www.wikidata.de-de.nina.az
In der Fruhen Neuzeit insbesondere im 18 Jahrhundert wurden exotische Tiere in grosser Zahl per Schiff nach Frankreich verfrachtet Die Tiere stammten aus fast allen Teilen der Welt vor allem aus tropischen und subtropischen Regionen Sie wurden in Menagerien gehalten mit Wandermenagerien durch das Land gefahren auf Jahrmarkten ausgestellt in Geschaften und von Strassenhandlern angeboten vorwiegend in Paris in privaten Haushalten wohlhabender Burger gehalten und in Schaukampfen gegeneinander gehetzt Exotische Vogel dienten meist als Zierobjekte Affen denen man Kunststucke beibrachte und sprechende Papageien vor allem der Unterhaltung Hofische Menagerien symbolisierten den Machtanspruch des Monarchen 1 Im Frankreich des 18 Jahrhunderts waren Papageien wie Gelbbrustaras als Heimtiere beliebt Die Hute der Damen waren mit Federn von Straussen und anderen exotischen Vogeln verziert Das Olgemalde zeigt Marie Louise Elisabeth de Bourbon Tochter von Ludwig XV und ihren Sohn gemalt postum 1787 88 von Adelaide Labille Guiard Inhaltsverzeichnis 1 Herkunftsgebiete und Tierarten 2 Transport der Tiere 3 Hofische Menagerien 4 Jahrmarkte und Wandermenagerien 5 Museen 6 Exotische Heimtiere 7 Folgen der Tierimporte 8 Literatur 9 EinzelnachweiseHerkunftsgebiete und Tierarten Bearbeiten nbsp Ein Puma gehorte zu den exoti schen Raubtieren die im 18 Jahr hundert auf einem Jahrmarkt in Paris zur Schau gestellt wurden Kupferstich aus den 1770er Jahren aus Georges Louis Leclerc de Buffon Histoire naturelle generale et particuliere avec la description du cabinet du roi Die nach Frankreich verfrachteten Tiere vor allem Vogel und Saugetiere seltener Reptilien stammten aus Afrika Amerika Asien und Australasien Nachdem im Mittelalter zunachst der Handel rund um das Mittelmeer florierte brachen franzosische Handelsschiffe im 15 Jahrhundert zur Westkuste Afrikas und in den Nordatlantik auf im fruhen 16 Jahrhundert auch nach Brasilien Im 17 Jahrhundert entstanden franzosische Kolonien unter anderem in Nordamerika in der Karibik und im sudamerikanischen Guayana Allein in die karibischen Zuckerrohrplantagen wurden jedes Jahr Tausende bis Zigtausende afrikanische Sklaven verschleppt die Sklavenschiffe hatten haufig auch exotische Tiere an Bord die sofern sie uberlebten auf der Ruckreise nach Frankreich mitgenommen wurden Im letzten Viertel des 18 Jahrhunderts steuerten pro Jahr 500 bis 600 franzosische Schiffe die Antillen an und 50 bis 100 Schiffe Afrika 2 Der Handelsvertreter Jean Barbot erstand in den 1690er Jahren in Calabar Nigeria einem bedeutenden Sklavenhandelsplatz nicht nur Menschen sondern auch Affen und Papageien gemass seinen Aufzeichnungen tauschte er drei oder vier Affen gegen einen alten Hut oder Mantel Auch die Handelswege in den Indischen Ozean boten Quellen fur exotische Tiere so trafen 1670 in Paris 260 Primaten aus Madagaskar ein Im 18 Jahrhundert bluhte ausserdem der Handel mit Sud und Ostasien Aus Indien gelangten Tiger nach Frankreich Aus Asien zuruckkehrende franzosische Handelsschiffe deren Route einen Aufenthalt in Sudafrika mit sich brachte importierten nicht nur Gewurze Tee und Porzellan sondern ebenso afrikanische Tiere wie Zebras Pazifische Inseln wie Neuguinea waren eine zuverlassige Quelle fur den Import farbenprachtiger Vogel Seeleute erwarben dort Papageien fur ein paar Nagel oder minderwertige Messer 3 Zu den importierten Vogeln gehorten neben vielen anderen Arten Grossvogel wie Strausse Kasuare Kondore und Pelikane Papageien wie Kakadus Spechtvogel wie Tukane Singvogel wie Kardinale Trupiale Blauhaher Amaranten und bevor sie im 17 Jahrhundert vielfach gezuchtet wurden auch Kanarengirlitze Unter den importierten Saugetieren waren Affen wie Grune Meerkatzen Kapuzineraffen Mandrille und Schimpansen Raubtiere wie Lowen Tiger Leoparden Servale Ozelots Pumas Karakale Zibetkatzen Hyanen und Eisbaren Huftiere wie Zebras Bisons Dromedare und Lamas Nagetiere wie