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Leopold Isaak Obermayer geboren am 10 Mai 1892 in Wurzburg gestorben am 22 Februar 1943 im KZ Mauthausen wurde als Jude und Homosexueller in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt Der promovierte Jurist war Schweizer Staatsburger und betrieb einen Weingrosshandel in Wurzburg Im Oktober 1934 verhaftet wurde Obermayer zwei Jahre uberwiegend im KZ Dachau festgehalten und 1936 wegen Vergehens gegen 175 dStGB zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt Die zustandigen Schweizer Stellen taten sich mit der Betreuung des Gefangenen schwer teilweise vertraten sie den Standpunkt dass Obermayer wohl kaum schweizerisch zu fuhlen und denken versteht 1 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Verhaftung 1 2 KZ Dachau 1 3 Haftbefehl 1 4 Verurteilung 1 5 Tod im KZ Mauthausen 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenObermayers Vater hatte 1875 seine bayerische Staatsburgerschaft abgelegt und die Schweizer Staatsburgerschaft erworben 2 Ebenso wie seine Eltern und Geschwister war Leopold Obermayer in Siblingen im Kanton Schaffhausen heimatberechtigt Obermayer besuchte die Israelitische Religionsschule in Furth und das Neue Gymnasium in Wurzburg Anschliessend studierte er Rechts und Staatswissenschaften in Wurzburg Dresden und Frankfurt am Main wo er 1918 mit Auszeichnung promovierte Nach Ausbildung und Militardienst in der Schweiz trat Obermayer als Prokurist in die Weingrosshandlung seines Vaters ein nach dem Tod seines Vaters 1926 ubernahm er das Unternehmen Seine Homosexualitat akzeptierte der glaubige Jude nach anfanglichem Zogern und lebte sie offen und selbstbewusst Verhaftung Bearbeiten Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten beschwerte sich Obermayer am 31 Oktober 1934 beim damaligen Leiter der Wurzburger Bayerischen Politischen Polizei B P P Josef Gerum uber die Kontrolle seiner Post Gerum war 1920 der NSDAP beigetreten Mitte April 1934 war der als besonders homophob 3 geltende Gerum von Munchen nach Wurzburg versetzt worden Obermayer wurde am gleichen Tag unter dem Vorwurf der Spionage der Verbindungen zur illegalen KPD und der Verbreitung von Grauelnachrichten in Schutzhaft genommen Diese Beschuldigungen wurden in spateren Verhoren Obermayers kaum thematisiert ein wegen Landesverrat eingeleitetes Verfahren wurde im Juni 1936 eingestellt Bei Durchsuchungen fand die Polizei in Obermayers Banksafe homoerotische Aktfotos und beschlagnahmte den Briefwechsel mit seinem umfangreichen Freundes und Bekanntenkreis In der Folgezeit wurden gegen mindestens 68 weitere Personen Ermittlungen eingeleitet Gestutzt auf Informationen Gerums erschien am 7 November 1934 ein Bericht in der Mainfrankischen Zeitung Anscheinend haben wir in der Person des Dr Obermayer Weinhandler Wurzburg Wolframstrasse 1 einen Vertreter jener Rasse erwischt den man ohne Rucksicht auf seine Zugehorigkeit zum Stamm Manasse ruhig als einen der gemeinsten und moralisch minderwertigsten Menschen bezeichnen kann die unter der Sonne wandeln Also Dr Obermayer ist auch heute noch ein Kommunist reinsten Wassers er hat sich die Schweizer Staatsburgerschaft zugelegt und ist Jude Er ist von jener gemeinen Veranlagung die Mediziner Paderastie nennen und die der Volksmund mit anormal