlin 1967 Grosses Bundesverdienstkreuz 16 Juni 1977 7 Literatur BearbeitenEine ausfuhrliche Bibliografie entsteht derzeit auf dem Blog Walter Mehring Bibliografie Hermann Kesten Walter Mehring In Meine Freunde die Poeten Kindler Munchen 1959 Klaus Peter Dencker Staatenlos im Nirgendwo Walter Mehring In Akzente 3 Munchen 1975 S 258ff Jurgen Serke Walter Mehring Schusse mitten ins deutsche Gemut In Jurgen Serke Die verbrannten Dichter Erweiterte Auflage Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1983 ISBN 3 416 01740 4 Fischer Taschenbucher 2239 S 134 151 Frank Hellberg Walter Mehring Schriftsteller zwischen Kabarett und Avantgarde Bouvier Bonn 1983 ISBN 3 416 01740 4 Abhandlungen zur Kunst Musik und Literaturwissenschaft 337 zugleich Hannover Univ Diss 1983 Wolfgang Emmerich Mehring Walter In Neue Deutsche Biographie NDB Band 16 Duncker amp Humblot Berlin 1990 ISBN 3 428 00197 4 S 626 628 Digitalisat Rolf Tauscher Literarische Satire des Exils gegen Nationalsozialismus und Hitlerdeutschland Von F G Alexan bis Paul Westheim Verlag Dr Kovac Hamburg 1992 ISBN 3 86064 062 3 Zugleich Habilitations Schrift Universitat Halle 1991 S 89 95 Zu Muller Chronik einer deutschen Sippe Andreas Oppermann Wenn Mullers in Paris Tyrannen morden Die Prosa Walter Mehrings am Beispiel seiner Romane Onlinetext einer Diplomarbeit Universitat Bamberg 1995 Dietrich Seybold Walter Mehring In Andreas Kotte Hrsg Theaterlexikon der Schweiz Band 2 Chronos Zurich 2005 ISBN 3 0340 0715 9 S 1215 f Alex Dreppec Peitsch Dir den Hintern lila mein susser Fratz Walter Mehring Dichter und Prophet in der Wuste In Exot Zeitschrift fur komische Literatur 2007 ISSN 1861 6283 S 3 10 Georg Michael Schulz Walter Mehring Werhan Hannover 2013 ISBN 978 3 86525 325 5 Erste Biographie Mehrings Rezension im Forum Literaturkritik de 8 Film und Fernsehen Bearbeiten1968 Das neue Ketzerbrevier Beitrag des Schweizer Fernsehens 8 September 1968 10 Minuten Im SRF Archiv online 1973 Walter Mehring in Zurich Eine Produktion des Saarlandischen Rundfunks Fernsehen 15 Minuten Buch und Regie Klaus Peter Dencker 1977 Walter Mehring im Monatsmagazin des Schweizer Fernsehens 10 Minuten 29 4 1977 Redaktion Peter K Wehrli Im SRF Archiv Online 1979 Walter Mehrings Sammelband der archivierten Beitrage erscheint 1978 1979 Rundfunkbeitrag von Gustav Huonker vom 4 Mai 1979 8 Minuten Im SRF Archiv online 1979 Walter Mehring Staatenlos im Nirgendwo TV Film vom Peter K Wehrli fur das Schweizer Fernsehen DRS heute SRF 60 Minuten 2020 In dem Film Paris Caligrammes von Ulrike Ottinger wird auch an Walter Mehring erinnert und eine Lesung seines Gedichts Bester Jahrgang deutscher Reben Mitternachtsbrief X Marseille Silvester 1940 41 in der Pariser Buchhandlung von Fritz Picard nach dem Zweiten Weltkrieg in der er das tragische Schicksal deutschsprachiger Emigranten und Opfer der Nationalsozialisten Revue passieren liess mit denen er befreundet war Erich Muhsam Carl von Ossietzky Ernst Toller Odon von Horvath Kurt Tucholsky Joseph Roth Ernst Weiss Theodor Lessing Carl Einstein Walter Hasenclever Rudolf Olden Das Gedicht wird in dem Film von Mehring rezitiert 2023 In der Historienserie Transatlantic wird Mehring in drei Folgen von Jonas Nay verkorpert 9 10 Die Premiere der Miniserie erfolgte am 7 April 2023 auf Netflix Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Walter Mehring Sammlung von Bildern Literatur von und uber Walter Mehring im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Walter Mehring in der Deutschen Digitalen Bibliothek Kurzbiografie der Gedenkstatte Deutscher Widerstand Mehring in der Datenbank Literaturaufnahmen auf Vinyl Walter Mehring Biografie und Bibliografie auf Viceversa Literatur Andreas Oppermann Walter Mehring info Blog uber Mehring mit ausfuhrlicher Vita Bibliografie Texten Bildern und Dokumenten Walter Mehring Archiv im Archiv der Akademie der Kunste BerlinEinzelnachweise Bearbeiten http walter mehring info 2011 12 07 mehrings mutter hedwig stein stirbt in theresienstadt Hans Henjes Die verlorene Bibliothek Gesprach mit Walter Mehring 1955 Radio Bremen 17 Februar 1955 10 01 Minuten Andreas Oppermann Die verlorene Bibliothek von Walter Mehring gibt es endlich wieder 21 Mai 2013 Brice Couturier Walter Mehring la culture ne protege pas des barbares Rezension fur Radio France 2017 franzosisch http walter mehring info walter mehring info 2019 Walter Mehring bekennt sich zum Buch Timoshenko Bundesprasidialamt Walter Delabar Einer der vormaligen Grossen der deutschen Literatur Transatlantic Serie 2023 In Moviepilot Abgerufen am 14 April 2023 Transatlantic bei Netflix abgerufen am 14 April 2023 Normdaten Person GND 118579983 lobid OGND AKS LCCN n79135423 NDL 00524379 VIAF 27068501 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Mehring WalterKURZBESCHREIBUNG deutscher SchriftstellerGEBURTSDATUM 29 April 1896GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 3 Oktober 1981STERBEORT Zurich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Walter Mehring amp oldid 239445881