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Rene Louis Rudolf Marcic kroatisch Marcic 13 Marz 1919 in Wien 1 2 Oktober 1971 in Aarsele Belgien war ein osterreichischer Publizist und Rechtsphilosoph Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 2 Wirken als Rechtsphilosoph 3 Haltung zu Demokratie und Diktatur 4 Wirken als Publizist 5 Auszeichnungen 6 Werke von Marcic 7 Marcic und die de Mendelssohn Affare 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseLeben und Werk Bearbeiten nbsp Gedenkstein fur Rene Marcic im Aigner Friedhof in SalzburgRene Marcic war der Sohn von Rudolf Ernest Marcic einem ehemaligen Offizier der osterreichisch ungarischen Armee und der Elisabeth Hedwig Maria geb Nikolits von Konigsbruck Tochter von Generalmajor Artur Nikolits von Konigsbruck 1 2 Marcic lebte ab 1920 in Slowenien und spater in Kroatien damals Teile des Konigreichs Jugoslawien Die Volksschule besuchte er auf der Insel Kolocep Dalmatien Danach besuchte er die Franziskaner Gymnasien auf der Insel Badija vor Korcula und Siroki Brijeg Herzegowina wo er 1937 die Matura ablegte Noch im selben Jahr begann er ein Studium an der Rechts und Staatswissenschaftlichen Fakultat der Universitat Zagreb wo er am 14 Februar 1942 zum Dr jur promoviert wurde Anschliessend arbeitete er als Presse und Kulturreferent im Generalkonsulat des faschistischen Unabhangigen Staats Kroatien in Wien wurde 1946 Mitglied des Redaktionsstabs der Salzburger Nachrichten und arbeitete als Gerichtsreporter ab 1953 als Gerichtsredakteur Nach dem Tod von Gustav Canaval dem Grunder jener Zeitung war er von 1959 bis 1964 dessen Nachfolger als Chefredakteur Parallel zu dieser Tatigkeit habilitierte sich Rene Marcic 1959 fur Rechtsphilosophie und Allgemeine Staatslehre mit der Schrift Vom Gesetzesstaat zum Richterstaat Sein breit angelegtes wissenschaftliches Werk umfasst 17 Monographien und uber 300 Beitrage in Sammelbanden und Fachzeitschriften auf den Gebieten der Rechts und Staatsphilosophie des Naturrechts der Politikwissenschaften und des Verfassungsrechts Marcic wurde ein zentraler Protagonist der Wiedererrichtung der Universitat Salzburg und betrieb den Aufbau der Rechts und Staatswissenschaftlichen Fakultat sowie die Einrichtung des interfakultaren Instituts fur Politische Wissenschaften in Salzburg bzw des Studiums der Politikwissenschaft in Osterreich 3 Er war von 1963 bis 1971 Universitatsprofessor fur Rechts und Staatsphilosophie Ab 1965 war er auch fur Allgemeine Staatslehre und Verfassungsrecht sowie Politikwissenschaft zustandig Die Besonderheit des von Marcic eingerichteten interfakultaren Instituts illustrierte den pluralistisch interdisziplinaren Denkansatz von Rene Marcic Der Kollektivvorstand dieses Instituts setzte sich aus folgenden Professoren zusammen Rene Marcic Franz Martin Schmolz Gesellschaftslehre und politische Theorie an der Theologischen Fakultat und Gunter Kieslich Publizistik und Kommunikationstheorie an der Geisteswissenschaftlichen Fakultat weiters erhielt auf Initiative von Rene Marcic Norbert Leser den ersten Lehrstuhl fur Politikwissenschaft Geisteswissenschaftliche Fakultat in Osterreich Marcic kam gemeinsam mit seiner Frau Blanka bei einem Flugzeugabsturz in Belgien ums Leben 4 als er nach einem einjahrigen Forschungsaufenthalt beim Rechtsphilosophen Julius Stone 1907 1985 in Sydney heimkehren wollte Wirken als Rechtsphilosoph BearbeitenMarcic vertrat eine kritische Naturrechtslehre die er als ontologische Theorie eines von ihm so bezeichneten Seinsrechts verstand In Kurze lasst sich dies so beschreiben Aus dem Sein des Menschen und seiner Lebenswelt lasst sich so sagt er die Menschenwurde ableiten aus welcher sich nicht nur die Gerechtigkeit als wichtigste Grundidee des Rechts als der Ordnung der Beziehung der Menschen zueinander ableiten lasse sondern auch die Menschenrechte in ihrer Ausfacherung