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Laurenz Martin Hannibal Christian Fischer 7 April 1784 in Hildburghausen 8 August 1868 in Rodelheim war ein deutscher Politiker und von 1831 bis 1848 Regierungsprasident des zum Grossherzogtum Oldenburg gehorenden Furstentums Birkenfeld Laurenz Hannibal Fischer Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft Ausbildung und fruhe Jahre 1 2 Im Dienst Oldenburgs 1 3 Auflosung der Reichsflotte 1 4 Im Dienst Lippes 1 5 Wertung 2 Familie 3 Werke 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHerkunft Ausbildung und fruhe Jahre Bearbeiten Fischer entstammte einer thuringischen Honoratiorenfamilie und war der alteste Sohn des Amtmanns Johann Christian Heinrich Fischer 1752 1804 und dessen Ehefrau Ernestine Friederike Caroline geb Andreae 1749 1807 Er besuchte das Casimirianum in Coburg und studierte von 1802 bis 1804 Rechtswissenschaft an der Universitat Gottingen Im folgenden Jahr liess er sich als Advokat in Hildburghausen nieder wo der erfolgreiche und gut verdienende Jurist schon bald in das politische Leben des kleinen Herzogtums Sachsen Hildburghausen eintrat 1809 trat er als Syndikus in den Dienst der Stande die ihn mit der kontrollierenden Uberwachung eines dem Landesherrn gewahrten Kredits beauftragten Nach Einfuhrung der Landstandischen Verfassung 1818 wurde er im folgenden Jahr Landtagssekretar und Landrat Er eignete sich in diesen Jahren eine grundliche Kenntnis aller Zweige der Verwaltung des Kleinstaats an und gehorte zu dessen wichtigsten Politikern 1825 wurde er Domanenkanzleidirektor der Standesherrschaft Leiningen deren zerruttete Finanzen er innerhalb weniger Jahre sanierte Im Dienst Oldenburgs Bearbeiten Auf Empfehlung seines Studienfreundes des oldenburgischer Regierungsprasidenten des Furstentums Lubeck Wilhelm von Grote wurde Fischer Ende 1830 in den oldenburgischen Staatsdienst aufgenommen und mit den internen Vorarbeiten fur eine Verfassung betraut die der durch die Julirevolution verschreckte Grossherzog August I jetzt in Angriff nehmen liess Ausschlaggebend fur seine Berufung waren neben Fischers erzkonservativer Einstellung wohl auch seine genauen Kenntnisse des Domanenwesens Das komplizierte Problem der Trennung der auf privatrechtlichen Grundlagen beruhenden Einnahmequellen und des Domanialbesitzes der grossherzoglichen Familie von den eigentlichen Staatseinnahmen spielte damals eine wichtige Rolle in der Verfassungsdiskussion Fischers Vorschlage zur Losung der Domanialfrage wurden von den anderen oldenburgischen Beamten abgelehnt Trotzdem trat er nachdrucklich fur die Gewahrung einer landstandischen Verfassung ein und legte dazu auch einen umfangreichen Entwurf vor Aus bisher ungeklarten Grunden wurde er nach wenigen Monaten von den Verfassungsberatungen ausgeschlossen und mit Wirkung vom 1 Juli 1831 als Regierungsdirektor seit 1844 Regierungsprasident an die Spitze der Verwaltung des zu Oldenburg gehorenden Furstentums Birkenfeld ernannt Hier setzte er sich tatkraftig fur die Interessen des Landes und die Verbesserung der Lebensverhaltnisse ein liess Elementarschulen sowie ein modernes Katasterwerk errichten und trieb den Ausbau des Strassennetzes voran Auch bemuhte er sich besonders um die Forderung der Landwirtschaft So sorgte er selbst fur die Einrichtung des landwirtschaftlichen Mustergutes Fischerhof und gab zwei landwirtschaftliche Zeitschriften heraus in denen er auf verbesserte Methoden hinwies