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Klassifikation nach ICD 10R19 6 MundgeruchICD 10 online WHO Version 2019 Mundgeruch oder Foetor ex ore auch Halitosis genannt von lateinisch halitus Atem Hauch auch Ozostomie und Kakostomie ist unangenehmer Geruch des Atems bzw der Ausatemluft Inhaltsverzeichnis 1 Terminologie 2 Pathophysiologie 3 Ursachen 3 1 Orale Ursachen 3 2 Extraorale Ursachen 3 3 Systemische Ursachen 4 Diagnose 4 1 Biomarker 4 2 Halitophobie 5 Therapie 6 Kulturgeschichte 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseTerminologie BearbeitenDer synonyme Gebrauch der Fachbegriffe Halitosis und Foetor ex ore ist genau genommen nicht korrekt Foetor ex ore ist ein unangenehmer atypischer Geruch Gestank beim Ausatmen durch den Mund Der Begriff Halitosis bezeichnet ebenfalls eine unangenehme Ausatemluft die aber auch bei geschlossenem Mund also beim Ausatmen durch die Nase wahrgenommen werden kann Dies deutet moglicherweise auf eine extraorale Ursache Tonsillen Nasennebenhohlen obere Atemwege Magen hin Pathophysiologie BearbeitenLinus Pauling 1901 1994 fand in menschlichem Mundgeruch durch Gaschromatographie mindestens 200 verschiedene fluchtige meist organische Verbindungen die sich mit der ausgeatmeten Atemluft vermischen 1 Inzwischen wurden mit dieser Methode etwa 3000 verschiedene fluchtige Verbindungen identifiziert 2 Die normale Ausatemluft des Menschen enthalt etwa 78 Stickstoff 17 Sauerstoff 4 Kohlendioxid und nur etwa 1 sonstige Gase Dieses eine Prozent kann jedoch stark geruchsaktive fluchtige Verbindungen enthalten sodass trotz des geringen Volumenanteils der Geruch der Ausatemluft als unangenehm oder gar unertraglich empfunden wird Dazu zahlen unter anderem Schwefelverbindungen wie Schwefelwasserstoff H2S Methanthiol Methylmercaptan und Dimethylsulfid sowie Amine Diamine 3 und andere Stickstoffverbindungen wie 1 5 Diaminopentan Indol und Skatol 3 4 Ketone wie Aceton Propanon sowie kurzkettige Carbonsauren Propionsaure Buttersaure 5 Diese Stoffe entstehen z B durch die bakterielle Zersetzung meist anaerobe gramnegative Bakterien von organischen Substanzen aus Nahrungsresten Speichel oder totem Gewebematerial abgeschilferte Epithelzellen Ursachen BearbeitenAls Ausloser von Mundgeruch kommen orale extraorale oder systemische Ursachen in Betracht Orale Ursachen Bearbeiten In 85 90 der Falle liegen lokale Ursachen in der Mundhohle vor 6 7 Die meisten Bakterien sind auf dem Zungenrucken vorhanden in Kombination mit Zungenbelag und damit mit Abstand die haufigste Ursache fur Halitosis besonders ausgepragt bei der Lingua plicata und der schwarzen Haarzunge Weitere Ursachen sind in absteigender Reihenfolge Parodontitis marginalis offene Karies mangelhafte Mundhygiene lokale Infektionen Candidiasis Dentitio difficilis Gingivitis Periimplantitis und ungepflegter abnehmbarer Zahnersatz Seltene intraorale Ursachen konnen eine nekrotisierende ulzerierende Gingivitis NUG eine akute Gingivostomatitis herpetica Pemphigus vulgaris bzw Pemphigoid Morbus Behcet Erythema exsudativum multiforme Abszesse Glossitis rhombica mediana sowie ulzerierende und zerfallende Tumoren sein 8 Weitere Ursachen sind Genuss von Alkohol auch bei alkoholhaltigen Mundwassern Rauchen Nahrungs und Genussmittel Knoblauch Zwiebel schwefelhaltige Medikamente Disulfiram Dimethylsulfoxid Mundtrockenheit Xerostomie bei normalen Sprechberufen weit verbreitet Abmagerungskur durch die Nahrungskarenz fehlt die naturliche Selbstreinigung von Mund und Rachen Tonsillensteine sind wenige Millimeter grosse Gebilde in den Tonsillen im Rachenraum von weiss gelblicher Farbe und kalkig murber Konsistenz