oder nachsichtiger ausgedruckt mit unglucklicher Veranlagung bezeichnet Nun sind wir ihm auf der Spur Wir wissen dass wir in diesem Juden ein gemeingefahrliches Individuum aufgespurt haben das verdient hatte auf eine andere Art und Weise gestraft zu werden als durch eine humane Inschutzhaftnahme 4 Obermayer machte in den Verhoren keine verwertbaren Aussagen wies aber darauf hin dass in der Umgebung des mainfrankischen Gauleiters Otto Hellmuth Homosexuelle sitzen wurden 5 Gerum nahm Ermittlungen auf die am 5 Mai 1935 in einem zwolfseitigen Bericht an das bayerische Innenministerium uber Vorgange bei der Gauleitung Mainfranken mundeten Gauleiter Hellmuth forderte im Gegenzug die Ablosung Gerums und bezeichnete diesen als zur Verwendung in der Politischen Polizei absolut untauglich 5 Dem Schweizer Generalkonsulat in Munchen war die Verhaftung Obermayers vor dem 19 November 1934 bekannt geworden 6 Am 24 November bestatigte die Munchner Vertretung dass Obermayer nicht die deutsche Staatsburgerschaft besass Die alleinige Schweizer Staatsburgerschaft war Voraussetzung eines Schutzes durch die Schweiz Der Wurzburger Rechtsanwalt Obermayers Karl Rosenthal versicherte den Schweizer Behorden sein Mandant habe als bekennender Homosexueller keine strafbaren Handlungen begangen vor allem sei er kein Kommunist Auch schlug Rosenthal eine Ausweisung Obermayers in die Schweiz vor Der Gesandte der Schweiz in Berlin Paul Dinichert und der Chef der Abteilung fur Auswartiges in Bern Pierre Bonna beschlossen Ende des Jahres 1934 nichts zu Gunsten Obermayers zu unternehmen da dieser ihrer Ansicht nach schwer belastet sei 7 Eine Ausweisung Obermayers in die Schweiz setzte eine Eingabe des schweizerischen Generalkonsuls in Munchen an die deutschen Behorden voraus Die Eingabe unterblieb KZ Dachau Bearbeiten Am 12 Januar 1935 wurde Obermayer von Gerum in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert und dem dortigen Lagerkommandanten Heinrich Deubel ubergeben Die folgenden 21 Monate waren fur Obermayer eine Abfolge von Folter Verhoren mangelnder Hygiene unzureichender medizinischer Versorgung ungenugender Ernahrung und Beschimpfungen bis hin zu Todesdrohungen Neun Monate verbrachte er in einer Zelle im bunkerartigen sogenannten Kommandanturarrest 8 Nach eigenen Angaben erfuhr Obermayer unter folgenden Umstanden vom Tod seiner Mutter Am 16 September fruh nach dem Rasieren durch Lang im Hof aufs grausamste misshandelt Anwesend noch Verwalter Kantschuster Andere ohne weiteres vom Laufen dispensiert meine diesbezugliche Bitte wegen Herzbeschwerden durch Lang und Kantschuster abgeschlagen Lang befahl Zelle 10 seinen besonderen Spezi neben mir zu laufen mich vorwarts zu stossen und zu treten was 10 nach Kraften tat er boxte auch in die Nieren bis er mich niedergetreten hatte Dann musste ich zu Lang in sein Zimmer er nahm einen Stock aus dem Schrank und drohte mir furs nachste Mal 25 Hiebe an Dann musste ich erhitzt mit jagendem Puls angezogen unter die eiskalte Dusche bis ich vom Rock bis zu den Schuhen tropfnass war Dann nass in den Hof zuruck es war recht kuhl und weiter marschiert Hierauf wurde ich von Lang in Gegenwart von Kantschuster nass in tropfnassen Kleidern mit den Handen Kopf nach unten in Zelle 10 an den Bodenring gekettet Hinsetzen mit Drohungen