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Polyploidie bezeichnet in der Biologie das bei manchen Arten zu beobachtende Phanomen mehr als zwei Satze von Chromosomen in den Zellen zu besitzen Bei einigen weiteren Arten tritt Polyploidie nur in einzelnen Zellen auf Haploider diploider und hexaploider Zellkern am Beispiel eines Chromosomensatzes mit zwei Chromosomen n 2 Ein einfacher haploider Chromosomensatz enthalt jedes Chromosom einmal ein zweifacher diploider Chromosomensatz zweimal Ab drei Chromosomensatzen spricht man von Polyploidie triploid drei Chromosomensatze beispielsweise bei einigen Bartierchen Tardigrada Gewohnlicher Lowenzahn und selten bei Amphibien vergleiche Teichfrosch tetraploid vier Chromosomensatze beispielsweise Gewohnlicher Lowenzahn Forellenfische und Wechselkroten wie Bufotes oblongus 1 pentaploid funf Chromosomensatze beispielsweise Alaska Papier Birke Betula papyrifera var kenaica Syn Betula kenaica 2 hexaploid sechs Chromosomensatze beispielsweise beim Saatweizen oktoploid acht Chromosomensatze beispielsweise bei Gartenerdbeersorten oder einigen Storen dekaploid zehn Chromosomensatze beispielsweise bei bestimmten Erdbeerhybriden dodecaploid zwolf Chromosomensatze beispielsweise beim Silber BrandschopfBei einer geraden Anzahl von Chromosomensatzen spricht man von Orthoploidie bei einer ungeraden von Anorthoploidie Die Entstehung der Polyploidie eines Organismus hat ihre Ursache in der Chromosomenvervielfaltigung bei der Meiose Werden keine Spindelfasern gebildet oder die homologen Chromosomenpaare bei der Reduktionsteilung aus anderen Grunden nicht getrennt so entstehen diploide Gameten Die Ursachen fur solche nicht erfolgten Trennungen konnen Stoffwechselstorungen Umwelteinflusse Kalte oder vom Menschen hinzugefugte Gifte wie Colchizin oder 8 Hydroxychinolin sein Uber evolutionare Zeitraume hinweg betrachtet stellt Polyploidie meist kein dauerhaftes Merkmal dar Wohl entsteht sie in einem Organismus als Duplikation des gesamten Genoms englisch whole genome duplication WGD Doch driften die entstandenen Genkopien im Folgenden durch Mutationen und Chromosomenaberrationen auseinander gehen verloren oder gewinnen neue Eigenschaften Nach langerer Weiterentwicklung ist die Herkunft erhaltener Gene oft erst durch Analysen ihrer DNA Sequenzen zu klaren Spuren fruherer WGD Ereignisse lassen sich in allen Lebewesen auffinden Polyploidie einzelner Zellen eines Organismus kann durch Endoreplikation oder Endomitose entstehen Inhaltsverzeichnis 1 Vorkommen 2 Allopolyploidie 3 Autopolyploidie 3 1 Keimbahnpolyploidie 3 2 Endopolyploidie 4 Vor und Nachteile 5 Kunstliche Erzeugung 6 Siehe auch 7 Einzelnachweise 8 Literatur 9 WeblinksVorkommen BearbeitenDie Polyploidie tritt vor allem bei Pflanzen haufig auf typische Beispiele sind der Weizen sowie zahlreiche Arten von Farnen und Orchideen Viele der kultivierten Obst und Gemusearten weisen Polyploidie auf sei es als Folge einer Zuchtung oder durch zufallige Ereignisse und Kreuzungen So gibt es zum Beispiel bei Erdbeeren neben diploiden Arten wie Wald Erdbeere und Knack Erdbeere auch polyploide wie die oktoploiden Arten Scharlach Erdbeere und Chile Erdbeere sowie deren kultivierte Kreuzung Garten Erdbeere oder dekaploide bestimmter Art Fragaria iturupensis oder Arthybride Fragaria vescana bei allen liegt ein einfacher Chromosomensatz aus 7 Chromosomen zugrunde nbsp Zwei triploide Teichfrosch Mannchen eines dem Seefrosch das andere dem Kleinen Wasserfrosch ahnlichIm Tierreich ist Polyploidie vergleichsweise seltener Sie tritt zum Beispiel bei einzelnen Arten oder Formen der Amphibien Triploidie beim Teichfrosch Tetraploidie bei Bufotes oblongus und Nagetiere Tetraploidie bei der Roten und der Goldenen Viscacharatte bei bestimmten Wenigborstern bei Arten der Taufliegen Drosophilidae sowie bei verschiedenen Gattungen der Tellerschnecken Tetra bis Oktoploidie 