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Vernichtung durch Arbeit ist die absichtliche oder billigend in Kauf genommene Totung von Zwangsarbeitern oder Haftlingen durch ubermassige Schwerarbeit und mangelhafte Versorgung Der Begriff wurde fur das nationalsozialistische Lagersystem gepragt Tor in der Gedenkstatte Konzentrationslager DachauSchriftzug Arbeit macht frei am Eingangstor zum Stammlager des KZ AuschwitzDas Konzept der Vernichtung durch Arbeit wurde auch in den Lagern anderer totalitarer und diktatorischer Systeme angewandt Ob es der Ausnutzung von Zwangsarbeit im sowjetischen Gulag zugrunde lag ist umstritten Inhaltsverzeichnis 1 Zeit des Nationalsozialismus Arbeit oder Vernichtung 2 Nationalsozialismus 2 1 Konzentrationslager 2 2 Die Opfer 2 3 Hintergrund Folgen nach 1945 3 Stalinismus 3 1 Opfer 4 Andere Staaten 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseZeit des Nationalsozialismus Arbeit oder Vernichtung BearbeitenIn den aufgefundenen Dokumenten aus der Zeit des Nationalsozialismus taucht der Ausdruck Vernichtung durch Arbeit nur im Zusammenhang mit der Auslieferung asozialer Elemente aus dem Strafvollzug auf 1 In einem Aktenvermerk vom 14 September 1942 notierte Otto Thierack uber ein Gesprach mit Joseph Goebbels Hinsichtlich der Vernichtung asozialen Lebens steht Dr Goebbels auf dem Standpunkt dass Juden und Zigeuner schlechthin Polen die etwa 3 bis 4 Jahre Zuchthaus zu verbussen hatten Tschechen und Deutsche die zum Tode lebenslangen Zuchthaus oder Sicherheitsverwahrung verurteilt waren vernichtet werden sollten Der Gedanke der Vernichtung durch Arbeit sei der beste 2 Goebbels schrieb zu diesem Gesprach in seinem Tagebuch Wer an dieser Arbeit zugrunde geht um den ist es nicht schade 3 Der Tod von Haftlingen als Folge des Arbeitseinsatzes wurde also zumindest billigend in Kauf genommen Das Protokoll der Wannseekonferenz vom 20 Januar 1942 deutet darauf hin dass mit Vernichtung durch Arbeit der Tod durchaus beabsichtigt war Unter entsprechender Leitung sollen nun im Zuge der Endlosung die Juden in geeigneter Weise im Osten zum Arbeitseinsatz kommen In grossen Arbeitskolonnen unter Trennung der Geschlechter werden die arbeitsfahigen Juden strassenbauend in diese Gebiete gefuhrt wobei zweifellos ein Grossteil durch naturliche Verminderung ausfallen wird Der allfallig endlich verbleibende Restbestand wird da es sich bei diesem zweifellos um den widerstandsfahigsten Teil handelt entsprechend behandelt werden mussen da dieser eine naturliche Auslese darstellend bei Freilassung als Keimzelle eines neuen judischen Aufbaues anzusprechen ist 4 Die hohe Todesrate unter Haftlingen die als Arbeitssklaven der SS in den deutschen Konzentrationslagern und deren Aussenlagern ausgebeutet wurden wird oft als Ergebnis einer beabsichtigten Vernichtung durch Arbeit gedeutet So starben beim Arbeitseinsatz fur I G Farben im KZ Auschwitz III Monowitz bis zu 25 000 von 35 000 eingesetzten Haftlingen Die durchschnittliche Lebenserwartung eines judischen Haftlings im Arbeitseinsatz betrug weniger als vier Monate 5 Die ausgemergelten Zwangsarbeiter starben vor Erschopfung oder durch Krankheit oder sie wurden als arbeitsunfahig selektiert und getotet Beim Bau von Stollen die in den letzten Kriegsmonaten fur Rustungsfabriken geschaffen wurden starben rund dreissig Prozent der eingesetzten Zwangsarbeiter 6 Derartig hohe Sterblichkeitsraten waren allerdings nicht allgemein zu verzeichnen So kamen etwa in Mauthausen Gusen beim Arbeitseinsatz in der Rustungsproduktion jahrlich etwa funf Prozent der Haftlinge zu Tode Bei solch