wobei die Menschenrechte als Grundlage der Rechtsordnung aller Staaten gelten sollten Der zeitgenossische marxistische Philosoph Wilhelm Raimund Beyer der Grunder und Prasident der Internationalen Hegel Gesellschaft bezeichnete ihn als den neben Jean Paul Sartre einzigen Philosophen nach 1945 der mit seinem ontologischen Entwurf der Rechtstheorie uberhaupt einen umfassenden Versuch einer neuen Ontologie unternahm Rene Marcic bezog sich dabei auf so unterschiedliche Positionen wie Aristoteles Thomas von Aquin Martin Heidegger Ernst Junger Hegel und Julius Stone Er kannte wie kaum ein anderer Philosoph die Texte der griechischen und romischen Philosophie der Antike in der Originalsprache und zitierte diese nicht nur in seinen Beitragen sondern in den Vorlesungen auch aus dem Gedachtnis Mit Hans Kelsen dem die Universitat Salzburg auf seine Initiative hin das Ehrendoktorat verlieh und mit dem ihn eine Freundschaft verband veranstaltete er eine Reihe von Diskussionen Es ging vor allem um die Frage des Naturrechts und die Suche nach prapositiven Normen des Rechts Marcic wollte damit eine philosophische Grundlage zu einer kritisch verantwortlichen Kultur des Rechts aber auch der Medien der Politik und der Wissenschaften schaffen um Demokratie und Rechtsstaat von unten her genossenschaftlich weiterentwickeln zu lassen Haltung zu Demokratie und Diktatur BearbeitenMahnend zitierte er den Spruch der Antike Oboedientia facit tyrannum Es ist der Gehorsam der den Tyrannen macht 5 Daher trat er fur das autonome Eintreten der Burger fur die von unten her definierten Interessen der Allgemeinheit ein weil nur eine genossenschaftlich zustande gekommene Rechtsordnung der Demokratie wirklich gerecht werden konne diese aber freie und selbstandig denkende Menschen voraussetzt Marcic lehnte jede Gewalt ab es sei denn als Ausnahme der Widerstand gegen Tyrannen wie Adolf Hitler Dabei verwies er auf die Tradition des europaischen Denkens die unbedingt beibehalten werden solle Wer zur Befreiung des Vaterlandes den Gewalt und Willkurherrscher totet soll gepriesen werden lehrt Cicero und der Aquinate 6 Da in der NS Zeit zur Begrundung des blinden Gehorsams gerne der Romerbrief Kap 13 strapaziert wurde betonte er dass Paulus nur dann richtig verstanden werde wenn man weiss dass er an anderer Stelle implizit mahnte Nehmt nicht alles als Gottes Wille hin was euch als Gottes Wille hingestellt wird 7 Jede Verherrlichung von Staat und Gemeinschaft auf Kosten der individuellen Freiheit lehnte er grundlegend ab und untermauerte dies mit der Philosophie des Thomas von Aquin der dem Staat und der Gemeinschaft eine relationale aber nur dem konkreten Menschen eine substantielle Realitat zugemessen habe Es sei deshalb immer falsch zu behaupten der Mensch musse sich einer Obrigkeit einfach ohne Kritik unterordnen Wo das Wort herrschen fallt da hort man den Herrn die Peitsche schwingen und den Knall der vom Fall des Sklaven kundet 8 So spricht er um speziell die Position der Linken verstandlich zu machen Das ist es was die Neue Linke irritiert 9 Aber dem zum Teil verstandlich gehaltenen linken Protest gegen die Autoritat musste er in fundamentalen Punkten widersprechen wenn er etwa kritisch an den gefahrlichen Satz von Leo Trotzki erinnert Halt man das Leben fur heilig muss man auf die Revolution verzichten 10 Wirken als Publizist BearbeitenUnter Publizist verstand Marcic zum Unterschied vom Begriff Journalist jenen Mitwirkenden an Qualitatszeitschriften welcher nicht nur Tagesereignisse wiedergibt sondern auf wissenschaftlicher Grundlage die gesellschaftliche Gesamtlage beurteilt und kommentiert wobei der Querschnitt der veroffentlichten Beitrage die offentliche Meinung bzw das geistige Leben und die Debatten der Offentlichkeit einer Gesellschaft reprasentieren Wahrend der Zeit seiner Leitung der Salzburger Nachrichten aber auch in den spateren