3 auf Auch die gesamte Familie der Forellenfische Salmonidae hat sich uber Polyploidisierung entwickelt 4 Beim Menschen kommt Polyploidie in einigen Zelltypen physiologisch vor Beispiele hierfur sind Zellen der Herzmuskulatur der Samenblase des Hypophysenvorderlappen der Leber oder im extravillosen Trophoblast der Plazenta 5 6 Polyploide Embryonen sterben in der Regel schon wahrend der Fruhschwangerschaft ab Auch von einigen Bakterien ist Polyploidie bekannt Ein Extrembeispiel ist hier das bis zu 0 6 Millimeter grosse Riesenbakterium Epulopiscium fishelsoni das bis zu 200 000 Kopien seines Genoms enthalt 7 Allopolyploidie BearbeitenAllopolyploidie wird eine Form der Polyploidie genannt bei der Chromosomensatze aus verschiedenen Arten gemeinsam vorliegen 8 Bei der Kreuzung zweier verwandter Arten entstehen gemeinhin sterile Nachkommen da bei den Arthybriden in der Regel die Chromosomenpaarung gestort ist und daher die Meiose nicht korrekt ablaufen kann Manche Chromosomen paaren sich noch korrekt sie werden als homolog bezeichnet Manche Chromosomen sind nicht mehr vollstandig homolog und paaren sich in der Meiose nicht mehr diese werden als homoolog bezeichnet Bei solchen Hybriden insbesondere von Pflanzen kann dann eine Polyploidisierung des Chromosomensatzes auftreten bei der es sich um Allopolyploidie handelt Geht diese Polyploidisierung aus der Kreuzung zweier normaler diploider Eltern auf spricht man von einem polyploiden Artbastard In diesem Fall liegen zwei jeweils doppelte Chromosomensatze vor Wenn die Chromosomen der Elternarten hinreichend verschieden sind konnen sich die jeweils doppelt vorhandenen Chromosomen der vaterlicherseitigen und der mutterlichseitigen Chromosomensatze paaren Dieser Nachkomme kann damit fruchtbar fertil sein und somit kann eventuell eine konstante Bastardart entstehen Deren cytologischen und genetischen Verhaltnisse gleichen denen einer Diploidie Wenn die Chromosomen der Eltern jedoch sehr ahnlich sind kann es bei der Chromosomenpaarung wahrend der Meiose infolge von Verwechslungen zu problematischen Paaren kommen und die Nachkommen sind nur eingeschrankt fertil oder steril Bei der Kreuzung zweier tetraploider Arten kann ein wiederum tetraploider sogenannter Additionsbastard entstehen der im Gegensatz zum polyploiden Artbastard jedoch heterozygot ist Solche Arten werden amphidiploid genannt In einigen Pflanzengattungen ist die Allopolyploidie recht haufig Beispiele sind Tabak Nicotiana Baumwolle Gossypium Nachtschatten Solanum einige Kreuzblutler wie der Raps und viele Sussgraser Ein bekanntes Beispiel ist der Weizen wo es diploide Arten wie Einkorn allotetraploide Arten wie Emmer und Hartweizen und sogar allohexaploide Arten wie Dinkel und Saatweizen gibt An letzterem sind drei Arten beteiligt Beim Weizen sind uber 40 verschiedene allopolyploide Formen bekannt beim Tabak sind es rund 60 Ihre Chromosomenzahlen reichen dabei von 36 bis 144 Autopolyploidie BearbeitenPolyploidie die auf der Vervielfachung von Chromosomensatzen innerhalb derselben Art beruht wird als Autopolyploidie bzw Autodiploidie Autotriploidie Autotetraploidie etc bezeichnet in Abgrenzung zur Allopolyploidie Autopolyploide Pflanzen verfugen durch die Zunahme des Kernvolumens meist uber grossere Zellen Vielfach sind die Bluten grosser was in der Pflanzenzuchtung ausgenutzt wird Kommt Polyploidie nur in einzelnen somatischen Zellen vor spricht man von Endopolyploidie Erst wenn sie in der Keimbahn vorkommt kann Polyploidie an die Nachkommen weitergegeben werden Keimbahnpolyploidie 9 Keimbahnpolyploidie Bearbeiten Fallt bei einer Meiose die Reduktion aus so entstehen statt haploider Gameten nun diploide Deren Verschmelzung mit einem haploiden Gameten fuhrt zu einer triploide Zygote bei Verschmelzung zweiermit diploider Gameten entsteht eine tetraploide Zygote Triploidie tritt bei Pflanzen haufiger auf Nicht selten sind triploide