und von seinen eigenen Erfahrungen berichtete 1844 zeichnete ihn der Grossherzog mit dem Titel Geheimer Staatsrat aus Die Juristische Fakultat der Universitat Jena verlieh ihm im gleichen Jahr anlasslich seines 60 Geburtstages die Ehrendoktorwurde Trotz seiner unbestreitbaren Verdienste als Regierungsprasident im Furstentum Birkenfeld loste sein autokratisch patriarchalischer Regierungsstil seit Beginn der 1840er Jahre zunehmend Kritik und Widerstand in der Bevolkerung aus Nach dem Ausbruch der Deutschen Revolution von 1848 blieb er mit seinen Vorschlagen fur ein hartes auch militarisches Vorgehen vollig isoliert und musste unter Zwang im April 1848 das Furstentum Birkenfeld verlassen Einen Monat spater wurde er in den Wartestand versetzt In der Folgezeit bemuhte sich Fischer der nach Jena gezogen war erfolglos um eine Anstellung in einem der deutschen Staaten Er veroffentlichte in diesen Jahren eine Reihe von politischen Schriften in denen er seine reaktionaren Ansichten verteidigte und scharf gegen die liberalen Ideen polemisierte Auflosung der Reichsflotte Bearbeiten nbsp Karikatur im Kladderadatsch Noch im Jahr 1864 witzelte der Zeichner Fischer sei wegen der Flottenauflosung der einzige Deutsche dessen Verdienste man auch in Danemark anerkenneDer Bundestag des Deutschen Bundes beschloss im April 1852 die Auflosung der zum Schutz deutscher Handelsschiffe im Schleswig Holsteinischen Krieg gegen Danemark geschaffenen deutschen Reichsflotte Auf Vorschlag des oldenburgischen Bundestagsgesandten Wilhelm von Eisendecher wurde Fischer mit der Durchfuhrung dieser Aufgabe betraut Die oldenburgische Regierung der er dienstrechtlich noch unterstand untersagte ihm allerdings die Annahme Auf Intervention Osterreichs und Preussens wurde dieses Verbot zwar wieder zuruckgenommen Fischer allerdings aber dafur seitens Oldenburgs sofort in den Ruhestand versetzt Fischer nahm daraufhin die Aufgabe trotzdem an und bemuhte sich anfangs die Flotte auf die beiden deutschen Grossmachte zu verteilen und sie dadurch in ihrem Grundbestand zu erhalten Als dies fehlschlug organisierte er die Verabschiedung der Mannschaften und versteigerte nun aus dem oldenburgischen Staatsdienst formlich entlassen und zum Bundeskommissar ernannt die in Bremerhaven liegenden Schiffe der Nationalversammlung Seine Tatigkeit erregte dabei die Entrustung des deutschen Volkes Flottenfischer oder Flottenverkaufer siehe Karl Rudolf Brommy und trug ihm noch Jahre spater harte und emotional aufgeladene Kritik ein Bevor er nach Bremerhaven kam vermutete er auf den dort liegenden Schiffen die Brutstatten des Radikalismus Tatsachlich fand er geordnete disziplinierte Verbande vor 1 Die Auflosung nahm er als Befurworter der Flottenbestrebungen ungern aber korrekt und fristgemass vor wofur ihm der Bundestag im Marz 1853 dankte 2 Im Dienst Lippes Bearbeiten Am 13 September 1853 wurde er von Furst Leopold III von Lippe Detmold zum Kabinettsminister und Wirklichen Geheimen Rat ernannt um die kurz zuvor erfolgte reaktionare Aufhebung die Verfassungsreformen von 1848 und 1849 gegen eine Intervention des Bundestages abzusichern Damit verursachte er die erst 1876 beseitigten Verfassungswirren in diesem Land Neben der Verteidigung dieses Staatsstreichs leistete Fischer in Lippe aber auch Anerkennenswertes und setzte u a die Gleichstellung der Katholischen Kirche und der Lutherischen Gemeinden mit der Reformierten Kirche durch Nach knapp zweijahriger Tatigkeit