die einen ublen penetranten Geruch verbreitenExtraorale Ursachen Bearbeiten Die haufigsten extraoralen Ursachen fur Halitosis finden sich im HNO Bereich Sie machen etwa 5 8 aller Ursachen aus Davon wiederum sind Tonsillitis ca 2 3 und Sinusitis ca 1 5 die haufigsten Ursachen Diphtherie eine Infektion der oberen Atemwege bewirkt haufig einen faulig susslichen Geruch der Atemluft Bronchiektasen LungengangranSystemische Ursachen Bearbeiten Der Magen Darm Trakt ist als mogliche Ursache fur Mundgeruch prozentual betrachtet lt 0 1 irrelevant Allgemeinerkrankungen Diabetes mellitus Azetongeruch bei beginnender Azidose und somit bei beginnendem Coma diabeticum Hiatushernie Lebererkrankungen Leberzirrhose Hepatische Enzephalopathie Foetor hepaticus leberartiger Geruch chronisches oder akutes Nierenversagen Foetor uraemicus urinose Atemluft bei Uramie Zenker Divertikel Magenentzundung Gastritis vor allem bei Anaziditat Storung der Darmflora durch Nahrungsmittelallergien etc Ketose meist durch anhaltenden Hunger bzw langere Nahrungskarenz alltagliche Eindiffusion von Darmgasen in den Blutkreislauf und Respiration durch die Lunge 9 Diagnose BearbeitenMundgeruch Patienten konnen den Geruch des eigenen Atems selbst oft nicht wahrnehmen da der Geruchssinn nur auf Veranderungen der Konzentration eines Duftstoffes anspricht Abhilfe versprechen kleine Atemmessgerate mit denen angeblich der Schwefelgehalt der Ausatmungsluft festgestellt werden kann Organoleptische Diagnostik Gaschromatographie mittels Sulfid Monitor Messung der Konzentration fluchtiger Schwefelverbindungen Diagnostik durch HNO Arzt ggf internistische Untersuchung zum Ausschluss einer AllgemeinerkrankungBiomarker Bearbeiten Hauptartikel Atemgastest Fluchtige Stoffe im Atem konnen als Biomarker auf das Vorhandensein von Erkrankungen hinweisen z B Ketokorper auf Diabetes mellitus Manche Geruchsstoffe geben spezifische Hinweise auf Tumorerkrankungen Da die arztliche Nase oft nicht sensibel genug fur deren Wahrnehmung ist konnen speziell ausgebildete Hunde oder Chemosensoren zu deren Erfassung eingesetzt werden Jedoch ist der Einsatz solcher Schnuffelmethoden begrenzt denn fluchtige Stoffe kommen auch in der Umwelt vor oft sogar in hoherer Konzentration die Produktion fluchtiger Stoffe ist individuell sehr unterschiedlich ausserdem entstehen sie meist erst als Sekundarmetaboliten und sind daher weniger spezifisch 10 Andere Verfahren sind haufig praziser und wirtschaftlicher Als sinnvolle diagnostische Anwendungsgebiete der Atemtestung gelten derzeit der Nachweis von Helicobacter pylori mit dem 13C Harnstoff Atemtest Unvertraglichkeitsuntersuchungen einzelner Zuckerarten vor allem Laktoseintoleranz mit dem Wasserstoffatemtest der Ruckschluss von Atemgaskonzentrationen auf Blutkonzentrationen z B bei der Atemalkoholbestimmung Halitophobie Bearbeiten Ein betrachtlicher Teil der Patienten die befurchten dass sie Mundgeruch haben denken dieses zu Unrecht Diese Angst vor dem eigenen Mundgeruch wird als Halitophobie bezeichnet Therapie BearbeitenIm Vordergrund steht eine zahnarztliche Sanierung die gegebenenfalls aus der Therapie von kariosen Defekten einer Zahnfleischbehandlung einer professionellen Zahnreinigung und einer professionellen Zungenreinigung besteht Danach ist bei Fortbestehen der Halitosis trotz gewissenhafter Mundhygiene Zahnreinigung eine tagliche Zungenreinigung angesagt Man setzt den Zungenreiniger mit dem ausseren Ring am hinteren Ende der Zunge an und zieht ihn mit leichtem Druck nach vorn Die dorsale hintere Begrenzung ist der hochste Punkt bei herausgestreckter Zunge top of the hill Weiter dorsal darf nicht gereinigt werden