Pflanzen in ihrer Vitalitat und der physiologischen Ertragsleistung den diploiden uberlegen Solche werden daher in der Pflanzenzucht ofter bevorzugt mussen jedoch entweder vegetativ vermehrt werden wie einige Pappelsorten oder wie die Zuckerruben jeweils aus diploiden und tetraploiden Eltern entstehen Endopolyploidie Bearbeiten Bei der Endopolyploidie sind nur einige Gewebe oder Zellen eines Organismus polyploid Beispiele hierfur sind die Brennhaare der Brennnessel oder die Megakaryozyten des Menschen Diese polyploiden Zellen entstehen durch Endomitose oder Endoreduplikation In beiden Fallen werden die Chromatiden verdoppelt ohne dass der Zellkern sich anschliessend teilt Dies wird auch als somatische Polyploidie bezeichnet denn sie ist auf somatische Zellen beschrankt und betrifft nicht die Keimbahn Endopolyploidie betrifft meist besondere Zellen mit hohen Stoffwechselleistungen Spezielle Formen sind die Polytanchromosomen Vor und Nachteile BearbeitenPolyploidie bei Pflanzen aussert sich nicht selten in einer erhohten Vitalitat da die Transkription der Proteinbiosynthese vermehrt parallel erfolgen kann und so die Bildung von Proteinen z B Enzymen schneller moglich ist Bei Tieren dagegen ist Polyploidie eine in den meisten Fallen letale Veranderung des Genoms Eine Polyploidisierung wirkt nicht selten als genetische Barriere bei der Artbildung Sie ermoglicht so auch das Entstehen neuer Arten ohne geographische Isolation also eine sympatrische Artbildung Dass Eltern unterschiedlichen Ploidiegrades miteinander kompatible Geschlechtszellen produzieren konnen stellt eine Ausnahme dar siehe hierzu nicht diploide Chromosomensatze Kunstliche Erzeugung BearbeitenIn der Pflanzenzuchtung wird die Bildung der Mikrotubuli als Fasern des Spindelapparates auf kunstliche Weise verhindert Das Gift der Herbstzeitlose Colchicum autumnale Colchicin oder 8 Hydroxychinolin konnen neben anderen Wirkungen auch Polyploidie verursachen und werden daher fur diesen Zweck bei Pflanzen eingesetzt Anwendung finden solche Verfahren beispielsweise um kraftigere und ertragreichere Getreidesorten zu zuchten Siehe auch BearbeitenEuploidieEinzelnachweise Bearbeiten Christophe Dufresnes et al Fifteen shades of green The evolution of Bufotes toads revisited In Molecular Phylogenetics and Evolution Band 141 Nr 1066152019 Elsevier 2019 doi 10 1016 j ympev 2019 106615 Berichte uber die wissenschaftliche Biologie Springer Verlag 1931 google com abgerufen am 14 Februar 2023 Michael A Goldman Philip T LoVerde C Larry Chrisman Hybrid Origin of Polyploidy in Freshwater Snails of the Genus Bulinus Mollusca Planorbidae In Evolution 37 1983 S 592 600 Anthony J F Griffiths William M Gelbart Jeffrey H Miller Richard C Lewontin Modern Genetic Analysis W H Freeman and Company New York 1999 T H Schiebler H W Korf Anatomie Histologie Entwicklungsgeschichte makroskopische und mikroskopische Topographie 10 Auflage Steinkopf Verlag 2007 S 21 Phillip Velicky et al Genome amplification and cellular senescence are hallmarks of human placenta development In PLoS Genetics Band 14 Nr 10 2018 doi 10 1371 journal pgen 1007698 J E Mendell et al Extreme polyploidy in a large bacterium In Proc Natl Acad Sci USA Band 105 Nr 18 2008 S 6730 6734 PMID 18445653 doi 10 1073 pnas 0707522105 Wilhelm Seyffert Hrsg Lehrbuch der Genetik 2 Auflage Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg Berlin 2003 ISBN 3 8274 1022 3 S 504 Wilhelm Seyffert Hrsg Lehrbuch der Genetik 2 Auflage Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg Berlin 2003 ISBN 3 8274 1022 3 S 502 f Literatur BearbeitenPeter Schopfer Axel Brennicke Pflanzenphysiologie 6 Auflage Elsevier 2005 ISBN 3 8274 1561 6 Weblinks Bearbeitenhttp www wissenschaft online de abo lexikon bio 6438 zur Autopolyploidie Normdaten Sachbegriff GND 4224353 1 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Polyploidie amp oldid 235633241