unterschiedlichen Sterblichkeitsraten ist eine allgemeingultige Aussage kaum moglich Es muss offenbleiben ob die Haftlingsarbeit Mittel zum Zweck der Vernichtung war oder ob die Vernichtung als eine zwar einkalkulierte nicht aber vorgangig intendierte Folge des Haftlingseinsatzes angesehen werden muss 7 Die Industrie verlangte dringend nach Arbeitskraften Oswald Pohl der Leiter des SS Wirtschafts und Verwaltungshauptamtes WVHA lieferte die erforderlichen Arbeitssklaven und befahl am 30 April 1942 Der Lagerkommandant allein ist verantwortlich fur den Einsatz der Arbeitskrafte Dieser Arbeitseinsatz muss im wahren Sinne des Wortes erschopfend sein um ein Hochstmass an Leistung zu erzielen Die Arbeitszeit ist an keine Grenzen gebunden Zeitraubende Anmarsche und Mittagspausen nur zu Essenszwecken sind verboten Er der Lagerkommandant muss klares fachliches Wissen in militarischen und wirtschaftlichen Dingen verbinden mit kluger und weiser Fuhrung der Menschengruppen die er zu einem hohen Leistungspotential zusammenfassen soll 8 In der Folge wurden zahlreiche Aussenlager in der Nahe von Bergwerken und Industriebetrieben eingerichtet Die Sterberate unter den Arbeitssklaven stieg da dort die Unterbringung und Versorgung oft noch unzureichender war als im Stammlager Die Anweisung Pohls kann als Freibrief fur alle KZ Kommandanten gewertet werden die Haftlingsarbeit als Mittel der Vernichtung einzusetzen 9 Allerdings hebt die abschliessende Begrundung des Befehls okonomische Grunde hervor Die zitierte Sichtweise ist daher umstritten zumal weitere Anordnungen auf die Erhaltung der Arbeitskraft abzielen Am 26 Dezember 1942 schrieb Richard Glucks Leiter des Amtes D vom SS WVHA In der Anlage wird eine Aufstellung uber die laufenden Zu und Abgange in samtlichen Konzentrationslagern zur Kenntnisnahme ubersandt Aus derselben geht hervor dass von 136 000 Zugangen rund 70 000 durch Tod ausgefallen sind Mit einer derartig hohen Todesziffer kann niemals die Zahl der Haftlinge auf die Hohe gebracht werden wie es der Reichsfuhrer SS befohlen hat Die 1 Lagerarzte haben sich mit allen ihnen zur Verfugung stehenden Mitteln dafur einzusetzen dass die Sterblichkeitsziffer in den einzelnen Lagern wesentlich herabgeht 10 Im Marz 1944 mahnte Oswald Pohl die Verwaltung der SS Wirtschaftsbetriebe dass die Arbeitskraft eines jeden Haftlings wertvoll sei sie musse in vollem Umfang fur die Volksgemeinschaft nutzbar gemacht werden 11 Letztlich so fasst der Historiker Jens Christian Wagner zusammen lasst sich aus den schriftlichen Quellen nicht belegen ob eine Vernichtungsabsicht bestanden habe Der morderische Haftlingseinsatz der langfristig okonomisch widersinnig und uneffektiv war wurde zumal in den letzten Kriegsmonaten zugunsten einer kurzfristig erreichbaren maximalen Arbeitsleistung forciert Der Tod der Haftlinge wurde bewusst in Kauf genommen und bei bestimmten Haftlingsgruppen auch angestrebt 12 Nationalsozialismus Bearbeiten nbsp Gedenktafel in Hamburg NeugrabenDie Ideologie des Nationalsozialismus betrachtete die germanischen Volker der Deutschen der Flamen Niederlander Englander und Skandinavier als arische Rasse und Herrenmenschen Das deutsche Blut und die Arier mussten von Fremdrassigen rein gehalten werden Als Fremdrassige galten die slawischen Volker und ganz besonders die Juden und die Zigeuner Randstandige Gruppen der Mehrheitsbevolkerung wie kinderreiche fursorgeabhangige Familien in sozialen Brennpunkten Landstreicher oder Landfahrer sowie Problemgruppen wie Alkoholkranke oder Prostituierte galten als deutschblutige Asoziale und ebenfalls als