www.wikidata.de-de.nina.az
Der Erste Wiener Schiedsspruch auch Wiener Diktat genannt war das Ergebnis einer Konferenz vom 2 November 1938 im Wiener Belvedere in dem Gebiete mit ungarischer Bevolkerungsmehrheit in der sudlichen Slowakei und in der Karpatenukraine von der Tschechoslowakei abgetrennt und Ungarn zugesprochen wurden Gebietsgewinne Ungarns 1938 und 1939Verhandlungsfuhrer von links Frantisek Chvalkovsky Galeazzo Ciano Joachim von Ribbentrop Kalman Kanya 2 November 1938 Inhaltsverzeichnis 1 Delegationen 2 Vorgeschichte 3 Bestimmungen 4 Folgen 5 Annullierung 6 Siehe auch 7 Text 8 EinzelnachweiseDelegationen BearbeitenDer Schiedsspruch wurde von den Aussenministern des Deutschen Reiches Joachim von Ribbentrop und Italiens Galeazzo Ciano beschlossen Vorsitzender der ungarischen Delegation war Aussenminister Kalman Kanya Ihn begleitete Kultusminister Pal Teleki Leiter der tschechoslowakischen Delegation waren Aussenminister Frantisek Chvalkovsky und Ivan Krno Wichtige Mitglieder der tschechoslowakischen Delegation waren fur die Karpatenukraine Premierminister Awgustyn Woloschyn und fur die Slowakei Premierminister Jozef Tiso Justizminister Ferdinand Durcansky und General Rudolf Viest Vorgeschichte BearbeitenDer zugunsten Ungarns gefallte Schiedsspruch war eine der Folgen des Munchener Abkommens Zusammen mit jenem Abkommen war er Bestandteil des Plans des nationalsozialistischen Deutschlands zur Auflosung des Staates Tschechoslowakei Ungarn hingegen arbeitete darauf hin die gesamte Slowakei mittelfristig wieder unter seine Herrschaft zu bringen Bereits im November 1937 hatte Adolf Hitler den Ungarn einen nicht naher spezifizierten Teil der Tschechoslowakei versprochen Anfang 1938 arbeiteten die Vertreter Ungarns sowie ungarischer und einiger deutscher Parteien der Tschechoslowakei gezielt an der Zerschlagung des Landes Am 11 Februar 1938 besagte eine in Budapest geschlossene Vereinbarung dass die Tschechoslowakei zerschlagen werden muss Am 17 und 18 April 1938 legte Graf Esterhazy einer der politischen Fuhrer der ungarischen Minderheit in der Slowakei in Warschau einen von der ungarischen Regierung ausgearbeiteten Plan vor der die Zerschlagung der Tschechoslowakei und die Angliederung der gesamten Slowakei an Ungarn vorsah Miklos Kozma ein Anhanger des ungarischen Reichsverwesers Miklos Horthy raumte am 12 April 1939 also nach dem Wiener Schiedsspruch offen ein dass die Forderungen fur die ungarischen Minderheiten in den Nachbarlandern nur eine Taktik waren die die Verwirklichung des strategischen Ziels der Wiedererrichtung von Grossungarn welches das gesamte Karpatenbecken ausfullt naher bringen sollte Am 29 September 1938 folgte dann das Munchener Abkommen Auf polnischen und ungarischen Druck hin bekam das Abkommen Zusatzprotokolle denen zufolge die Tschechoslowakei innerhalb von drei Monaten in bilateralen Verhandlungen mit Polen und Ungarn auch die Frage der ungarischen und polnischen Minderheit losen sollte 1 Die Verhandlungen mit Polen begannen am 25 Oktober Bereits zuvor hatte es am 1 Oktober das mittlere Olsagebiet bei Teschen mit 1000 km und einem grossen polnischen Bevolkerungsanteil besetzt und zwar aufgrund von Forderungen die es bereits am 21 September gestellt hatte Als Ergebnis der Verhandlungen erhielt Polen am 1 Dezember 1938 weitere 226 km mit 4280 Einwohnern weniger als 0 3 Polen in