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Nikolaus von Lutterotti OSB 22 Juli 1892 in Kaltern Osterreichisch Ungarische Monarchie als Markus von Lutterotti auch Marco von Lutterotti 28 Oktober 1955 in Stuttgart war Benediktiner Prior Archivar und Bibliothekar der Benediktinerabtei Grussau in Niederschlesien Zudem war er ein beliebter Prediger und machte sich auch einen Namen als Verfasser biographischer kunstgeschichtlicher und genealogischer Schriften Besondere Bedeutung erlangte seine Seelsorge nach 1945 mit dem Ubergang Schlesiens an Polen das sich schon bald zu einem kommunistisch gepragten Land entwickelte Ab 1946 wirkte er zudem als Spiritual der aus Lemberg vertriebenen polnischen Benediktinerinnen Gedenktafel auf dem Friedhof in Kaltern Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Veroffentlichungen 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenNikolaus von Lutterotti dessen Vorfahren 1737 von Kaiser Karl VI den erblichen Reichsadel verliehen bekamen wurde als Markus von Lutterotti im Roten Haus in Kaltern geboren Seine Eltern waren der in Venedig geborene spatere Notar Markus Marco von Lutterotti 1843 1898 und Marie geb von Hepperger zu Tirtschenberg und Hoffensthal 1848 1914 Ab 1902 besuchte er das Bozener Franziskanergymnasium das er 1910 mit der Matura abschloss Da er beabsichtigte Priester zu werden immatrikulierte er sich zum Wintersemester 1910 11 an der Katholisch Theologischen Fakultat der Leopold Franzens Universitat in Innsbruck wo er Alumne am Canisianum war Im vierten Semester befasste er sich mit dem Gedanken Ordensgeistlicher zu werden Im September 1912 besuchte er den Eucharistischen Weltkongress in Wien und benutzte die Gelegenheit auf der Ruckfahrt seine beiden alteren Schwestern in Prag zu besuchen die seit 1910 bzw 1911 als Novizinnen in der Benediktinerinnenabtei St Gabriel in Smichov lebten In Prag lernte er die Benediktinerabtei Emaus kennen die 1880 mit kaiserlicher Genehmigung mit deutschen Benediktinern aus der Abtei Beuron besiedelt wurde die wahrend des Kulturkampfes aus Preussen ausgewiesen worden waren Bereits am 5 Oktober 1912 trat von Lutterotti als Novize dort ein und nahm den Ordensnamen Nikolaus an Die Ordensgelubde legte er am 15 Januar 1913 ab Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 musste von Lutterotti seine Ausbildung unterbrechen da Abt Albanus Schachleiter in den Klosterraumen verschiedene caritative Einrichtungen u a eine Suppen und Armenkuche sowie ein Lazarett eingerichtet hatte Von Lutterotti und weitere jungere Ordensangehorige wurden als Sanitatshelfer des k u k Krankenzuges PK 45 eingesetzt der aus sechzehn Krankenwagen bestand die zu allen Kriegsschauplatzen fuhrten Wahrend eines kurzen Aufenthalts in Emaus erhielt er am 22 Juli 1916 durch den Prager Weihbischof Franz Brusak die Diakonweihe Mit dem Auseinanderbrechen der k u k Monarchie und der Grundung der Tschechoslowakei 1918 musste der deutsche Konvent der Beuroner Kongregation 1919 Prag verlassen Neue Heimstatt wurde das ehemalige Zisterzienserkloster Grussau in Niederschlesien das 1810 Opfer der Sakularisation geworden war Dort wurde Nikolaus von Lutterotti der nach Kriegsende seine theologische Ausbildung in der Abtei Beuron abgeschlossen hatte am 10 Oktober 1920 durch den Breslauer Weihbischof Valentin Wojciech zum Priester geweiht Neben seiner Tatigkeit als Seelsorger und Prediger in Grussau und den ehemaligen Stiftsdorfern wurde ihm die Stelle des Bibliothekars und Archivars ubertragen Dadurch wurde es ihm moglich die Abteigeschichte und das historische Erbe der Grussauer Zisterzienser sowie des zugehorigen Stiftslandes zu erforschen und zu erhellen Uber seine gewonnenen Erkenntnisse hielt er Vortrage und veroffentlichte zahlreiche