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Der Naturalismus ist in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts eine Epoche oder Stromung in der Theatergeschichte die von Frankreich Deutschland und Russland ausging Oft wird er oberflachlich als ein Wie im Leben Stil charakterisiert Er hat eine literarische eine ausstattungstechnische und eine schauspieltechnische Komponente Inhaltsverzeichnis 1 Theaterliteratur 2 Ausstattung 3 Theater 4 Schauspielpraxis 5 Literatur 6 WeblinksTheaterliteratur BearbeitenVon der Seite der Theaterliteratur ist der Naturalismus ein Versuch die Menschen und ihre Umgebung glaubwurdig und das heisst vor allem ungeschont darzustellen Dies betraf hauptsachlich Figuren der unteren Gesellschaftsschichten Dazu wurde auf Verse verzichtet und Umgangssprache etwa Dialekt verwendet Es wurden scheinbar banale Themen mit gesellschaftskritischen Zielsetzungen auf die Buhne gebracht Die Romantheorie von Emile Zola gab dazu einen wesentlichen Anstoss vgl Naturalismus Literatur Die genaue Menschenbeobachtung sollte zu einer prazisen Wiedergabe ihrer Lebensumstande und ihres Verhaltens fuhren Der Naturalismus fuhrte mit Vorliebe das Leben der Unzufriedenen oder Unterprivilegierten vor Anton Pawlowitsch Tschechow Maxim Gorki Gerhart Hauptmann oder Henrik Ibsen haben naturalistische Theaterstucke verfasst Ausstattung BearbeitenIn Bezug auf die Ausstattung versucht der Buhnennaturalismus eine Illusion mit moglichst realistischen nicht bloss gemalten oder angedeuteten Buhnenbildelementen und Kostumen zu schaffen Vor allem im popularen Pariser Theater und in der von dort ausgehenden Grossen Oper waren die technischen Moglichkeiten enorm vergrossert worden Die gemalten Elemente der Dekoration wichen den praktikablen etwa Turen Fenster oder Schranke die sich offnen liessen Diesen erweiterten Moglichkeiten begegnete die Forderung nach historischer und lokaler Treue der Wiedergabe Im 18 Jahrhundert war dagegen noch in der Mode der Gegenwart Theater gespielt worden gleich woher das Stuck stammte und das wesentliche Unterscheidungsmerkmal bildete die Standeszugehorigkeit der Figuren Die Meininger Prinzipien der gleichnamigen Tourneetruppe erforderten etwa historisch getreue Kostume Detaillierte Zimmerdekorationen mit allen ublichen Einrichtungsgegenstanden waren auf den Buhnen seit dem Ende des 19 Jahrhunderts beliebt vgl die Zimmerbilder in der ersten Jahrhunderthalfte Die Offnung zum Zuschauerraum wird dadurch eine genau definierbare transparente aber undurchlassige Vierte Wand Voraussetzung dazu war eine differenzierte Theaterbeleuchtung wie sie erst durch Gaslicht und elektrisches Licht bei mittlerweile volliger Verdunkelung des Zuschauerraums moglich wurde Theater BearbeitenDem naturalistischen Schauspiel verpflichtete Theater bzw Theatervereine mit deren Hilfe die Zensur fur offentliche Vorstellungen umgangen werden sollte entstanden seit den spaten 1880er Jahren in mehreren europaischen Landern teils mit Unterstutzung von Sozialdemokraten das Theatre libre in Paris gegrundet 1887 von Andre Antoine die Freie Buhne Berlin 1889 und die Freie Volksbuhne Berlin 1890 die Independent Theatre Society London 1891 und das Moskauer Kunstlertheater 1898 Schauspielpraxis BearbeitenWas die Schauspieler betrifft bemuht sich der Naturalismus das Buhnenspiel durch Erinnerungsubungen an das wirkliche menschliche Verhalten anzunahern Einerseits geschieht dies uber die Beobachtung von Menschen die sich in ahnlichen Situationen wie die gespielte Rolle befinden andererseits uber die Erinnerung an eigene Erlebnisse Diese beiden Naherungsweisen konnen einander erganzen oder widersprechen Das Publikum wird im naturalistischen Theater zwar wahrgenommen aber nicht mehr direkt ins Spiel mit einbezogen wie es vor allem im popularen Theater mit Beiseitesprechen oder Extempores ublich war Dieser Stil bedingte eine wesentlich langere Probezeit als bisher und vergrosserte die Bedeutung des Regisseurs Der erste Schauspiellehrer der sich auf Naturbeobachtungen stutzte war Francois Delsarte Der Begrunder der naturalistischen Schauspieltechnik war Konstantin Stanislawski mit seinem Moskauer Kunstlertheater Obwohl er seit Beginn des 20 Jahrhunderts zunehmend angefeindet wurde und sich selbst von einem Abbild Naturalismus distanzierte blieb seine Schule massgeblich fur die deutsche und osteuropaische Schauspielerausbildung und schuf wesentliche Anregungen fur das US amerikanische Filmschauspiel siehe Lee Strasberg und das Method Acting Die naturalistische Auffuhrungspraxis kam nicht zuletzt unter dem Einfluss des Films aus der Mode der schnelle Schnitte und eine hohere Verdichtung erlaubt was auch das Theater des Expressionismus pragte Stanislawskis psychologischer Realismus wonach der Schauspieler seine Gefuhle auf der Buhne moglichst aus eigener Erfahrung oder genauer Beobachtung leben soll stand einer raschen Entwicklung von Charakteren einer Straffung und Zuspitzung der Handlung im Wege und liess eine distanzierende Kommentierung der eigenen Rolle nicht zu Literatur BearbeitenHeinz Kindermann Theatergeschichte Europas Band 8 10 Naturalismus und Impressionismus Muller Salzburg 1968 1974 Weblinks BearbeitenKurt Tucholsky unter dem Pseudonym Peter Panter Naturalismus Naturalismus In Vossische Zeitung 8 Oktober 1925 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Naturalismus Theater amp oldid 226825157