uberflussige Ballastexistenzen Sie wurden wie auch Homosexuelle von behordlichen und polizeilichen Instanzen listenmassig erfasst und vielfaltigen staatlichen Restriktionen und Repressionsmassnahmen ausgesetzt die bis zur Zwangssterilisation und schliesslich zur Inhaftierung in Konzentrationslagern reichten Wer sich offen gegen das nationalsozialistische Regime auflehnte wie Kommunisten Sozialdemokraten burgerliche Demokraten oder Kriegsdienstverweigerer wurde in Haftanstalten und Lagern inhaftiert Die Lager uberlebten viele der Haftlinge nicht In den nationalsozialistischen Lagern vollzog sich Vernichtung durch Arbeit vor allem durch eine sklavenformige Organisation der Arbeit weshalb in Unterscheidung zur Zwangsarbeit der auslandischen Arbeitskrafte hier mit einem Terminus der Nurnberger Prozesse von Sklavenarbeit und Sklavenarbeitern die Rede ist Die Arbeitsbedingungen waren charakterisiert durch schwere korperliche Arbeit zum Beispiel beim Strassenbau bei Erdarbeiten oder in der Fabrik besonders in der Rustungsindustrie standige uberlange Arbeitszeiten oft zehn bis zwolf Stunden am Tag im Sinne von biologischem Stress Raubbau der Krafte zu Hunger und Mangelerkrankungen fuhrende Mangelernahrung mangelnde Hygiene keine oder ungenugende medizinische Versorgung und dadurch zusatzlich entstehende Krankheiten keine Entlohnung uber lange Zeit nicht nur als Strafe eingesetzte Hungerrationen ungenugende Bekleidung beispielsweise Sommerkleidung auch im Winter Verletzungen durch fehlendes oder ungenugendes Schuhwerk standige Bewachung der Arbeitenden bei vielfaltigen Willkurakten der Bewacher Folter und Misshandlungen wie das Torstehen oder das PfahlhangenKonzentrationslager Bearbeiten Die Haft im Konzentrationslager sollte den Eingelieferten zumindest brechen Die Aufnahme und Registrierung der neu eingelieferten Haftlinge die Zwangsarbeit die Unterbringung der Haftlinge die Zahlappelle das ganze Leben im Lager war von Demutigungen und Schikanen begleitet Die Aufnahme die Registrierung und das Verhor der Verhafteten waren begleitet von hohnischen Bemerkungen der SS Leute Bei den Zahlappellen wurden die Haftlinge getreten und geschlagen Die Zwangsarbeit bestand teilweise aus sinnlosen Verrichtungen und aus Schwerarbeit die die Haftlinge zermurben sollte Besonders zynisch erscheint in diesem Zusammenhang der in einigen Konzentrationslagern des Deutschen Reiches vorzufindende Schriftzug Arbeit macht frei z B an den Eingangstoren der Lager das Konzentrationslager Buchenwald war das einzige KZ mit dem Spruch Jedem das Seine am Eingangstor Die Opfer Bearbeiten Opfer der Vernichtung durch Arbeit waren vor allem Juden aus fast allen Landern Europas Zigeuner Angehorige slawischer Volker politische Gegner Homosexuelle so genannte Asoziale insbesondere zu hohen Haftstrafen verurteilte Gefangene Zeugen Jehovas und auch andere entschiedene Christen Schatzungsweise kamen insgesamt sechs Millionen Juden 500 000 Sinti Roma und Angehorige anderer als Zigeuner verfolgter Gruppen sowie sieben Millionen sowjetische Kriegsgefangene und Zivilisten in den Konzentrationslagern um Genaue Berechnungen sind nicht moglich weil die Nationalsozialisten uber ihre Opfer nicht immer vollstandige Listen fuhrten Hintergrund Folgen nach 1945 Bearbeiten Die nationalsozialistische Ideologie forderte die Reinhaltung der arischen Rasse und des deutschen Blutes von Fremdrassigen Zu diesen Fremdrassigen zahlten vor allem die slawischen Volker die Farbigen die Juden und Teile der Zigeuner Alte Menschen Kranke Arbeitsverweigerer so genannte Asoziale und Behinderte galten als unnutze