Pakas Stachelschweine und Gleithornchen manchmal Elefanten und Nashorner Die Menagerie in Versailles beherbergte zudem Krokodile auf Jahrmarkten wurden auch Schlangen prasentiert 4 Transport der Tiere Bearbeiten nbsp Diese franzosischen Schiffe brechen der nicht eindeutigen Bildinschrift zufolge entweder nach Indien auf oder zu den Westindischen Inseln um Handel zu treiben und neue Kolonien zu grunden Kupferstich von 1699 aus einem koniglichen Almanach Nur ein kleiner Prozentsatz der Tiere uberlebte die Transporte nach Frankreich Grunde dafur waren unter anderem die schlechten Haltungsbedingungen an Bord sowie Sturme und Kalte Zudem griffen Schiffsmannschaften bei einem Mangel an Frischfleisch in Form von lebend mitgefuhrtem Vieh zu ihrer Ernahrung auf exotische Tiere wie Affen und Papageien zuruck Eine Grosskatze vermutlich ein Jaguar an Bord eines 1764 unter dem Kommando von Louis Antoine de Bougainville stehenden Schiffes wurde auf der Route zwischen Montevideo und den Falklandinseln auf Befehl des Kapitans erdrosselt weil sie der Mannschaft durch nachtliches Brullen den Schlaf raubte und zu viel Fleisch brauchte 5 Papageien wurden auf Schiffen zu einem oder zwei Dutzend in Kafige gesperrt kleinere Vogel manchmal zu 200 Wahrend seiner Weltumseglung 1766 1769 erwarb Bougainville Papageien in grosser Zahl Einheimische aus dem Gebiet des heutigen Malaysia und Indonesien paddelten mit Kanus zu den beiden franzosischen Schiffen und boten unter anderem Kakadus zum Kauf an ein Kakadu hatte den Gegenwert eines roten Taschentuchs An Bord eines der beiden Schiffe waren nach einer solchen Tauschaktion mehr als 400 Papageien 6 Ein 1787 in Mosambik gekaufter Leopard wurde zuerst mit einem Sklavenschiff nach Haiti transportiert dann zum franzosischen Seehafen Lorient anschliessend wurde das Tier wochenlang uber Land bis Versailles gekarrt Derartige Transporte afrikanischer Tiere mit Sklavenschiffen in die Karibik und von dort nach Frankreich waren schon im 17 Jahrhundert nicht ungewohnlich nur ein kleiner Teil der Tiere uberlebte die zweifache Atlantikuberquerung Auch aus dem 18 Jahrhundert ist uberliefert dass afrikanische Papageien wie Unzertrennliche auf Transporten nach Frankreich uber die Antillen in grosser Zahl starben 7 Dass die weitaus meisten Tiere wahrend der Uberfahrten starben spielte aus kommerzieller Sicht in Anbetracht der Vielzahl transportierter Tiere eine untergeordnete Rolle Der Handelsvertreter Barbot erhielt gegen Ende des 17 Jahrhunderts in Paris fur einen uberlebenden Affen 480 Livres etwa den Kaufpreis fur funf Pferde Von den Papageien die Barbot verschiffte uberlebte durchschnittlich einer von 20 bei einer der Uberfahrten starben alle 50 Papageien wurden in Paris fur bis zu 2400 Livres angeboten durchschnittlich kosteten sie etwa 100 bis 200 Livres 8 Hofische Menagerien Bearbeiten nbsp Die Menagerie in Versailles zur Zeit von Ludwig XIV Als friedfertig eingestufte Tiere wie Jungfernkraniche Pelikane und Strausse waren in Aussenanlagen untergebracht Handkolorierter Kupferstich aus dem spaten 17 oder fruhen 18 Jahrhundert von Pierre Aveline nbsp Grossraubtiere wie Leoparden wurden in Versailles in enge gemauerte mit Eisenstaben vergitterte Verliese gesperrt 9 Olgemalde von Jean Baptiste Oudry 1739 Die Tiere in hofischen Menagerien waren vor allem Statussymbole Wer als Monarch Herr uber Grosskatzen und andere fremdlandische Tiere war der kontrollierte entsprechend dieser Symbolik auch innerstaatliche und aussenpolitische Angelegenheiten 10 11 Ludwig XIV liess in den 1660er Jahren Menagerien in Vincennes am ostlichen Stadtrand von Paris und in Versailles errichten Die in Vincennes gehaltenen Tiere unter anderem Lowen Tiger Leoparden und Elefanten sollten Besucher und Staatsgaste mit blutigen Schaukampfen unterhalten Die Menagerie in Versailles diente vor allem dazu exotische Tiere zur Schau zu stellen und fur tierkundliche Studien verfugbar zu machen 12 Vogel wurden