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Die Sententiae Receptae ad filium auch Pauli Sententiae unter Rechtshistorikern ist zudem die Bezeichnung pseudopaulinische Sentenzen sententiae kommentierte Entscheidungen beziehungsweise Paulussentenzen gelaufig Kurzzitierweise PS sind ein um die Wende vom 3 zum 4 Jahrhundert im wahrscheinlich nordafrikanischen 1 romischen Westen entstandenes in Latein verfasstes fruhnachklassisches Werk der Rechtsliteratur Der Zusatz ad filium verweist darauf dass die Sammlung ursprunglich zur Belehrung fur den Sohn des Paulus gefertigt war Inhaltsverzeichnis 1 Bedeutung des Werks 2 Historische Einbettung 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenBedeutung des Werks BearbeitenDie anonym verfasste Zusammenstellung gilt als bedeutende Uberlieferungsquelle voriustinianischen Rechts Die Kompilatoren des 6 Jahrhunderts hatten bestenfalls den zehnten Teil der insgesamt verfugbaren klassischen Juristenliteratur verarbeitet sodass Handschriften wie die vorliegende der Rechtsforschung bis heute zusatzliche Informationen liefern konnen Die Sentenzen wurden das Werk das die weiteste Verbreitung romischer Rechtsliteratur erfuhr von dem viel erhalten geblieben ist und das einige Einblicke in die redaktionelle Ordnung bietet 2 Das Werk beinhaltet lehr und regelhafte Florilegien die dem spatklassischen Juristen Iulius Paulus aus severischer Zeit zugeschrieben werden Dies ist in der rechtsgeschichtlichen Forschung allerdings bis heute umstritten 3 4 Zweifel daran dass die Sentenzen inhaltlich authentischer paulinischer Tradition entsprachen mussen bereits zu Kaiser Konstantins Zeiten bestanden haben Ausweislich des Codex Theodosianus ordnete der Kaiser 327 oder 328 per Konstitution namlich an dass der stilistisch brillante Abhandlungsstil keine Zweifel an der Echtheit des Werkes zulassen sollte und die Regelungsinhalte in kunftigen Gerichtsverfahren zu beachten seien 5 Max Kaser zahlt die Sentenzen nicht zu den eigentlichen Interpolationen erkennt darin stattdessen ein neues Werk 6 Publiziert ist das Werk in funf Buchern libri 7 Gesellschaftliche Bedeutung hatte Paulus spatestens mit dem Zitiergesetz der Kaiser Valentinian und Theodosius erlangt da er den Status einer Autoritat sogenannter Zitierjurist fur das gesamte Reich eingenommen hatte Inhaltlich befassen sich die Sentenzen mit Straf und Privatrecht Besonders zugutegehalten wird der Arbeit immer wieder dass sie die romischen Gesetze mit hoher Pragnanz formuliere und thematisch so zusammenfasse dass sie sich mit der Systematik traditioneller Gesetzesanordnungen decke Dadurch sei ein klarer Uberblick uber das seinerzeit geltende Rechtssystem geschaffen worden 8 Dargelegt werden beispielsweise die Umstande die zur Aufopferung des damals vorherrschenden Formularprozesses agere per formulam gefuhrt hatten Mit diesem Prozesstyp agierten die zustandigen Pratoren lange Zeit wahrend der Republik und der fruhen fruhen Kaiserzeit 9 10 Er war durch das weniger formliche und damit wesentlich modernere Erkenntnisverfahren des Kognitionsprozesstyps abgelost worden 11 Kognitionsprozesse unterlagen nunmehr zudem der kaiserlichen Gerichtsbarkeit Deren Beamte handelten nicht mehr nach den Vorgaben von Edikten sondern nach Massgabe von Verwaltungsverordnungen Diese waren wohl effektiver als die Edikte andererseits entzogen sich die Verordnungen den Einflussnahmemoglichkeiten klassischer Jurisprudenz 12 Historische Einbettung BearbeitenDie epiklassischen 13 Sentenzen folgten den diokletianischen Sammlungen von Kaiserkonstitutionen den Kodizes Gregorianus und Hermogenianus zeitlich nach Nach Einfuhrung der beiden Kompilationen war die Rechtsliteratur dazu ubergegangen klassische Juristenwerke in wesentlich simplifizierter Form wiederzugeben Geschuldet war diese Erleichterung der deutlich abschwellenden Anspruchshaltung an den juristischen Ausbildungsstatten und der daran angelehnten Rechtspraxis Mit vergleichbarem Ansinnen entstanden die regulae Ulpiani und die tituli ex corpore Ulpiani Transformationen von Juristenschriften des nicht minder bedeutsamen Rechtsgelehrten Ulpian 7 Ahnlich wie die Epitome Gai sind die Sentenzen zwar durch die westromische Gesetzgebung uberliefert doch mussen sie als Uberarbeitung eines erst im fruhen 5 Jahrhundert entstandenen Auszugs aus den Institutiones Iustiniani gelten 14 Kaiser Konstantin kassierte 321 alle schriftsatzliche Rechtskritiken sogenannte notae der Juristen Paulus und Ulpian die im Zusammenhang mit den Gutachtensammlungen responsae des Juristen Papinians standen um sieben Jahre spater umgekehrt Echtheit einer Paulus untergeschobenen Schrift zu dekretieren 15 Aus diesem Grund ist nicht mit Gewissheit zu sagen ob Recht das beispielsweise in den Codex Theodosianus eingeflossen ist 16 