verboten Mein Korper bildete einen Halbkreis Ich fror jammerlich durch die Misshandlung war ich aufs ausserste resp total erschopft Um 11 Uhr kamen Kantschuster und Lang schwenkten eine Depesche Lang rief Wieder ein Jud weniger Ihre Mutter ist tot Erst auf wiederholtes Bitten wurde ich losgekettet trockene Sachen bekam ich nicht musste mich nackt in eine Decke hullen So bekam ich vielleicht durch meine Mutter das Leben gerettet ich hatte uber Nacht so angekettet bleiben Schreibsachen trotz Todesfall verweigert 9 Nach Bitten eines Verwandten Obermayers schlug der Schweizer Gesandte in Berlin Paul Dinichert eine Intervention beim deutschen Auswartigen Amt vor um Obermayer vor ein ordentliches Gericht zu bringen Dieser Vorschlag wurde am 21 Februar 1935 vom Vorsteher des Eidgenossischen Departements fur auswartige Angelegenheiten Bundesrat Giuseppe Motta personlich abgelehnt Motta nannte eine Intervention dem allgemeinen schweizerischen Interesse kaum forderlich 10 Der Gesandte in Berlin wurde angewiesen angesichts der Art und Zahl der Leopold Obermayer zur Last gelegten sittlichen Verfehlungen nicht zu Gunsten dieses in moralischer wie auch in politischer Hinsicht schwer kompromittierten und ubrigens gestandigen Schweizerburgers zu intervenieren Die Haltung der Schweiz anderte sich im August 1935 nach einem Gutachten des Eidgenossischen Justiz und Polizeidepartements wonach die im nationalsozialistischen Deutschland praktizierte Schutzhaft gegenuber Auslandern nicht zulassig erscheine Ende August bewilligte der Bundesrat eine Eingabe zu Gunsten eines ordentlichen Gerichtsverfahrens gegen Obermayer 11 Haftbefehl Bearbeiten nbsp Ausschnitt aus dem Bericht Obermayers uber seine Haft im KZ DachauAm 11 September 1935 ordnete die Munchner Zentrale der B P P an gegen Obermayer sei ein richterlicher Haftbefehl zu erwirken oder er sei in Ausweisungshaft zu uberfuhren Am 23 September wurde Obermayer in das Gefangnis nach Wurzburg spater ins nahe gelegene Ochsenfurt uberstellt Dort wurde Obermayer am 1 Oktober ein Haftbefehl wegen Vergehens gegen 175 eroffnet Im Gefangnis hielt Obermayer in einem auf den 2 Oktober datierten handschriftlichen 16 seitigen Bericht die Umstande seiner Haft in Dachau fest Dieses Dokument gilt als ein Stuck von besonderem Quellenwert 12 unter den wenigen zeitgenossischen Berichten von Dachauer Haftlingen Obermayer versuchte den Bericht an seinen Anwalt Rosenthal weiterzuleiten was dieser angesichts der Brisanz des Schriftstuckes verweigerte Der Bericht gelangte in die Hande der Polizei Josef Gerum drangte in einem Fernschreiben vom 12 Oktober auf eine erneute Uberstellung Obermayers ins Konzentrationslager Obermayer furchtet allein mich und meine Massnahmen Die Gefahr einer ungehemmten Aussprache bei Gericht in Sachen Dachau ist zu gross Merkwurdig ist dass der Mann uber jeden Vorfall in Dachau genaue Notizen gefuhrt hat und sich selbst auf Tage und Stunden genau erinnern kann und diese Erinnerungen restlos schriftlich niedergelegt hat 13 Am 10 Oktober wurde Anwalt Karl Rosenthal fur knapp drei Monate in Schutzhaft genommen zwei Tage spater wurde Obermayer erneut ins KZ Dachau eingeliefert Die Untersuchungshaft wurde am 15 Oktober aufgehoben vom 29 Oktober datiert ein Schutzhaftbefehl dem zufolge es sich bei Obermayer um