in Kafigen oder Freigehegen untergebracht Allein von 1687 bis 1694 lieferte der Handler Gasson Mosnier 868 Vogel nach Versailles darunter 103 Strausse und 536 Purpurhuhner 13 Andere Arten wie Raubtiere wurden oft auf engstem Raum eingesperrt und entwickelten infolge der miserablen Haltungsbedingungen degenerative Veranderungen in Korperbau und Verhalten Sie wurden krank und starben allgemein fruh was neue Tierimporte nach sich zog 14 Viele der exotischen Tiere uberlebten zudem die Winter in Nordfrankreich nicht 15 Der beruhmte Naturforscher Buffon der in Menagerien und auf Jahrmarkten gezeigte und in Tierhandlungen feilgebotene Tiere fur seine Forschungen nutzte stellte fest fur Verhaltensstudien seien Menagerien wegen des gestorten Verhaltens der untergebrachten Tiere ungeeignet In der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts setzte unter gebildeten Besuchern der bis dahin wegen ihres Unterhaltungswerts gelobten Menagerien ein Umdenken ein Von der Aufklarung beeinflussten franzosischen Sozialkritikern galten Wildtiere als Symbole der Freiheit und Unabhangigkeit ihre gefangen gehaltenen Artgenossen dagegen als versklavte Kreaturen 16 Seit einiger Zeit ist hier ein lebendiger Elephant zu sehen Er ist etwa 5 Jahr alt 5 Fuss hoch und uberaus zahm und verstandig Er nimmt aus den Handen der Damen den Reis welchen sie ihm vorhalten und ofnet wenn man ihm eine Bouteille Bier gibt dieselbe um sie auszuleeren Seit dem Jahre 1668 da der Konig von Portugal unserm Hofe ein Geschenk mit einem Elephanten machte welcher 13 Jahre in der Menagerie zu Versailles gelebt hat ist kein solches Thier nach Frankreich gekommen Bericht im Reichs Post Reuter vom 5 Februar 1771 17 Jahrmarkte und Wandermenagerien Bearbeiten nbsp Der italienische Tierhandler Nicolet der mit seiner Wandermenagerie in den 1770er Jahren unter anderem in Frankreich unterwegs war kundigte seine dortigen Auftritte mit diesem Anschlagszettel an Er preist darin unter anderem seine drei Lowen an die beiden asiatischen seien noch wilder als afrikanische Lowen Auch ein Leopard sei zu sehen gezeugt von einem Lowen und einer Tigerin Anschlagzettel mit sieben Holzschnitten verschiedener Tiere 1777 Historisches Museum Frankfurt In der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts konkurrierten private Ausstellungen exotischer Tiere mit den koniglichen Menagerien Auf Jahrmarkten in Paris unter anderem auf dem beruhmten Jahrmarkt Saint Germain waren Lowen Tiger Elefanten und Paviane zu besichtigen sowie Strausse deren Federn an Zuschauer verkauft wurden Untergebracht waren die Tiere wahrscheinlich in Bretterbuden Schaukampfe bei denen Grosskatzen und andere Tiere wie Braunbaren Wolfe Haushunde oder Stiere sich gegenseitig zerfleischten lockten zahlreiche Zuschauer an wurden gegen Ende des 18 Jahrhunderts aber auch wegen ihrer Grausamkeit kritisiert 18 Wandermenagerien fuhren mit exotischen Tiere in Kafigen durch das Land und prasentierten sie Zuschauern unter anderem auf Jahrmarkten gegen Eintrittsgeld Anders als exotische Tiere fur hofische Menagerien die von Tierhandlern auf Bestellung in den Herkunftslandern der Tiere beschafft wurden erwarben Privatleute ihre zur Schau gestellten Tiere in Hafen wie Bordeaux Le Havre oder Marseille Sie kauften diejenigen Tiere die gerade von Seeleuten der taglich aus fernen Zielen eintreffenden Schiffe angeboten wurden 19 Museen BearbeitenSpater befand sich auch im Nationalmuseum in Paris eine Menagerie Im Jahre 1797 brachte der franzosische Gesandte Ader aus Nordamerika hierhin mehrere seltene Thiere darunter Klapperschlangen 20 Exotische Heimtiere BearbeitenVor allem Kanarienvogel Papageien andere exotische Vogel und Affen waren insbesondere im 18 Jahrhundert auch als Heimtiere beliebt Die Vogel wurden in Wohnungen in Kafigen gehalten manchmal in Volieren die in Fensteroffnungen eingebaut waren Papageien auch angebunden auf Kletterbaumen Adelige liessen aufwendige Volieren im