wurde Fischer am 3 Juli 1855 bei einer zufalligen Anwesenheit in Coburg wegen Majestatsbeleidigung verhaftet Er hatte im Jahr 1852 fur die sachsen gothaische Ritterschaft eine Beschwerdeschrift verfasst die an den Bundestag gerichtet war Hintergrund waren die Rechte und Privilegien die man ihr 1848 entzogen hatte Nach Kautionsstellung wurde er wieder entlassen und spater von der Appellationsinstanz der Fakultat zu Breslau freigesprochen Der lippische Furst Leopold III liess ihn jedoch fallen und enthob ihn am 17 Juli 1855 seines Amtes Fischer veroffentlichte in der Folgezeit noch mehrere Verteidigungsschriften in denen er das ihm widerfahrene Unrecht anzuprangern versuchte Nach einem ruhelosen Wanderleben starb er vereinsamt und verarmt in Rodelheim bei Frankfurt Wertung Bearbeiten In seiner Biographie im BHGLO bewertet der oldenburgische Historiker Hans Friedl Fischers politische Sichtweisen ausserst kritisch wie folgt F ischer dessen politische Gedankenwelt in der Aufklarung und in der spatabsolutistischen Staatslehre wurzelte gehorte zu den Anhangern des patriarchalischen Obrigkeitsstaates der durch eine aufgeklarte Beamtenschaft fur die Wohlfahrt der politisch unmundig gehaltenen Bevolkerung zu sorgen suchte An diesen schon fruh ausgebildeten Ideen hielt er zeitlebens unverruckbar fest und vertrat sie mit arroganter Rechthaberei und borniertem Dogmatismus Er isolierte sich damit selbst im konservativen Lager und wurde zu einem Reaktionar reinsten Wassers der die liberale Bewegung doktrinar bekampfte 3 Familie BearbeitenFischer war seit dem 29 Juli 1809 verheiratet mit Christine Friederike Caroline geb Fischer 1789 1847 der Tochter des Leibarztes Christian Philipp Fischer 1763 1819 Das Ehepaar hatte neun Kinder von denen Laurenz Wilhelm 1810 1866 Rechtsanwalt und Politiker wurde und Friedrich August 1822 1901 Oberlehrer in Berlin und Schuldirektor in Strassburg Die Tochter Clara Theodore 1815 1899 heiratete den spateren Regierungsprasidenten Johann Ernst Greverus 1807 1871 und Auguste Ernestine 1814 1896 den Prasidenten des Oberkirchenrats Justus Friedrich Runde 1809 1881 Werke BearbeitenGeneralbericht aus dem Furstentum Birkenfeld 1832 Reprint Birkenfeld Kreisverwaltung 1979 Unpartheische Beurtheilung der Verfassung und Verwaltung der Gothaischen Feuerversicherungs Bank fur Teutschland mit Grundlage der in dieser Sach erschienenen Anschuldigungs und Vertheidigungsschriften Heidelberg 1834 Landwirthschaftliche Humoresken ein Gedenkbuch fur seine Freunde Frankfurt am Main 1842 Freundes Worte eines teutschen Mannes an das badische Volk Frankfurt a M 1842 Freundliche Mahnung an die Bewohner des Furstenthums Birkenfeld Birkenfeld 1845 Des teutschen Volkes Noth und Klage Frankfurt a M Hermann 1845 Der Patrimonial Staat und die Demokratie Vaterlichkeit oder Volkswillen Ein Beitrag aus dem praktischen Staatsleben Jena Croker 1849 Die Verfassungszustande des Furstenthums Lippe in Bezug auf die bei dem Bundestag dagegen erhobenen Beschwerden Detmold Meyer 1853 Aburtheilung der Jesuiten Sache aus dem Gesichtspunct der historischen Kritik des positiven Rechts und des gesunden Menschenverstandes Leipzig Hoffmann 1853 Ehren und Rechts Vertheidigung des Furstl Lippischen wirklichen Geheimenrathes Ritter des Koeniglich preussischen roten Adlerordens zweiter Klasse Laurenz Hannibal Fischer gegen die grossherzogl Oldenburgische Regierung wegen verhangter Entfernung aus seiner gesetzlichen Heimath Gehalts