Publikationen die bis heute wertvolle Beitrage zur schlesischen Kultur und Kirchengeschichte darstellen Bereits 1923 hatte er den Fuhrer durch die Heiligtumer der Abtei Grussau verfasst 1 Von 1922 bis 1924 war er zudem Spiritual im Magdalenerinnenkloster Lauban 1926 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Historischen Kommission fur Schlesien berufen und 1931 zum Pfleger der Kunstdenkmaler der Provinz Niederschlesien sowie als kirchlicher Archivpfleger fur das Dekanat Landeshut ernannt Daneben wirkte er zeitweise als Novizenmeister sowie als Leiter von Exerzitien und Einkehrtagen Von 1926 bis 1946 war er zudem Rektor der Oblatengemeinschaft 2 In dieser Zeit wuchs die Gemeinschaft auf etwa 250 Mitglieder an 3 Im Gegensatz zu Abt Albert Schmitt lehnte von Lutterotti die nationalsozialistische Politik ab da er darin einen Widerspruch zur christlichen Lehre sah Trotzdem wurde er 1943 von Abt Albert zum Prior berufen Am 9 September 1943 erhielt von Lutterotti durch eine politisch gut informierte Person den Hinweis dass ihm eine Festnahme drohe 4 Daraufhin begab er sich zu einer schon langer geplanten Behandlung in ein Krankenhaus im bohmischen Trautenau 5 Nachdem Grussau wie der grosste Teil Schlesiens nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 an Polen gefallen war wurde 1946 fast der gesamte Konvent zusammen mit dem grossten Teil der einheimischen Bevolkerung vertrieben Abt Albert Schmitt hatte Grussau zusammen mit den alteren bzw kranken Monchen bereits im Januar 1945 verlassen und grundete 1947 fur seinen Konvent die Abtei Grussau in Bad Wimpfen im Bistum Mainz Da von Lutterotti als Sudtiroler 1918 die italienische Staatsangehorigkeit annehmen musste durfte er zusammen mit vier weiteren Mitbrudern anderer Nationalitaten 6 in Grussau bleiben das nach Kriegsende 1945 in Krzeszow umbenannt worden war Um das Kloster und die kostbare Innenausstattung der Kirchen die Bibliothek das Archiv die Paramente u a zu retten unterstellte er in Absprache mit Abt Albert Schmitt die Abtei Grussau der polnischen Benediktinerabtei Tyniec bei Krakau Hierfur erlangte er auch die Zustimmung des Breslauer Apostolischen Administrators Karol Milik Nachdem im Waldenburger Bergland und in der Umgebung von Landeshut fast 20 000 deutsche Fabrik und Bergwerkarbeiter nicht vertrieben sondern als dringend benotigte Facharbeiter zunachst zuruckgehalten wurden ubernahm von Lutterotti die Seelsorge fur einen Teil dieser Deutschen fur deren Belange er sich einsetzte und die er in jeder Weise unterstutzte 7 Zu seinem Seelsorgsbezirk gehorten neben Grussau u a Gottesberg Rothenbach und Schwarzwaldau 8 sowie ab Juli 1947 die grosse Gemeinde Friedland an der Landesgrenze zur Tschechoslowakei Daneben wirkte er ab 1946 als Spiritual fur die in Grussau neu angesiedelten polnischen Benediktinerinnen die aus der Allerheiligenabtei aus Lemberg vertrieben worden waren Zugleich bemuhte er sich um die Verbesserung des Zusammenlebens zwischen Deutschen und Polen Da die Kinder der zuruckgebliebenen Deutschen bis 1949 keine Schulen besuchen durften forderte von Lutterotti einen privat organisierten geheimen Religionsunterricht der in Privatwohnungen stattfand Haufig erteilte er ihnen auch Nachhilfe in Deutsch und Mathematik sowie Kenntnisse in Geschichte und Geographie Erst nachdem die DDR 1951 die Oder Neisse Linie anerkannt hatte wurden in einigen Orten Niederschlesiens fur die deutschen Kinder Schulen mit deutscher Unterrichtssprache erlaubt Zu Schwierigkeiten und Verfolgungen kam es ab 1951 unter dem vom kommunistischen Regime eingesetzten Kapitularvikar Kazimierz Lagosz Staatskonform betrieb dieser u a das Verbot des Religionsunterrichts die Auflosung der Diozesan und Ordens Konvikte und der Frauenkloster sowie die Verstaatlichung