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Ein Geistwesen oder einfach Geist ist nach einer weltweit verbreiteten Vorstellung ein immaterielles oder zumeist feinstoffliches Wesen dem ubermenschliche aber begrenzte Fahigkeiten zugeschrieben werden Geister werden in manchen Fallen an materielle Objekte oder Lebewesen gebunden vorgestellt in anderen Fallen als ungebunden aufgefasst A 1 Geistwesen sind Bestandteil zahlreicher Religionen und Mythen und gelten als Ubermittler von Botschaften aus dem Jenseits B 1 Balinesischer Tanzer vor einem Barong dem Konig der guten Geister in lowenartiger Gestalt Unter dem magischen Einfluss der Damonenkonigin Rangda halt er den Kris Dolch gegen seine Brust Mit dem Glauben an Geister ist in der Regel die Vorstellung ihrer Beschworung das Rufen die Kontaktaufnahme in verschiedenen Formen verbunden In fast allen schriftlosen Kulturen herrschte traditionell ein kollektiver Geisterglaube und gab es traditionell besondere Spezialisten der Geisterbeschworung die heute zumeist vereinheitlichend als Schamanen bezeichnet werden Moderne Formen des Geisterglaubens bei dem die Moglichkeit der Kontaktaufnahme im Mittelpunkt steht nennt man Spiritismus Hierzu gehoren die individuell und oft nicht religios verorteten Seancen zur Totenbeschworung in den westlichen Kulturen die vor allem um die Wende zum 20 Jahrhundert in einigen Kreisen verbreitet waren sowie die kollektiven synkretistischen afro amerikanischen Neureligionen wie Voodoo Umbanda oder Candomble Die Anhangerschaft des Spiritismus wird weltweit auf uber 100 Millionen geschatzt 1 Inhaltsverzeichnis 1 Typologie der Geistwesen 2 Schutzgeister 3 Die Existenz von Geistwesen zwischen Glauben und Aberglauben 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseTypologie der Geistwesen Bearbeiten nbsp Tausendjahriger Geisterbaum in VietnamUnterschieden werden uberwiegend Ahnen und Totengeister in der englischen Literatur ghosts genannt die meist von nicht vorschriftsmassig Bestatteten oder gewaltsam zu Tode Gekommenen also von Menschen stammen sowie demgegenuber Naturgeister engl spirits die unabhangig von Menschen in der Natur vorgestellt werden 2 Es gibt verschiedene Arten solcher Vorstellungen A 2 Naturgeister die in Verbindung mit einem bestimmten Ort in der Natur stehen oder deren Seele sind Dieser Ort kann eine Pflanze ein Fluss ein Fels oder auch ein Gewitter sein siehe auch Animismus Herr der Tiere die Vorstellung einer Gottheit als Eigentumer der Natur Gebieter uber Leben und Tod der Menschen in Jager und Sammler Kulturen Erscheint in Tier und Menschengestalt in Nordeurasien vor allem in Barengestalt im Barenkult Reste solcher Vorstellungen finden sich auch in der Uberlieferung der Bibel Geister der Verstorbenen im Ahnenkult Totengeister Kategorie Totengeist Gespenster nennt man spukende Totengeister Kategorie Gespenst Haus und Herdgeister die Haus und Hof beseelen und bewachen Kategorie Hausgeist Engel sind in den monotheistischen Weltreligionen positiv besetzte geflugelte Geistwesen in Menschengestalt Kategorie Engel Damonen sind in vielen Kulturen unheilbringende Geistwesen Kategorie Damon Teufel sind in meist monotheistischen Religionen solche Geistwesen die der Gottheit oder seiner Ordnung ubelwollend eingestellt sind 3 Schutzgeister Bearbeiten nbsp Darstellung eines Schutzgeistes von Joram Mariga einem simbabwischen KunstlerIn vielen ethnischen Religionen die heute allerdings kaum noch unbeeinflusst vorkommen existiert die Vorstellung von Schutzgeistern die an eine