einen gefahrlichen fremdlandischen Staatsgegner handelt der noch vom Gefangnis aus den Versuch unternahm durch seinen Rechtsbeistand Greuelnachrichten verbreiten und in das Ausland gelangen zu lassen 14 Die Uberstellung Obermayers ins Konzentrationslager vor Aufhebung der Untersuchungshaft war nach damaliger Rechtslage rechtswidrig 15 Am 27 November ausserte Reichsjustizminister Franz Gurtner gegenuber Heinrich Muller vom Geheimen Staatspolizeiamt schwere Bedenken gegen das Verfahren und verwies auf mogliche diplomatische Verwicklungen 16 Obermayer verfasste in Dachau gestutzt auf seine juristische Ausbildung zahlreiche Beschwerden unter anderem an Heinrich Himmler und Reichsstatthalter Franz von Epp die jedoch bei der Zensur seiner Post beschlagnahmt wurden In einem Schreiben an seine Schwester beklagte Obermayer dass in Dachau keine anspruchsvolle Lekture in den Kultursprachen Franzosisch Englisch und Italienisch vorhanden sei 17 Die Folge des Briefes waren 21 Tage strenger Arrest Die Aberkennung seines Doktorgrades durch die Frankfurter Universitat akzeptierte Obermayer nicht Dies widerspreche der Unschuldsvermutung und sei in der 1918 geltenden Promotionsordnung nicht vorgesehen gewesen 18 Neuer Rechtsbeistand Obermayers wurde Fritz Ufer der auch als Vertrauensanwalt des Schweizer Konsulats in Munchen tatig war Im Februar 1936 bezeichnete die Schweizer Gesandtschaft in Berlin die Behandlung Obermayers als ein Katz und Maus Spiel das jeder zivilisierten Ansicht von Aufgaben der Rechtspflege widerspricht 19 Zuvor hatte die Schweiz eine Verbalnote an das deutsche Auswartige Amt gerichtet Einem Besuch Obermayers der zeitweise im Munchner Gestapo Gefangnis im Wittelsbacher Palais festgehalten wurde stand Friedrich Kaestli vom Generalkonsulat skeptisch gegenuber Von einem Besuch Obermayers mochte ich nach Moglichkeit so lange absehen als dieser sich in den Handen der Schutzpolizei befindet Bei der Einstellung des Haftlings der von Natur aus unter Komplexen leidet die durch den langen Aufenthalt im Konzentrationslager nicht besser geworden sind wird mich ein Besuch in Verlegenheit bringen Es ist mit Sicherheit zu erwarten dass Obermayer seine aufgespeicherte Emporung uber die ihm in Dachau zuteil gewordene Behandlung uber mich zu ergiessen versucht Da mein Besuch nur in Begleitung eines Aufsichtsbeamten erlaubt wurde ist ebenso sicher zu erwarten dass dieser dann die Unterhaltung sofort abbrechen wurde was ich mir gerne ersparen mochte Immerhin ware mir dieser Ausgang noch weniger unangenehm als wenn Obermayer Gelegenheit hatte mir seine Dachauer Erfahrungen bekanntzugeben da ich ihn doch in der Hoffnung enttauschen musste daraus etwas zu seinen Gunsten verwerten zu konnen Der Fall erfordert mit seinem politischen Hintergrund in erster Linie eine Taktik der Zweckmassigkeit das formale Recht kommt erst in zweiter Linie 20 Kaestlis Haltung wurde von seinen Vorgesetzten in Bern gebilligt Der Gesandte in Berlin Paul Dinichert pladierte hingegen fur einen Besuch bei Obermayer Von einem solchen Besuch versprach er sich eine gewisse Beruhigung da Obermayer sich ganz unbandig benehmen und die Polizei und Gefangnisbeamten durch fortwahrende schriftliche Beschwerden sowie eine ungeheure Privatkorrespondenz in Harnisch bringen 21 wurde Ob es tatsachlich