Esser Auch Regime Gegner wie zum Beispiel Kommunisten burgerliche Demokraten Sozialdemokraten und entschiedene Christen wurden verfolgt weil sie sich dem Aufbruch und dem nationalen Erwachen entgegenstellten Am 18 September 1942 hatte Thierack notiert dass Juden und Zigeuner schlechthin vernichtet werden Die NS Ministerialburokratie beteiligte sich anschliessend aktiv an der Auslieferung bereits festgenommener von der Justiz als asozial deklarierter Personen aus deutschen Haftanstalten in die Vernichtungslager dies wurde amtsmassig Abgabeaktion genannt Mehrere Tausend Personen wurden durch die Mitwirkung des Ministeriums in KZ Lager deportiert die meisten von ihnen anschliessend ermordet Einige wenige der beteiligten hohen Beamten des Reichsjustizministeriums wurden 1951 1952 angeklagt und vor Gericht gestellt Auf der Anklagebank sassen von den noch lebenden fuhrenden beteiligten Beamten Rudolf Marx 13 Albert Hupperschwiller 14 Friedrich Wilhelm Meyer 15 und Otto Gundner 16 ausserdem der ehemalige Reichshauptamtsleiter fur das Gnadenamt Kurt Giese Einige dieser bisherigen Beamten des Reichsjustizministeriums hatten vor dem Landgericht Wiesbaden bereits zugegeben schon damals gewusst zu haben dass viele der uberstellten Gefangenen in den Lagern getotet wurden und dass im Ministerium auch die massenhaften Todesmeldungen eingingen Aber sie behaupteten dennoch vor Gericht ihre Ahnungslosigkeit Die Angeklagten wurden schliesslich alle freigesprochen Die Begrundung bestand in einer eigenwilligen sprachlichen Neuinterpretation Obwohl in den uberlieferten schriftlichen Dokumenten in den Akten mit Paraphen ausdrucklich von Vernichtung die Rede ist hielten die Richter den Angeklagten zugute Das Wahrnehmen des Wortes Vernichtung allein stellt keine ausreichende Grundlage fur eine Feststellung des Wissens oder Ahnens der Angeklagten um die Totungen dar Landgericht Wiesbaden 1952Stalinismus BearbeitenZur Ausnutzung von Haftlingsarbeit in grossem Massstab und mit oft katastrophalen Folgen fur die Zwangsarbeiter kam es auch in sozialistischen Staaten wie zum Beispiel in der Sowjetunion unter Stalin der das Zwangsarbeitslagersystem seines Vorgangers Lenin 17 18 weiter ausbaute Unter Stalins Herrschaft wurde ein umfassendes Zwangsarbeitslagersystem aufgebaut das im Vergleich zu den Konzentrationslagern und Haftanstalten die in der Phase des Burgerkrieges und in den 1920er Jahren existierten erhebliche Unterschiede aufwies 19 Zwangsarbeitslager in denen eine Vernichtung durch Arbeit der Haftlinge in grosseren Dimensionen durchaus mit beabsichtigt war gab es nach dem Zweiten Weltkrieg auch in mehreren sowjet kommunistischen Satellitenstaaten des Ostblocks wie beispielsweise im stalinistischen Ungarn zwischen 1950 und 1953 sowie in Rumanien dort insbesondere ab den 1960er Jahren unter Nicolae Ceaușescu Heute gibt es vergleichbare Lager noch im kommunistischen Nordkorea Inwiefern produktive Ziele oder aber die Vernichtung von politischen Gegnern und anderen Missliebigen durch Arbeit und Haftbedingungen in den betreffenden Fallen Hauptzweck der Ausnutzung von Haftlingsarbeit waren ist Gegenstand von Debatten In einem Uberblick uber die jungere internationale Forschung zum stalinistischen Lagersystem resumierte Dietrich Beyrau Professor fur Osteuropaische Geschichte an der Universitat Tubingen im Jahr 2000 Ein guter Lagerleiter zeichnete sich aus durch einen optimalen Einsatz Hervorhebung im Original der Arbeitskrafte trotz nicht verleugneter Mangel bei der Ausstattung Bekleidung und Ernahrung und vor allem durch Ubererfullung der Planvorgaben 20 Gunnar