Ortlichkeit einen Menschen oder eine Gemeinschaft gebunden sind Sie schutzen jeweils vor negativen Einflussen allerdings nur sofern die rituellen und moralischen Sitten eingehalten werden In diesem Zusammenhang sind insbesondere die personlichen Schutzgeister der nordamerikanischen Indianer bekannt die in der fruheren Volkerkunde falschlicherweise als Totems bezeichnet wurden sowie die Aussenseelen einiger mittel und sudamerikanischer Ethnien A 3 Viele nordamerikanische Indianer begaben sich irgendwann in ihrem Leben auf eine Visionssuche um das Tier die Pflanze das Mineral o a zu finden dessen Geist dem Menschen als personlicher Schutzgeist zugetan war War solch ein Geist gefunden bezog der Schutzbefohlene haufig betrachtliche spirituelle Kraft daraus Die Schutz oder Hilfsgeister von Schamanen spielten eine ahnliche Rolle A 4 In den Glaubensvorstellungen einiger Volker wird der Schutzgeist als Aussenseele Schatten oder geistiger Doppelganger Alter Ego vorgestellt die in einem fremden Lebewesen wohnt aber dennoch gegenseitig auf Gedeih und Verderb mit dem Menschen verbunden ist 4 Wird solch ein Geisttier gefangen ist auch der zugehorige Mensch in Gefahr Vielfach beschrieben wurden hier die Nagual der Azteken 5 und die Nonish der Waika Venezuelas 6 In Sud und Sudostasien sowie in weiten Teilen Afrikas gibt es Schutzgeister fur verschieden grosse Regionen die oft in einem hierarchischen Verhaltnis zueinander stehen Den machtigsten unter ihnen sind aufwandige kommunale bzw staatliche Kulte gewidmet Uberdies bedingen sie haufig die Macht der politischen Herrscher Sie legitimieren ihre Position damit und sind haufig gleichzeitig die hochsten Priester dieser Geister A 5 Eng verwandt mit den Schutzgeistvorstellungen der animistischen Religionen sind die Schutzengel des Christen und Judentums Die Existenz von Geistwesen zwischen Glauben und Aberglauben Bearbeiten nbsp Joseph Henry Sharp Gebet an den Geist des Buffels Zeremonie der Blackfoot nbsp Die Versuchung des heiligen Antonius Christliche Damonenvorstellungen verbildlicht von Martin Schongauer 15 Jh nbsp Hungergeister Preta die nach dem thailandisch buddhistischen Weltbild wie es im 1345 vollendeten Lehrbuch Traibhumikatha uberliefert ist in einer von acht Hollenregionen Qualen erleiden Wandmalerei in der Phutthaisawan Kapelle des Nationalmuseums Bangkok Schule von Rattanakosin Ende 18 Jahrhundert Der physikalische Prozess im Gehirn enthalt etwas das jenseits aller Berechnungen liegt Roger Penrose 7 Die Vorstellung von Geistwesen steht in direktem Zusammenhang mit der personlichen Erfahrung des Menschen sich gleichzeitig als korperliches und geistiges Wesen wahrzunehmen Die umfangreichen Ergebnisse weltweiter ethnologischer Forschung belegen die grosse Bedeutung solcher spiritueller Imaginationen bei traditionellen Volkern als notwendige Verbindungsstucke bei der Anlage kosmologischer Ordnungsmuster die als Grundlage fur vollstandige und schlussige Weltanschauungen dienen 8 Insofern waren vermutlich zu allen Zeiten und in allen Kulturen zumindest Teile der Bevolkerung von der Existenz unkorperlicher Wesen zutiefst uberzeugt So gelten etwa Engel Damonen Teufel Totengeister und sogar einige Naturgeister Beispiel Feldgeister in Bocksgestalt nach Jes 13 21 auch im Christentum als Realitat B 2 Doch auch die Skepsis und Verneinung jenseitiger Wesen hat eine lange Tradition die sich beispielsweise in der europaischen Geschichte bis ins antike Griechenland zuruckverfolgen lasst Bereits Homer listet praktisch alle Argumente