des klosterlichen Besitzes Am 5 Mai 1953 kam unangemeldet eine Kommission von der Breslauer Diozesankurie nach Krzeszow Grussau die ein Dekret des Kapitularvikars Lagosz vorlegte und das Kloster visitieren sollte Trotz von Lutterottis Einspruchs und Hinweis auf die Exemtion des Klosters durchsuchten sie Sakristei Archiv Bibliothek und weitere Raume Schon einige Zeit vorher hatte die Geheime Sicherheitspolizei eine Hausdurchsuchung unternommen Am Pfingstmontag dem 25 Mai 1953 erschien am Nachmittag eine Kommission die aus sechs von Lagosz ernannten Kanonikern und einem weltlichen Beamten der Kurie bestand Sie beschlagnahmte den Grossteil der wertvollen Barockparamente sowie noch aus der Zisterzienserzeit stammende liturgische Gerate Da sich von Lutterotti wegen eines auf 17 00 Uhr festgesetzten Hochamts in Gorce Rothenbach befand wurde er dort von einem kommunistisch gesinnten Dekan mit dem Auto abgeholt Weil er darauf bestand den Gottesdienst abzuhalten wurde ihm nach der Ruckkehr nach Krzeszow Grussau die Beichtjurisdiktion die ihm noch von Erzbischof Adolf Bertram erteilt worden war abgenommen Ebenso die vom Apostolischen Administrator Karol Milik erteilte Genehmigung fur die Deutschenseelsorge in 16 Pfarreien bzw Kuratien 9 Als sich von Lutterotti im Oktober 1953 bei der Kurie in Breslau befand wo er ein Examen in der polnischen Sprache abzulegen hatte wurden das Kloster die Kirchen und Garten von der Geheimen Sicherheitspolizei durchsucht Nach seiner Ruckkehr stand von Lutterotti Tag und Nacht unter Polizeibewachung da er verdachtigt wurde mit einem Geheimsender Nachrichten an den Vatikan zu ubermitteln Zugleich wurden die wertvolle Klosterbibliothek das Klosterarchiv und die meisten der kunst und kulturhistorischen Exponate nach Breslau abtransportiert da diese nicht staatlich angemeldet bzw abgeliefert worden seien Trotz des andauernden politischen Drucks in der stalinistischen Ara fuhrte von Lutterotti seine seelsorglichen Aufgaben gewissenhaft fort Als ihm zu Weihnachten 1953 von Lagosz verboten wurde deutsch zu predigen bemuhte er sich ab Januar 1954 mit Hilfe der italienischen Botschaft um eine Ausreise die im November 1954 genehmigt wurde Die von ihm in Grussau zusammengetragene Sammlung mit uber 16 000 Andachtsbildern durfte er nicht mitnehmen Sie gelangte spater an das Ethnographischen Museum in Breslau Muzeum Etnograficzne we Wroclawiu einer Zweigstelle des Nationalmuseums Breslau Uber Wien und Innsbruck gelangte er zu seinen Verwandten in Kaltern wo er sich zunachst gesundheitlich erholte Dort verfasste er am 1 Janner 1955 ein Memorandum fur den Vatikan in dem er die Zustande im Erzbistum Breslau und dem Bistum Kattowitz von Kriegsende 1945 bis November 1954 schilderte Am Karfreitag 1955 kam er bei seinem Konvent in Wimpfen an Am 28 Oktober 1955 starb er im Stuttgarter Marienhospital an den Folgen einer schweren Infektionskrankheit die in Schlesien nicht rechtzeitig erkannt worden war Im Anschluss an das Requiem in der Abteikirche von Wimpfen wurde sein Leichnam unter grosser Anteilnahme und Betroffenheit auf dem dortigen Cornelienfriedhof beigesetzt Auch in der Abteikirche von Krzeszow Grussau wurde ein Requiem gehalten an dem neben den polnischen Benediktinerinnen deutsche und polnische Glaubige aus der ganzen Umgebung teilnahmen Am 2 September 1970 wurde auf dem Friedhof von Kaltern fur Nikolaus von Lutterotti eine Gedenktafel beim Lutterotti Familiengrab angebracht und mit Ansprachen des Kirchenhistorikers Hubert Jedin und des Kunsthistorikers Gunther Grundmann eingeweiht Veroffentlichungen BearbeitenFuhrer durch die Heiligtumer der Abtei Grussau Grussau 1923 Der Maler des Grussauer Hauptaltarbildes Tragikomisches aus einem Kunstlerleben In Schlesisches Pastoralblatt