Jahren war Marcic im ganzen deutschen Sprachraum als Kommentator des Zeitgeschehens anerkannt Er fuhrte den Begriff der Medien als Vierter Gewalt 11 12 im Staate ein unter Anspielung an die Drei Gewaltenlehre nach Montesquieu Er setzte sich auch fur die Verleihung eines hohen osterreichischen Literaturpreises des Jahres 1967 an den damals erst wenig bekannten und dennoch umstrittenen Thomas Bernhard ein Auszeichnungen BearbeitenIm Jahre 1979 wurde vom Land Salzburg als Zeichen besonderer Wertschatzung fur Rene Marcic der nach ihm benannte Rene Marcic Preis ins Leben gerufen eine Auszeichnung fur besondere Leistungen auf publizistischem Gebiet 13 Er war Mitglied der KOHV Rheno Juvavia Salzburg im OCV 14 sowie Ehrenmitglied der Katholisch Osterreichischen Landsmannschaft Austria zu Salzburg 15 Werke von Marcic BearbeitenVom Gesetzesstaat zum Richterstaat 1957 Martin Heidegger und die Existenzialphilosophie 1949 Verfassung und Verfassungsgericht 1963 Mensch Recht Kosmos 1965 Die Stellung der politischen Parteien in der Verfassung 1965 Das Buch und sein Verwalter 1966 Der Staatsmann in der Demokratie 1966 Die Koalitionsdemokratie 1966 Verfassungsgerichtsbarkeit und Reine Rechtslehre 1966 Hrsg Die Zukunft der Koalition 1966 Ernst Jungers Rechtsentwurf zum Weltstaat 1966 Rechtsphilosophie 1969 Demokratie der Baustil des Wandels 1970 Hegel und das Rechtsdenken im deutschen Sprachraum 1970 Recht Staat Verfassung 1970 Geschichte der Rechtsphilosophie 1971 Naturrecht und Gerechtigkeit 1989 Marcic und die de Mendelssohn Affare BearbeitenIm Jahre 1949 kritisierte Marcic als Gerichtsreporter in der Weihnachtsausgabe der Salzburger Nachrichten den deutschen Journalisten Peter de Mendelssohn wegen einer Ernst Junger betreffenden Rezension in scharfer Weise Dabei fiel folgender Satz Der Wert des Menschen steigt oder sinkt je nachdem man das Wesen des Menschen hoher oder niederer ansetzt Wer uber Gott und das Gebet Spott treibt oder wer in Gott hochstens ein Es jedoch keine Person kein Du erfahrt der darf sich nicht wundern wenn er die Abwertung seines Wesens am eigenen Leibe zu spuren bekommt und eines Tages in die Gaskammer gesteckt wird Mendelssohn und seinesgleichen haben selber die Welt heraufbeschworen von der sie dann verfolgt wurden 16 Fur diese Aussage hat sich Marcic spater in einer Karfreitagsbetrachtung bei Mendelssohn und bei allen Opfern des Nationalsozialismus offentlich entschuldigt Da der Kommunikationswissenschaftler Fritz Hausjell 2007 wegen dieses Satzes sowie wegen der Tatsache seines fruheren Dienstes fur das faschistische Ustascha Regime die Umbenennung des nach Marcic benannten Rene Marcic Preises gefordert hatte 17 liess Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller SPO von einer wissenschaftlichen Kommission die von ihm erhobenen Vorwurfe uber die Einstellung des Wissenschaftlers und Journalisten Rene Marcic zum Nationalsozialismus und zum Antisemitismus prufen Das Ergebnis erbrachte eine eindeutige Entlastung von Rene Marcic Es wurden keine expliziten Aussagen gefunden die in irgendeiner Form Sympathie mit dem nationalsozialistischen Regime mit Adolf Hitler und mit dessen Krieg bzw Kriegsverbrechen ausdrucken 16 Dieser Bericht enthalt u a eine Wurdigung der hinsichtlich der Aufklarung uber den osterreichischen Antisemitismus fuhrenden Zeithistorikerin Erika Weinzierl die im Jahr 1971 72 in einer Gedachtnisschrift fur Rene Marcic lobend jene selbstkritischen Karfreitagsbetrachtungen hervorgehoben hat Weinzierl nennt Rene Marcic einen unermudliche n Vorkampfer fur die Grund und Freiheitsrechte der seit 1946 ohne Abstrich fur die Unverjahrbarkeit der Verbrechen wider die Menschheit und die lebenslangliche Suhnepflicht der Verbrecher eingetreten ist 16 Literatur BearbeitenMichael Fischer Hrsg Dimensionen des Rechts Gedachtnisschrift fur Rene Marcic 2 Bande Duncker amp Humblot Berlin 1974 