auf die im Laufe der Zeit fur und gegen die Existenz von Geistern verwendet wurden B 3 In der Philosophie der Aufklarungszeit wird die Existenz Gottes und demzufolge auch von Geistwesen zunehmend angezweifelt Doch selbst beruhmten Philosophen wie etwa Immanuel Kant Traume eines Geistersehers von 1766 gelang es trotz umfangreicher spitzfindiger Argumentationen nicht wirklich die nicht existenten Hirngespinste zu widerlegen B 4 B 5 Mitte des 19 Jahrhunderts begann die wissenschaftliche Erforschung der Geistererscheinungen in den Industrielandern mit der Grundung der Parapsychologie Mit Hilfe von sogenannten Medien Menschen die behaupten Botschaften von ubernaturlichen Wesen zu empfangen oder anders geartete nicht physikalische Wahrnehmungen zu haben wurden unter kontrollierten Bedingungen Geisterbeschworungen durchgefuhrt Spater wurde die Fotografie zu Hilfe genommen um solche Erscheinungen sichtbar zu machen und festzuhalten Bereits im ersten Viertel des 20 Jahrhunderts wurden alle diese Versuche als Betrug entlarvt In den 1980er Jahren fand in den USA und spater in England eine Renaissance des Okkultismus statt bei dem innerhalb weniger Monate plotzlich viele Menschen behaupten im Rahmen satanischer Rituale sexuell missbraucht worden zu sein Doch auch die darauf folgenden Untersuchungen von Polizei Gerichten und Wissenschaftlern erbrachte keinen stichhaltigen Beweis fur die Existenz von Geistwesen B 6 Heute werden historische Beschreibungen von Geistwesen in den Wissenschaften fast ausschliesslich als naturalisierte Metaphern aufgefasst als Veranschaulichungen fur Vorgange die sich die Menschen damals nicht erklaren nicht besser beschreiben oder verarbeiten konnten B 7 Auf diese Weise wurden angsteinflossende verstorende Phanomene fur den Verstand be greif bar und kategorisierbar mithin verloren sie viel von ihrer Bedrohlichkeit Fur den modernen aufgeklarten Menschen ist es heute eher umgekehrt Das Gespenster Motiv ruckt die bekannte und vertraute Welt ins Unheimliche B 8 Im Gegensatz zur westlichen Welt ist die Existenz von Geistern und anderen okkulten Machten in Afrika ein breiter gesellschaftlicher Konsens obwohl auch dort Debatten uber betrugerische Geistmedien gefuhrt werden und die Einstellung der modernen Wissenschaften zu dem Thema bekannt sind Selbst in den christianisierten und islamisierten Landern gehen die Menschen davon aus dass diese Machte das Alltagsleben mehr oder weniger mitbestimmen Die Kosmologie der uberlieferten Religionen ist allgegenwartig Zauberer Hexer und Geistheiler sind immer noch wichtige Personen in den meisten afrikanischen Staaten und magische Handlungen zur Beeinflussung der Geister und ihrer Taten sind auch im urbanen Kontext nichts Ungewohnliches B 9 Im islamischen Kulturraum war die Vorstellung von Geistern allgemein akzeptiert so wie die mogliche Begegnung transzendenter Geistwesen wie Engel Malʾak und Teufel Sayaṭin Wahrend die Engel und Teufel nur zu besonderen Anlassen fur die physische Welt erkennbar werden sei die Welt von einer Vielzahl von Damonen wie den Diwen und den Dschinn bewohnt die dem Menschen jeder Zeit begegnen konnten Neben solchen Damonen gibt es auch den Glauben an die Geister der Verstorbenen die in drei Kategorien unterteilt werden konnen Geister der Heiligen Heilige deren Gegenwart den Segen Gottes mit sich bringen Rastlose Seelen Seelen der Verstorbenen die keine angemessene Beerdigung erhalten haben und die Graber umwandern Rachegeister Verstorbene die sich an ihren Mordern rachen wollenDer Glaube an