Verkurzung Dienstentsetzung Pensionsentziehung und Verlustigung seiner Capitularstelle nebst der damit verbundenen Ordens Prabende Als Manuscr gedr 1854 Politisches Martyrthum eine Criminalgeschichte mit Actenstucken Leipzig 1855 Die teutschen Monarchieen und ihre Feinde Denkschrift Teutschlands hohen Fursten und Familien Angehorigen sowie wahren Freunden der Monarchie gewidmet Freiburg im Breisgau Dilger 1856 Worte der Wahrheit der Pflicht Treue und des Schmerzes eine Bittschrift den hohen Souverainen Teutschlands uberreicht Freiburg im Breisgau 1857 Der Teutsche Adel in der Vorzeit Gegenwart und Zukunft vom Standpunkte des Burgerthums betrachtet Frankfurt am Main Lizius 1852Literatur BearbeitenKarl Wippermann Fischer Laurenz Hannibal In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 7 Duncker amp Humblot Leipzig 1877 S 69 72 Carl Haase Fischer Laurenz Martin Hannibal Christian In Neue Deutsche Biographie NDB Band 5 Duncker amp Humblot Berlin 1961 ISBN 3 428 00186 9 S 199 f Digitalisat Hans Friedl Fischer Laurenz Hannibal In Hans Friedl u a Hrsg Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg Hrsg im Auftrag der Oldenburgischen Landschaft Isensee Oldenburg 1992 ISBN 3 89442 135 5 S 189 191 online Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Laurenz Hannibal Fischer Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Laurenz Hannibal Fischer Quellen und Volltexte Literatur von und uber Laurenz Hannibal Fischer im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band III Bismarck und das Reich 3 Auflage W Kohlhammer Stuttgart u a 1988 S 141 Walther Hubatsch Forschungsstand und Ergebnis In ders Hrsg Die erste deutsche Flotte 1848 1853 E S Mittler und Sohn Herford Bonn 1981 S 79 94 hier S 90 91 Hans Friedl Fischer Laurenz Hannibal In Hans Friedl u a Hrsg Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg Hrsg im Auftrag der Oldenburgischen Landschaft Isensee Oldenburg 1992 ISBN 3 89442 135 5 S 190 online Regierungsprasidenten des Furstentums Birkenfeld Ludwig Conrad Leopold Wibel Laurenz Hannibal Fischer Alexander von Finckh August Barnstedt Adolf Ahlhorn Wilhelm Friedrich Willich Hermann Pralle kommissarisch Konrad Hartong kommissarisch Walther Dorr Karl Nieten kommissarisch Walther Dorr Herbert Wild Regierungschefs des Furstentums Lippe Karl Friedrich Funk von Senftenau 1810 1828 Friedrich Wilhelm Helwing 1829 1832 Wilhelm Arnold Eschenburg 1832 1848 Friedrich Simon Leopold Petri 1848 1850 Christian Theodor von Meien 1850 1853 Laurenz Hannibal Fischer 1853 1855 Alexander von Oheimb 1856 1868 Carl Theodor Heldman 1868 1872 Adalbert von Flottwell 1872 1875 August Eschenburg 1876 1885 Hugo Samuel von Richthofen 1885 1889 Friedrich Otto Hermann von Wolffgramm 1889 1895 Karl Friedrich von Oertzen 1895 1897 Karl Miesitschek von Wischkau 1897 1899 Max Freiherr von Gevekot 1900 1912 Karl Ludwig von Biedenweg 1913 1918 Normdaten Person GND 118691325 lobid OGND AKS VIAF 67259903 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Fischer Laurenz HannibalALTERNATIVNAMEN Fischer Hannibal Fischer Laurenz Martin Hannibal Christian Fischer Lorenz Hannibal Fronteserena Laurentius a Pseudonym KURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker Birkenfelder Regierungsprasident 1831 1848 GEBURTSDATUM 7 April 1784GEBURTSORT HildburghausenSTERBEDATUM 8 August 1868STERBEORT Rodelheim Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Laurenz Hannibal Fischer amp oldid 231236792