ISBN 3 428 02989 5 Norbert Leser Rene Marcic 1919 1971 In Grenzganger ZDB ID 1058691 x Band 1 1981 S 75 88 Alexander Pinwinkler Die Grundergeneration der Universitat Salzburg Biographien Netzwerke Berufungspolitik 1960 1975 Bohlau Wien Koln Weimar 2020 Erwin Bader Rene Marcic und der Richterstaat In Anton Pelinka Hrsg Zwischen Austromarxismus und Katholizismus Festschrift fur Norbert Leser Braumuller Wien 1993 ISBN 3 7003 1003 X S 123 136 Tobias Neubacher Die Anfange der Politikwissenschaft in Salzburg Rene Marcic 1919 1971 Franz Martin Schmolz 1927 2003 und das Senatsinstitut fur Politikwissenschaft In Osterreichische Hochschulerinnen und Hochschulerschaft Hrsg Osterreichische Hochschulen im 20 Jahrhundert Austrofaschismus Nationalsozialismus und die Folgen Facultas Wien 2013 S 456 462 Fritz Hausjell Braune Federn In Die Zeit Nr 50 2005 uber R Marcic Erwin Bader Paul R Tarmann Hrsg Um Mensch und Recht Zum 50 Todestag des humanistischen Rechtsphilosophen und Publizisten Rene Marcic Edition Widerhall Band 6 Plattform Johannes Martinek Verlag Perchtoldsdorf 2021 ISBN 978 3 9519838 5 1 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Rene Marcic im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Eintrag zu Rene Marcic im Austria Forum im AEIOU Osterreich Lexikon Evers Marcic Stiftung der Rechtswissenschaftlichen Fakultat d Univ SalzburgEinzelnachweise Bearbeiten a b Taufbuch Wien Penzing Band 56 S 35 Univ Prof Dr Rene Marcic Auf stadt salzburg at abgerufen am 16 Dezember 2021 Tobias Neubacher Die Anfange der Politikwissenschaft in Salzburg Rene Marcic 1919 1971 Franz Martin Schmolz 1927 2003 und das Senatsinstitut fur Politikwissenschaft In Osterreichische Hochschulerinnen und Hochschulerschaft Hrsg Osterreichische Hochschulen im 20 Jahrhundert Austrofaschismus Nationalsozialismus und die Folgen Facultas Wien 2013 S 456 462 Jet sturzte ab Professor Marcic tot In Arbeiter Zeitung Wien 3 Oktober 1971 S 1 Rene Marcic Rechtsphilosophie S 280 Rene Marcic Rechtsphilosophie S 278 Rene Marcic Rechtsphilosophie S 280 Rene Marcic Rechtsphilosophie S 100 Rene Marcic Rechtsphilosophie S 102 Rene Marcic Rechtsphilosophie S 27 Skizze einer Magna Charta der Presse In Jur Blatter 1955 S 192 ff Kapitel Die vierte Gewalt in seinem Buch Vom Gesetzesstaat zum Richterstaat Wien 1957 S 394 397 https www salzburg gv at presse marcic Schriftenreihe des Landespresseburos Serie Salzburg Dokumentationen Nr 118 Land Salzburg Landespresseburo Salzburg 2009 ISBN 978 3 85015 237 2 Acta Studentica Juni 2016 Interner Teil S 9 Rene Marcic OCV Abgerufen am 16 Juli 2018 a b c Marcic Keine Sympathie mit nationalsozialistischem Regime Salzburger Landeskorrespondenz vom 30 August 2007 abgerufen am 21 Juli 2015 Kritik an Marcic Preis NS Verstrickungen In orf at 12 Marz 2007 abgerufen am 16 Dezember 2021 Rektoren der neugegrundeten Universitat Salzburg Egon Lendl 1964 1965 Carl Holbock 1965 1966 Rene Marcic 1966 1967 Stefan Rehrl 1967 1968 Wolfgang Waldstein 1968 1969 Rudolf Baehr 1969 1970 Stefan Rehrl 1970 1971 Friedrich Koja 1971 1972 Ingo Reiffenstein 1972 1973 Franz Nikolasch 1973 1974 Franz Matscher 1974 1975 Hans Wagner 1975 1977 Wilhelm Josef Revers 1977 1979 Wolfgang Beilner 1979 1983 Friedrich Koja 1983 1985 Joachim Dalfen 1985 1987 Fritz Schweiger 1987 1989 Theodor Wolfram Kohler 1989 1991 Alfred Kyrer 1991 1993 Edgar Morscher 1993 1995 Adolf Haslinger 1995 2001 Heinrich Schmidinger 2001 2019 Hendrik Lehnert 2019 2023 Normdaten Person GND 118577522 lobid OGND AKS LCCN n83215265 VIAF 10637876 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Marcic ReneALTERNATIVNAMEN Marcic Rene Louis RudolfKURZBESCHREIBUNG osterreichischer Journalist und RechtsphilosophGEBURTSDATUM 13 Marz 1919GEBURTSORT WienSTERBEDATUM 2 Oktober 1971STERBEORT Aarsele Belgien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rene Marcic amp oldid 238363694