Jahrgang 1926 S 10 12 Abt Dominicus Geyer von Grussau 1696 1726 In Schlesisches Pastoralblatt Nr 9 September 1926 S 129 132 Fortsetzung Heft 10 Oktober 1926 S 145 150 Fortsetzung Heft 11 November 1926 S 161 165 Altgrussauer Klostergeschichten Breslau 1927 neu aufgelegt durch P Ambrosius Rose Wolfenbuttel 1962 Vom unbekannten Grussau 1928 Die Bohmischen Dorfer des Zisterzienser Klosters Grussau in Schlesien In Jahrbuch des Deutschen Riesengebirgs Vereins 16 1927 S 47 59 Bernhard Rosa In Schlesische Lebensbilder Band 3 Breslau 1928 S 89 95 Abtei Grussau Ein Fuhrer Grussau 1930 Michael Willmanns Gemalde in der Schlosskapelle zu Lobris Kreis Jauer In Schlesische Geschichtsblatter Mitteilungen des Vereins fur Geschichte Schlesiens 1930 Nr 2 S 25 30 Das Grussauer Willmannbuch 1931 Die Erzdekanalkirche zur Geburt Unserer Lieben Frau zu Trautenau Baugeschichte und Beschreibung Katholischer Pressverein fur Ostbohmen Trautenau 1932 Abt Innozenz Fritsch 1727 1734 der Erbauer der Grussauer Abteikirche Bergland Verlag Schweidnitz 1935 Vom unbekannten Grussau In Hirtenliebe und Heimattreue hrsg von P Ambrosius Rose Brentanoverlag Stuttgart 1957 Abt Bernardus Rosa von Grussau postum hrsg von P Ambrosius Rose Stuttgart 1960Literatur BearbeitenInge Steinstrasser Wanderer zwischen den politischen Machten Pater Nikolaus von Lutterotti OSB 1892 1955 und die Abtei Grussau in Niederschlesien Bohlau Verlag 2009 ISBN 978 3 412 20429 7 Inge Steinstrasser P Nikolaus von Lutterotti OSB 1892 1955 In Schlesische Lebensbilder Band X Verlag Degener amp Co 2010 ISBN 978 3 7686 3508 0 Inge Steinstrasser Pater Nikolaus von Lutterotti 1892 1955 Benediktiner in Prag und Grussau Wanderer zwischen den politischen Machten In Beuroner Forum 2011 S 79 94 P Ambrosius Rose Hirtenliebe und Heimattreue Brentanoverlag Stuttgart 1957Weblinks BearbeitenEintrag Haus SchlesienEinzelnachweise Bearbeiten M Haase Unser Pater Nikolaus In Hirtenliebe und Heimattreue Brentanoverlag Stuttgart 1957 S 35 Brigitte Lob Albert Schmitt O S B Abt in Grussau und Wimpfen Sein kirchenpolitisches Handeln und Wirken in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Bohlau Koln 2000 ISBN 978 3412042004 S 329 M Domitilla Veith OSB P Ambrosius Rose OSB In Geduld an den Leiden Christi teilnehmen Lebensbild von Oberstudienratin Ruth Thon 1905 1981 In Archiv fur schlesische Kirchengeschichte hrsg von Joachim Kohler Band 43 S 29 53 Verschiedene Indizien sprechen dafur dass der Informant der Landeshuter Landrat Otto Fiebrantz war Inge Steinstrasser Wanderer zwischen den politischen Machten Pater Nikolaus von Lutterotti OSB 1892 1955 und die Abtei Grussau in Niederschlesien Bohlau Verlag 2009 ISBN 978 3 412 20429 7 S 170 Es waren die zwei tschechischen Mitbruder P Bruno Studeny 1893 1977 und Br Gunther Veit 1901 1982 sowie die Osterreicher Br Florian Windisch 1884 1960 und Br Florian Unterluggauer 1900 1980 Tagungsbericht Kazimierz Dola Die deutschen Katholiken in Schlesien nach 1945 In Winfried Konig Hrsg Erbe und Auftrag der schlesischen Kirche 1000 Jahre Bistum Breslau Dulmen 2001 ISBN 3 87466 296 9 S 338 355 Nikolaus von Lutterotti In steter Bedrangnis In Hirtenliebe und Heimattreue hrsg von P Ambrosius Rose Brentanoverlag Stuttgart 1957 S 216ff Normdaten Person GND 11735094X lobid OGND AKS LCCN no2010020060 VIAF 72168919 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Lutterotti Nikolaus vonALTERNATIVNAMEN Lutterotti Markus von ursprunglicher Name Lutterotti Marco vonKURZBESCHREIBUNG Benediktiner Prior und Archivar des Benediktinerklosters Grussau in SchlesienGEBURTSDATUM 22 Juli 1892GEBURTSORT Kaltern Osterreich UngarnSTERBEDATUM 28 Oktober 1955STERBEORT Stuttgart Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nikolaus von Lutterotti amp oldid 234621368