Heinsohn Soziologe und Professor in Bremen vertritt die Ansicht dass Vernichtung durch Arbeit im 20 Jahrhundert zum vorrangigen Totungsmittel marxistisch leninistischer Regime wurde Bereits Trotzki habe im Juni 1918 den Grundstein fur die Einfuhrung dieser Totungsart in Russland gelegt Stalin habe die Vernichtung durch Arbeit im Gulag dann ab 1928 aufgebaut 21 Joel Kotek und Pierre Rigoulot kommen zu folgender Einschatzung Angesichts der Umstande unter denen die Gefangenen arbeiteten scheint es doch mehr um deren Bestrafung und Eliminierung gegangen zu sein auch wenn alles daran gesetzt wurde die maximale Arbeitsleistung aus ihnen herauszuholen 17 In seinem Buch Archipel Gulag Stalins Zwangslager schreibt Ralf Stettner der Charakter des Gulag sei angesichts der Millionenzahl hingerichteter verhungerter erfrorener und zu Tode gearbeiteter Haftlinge als Vernichtungsmaschinerie augenscheinlich 22 Roy Medwedew dazu Der Strafvollzug in Kolyma und den Lagern des Nordens war bewusst auf physische Vernichtung der Menschen eingestellt 23 Wahrend der Sowjetherrschaft vor allem im Stalinismus wurden viele echte und vermeintliche politische Gegner erschossen Zudem wurden politische Gegner ebenso wie Kriminelle gezwungen als Haftlinge auf grossen Baustellen beispielsweise der Weissmeer Ostsee Kanal Steinbruche Bahnlinien Stadtebau unter menschenunwurdigen Bedingungen zu arbeiten Solschenizyn bezeichnete einige sowjetische Lager als Ausrottungslager Archipel Gulag II Die Haftbedingungen waren durchgangig gepragt von sehr hohen Arbeitszeiten und normen Hungerrationen die bei Untererfullung der Arbeitsnorm weiter reduziert wurden eisiger Kalte im Winter bei oft vollig ungenugender Bekleidung gefahrlichen Arbeitsbedingungen Krankheiten wie z B Typhus und Skorbut bei unzureichender medizinischer Versorgung Dreck Ungeziefer unzureichenden hygienischen Bedingungen und sanitaren Einrichtungen Schikanen Beleidigungen Misshandlungen drastischen Bestrafungen fur geringste Regelverletzungen Ahnlich zynisch wie der Spruch Arbeit macht frei der am Eingang verschiedener nationalsozialistischer Konzentrationslager u a Dachau Sachsenhausen Auschwitz angebracht wurde prangte bereits im Jahre 1923 uber dem ersten grosseren Zwangsarbeitslager der Sowjetunion der Spruch Lasst uns mit eiserner Hand die Menschheit ihrem Gluck entgegentreiben 24 Von den sowjetischen Machthabern wurde der Begriff Besserung durch Arbeit Besserungsarbeitslager verwendet In den 1920er Jahren wurde dieser Begriff fur samtliche Haftlinge in den Haftanstalten der republikanischen Volkskommissariate des Inneren verwendet die zu jener Zeit den Hauptbestandteil des sowjetischen Strafverbussungssystems bildeten Besserungsarbeit wurde auch eine Strafform genannt wonach fur als minderschwer eingeschatzte Vergehen Verurteilte an ihrem bisherigen Arbeitsplatz fur eine bestimmte Zeit bei reduziertem Lohn arbeiten mussten Aus explizit politischen Grunden Inhaftierte wurden demgegenuber in sogenannten Politisolatoren bzw in Konzentrationslagern interniert die der OGPU unterstanden Im Juni 1929 wurde fur die bereits existierenden sowie fur die neuzugrundenden Lager der OGPU die Bezeichnung Besserungsarbeitslager eingefuhrt 25 Seitdem mussten alle Gefangenen im Stalinismus ob gewohnliche Kriminelle oder Konterrevolutionare die zu Zwangsarbeit verurteilt worden waren nach offizieller Lesart Besserungsarbeit leisten Daher ist es angezeigt der kommunistischen Terminologie und Propaganda mit Skepsis zu begegnen R Stettner vermerkt dazu dass unterschieden wurde zwischen Besserungsarbeit fur Haftlinge aus