zu einem Besuch des Konsuls bei Obermayer kam ist nicht sicher bekannt 22 Im Sommer 1936 verschlechterte sich die Lage des Gefangenen erheblich als der zustandige Wurzburger Untersuchungsrichter feststellte dass Obermayer auch deutscher Staatsburger sei 23 In spateren Auskunften an die Schweizer Gesandtschaft hiess es die 1875 erfolgte Entlassung von Obermayers Vater aus der bayerischen Staatsburgerschaft sei rechtsirrtumlich gewesen 24 Dies stand im Widerspruch zu fruheren Auskunften der deutschen Behorden Verurteilung Bearbeiten Am 24 September 1936 wurde Obermayer in das Gefangnis des Landgerichts Wurzburg uberfuhrt Zwei Tage zuvor hatte Gunther Joel von der Zentralstaatsanwaltschaft im Reichsjustizministerium dies gegenuber der Wurzburger Staatsanwaltschaft angeordnet es hatten sich diplomatische Schwierigkeiten ergeben 25 Als Obermayer wenig spater nach einem Geistlichen verlangte wurde er seinen Worten zufolge einem hochnotpeinlichen Verhor durch einen Staatsanwalt unterzogen In einer Beschwerde schrieb er In der Wahrnehmung meiner Rechte und in der Ablehnung jeder Diffamierung als Jude bin ich unnachgiebig auch auf die Gefahr hin mir dadurch in der Jetztzeit zu schaden In puncto Recht und Gleichheit vor dem Gesetz lehne ich jetzt und kunftig jeden Kompromiss ab Ich weise auch die Unterstellung dass ich irgendwie ein Rechtsgut verletzt hatte zuruck Ich hoffe dass auch fur Ihr Land Deutschland der Tag kommen wird wo man die Bestrafung der Homosexualitat auf die gleiche Stufe wie die letzte Hexenverbrennung in Oberzell 26 stellen wird Vielleicht ist Ihnen bekannt dass bis ca 1862 in Bayern jede Form von homosexueller Betatigung straffrei war 27 Der Anwalt Obermayers Fritz Ufer riet seinem Mandanten auf solche Beschwerden zu verzichten da sie eine zunehmende Zahl von Beamten verargern wurden Als Obermayer seinen Standpunkt verteidigte sah sich Ufer beleidigt und legte am 7 Dezember 1936 zwei Tage vor Prozesseroffnung sein Mandat nieder Sein Mandant hatte zuvor eine Entschuldigung abgelehnt Die erhaltene Gestapo Akte uber Obermayer lasst Absprachen zwischen Gestapo und Justiz im Vorfeld des Prozesses erkennen Von zentraler Bedeutung war fur die Gestapo im Prozess eine Erorterung der Zustande in Dachau zu verhindern Josef Gerum seit 1 Oktober Leiter der Gestapo in Wurzburg 28 berichtete am 4 November uber Gesprache mit der Staatsanwaltschaft und dem Direktor des Landgerichts Der Oberstaatsanwalt vermutet dass Obermayer in seine Verteidigung die Person des Fuhrers hineinziehen will vielleicht erklare dass der Fuhrer bis 30 Juli 1934 nicht gegen Homosexuelle war und von allen Taten des Heine und Rohm Kenntnis gehabt habe 29 Bereits am 29 Juni 1936 hatte der Vorsitzende des Wurzburger Gerichts angekundigt in aller Scharfe durchgreifen zu wollen und von einem Strafmass von 19 Jahren und Sicherungsverwahrung gesprochen 30 In die Vorbereitungen der Gestapo war auch Josef Meisinger der Leiter der neugegrundeten Reichszentrale zur Bekampfung der Homosexualitat und Abtreibung eingeschaltet Meisinger fuhrte spater Obermayer als prominentes Beispiel fur die Notwendigkeit seiner Reichszentrale an 31 Fur den Prozess vom 9 bis 13 Dezember wurde ein Referendar als Pflichtverteidiger bestellt Die Offentlichkeit war bei dem Prozess weitgehend ausgeschlossen