da die Verletzungsgefahr erheblich zunimmt Den Zungenbelag spult man dann unter fliessendem Wasser ab Das Ganze wiederholt man etwa 3 4 Mal Die Anwendung erfolgt jeweils nach dem Zahneputzen Bei den ersten Zungenreinigungen sollte man vorsichtig beginnen um keinen Wurgereflex auszulosen Aber auch diese Massnahme hat nur eine Erfolgsquote von etwa 60 da die geruchsbildenden Substanzen sich oft in den Furchen und Grubchen der Zunge befinden die auch mit einem Zungenreiniger nicht entfernt werden konnen Erganzend sollten deshalb spezielle Zungenreinigungspasten verwendet werden unterstutzt von Mundspulungen 11 Mundspulungen mit Salbeitee Thymiantee Ringelblumentee Malventee spezielle Mundpflegelosungen oder Antibiotika Losung z B Metronidazol 8 mit Xylit Pulver hungert schadliche Streptococcus mutans Bakterien aus und etabliert eine gesunde Mundflora die Mundgeruch nicht aufkommen lasst 12 mit Chlorophyll oder Lutschen von Chlorophyll Dragees 8 Desodorierende und antibakterielle Mundspullosungen Cetylpyridiniumchlorid CPC Chlorhexidin totet zuverlassig Bakterien im Mund ab Eine Kombination von Zink und Chlorhexidin in geringen Konzentrationen scheint der effizienteste Weg zu sein um Fluchtige Schwefelverbindungen VSC volatile sulfur compounds zu entfernen die grosstenteils den Mundgeruch verursachen 13 Gegebenenfalls Therapie der Grunderkrankung Haufig trinken insbesondere Schwarztee die in ihm enthaltenen Polyphenole insbesondere das Flavonoid Theaflavin behindern das Wachstum der Plaquebakterien 14 Oft neigen Betroffene zum Uberdecken des Geruchs durch den Dauerkonsum von Pfefferminzbonbons Kaugummi Mundsprays oder Mentholpastillen oder die Verwendung kosmetischer Mundwasser Solche Blind oder Pauschaltherapien bleiben meist erfolglos Zunehmend werden probiotische Keime eingesetzt Die verwendeten Bakterien sind entweder Streptococcus salivarius K12 oder Lactobacillus salivarius WB21 die mittels Lutschtabletten appliziert werden die der Patient auf der Zunge zergehen lasst Insgesamt konnte gezeigt werden dass verglichen mit Placebo Lutschtabletten die Summe der fluchtigen Schwefelverbindungen deutlich haufiger erheblich reduziert werden konnte dass sich tatsachlich die bakterielle Zusammensetzung in der Mundhohle verandert und dass die applizierten Bakterien das Wachstum Halitosis assoziierter Bakterien unterdrucken 11 Wahnvorstellungen vom Eigengeruch werden unter dem Begriff olfaktorisches Referenzsyndrom oder als Eigengeruchshalluzinose zusammengefasst Ein Patient mit echtem Mundgeruch nimmt den tatsachlich vorhandenen Geruch in der Regel nicht wahr der Halitophobiker jedoch riecht den nicht vorhandenen Geruch nach eigenen Angaben deutlich Im Alltag des Halitophobikers dreht sich alles um die Vorstellung unertraglich aus dem Mund zu riechen Solche Patienten haben oft ein Arztehopping hinter sich da sie davon uberzeugt sind dass ihr Problem organischer und nicht psychischer Natur sei Bei einer Halitophobie kann jedoch eine psychotherapeutische Intervention angesagt sein wobei diese Patienten oft schwer dazu zu motivieren sind 15 Kulturgeschichte BearbeitenFolgenschwer erscheint Mundgeruch in der griechischen Mythologie bekannt als der lemnische Frevel Weil Aphrodite ihre Heiligtumer auf Lemnos vernachlassigt sah strafte sie alle Frauen der Insel mit ubelriechendem Atem Als Folge blieben ihnen ihre Gatten fern und vergnugten sich stattdessen mit thrakischen Sklavinnen Die eifersuchtigen Gattinnen brachten daraufhin in einer Nacht alle mannlichen Bewohner der Insel um Allein Thoas wurde von seiner Tochter Hypsipyle versteckt und uberlebte Jedes Jahr wird am 6 August in den USA der