der Arbeiterklasse und andererseits Zwangsarbeit fur Konterrevolutionare und Klassenfeinde zur Erniedrigung Bestrafung und Vernichtung Der Grundsatz der Besserung und Umerziehung habe ausserdem nicht fur politische Haftlinge gegolten Stettner bezeichnet es als falsch der kommunistischen Terminologie und Propaganda zu folgen und die Betrachtung auf Besserungsarbeit zu konzentrieren Es sei vielmehr festzuhalten dass von den ersten Wochen der Herrschaft der Bolschewiki an Gefangenenzwangsarbeit der politisch Missliebigen ublich war 22 Opfer Bearbeiten Laut internen vormals geheimen Dokumenten des GULAG sollen im Zeitraum zwischen 1930 und 1956 in den sowjetischen Zwangsarbeitslagern und kolonien ausgenommen Kriegsgefangenenlager etwa 1 6 Millionen Menschen ums Leben gekommen sein wobei in dieser Ziffer Sterbefalle in Kolonien allerdings erst ab 1935 enthalten sind Etwa 900 000 dieser Todesfalle fallen demnach in die Jahre 1941 45 26 Diese Zahlen sind konsistent mit Archivdokumenten die der russische Historiker Oleg Chlewnjuk in seiner Studie The History of the Gulag From Collectivization to the Great Terror vorstellt und auswertet und nach denen in den Jahren 1930 bis Anfang 1941 etwa 500 000 Menschen in den Lagern und Kolonien starben 27 Chlewnjuk weist darauf hin dass diese Zahlen keine Todesfalle berucksichtigen die wahrend Transporten auftraten 28 Vor der Offnung vieler ehemaliger sowjetischer Archive gingen viele Historiker von weitaus hoheren Gefangenenzahlen und Sterbeziffern in den sowjetischen Lagern aus In Schatzungen wurden Mortalitatsdaten in Grossenordnungen von bis zu 20 Millionen und mehr genannt 29 Nachdem Archivdokumente zum Gulag in grossem Umfang zuganglich und vielfach veroffentlicht wurden wurden die Fragen nach der Vollstandigkeit dieser Daten und ob sie die Gesamtzahl der Toten realistisch wiedergeben in der internationalen Forschung ausfuhrlich debattiert Mittlerweile besteht bezuglich der Archivquellen aus der Zeit der sowjetischen Diktatur die Haftlings und Sterbeziffern enthalten welche sich weit unterhalb der Hochstwerte fruherer Schatzungen bewegen breiter Konsens unter Russland und Osteuropahistorikern uber die Notwendigkeit sie kritisch zu verwenden 30 Demgegenuber gibt der Politologe und Spezialist auf dem Gebiet der Genozidforschung Rudolph Joseph Rummel die Zahl von 39 Millionen Gulag Toten fur die Gesamtzeit der kommunistischen Diktatur in der Sowjetunion 1918 1991 an miteingeschlossen also die Zeit Lenins und seiner Geheimpolizei Tscheka 31 Unter den Lagerinsassen waren Angehorige von angestammten Volkern der Sowjetunion von Volkern neueinverleibter Gebiete der Sowjetunion Polen Balten Deutsche u v a von Mitgliedstaaten des Warschauer Paktes SBZ DDR Polen Rumanien Bulgarien u v a und von anderen sozialistischen Staaten Jugoslawien Angehorige des Burgertums Kosaken Kulaken tatsachliche und angebliche politische Gegner Nonnen und Monche Geistliche Kriminelle Jugendliche wurden in speziellen Kolonien interniert oft jedoch aus Platzgrunden auch in Erwachsenenlagern Kinder etwa solche die in Lagern geboren wurden in entsprechenden Einrichtungen die gleichfalls dem Innenministerium unterstanden 32 1935 wurde die altersmassige Verhaftungsgrenze auf zwolf Jahre abgesenkt 17 Der beruchtigte 58 stellte konterrevolutionare Tatigkeiten und antisowjetische Agitation unter Strafe was sehr weit ausgelegt wurde Unter diesen Strafparagraphen fielen auch kritische Ausserungen gegenuber der Politik oder die kommunistische Partei oder Hoffnungen auf eine Wiederherstellung des kapitalistischen Systems Unter solchen