ein Vertreter der Schweiz war nicht anwesend Zeitgleich fand in Davos der Prozess gegen David Frankfurter statt der des Mordes am Schweizer NSDAP Landesgruppenleiter Wilhelm Gustloff angeklagt war 32 Nach Prozessberichten des Wurzburger General Anzeigers bezeichnete der Staatsanwalt den Fall als eine nicht zu uberbietende Schweinerei Mit teuflischer Hemmungs und Skrupellosigkeit sei der Angeklagte zu Werk gegangen Weit mehr als die Geschlechtsgier musse ihn dabei getrieben haben das Gesetz der Rasse 33 Dem Frankischen Volksblatt zufolge verteidigte sich Obermayer vor Gericht uberaus gewandt wegen einer gewissen Uberheblichkeit 34 habe er sich von dem Vorsitzenden und vom Staatsanwalt ob seiner Ausfalle manche Zurechtweisung gefallen lassen mussen Der Zeitung zufolge furchtete der Angeklagte tendenziose Presseberichte und verlangte hier Schutz durch das Gericht Dass er von Jugend auf homosexuell sei gab der Angeklagte zu es habe ihm dies schwer zu schaffen gemacht und er habe ob seines Gemutszustandes auch seinen Arzt gefragt der ihm geraten habe seiner Natur nach zu leben so das Frankische Volksblatt Obermayer selbst erklarte stets dass er bei den Beziehungen die er vor seiner Verhaftung 1934 auch mit weitaus jungeren Mannern hatte nie die Grenzen des Strafgesetzbuches uberschritten habe 35 nbsp Schlagzeile des Sturmers zum Prozess gegen Leopold ObermayerAm 13 Dezember 1936 verurteilte das Wurzburger Landgericht Obermayer zu zehn Jahren Zuchthaus und Ehrverlust sowie anschliessender Sicherungsverwahrung Das Gericht sah 30 Falle widernaturlicher Unzucht mit Mannern nach 175 StGB als erwiesen an in zwei Fallen wurde Obermayer freigesprochen und in funf Fallen das Verfahren eingestellt In der Voruntersuchung waren uber 100 Falle ermittelt worden von denen die Mehrzahl wegen Verjahrung eingestellt wurden 36 Sicherungsverwahrung wurde angeordnet da Obermayer ein gefahrlicher Gewohnheitsverbrecher 20a StGB sei es sei zu erwarten dass der Angeklagte nach seiner Entlassung aus dem Zuchthaus neuerdings erhebliche Angriffe gegen die strafrechtlich geschutzte Geschlechtsehre von Mannern unternehmen wird 37 So sei in Obermayers Zelle ein Liebesbrief an einen Mitgefangenen gefunden worden Die in Nurnberg erscheinende antisemitische Wochenzeitung Der Sturmer machte im Dezember 1936 mit den Schlagzeilen Satan vor Gericht Der Prozess gegen den judischen Mannerverderber Obermayer Schauerliche Schandtaten eines echten Talmudjuden auf Im Januar 1937 kundigte der Sturmer an jeden Anwalt Obermayers an den Pranger stellen zu wollen 32 Der Sturmer setzte diese Ankundigung in die Tat um eine spatere Zivilklage eines Anwaltes gegen den Sturmer wurde abgewiesen 38 Mit Hilfe eines neuen Anwaltes konnte Obermayer Revision gegen das Urteil einlegen 39 Das Leipziger Reichsgericht hob in Anwesenheit eines Beamten des Schweizer Konsulats das Urteil am 20 April 1937 teilweise auf In der Neuverhandlung des Landgerichtes Wurzburg wurde das Strafmass von denselben Richtern am 16 Juni 1937 bestatigt Tod im KZ Mauthausen Bearbeiten nbsp Stolperstein fur Leopold ObermayerBis 1942 blieb Obermayer in den Zuchthausern Amberg und Waldheim 40 Ende 1942 wurde er im Regierungsbezirk Zichenau in Schrottersburg an der Weichsel polnisch Plock festgehalten Nach nationalsozialistischem