National Fresh Breath Day englisch Nationaler Tag des frischen Atems gefeiert Literatur BearbeitenLouis Z G Touyz Oral malador a review In J Can Dent Assoc Band 59 1993 S 607 610 Klaus Holldack Klaus Gahl Auskultation und Perkussion Inspektion und Palpation Thieme Stuttgart 1955 10 neubearbeitete Auflage ebenda 1986 ISBN 3 13 352410 0 S 42 f Geruch der Atemluft Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Mundgeruch Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Arbeitskreis Halitosis der DGZMK Deutsche Gesellschaft fur Zahn Mund und Kieferheilkunde Abgerufen am 26 Februar 2016 Halitose Memento vom 27 Mai 2008 im Internet Archive Europaische Forschungsgemeinschaft Merkblatt zu Ursachen und Therapie PDF 88 kB Uni Zurich Jan Frederik Guth Klinische Studie zur Untersuchung der Effektivitat zweier Mundspullosungen mit antibakteriellen Wirkstoffen bei der Bekampfung und Entstehung von Mundgeruch PDF 2 1 MB Dissertation an der Ludwig Maximilians Universitat Munchen 2008Einzelnachweise Bearbeiten L Pauling A B Robinson R Teranishi P Cary Quantitative analysis of urine vapor and breath by gas liquid partition chromatography In Proc Natl Acad Sci U S A Band 68 1971 S 2374 2376 doi 10 1073 pnas 68 10 2374 Wolfgang Legrum Riechstoffe zwischen Gestank und Duft Vieweg Teubner Verlag 2011 S 61 63 ISBN 978 3 8348 1245 2 a b S Goldberg A Kozlovsky M Rosenberg Association of diamines with oral malodor In Bad breath A multidisciplinary approach Hrsg D Van Steenberghe M Rosenberg Ramot Leuven 1996 S Goldberg A Kozlovsky D Gordon I Gelernter A Sinov M Rosenberg Cadaverine as a putative component of oral malodor In J Dent Res Band 73 1168 1994 I Kleinberg M Codpilly The biological basis of oral malodour formation In Bad breath Research perspectives Hrsg M Rosenberg Ramot Tel Aviv 1995 S 13 39 G Delanghe J Ghyselen L Feenstra D van Steenberghe Experiences of a Belgian Multidisciplinary Breath Odor Clinic In Bad breath A multidisciplinary approach Hrsg D Van Steenberghe M Rosenberg Ramot Leuven 1996 S 199 209 Andreas Filippi Zungenreinigung Quintessenz 2011 62 9 1195 1199 Abgerufen am 5 Oktober 2019 a b c Beate Augustyn Martina Kern Pflegerische Massnahmen in der Symptombehandlung In Eberhard Aulbert Friedemann Nauck Lukas Radbruch Hrsg Lehrbuch der Palliativmedizin Schattauer Stuttgart 1997 3 aktualisierte Auflage 2012 ISBN 978 3 7945 2666 6 S 948 958 hier S 950 Franz Rost Pathologische Physiologie des Chirurgen Experimentelle Chirurgie Springer Verlag 1925 und 2013 ISBN 978 3 642 99097 7 S 244 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Jae Kwak George Preti Volatile disease biomarkers in breath a critique In Current Pharmaceutical Biotechnology Band 12 Nr 7 2011 S 1067 1074 doi 10 2174 138920111795909050 a b Andreas Filippi Halitosis Quintessenz Verlag eingeschrankte Vorschau Abgerufen am 6 Oktober 2019 Zucker gegen Karies Memento vom 27 November 2011 im Internet Archive Radio Bremen TV Buten und Binnen Magazin P S Thrane A Young u a A new mouthrinse combining zinc and chlorhexidine in low concentrations provides superior efficacy against halitosis compared to existing formulations a double blind clinical study In The Journal of clinical dentistry Band 18 Nummer 3 2007 S 82 86 PMID 17913002 Tee gegen Mundgeruch In wissenschaft de 21 Mai 2003 abgerufen am 8 September 2019 Delia Nagel Christina Lutz Andreas Filippi Halitophobie das unterschatzte Krankheitsbild In Schweiz Monatsschr Zahnmed Band 116 Nr 1 2006 S 57 60 Abgerufen am 8 Oktober 2019 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4269032 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mundgeruch amp oldid 223832697