Vorwanden wurden Millionen eher unpolitischer Menschen verhaftet Andere Staaten BearbeitenAhnliche Konzepte setzten auch andere kommunistische Regierungen in ihren Landern ein beispielsweise in der Volksrepublik China in Vietnam in Nordkorea und in Kambodscha Siehe auch BearbeitenSprache des NationalsozialismusLiteratur BearbeitenJan Erik Schulte Zwangsarbeit und Vernichtung Das Wirtschaftsimperium der SS Oswald Pohl und das SS Wirtschafts Verwaltungshauptamt 1933 1945 Schoningh Paderborn 2001 ISBN 3 506 78245 2 Stephane Courtois Das Schwarzbuch des Kommunismus Unterdruckung Verbrechen und Terror Piper Munchen 1998 ISBN 3 492 04053 5 Jorg Echternkamp Die deutsche Kriegsgesellschaft 1939 bis 1945 Halbband 1 Politisierung Vernichtung Uberleben DVA Stuttgart 2004 ISBN 3 421 06236 6 Oleg V Khlevniuk The History of the Gulag From Collectivization to the Great Terror Yale University Press New Haven 2004 ISBN 0 300 09284 9 A I Kokurin N V Petrov Hrsg GULAG Glavnoe Upravlenie Lagerej 1918 1960 Rossija XX vek Dokumenty Materik Moskva 2000 ISBN 5 85646 046 4 Joel Kotek Pierre Rigoulot Das Jahrhundert der Lager Gefangenschaft Zwangsarbeit Vernichtung Propylaen Berlin 2001 ISBN 3 549 07143 4 Rudolf A Mark Hrsg Vernichtung durch Hunger der Holodomor in der Ukraine und der UdSSR Berliner Wissenschaftsverlag BWV Berlin 2004 ISBN 3 8305 0883 2 Marc Buggeln Arbeit und Gewalt Das Aussenlagersystem des KZ Neuengamme Wallstein Gottingen 2009 ISBN 978 3 8353 0543 4 Philosophische Dissertation Universitat Bremen 750 Seiten Illustriert Karton 23 cm LG Wiesbaden 24 Marz 1951 In Justiz und NS Verbrechen Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Totungsverbrechen 1945 1966 Band VIII bearbeitet von Adelheid L Ruter Ehlermann H H Fuchs C F Ruter University Press Amsterdam 1972 Nr 310 S 267 368 Teilnahme an der Totung von Justizhaftlingen in dem Asoziale nach Ubereinkunft des Reichsjustizministers mit dem Reichsfuhrer SS der Gestapo uberstellt worden waren zwecks Vernichtung durch Arbeit in deutschen Konzentrationslagern Weblinks BearbeitenDie nationalsozialistischen Konzentrationslager bei Lebendiges Museum Online LeMO Frauen im Gulag 11 Mai 2003 Deutschlandradio Marc Buggeln PDF 5 7 MB Das System der KZ Aussenlager Krieg Sklavenarbeit und Massengewalt Gesprachskreis Geschichte 95 Friedrich Ebert Stiftung FES Bonn 2012 ISBN 978 3 86498 090 9 ISSN 0941 6862 Einzelnachweise Bearbeiten Daher gab es auch den Ausdruck Vernichtung von Asozialen durch Arbeit fur die Gesamtaktion vgl Kramer Weblinks 2010 Nurnberger Dokument PS 682 zitiert nach Jens Christian Wagner Das Aussenlagersystem in Ulrich Herbert Hrsg Die nationalsozialistischen Konzentrationslager Frankfurt 2002 ISBN 3 596 15516 9 S 720 siehe auch Dok 654 PS bei Internationaler Gerichtshof IMT Band 26 S 201 vgl Hermann Kaienburg Judische Arbeitslager in der Strasse der SS In 1999 Zeitschrift fur Sozialgeschichte des 20 und 21 Jahrhunderts Jg 11 1996 ISSN 0930 9977 S 14 Elke Frohlich Angela Stuber Bearb Die Tagebucher von Joseph Goebbels Band 5 Juli September 1942 Munchen 1995 ISBN 3 598 22136 3 S 504 zum 15 September 1942 Protokoll PDF S 8 Raul Hilberg Die Vernichtung der europaischen Juden erw Aufl Frankfurt 1990 ISBN 3 596 24417 X Band 2 S 994 f Michael Zimmermann Kommentierende Bemerkungen Arbeit und Vernichtung im KZ Kosmos In Ulrich Herbert et al Hrsg Die nationalsozialistischen Konzentrationslager Frankfurt M 2002 ISBN 3 596 15516 9 Band 2 S 744 Michael Zimmermann Kommentierende Bemerkungen ISBN 3 596 15516 9 S 145 IMT Hrsg Der Nurnberger Prozess Band XXXVIII S 366 Doku 129 R Jens Christian