Freien errichten Handbucher informierten uber die Haltung von Kanarienvogeln oder gaben Tipps wie man Papageien das Sprechen beibringen sollte Affen wurden meist angekettet manche konnten sich jedoch frei in Wohnungen bewegen oder waren in einem separaten Zimmer untergebracht 21 Folgen der Tierimporte BearbeitenNicht nur Frankreich auch andere europaische Seefahrernationen wie Grossbritannien und die Niederlande importierten zahlreiche exotische Tiere Die ausufernden Zahlen aus ihren Lebensraumen entnommener Tiere hatten bereits in der Fruhen Neuzeit Konsequenzen fur die Bestandssituation mancher Arten So nahmen die Populationsdichten von Papageien auf den Antillen rapide ab auf Martinique waren Papageien bereits in den 1750er Jahren ausgerottet 22 Das besondere Ausmass franzosischer Tierimporte spiegelt sich nicht nur in den hohen Zahlen verfrachteter Tiere wider sondern auch darin dass es in der Fruhen Neuzeit Frankreichs etliche Angriffsserien von Raubtieren auf Menschen gab von denen die Bestie des Gevaudan am bekanntesten wurde Manche Historiker ordnen diese Angriffe Wolfen zu 23 zeitgenossische Beschreibungen der Angreifer und ihres Verhaltens lassen jedoch in vielen dieser Falle auf andere Grossraubtiere schliessen insbesondere auf Grosskatzen Zudem hauften sich derartige Vorfalle zur Zeit von Ludwig XIV im weiten Umkreis von Paris und Versailles 24 Literatur BearbeitenAnita Guerrini The king s animals and the king s books the illustrations for the ParisAcademy s Histoire des animaux In Annals of Science Vol 67 Nr 3 Oregon State University 2010 S 383 404 academia edu Jean Marc Moriceau Histoire du mechant loup La question des attaques sur l homme en France XVe XXe siecle Paris 2016 Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots Exotic Animals in Eighteenth Century Paris Baltimore 2002 Peter Sahlins The Royal Menageries of Louis XIV and the Civilizing Process Revisited In French Historical Studies Band 35 2 2012 academia edu Karl Hans Taake Carnivore Attacks on Humans in Historic France and Germany To Which Species Did the Attackers Belong ResearchGate 2020 researchgate net Einzelnachweise Bearbeiten Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 13f 25 Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 13ff 21 25f 28f Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 1f 21 24 29 30f 33 43 45 52 65 71 79 88 103 113 Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 9 11 Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 9f 22 Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 21 27ff 58 Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 28f 126 Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 46 Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 38 Anita Guerrini The king s animals and the king s books 2010 S 388 Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 37f Peter Sahlins The Royal Menageries of Louis XIV and the Civilizing Process Revisited 2012 S 244ff 254 Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 65f Anita Guerrini The king s animals and the king s books 2010 S 387 Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 6 39f Verfolg von Paris vom 25 Januar In Reichs Post Reuter 5 Februar 1771 S 2 online bei ANNO Vorlage ANNO Wartung rpr Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 7 76f 68 85 Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 67ff 72 Kurze Nachrichten In Gothaische gelehrte Zeitungen 23 August 1797 S 608 online bei ANNO Vorlage ANNO Wartung ggz Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 122ff Louise E Robbins Elephant Slaves and Pampered Parrots 2002 S 27 Jean Marc Moriceau Histoire du mechant loup La question des attaques sur l homme en France XVe XXe siecle Paris 2016 Karl Hans Taake Carnivore Attacks on Humans in Historic France and Germany 2020 S 5ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Exotische Tiere im fruhneuzeitlichen Frankreich amp oldid 234476027