Recht befand er sich somit im Ausland und hatte als Jude entsprechend der 11 Verordnung zum Reichsburgergesetz vom November 1941 seine umstrittene deutsche Staatsburgerschaft verloren Im Dezember 1942 forderte Obermayer beim Generalkonsulat in Munchen zwei schriftliche Bestatigungen seiner Schweizer Staatsburgerschaft an was jedoch abgewiesen wurde 41 Obermayer gehorte zu den Haftlingen die nach einer Vereinbarung zwischen dem neuen Reichsjustizminister Thierack und Himmler von einer Kommission aus Justiz und SS ausgewahlt und zur Vernichtung durch Arbeit in die Konzentrationslager uberstellt wurden Unter unbekannten Umstanden fand er am 22 Februar 1943 im KZ Mauthausen den Tod 40 Ein 1936 von Obermayer bestellter Schweizer Vormund vermutete im April 1943 Obermayers Tod da Briefe als unbekannt verzogen zuruckkamen Obermayers Sterbeurkunde ausgestellt vom Standesamt Mauthausen II Oberdonau wurde der Schweizer Gesandtschaft im Oktober 1943 mit einer Verbalnote ubergeben 41 Vor Obermayers Haus in der Wurzburger Wolframstrasse 1 wurde am 17 Juli 2006 ein Stolperstein verlegt Literatur BearbeitenMay Broda Der Schweizer Burger Leopold Obermayer im KZ Dachau Ein fruhes Beispiel eidgenossischer Opferschutzpolitik In Wolfgang Benz Barbara Distel Hrsg Nationalitaten im KZ Dachauer Hefte 23 Verlag Dachauer Hefte Dachau 2007 ISBN 978 3 9808587 8 6 S 3 29 Johannes Schutz Nachlese zu einem Wurzburger Strafverfahren der NS Zeit In Manfred Seebode Hrsg Festschrift fur Gunter Spendel zum 70 Geburtstag am 11 Juli 1992 Walter de Gruyter Berlin 1992 ISBN 3 11 012889 6 S 173 188 Elke Frohlich Die Herausforderung des Einzelnen Geschichten uber Widerstand und Verfolgung Martin Broszat Elke Frohlich Hrsg Bayern in der NS Zeit Band 6 Oldenbourg Munchen 1983 ISBN 3 486 42411 4 S 76 110 Weblinks BearbeitenObermayer Leopold Isaak bei der Biographischen Datenbank Judisches UnterfrankenEinzelnachweise Bearbeiten Schreiben von Paul Ritter Generalkonsulat Munchen an die Gesandtschaft in Berlin vom 21 August 1936 zitiert bei Broda Burger S 22 Biographische Angaben zu Obermayer bei Frohlich Die Herausforderung Broda Burger und Eintrag Obermayer Leopold Isaak bei der Biographischen Datenbank judisches Unterfranken Frohlich rekonstruierte Obermayers Verfolgung anhand der erhaltenen Gestapo Akte Broda standen zusatzlich die Akten des Schweizerischen Bundesarchivs in Bern zur Verfugung Diese Einschatzung bei Burkhard Jellonnek Homosexuelle unter dem Hakenkreuz Die Verfolgung von Homosexuellen im Dritten Reich Schoningh Paderborn 1990 ISBN 3 506 77482 4 S 223 Mainfrankische Zeitung vom 7 November 1934 zitiert nach Frohlich Herausforderung S 79 Hier auch Gerum als Informant der Zeitung genannt a b Zu den Ermittlungen in der Gauleitung siehe Jellonnek Homosexuelle S 267 Broda Burger S 6 ff Bezugnehmend auf Schriftverkehr der Gesandtschaft und der Abteilung fur Auswartiges zwischen dem 23 November 1934 und 25 Januar 1935 Broda Burger S 7 Konzentrationslager Dachau 1933 bis 1945 Karl M Lipp Verlag Munchen 2005 ISBN 3 87490 750 3 S 77 Siehe dort auch erkennungsdienstliche Fotos der StA Wurzburg Bericht Obermayers vom 2 Oktober 1935 zitiert nach Frohlich Herausforderung S 86 f Zitiert bei Broda Burger S 7 Broda Burger S 9 Diese Einschatzung bei Frohlich Herausforderung S 81 