Wagner Das Aussenlagersystem S 721 Ernst Klee Auschwitz die NS Medizin und ihre Opfer 3 Auflage Frankfurt M 2004 ISBN 3 596 14906 1 S 45 Nurnberger Dokument NO 516 zitiert nach Jens Christian Wagner Das Aussenlagersystem S 721 Jens Christian Wagner Das Aussenlagersystem S 722 Ministerialdirigent Leiter der Abteilungen 5 und 15 im Reichsjustizministerium Ministerialrat Oberstaatsanwalt Erster Staatsanwalt Robert Hecker Senatsprasident war zuvor verstorben a b c Joel Kotek Pierre Rigoulot Gefangenschaft Zwangsarbeit Vernichtung Propylaen 2001 Waleri Alexandrowitsch Wolin Russland rehabilitiert die durch sowjetische Militartribunale unschuldig Verurteilten S 76 und Wolfgang Schuller Die sowjetische Militarjustiz und ihre Lager als Instrument der kommunistischen Herrschaft in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands S 72 In Der 17 Juni 1953 Der Anfang vom Ende des sowjetischen Imperiums Dokumentation PDF 730 kB 4 Bautzen Forum der Friedrich Ebert Stiftung vom 17 18 Juni 1993 Peter H Solomon Jr Soviet Penal Policy 1917 1934 A Reinterpretation In Slavic Review 39 no 2 June 1980 197 201 Dietrich Beyrau GULAG Die Lager und das Sowjetsystem In Sozialwissenschaftliche Informationen Jg 29 Heft 3 2000 S 166 176 hier S 169 Gunnar Heinsohn Lexikon der Volkermorde Rowohlt rororo Reinbek 1998 ISBN 3 499 22338 4 a b Ralf Stettner Archipel Gulag Stalins Zwangslager Schoningh 1996 ISBN 3 506 78754 3 Roy Medwedew Die Wahrheit ist unsere Starke Geschichte und Folgen des Stalinismus Hrsg von David Joravsky u Georges Haupt Fischer Frankfurt M 1973 ISBN 3 10 050301 5 M Stark Frauen im Gulag dtv 2005 A I Kokurin N V Petrov Hrsg GULAG Glavnoe Upravlenie Lagerej 1918 1960 Rossija XX vek Dokumenty Moskva Materik 2000 ISBN 5 85646 046 4 S 62 A I Kokurin N W Petrow Hrsg GULAG Glawnoe Uprawlenie Lagerej 1918 1960 Rossija XX wek Dokumenty Moskwa Materik 2000 ISBN 5 85646 046 4 S 441 2 Oleg V Khlevniuk The History of the Gulag From Collectivization to the Great Terror New Haven Yale University Press 2004 ISBN 0 300 09284 9 S 326 7 Oleg V Khlevniuk The History of the Gulag S 308 6 Fur eine Ubersicht s Ralf Stettner Archipel Gulag Stalins Zwangslager Schoningh 1996 ISBN 3 506 78754 3 S 376 398 Vgl Manfred Hildermeier Geschichte der Sowjetunion 1917 1991 Beck 1998 ISBN 3 406 43588 2 S 453 6 sowie die Ausserung von Stephan Merl Professor fur Osteuropaische Geschichte an der Universitat Bielefeld in Jahrbucher fur Geschichte Osteuropas Neue Folge Jg 54 Heft 3 2006 S 438 Auch der amerikanische Historiker Robert Conquest der in seinen eigenen fruheren Studien zum stalinistischen Terror von Gefangenen und Opferzahlen ausgegangen war die grosstenteils weit uber dem Niveau der in Archivdokumenten enthaltenen Zahlen lagen und der die Benutzung von Statistiken aus Archivbestanden zunachst jahrelang scharf attackiert hatte vgl die Debatte in den folgenden Ausgaben von Europe Asia Studies Nr 8 Jg 48 Dez 1996 Nr 7 Jg 49 Dez 1997 Nr 2 Jg 51 Marz 1999 Nr 6 Jg 51 Sep 1999 Nr 8 Jg 51 Dez 1999 Nr 6 Jg 52 Sep 2000 ist mittlerweile von dieser Position abgeruckt und ausserte sich in hohem Masse lobend zur Arbeit von Oleg Khlevniuk der in seinem Buch reflektierten Gebrauch von diesen Quellen macht Siehe Conquests Vorwort zu Chlewnjuks The History of the Gulag S ix xii Rudolph Joseph Rummel Demozid Der befohlene Tod LIT 2003 ISBN 3 8258 3469 7 S S Wilenski A I Kokurin G W Atmaschkina I Ju Novitschenko Hrsg Deti GULAGa 1918 1956 Rossija XX wek Dokumenty Materik Moskwa 2002 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vernichtung durch Arbeit amp oldid 237385453