klassisches Recht oder eigenes Recht der Zeit der deshalb so genannten pseudopaulinischen Sentenzen umfasst Ausdrucklichen Bezug auf die pseudopaulinischen Sentenzen nimmt andererseits die Sammlung der Collatio 17 die auf eines der funf Bucher den liber singularis De poenis paganorum Bezug nimmt 18 Weitere Fundstellen des Werkes befinden sich in den nachgenannten Kodizes und Schriftensammlungen lex Romana Visigothorum Brevier des Alarich fragmenta Vaticana lex Romana Burgundionum und in den Digesten Lange hielt man die paulinischen Sentenzen fur einen Anhang der fruhmittelalterlichen westgotischen lex Romana Visigothorum Frankreichs 1 Literatur BearbeitenJohann Samuel Ersch Johann Gottfried Gruber Hrsg Allgemeine Encyclopadie der Wissenschaften und Kunste Unveranderter Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1818 1889 Akademische Druck und Verlagsanstalt Graz 1969 ISBN 978 3 201 00093 2 3 Sektion Band 13 S 228 ff online Detlef Liebs Die Jurisprudenz im spatantiken Italien 260 640 n Chr Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Neue Folge Band 8 Duncker amp Humblot Berlin 1987 S 173 191 und 287 Detlef Liebs Romische Jurisprudenz in Africa mit Studien zu den pseudopaulinischen Sentenzen Antike in der Moderne Band 3 Berlin 1993 2 Auflage Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Neue Folge Band 44 Duncker amp Humblot Berlin 2005 ISBN 3 428 11617 8 Ulrich Manthe Geschichte des romischen Rechts Beck sche Reihe 2132 Beck Munchen 2000 ISBN 3 406 44732 5 S 106 110 Hartwig Schellenberg Die Interpretationen zu den Paulussentenzen Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1965 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Sententiae receptae Paulo tributae Quellen und Volltexte Latein Anmerkungen Bearbeiten a b Ulrich Manthe Geschichte des romischen Rechts Beck sche Reihe 2132 Beck Munchen 2000 ISBN 3 406 44732 5 S 115 f Detlef Liebs Das Codexsystem Neuordnung des romischen Rechts in nachklassischer Zeit In Zeitschrift der Savigny Stiftung fur Rechtsgeschichte Romanistische Abteilung Band 134 Heft 1 Jahrgang 2017 S 413 Verneinend Marie Theres Fogen Die Enteignung der Wahrsager Studien zum kaiserlichen Wissensmonopol in der Spatantike Suhrkamp Frankfurt am Main 1993 ISBN 3 518 58155 4 S 75 Ebenfalls verneinend Fritz Schulz Geschichte der romischen Rechtswissenschaft Weimar 1961 S 213 ff Ernst Levy Paulus und der Sentenzenverfasser In SZ Die Romanistische Abteilung RA ISSN 0323 4096 1930 50 S 272 294 Codex Theodosianus 1 4 2 Max Kaser Romische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode In Forschungen zum Romischen Recht Bd 36 Bohlau Wien Koln Graz 1986 ISBN 3 205 05001 0 S 116 FN 9 a b Herbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht Bohlau Wien 1981 9 Aufl 2001 ISBN 3 205 07171 9 S 48 f A Arthur Schiller Roman Law Mechanisms of Development Mouton ISBN 90 279 77 44 5 S 46 ff Franz Wieacker Romische Rechtsgeschichte Zweiter Abschnitt Die Jurisprudenz vom fruhen Prinzipat bis zum Ausgang der Antike im westromischen Reich und die ostromische Rechtswissenschaft bis zur justinianischen Gesetzgebung C H Beck Munchen 2006 ISBN 978 3 406 33928 8 S 172 Streiten mit Prozessformeln litigare per con cepta verba id est per formulas siehe Wolfgang Kunkel Martin Schermaier Romische Rechtsgeschichte 14 Auflage UTB Koln Wien 2005 6 Die zivilrechtliche Jurisdiktion und das Amtsrecht S 106 123 112 Jan Dirk Harke Romisches Recht Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57405 4 Grundrisse des Rechts 1 Rnr 22 Ulrich Manthe Geschichte des romischen Rechts Beck sche Reihe 2132 Beck Munchen 2000 ISBN 3 406 44732 5 S 106 110 Der Begriff Epiklassik steht im Bereich des Rechtswesens fur die erste Periode der Spatantike vom Beginn der Reichskrise des 3 Jahrhunderts bis zur Konstantinischen Wende vgl Detlef Liebs Die Jurisprudenz im spatantiken Italien 260 640 n Chr Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Neue Folge Band 8 Duncker amp Humblot Berlin 1987 S 283 287 Zusammenfassung angelehnt an Franz Wieacker Wolfgang Kunkel Martin Schermaier Romische Rechtsgeschichte 14 Auflage UTB Koln Wien 2005 10 Die Rechtsentwicklung der Spatzeit bis auf Justinian S 187 207 193 Detlef Liebs Die Jurisprudenz im spatantiken Italien 260 640 n Chr Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Neue Folge Band 8 Duncker amp Humblot Berlin 1987 S 287 Codex Theodosianus 1 4 2 Detlef Liebs Die Jurisprudenz im spatantiken Italien 260 640 n Chr Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Neue Folge Band 8 Duncker amp Humblot Berlin 1987 S 173 Mosaicarum et Romanarum legum collatio 2 5 f 6 6 2 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Werk VIAF 65159474192027661988 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sententiae Receptae amp oldid 239221752