Umfangreiche Auszuge aus Obermayers Bericht ebenda S 81 87 Fernschreiben Gerum an SS Standartenfuhrer Stepp vom 12 Oktober 1935 zitiert bei Frohlich Herausforderung S 90 Schutzhaftbefehl der Polizeidirektion Wurzburg vom 29 Oktober 1935 zitiert bei Frohlich Herausforderung S 90 Zur Rechtswidrigkeit Frohlich Herausforderung S 91 93 Schutz Nachlese S 187 Gurtners Bedenken erwahnt in einem Tele Gesprach zwischen Kriminalinspektor Gerum B P P Wurzburg und Kriminalinspektor Weiss B P P Munchen vom 14 Dezember 1935 zitiert bei Frohlich Herausforderung S 93 f Frohlich Herausforderung S 92 Schreiben Obermayers an den Rat der Universitat Frankfurt Main vom 12 Februar 1936 zitiert bei Frohlich Herausforderung S 95 f Gesandtschaft in Berlin an Abteilung fur Auswartiges am 13 Februar 1936 zitiert in Broda Burger S 13 Berufsvizekonsul Friedrich Kaestli Generalkonsulat Munchen an Gesandtschaft am 17 April 1936 zitiert in Broda Burger S 14 Dinichert an Abteilung fur Auswartiges am 21 April 1936 zitiert in Broda Burger S 15 Frohlich Herausforderung S 98 erwahnt eine Besprechung bei Broda Burger kein Hinweis auf eine Besprechung Frohlich Herausforderung S 98 Auskunft vom 23 September 1938 Broda Burger S 25 Frohlich Herausforderung S 98 f Obermayer bezieht sich auf die 1749 hingerichtete Renata Singer Schreiben Obermayer an Oberstaatsanwalt Schroder vom 17 Oktober 1936 zitiert bei Frohlich Herausforderung S 100 Zum 1 Oktober 1936 wurde die Wurzburger Dienststelle der B P P in Geheime Staatspolizei Staatspolizeistelle Wurzburg umbenannt Siehe Jellonnek Homosexuelle S 221 Fernschreiben von Gerum Staatspolizeistelle Wurzburg an Weiss Staatspolizeistelle Munchen vom 4 November 1936 zitiert bei Frohlich Herausforderung S 101 Ebenda S 104 ff weitere Berichte zu Absprachen Fernschreiben vom 29 Juni 1936 Frohlich Herausforderung S 98 Vortrag von Kriminalrat Meisinger gehalten auf der Dienstversammlung der Medizinaldezernenten und referenten am 5 und 6 April 1937 in Berlin In Auszugen abgedruckt in Gunther Grau Homosexualitat in der NS Zeit Dokumente einer Diskriminierung und Verfolgung Fischer Taschenbuch Frankfurt 2004 ISBN 3 596 15973 3 S 147 ff a b Broda Burger S 23 Wurzburger General Anzeiger vom 12 Dezember 1936 zitiert bei Frohlich Herausforderung S 108 Frankisches Volksblatt vom 10 Dezember 1936 zitiert bei Frohlich Herausforderung S 107 Frohlich Herausforderung S 100 Schutz Nachlese S 177 ff Urteil des Landgerichts Wurzburg F 1333 35 zitiert bei Schutz Nachlese S 180 Stefan Konig Vom Dienst am Recht Rechtsanwalte als Strafverteidiger im Nationalsozialismus De Gruyter Berlin 1987 ISBN 3 11 011076 8 S 69 f Zur Revision Schutz Nachlese S 183 Broda Burger S 24 Frohlich Herausforderung S 109 a b Frohlich Herausforderung S 109 f a b Broda Burger S 27 Normdaten Person GND 12968855X lobid OGND AKS VIAF 47848765 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Obermayer LeopoldALTERNATIVNAMEN Obermayer Leopold Isaak vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG promovierter Jurist Weinhandler als Jude und Homosexueller in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgtGEBURTSDATUM 10 Mai 1892GEBURTSORT WurzburgSTERBEDATUM 22 Februar 1943STERBEORT KZ Mauthausen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Leopold Obermayer amp oldid 227992040