Geister der Verstorbenen sowie der Glaube Menschen konnten Geistwesen begegnen wurde im Laufe der Salafibewegung als Aberglaube kritisiert und mit Schirk gleichgestellt Die angeblichen Begegnungen von verschiedenen Geistwesen wurde unter Dschinn zusammengefasst Demnach wurden Dschinnen den Menschen einen Streich spielen und irrtumlich glauben lassen sie wurden Geistern begegnen um sie zum Schirk zu fuhren Diese Vorstellung unterscheidet sich wesentlich von dem ursprunglichen Glauben an Geister in der islamischen Kultur Siehe auch BearbeitenPolydamonismus Geistertanz Bhuta Gruppe von wohl oder ubelwollenden Geistern in Indien Pepo Gruppe ostafrikanischer Geister die Besessenheit auslosen konnen Iye allgegenwartige Geister im Glauben der TurkvolkerLiteratur BearbeitenAnett C Oelschlagel Der Taigageist Berichte und Geschichten von Menschen und Geistern aus Tuwa Zeitgenossische Sagen und andere Folkloretexte Tectum Marburg 2013 ISBN 978 3 8288 3134 6 Werner Diem Marco Scholler The Living and the Dead in Islam Epitaphs as texts Otto Harrassowitz Verlag 2004 ISBN 978 3 447 05083 8 S 116 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Geisterglaube Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Kocku von Stuckrad Was ist Esoterik Beck Munchen 2004 S 202 Dieter Haller Text Bernd Rodekohr Illustrationen Dtv Atlas Ethnologie 2 Auflage dtv Munchen 2010 S 241 Paul Arno Eichler Die Dschinn Teufel und Engel in Koran Horst Sudkamp Totemismus Institution oder Illusion In Yumpu com Online pdf Dokument abgerufen am 23 Januar 2015 S 11 12 22 38 86 151 162 168 Tuxtla Gutierrez ICACH Instituto de Ciencias y Artes de Chiapas 1970 S 53 Hannes Stubbe Indigene Psychologien am Beispiel Brasiliens In Psychologie und Gesellschaftskritik 34 2010 2 S 83 111 Sabine Oetting Die Woche vom 10 Dezember 1999 Grunder amp Jahr Hamburg S 34 Claude Levi Strauss La pensee sauvage 1962 deutsche Ausgabe Das wilde Denken Ubersetzung von Hans Naumann Suhrkamp Frankfurt am Main 1968 A Walter Hirschberg Begrunder Wolfgang Muller Redaktion Worterbuch der Volkerkunde Neuausgabe 2 Auflage Reimer Berlin 2005 Hirschberg S 143 Hirschberg S 143 Hirschberg S 20 Hirschberg S 334 Hirschberg S 334 B Moritz Bassler Bettina Gruber Martina Wagner Egelhaaf Hrsg Gespenster Erscheinungen Medien Theorien Auflage Konigshausen amp Neumann Wurzburg 2005 ISBN 3 8260 2608 X Wolfgang Neuber Die Theologie der Geister in der fruhen Neuzeit In Bassler Gruber Wagner Egelhaaf S 25 Wolfgang Neuber Die Theologie der Geister in der fruhen Neuzeit In Bassler Gruber Wagner Egelhaaf S 25 48 insb 25 26 Ulrich Stadler Gespenst und Gespenster Diskurs im 18 Jahrhundert In Bassler Gruber Wagner Egelhaaf S 127 Friedrich Balke Wahnsinn der Anschauung KantsTraume eines Geistersehersund ihr diskursives Apriori In Bassler Gruber Wagner Egelhaaf S 297 318 insbes 297 298 Manfred Weinberg Hirngespenster Kleine philosophische Geisterkunde In Bassler Gruber Wagner Egelhaaf S 315 334 insbes 319 Heike Behrend Zur Medialisierung okkulter Machte Geistmedien und Medien der Geister in Afrika In Bassler Gruber Wagner Egelhaaf S 201 202 Bassler Gruber Wagner Egelhaaf S 11 Christiane Leiteritz Gespensterwelten Heterotopien bei Kasack Sartre und Wilder In Bassler Gruber Wagner Egelhaaf S 265 Heike Behrend Zur Medialisierung okkulter Machte Geistmedien und Medien der Geister in Afrika In Bassler Gruber Wagner Egelhaaf S 201 214 insbes 201 207 Normdaten Sachbegriff GND 4130188 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Geistwesen amp oldid 237123443