der Nordslowakei Die Verhandlungen mit Ungarn fanden zwischen dem 9 und 13 Oktober 1938 im tschechoslowakischen Teil der Doppelstadt Komarno Komarom statt Die tschechoslowakische Delegation wurde vom Ministerprasidenten der slowakischen Teilrepublik Jozef Tiso die ungarische von Aussenminister Kalman Kanya und Kultusminister Pal Teleki angefuhrt Als Zeichen des guten Willens bot die tschechoslowakische Delegation der ungarischen Abordnung die Abtretung des Bahnhofs von Slovenske Nove Mesto bis 1918 eine Vorstadt der ungarischen Stadt Satoraljaujhely sowie der Stadt Sahy ungarisch Ipolysag an Sahy wurde dann auch am 12 Oktober von Ungarn besetzt Die Ungarn verlangten bei den Verhandlungen die Abtretung des sudslowakischen Gebiets ab einschliesslich der Linie Devin Theben Deveny Bratislava Pressburg Pozsony Nitra Neutra Nyitra Tlmace Garamtolmacs Levice Lewenz Leva Lucenec Lizenz Losonc Rimavska Sobota Grosssteffelsdorf Rimaszombat Jelsava Eltsch Jolsva Roznava Rosenau Rozsnyo Kosice Kaschau Kassa Trebisov Trebischau Toketerebes Pavlovce Palocz Uzhorod Uschhorod Ungvar Mukacevo Mukatschewo Munkacs Sevľus Wynohradiw Nagyszollos In der restlichen Slowakei sollte eine Volksabstimmung stattfinden ob sich nicht die gesamte Slowakei an Ungarn anschliessen wolle Die tschechoslowakische Delegation hingegen bot darauf den Ungarn die Schaffung eines autonomen Gebiets in der Slowakei sowie die Abtretung der Grossen Schuttinsel slowakisch Zitny Ostrov ungarisch Csallokoz an Nachdem dieses Angebot abgelehnt worden war schlug die Tschechoslowakei eine neue Losung mit Gebietsabtretungen vor nach der genauso viele Slowaken und Russinen in Ungarn verbleiben sollten wie Ungarn in der Tschechoslowakei Dabei wollte die tschechoslowakische Delegation jedoch die wichtigsten Stadte der fraglichen Region wie Levice Lewenz Leva Kosice Kaschau Kassa und Uzhorod Uschhorod Ungvar behalten Auch dies war fur die ungarische Seite nicht akzeptabel und am 13 Oktober erklarte Kanya nach einer Beratung in Budapest die Verhandlungen fur gescheitert Bald danach gaben beide Seiten ihr Einverstandnis sich einem Schiedsspruch der Grossmachte Deutschland und Italien zu beugen Grossbritannien und Frankreich hatten schon zuvor ihr Desinteresse bekundet Inzwischen arbeiteten nicht nur die Ungarn sondern auch die slowakische Regierung mit Hitler zusammen Somit waren beide Seiten uberzeugt dass Deutschland gerade sie unterstutzen wurde doch genossen die Ungarn uberdies die Unterstutzung Italiens und Polens Ende Oktober uberzeugte Italien Deutschland dass die Arbitrage uber das ethnische Prinzip hinausgehen und Ungarn auch die Stadte Kaschau Uschhorod und Mukatschewo erhalten solle Bestimmungen Bearbeiten nbsp Ungarische Truppen besetzen Lucenec Abzutreten war das Gebiet in dem gemass der letzten ungarischen Volkszahlung zur Zeit Osterreich Ungarns im Jahr 1910 die Ungarn mindestens 50 ausmachten Konkret entsprach es dem Gebiet etwa sudlich der Linie einschliesslich Senec Galanta Vrable Levice Lucenec Rimavska Sobota Jelsava Roznava Kosice Michaľany Veľke Kapusany Uschhorod Mukatschewo rumanische Grenze Die Flache dieser Gebiete betrug 11 927 km 10 390 davon in der heutigen Slowakei der Rest in der Karpatenukraine mit uber 1 Million Einwohnern In den abgetrennten slowakischen Gebieten lebten nach tschechoslowakischen Zahlungen aus der Zeit vor dem Schiedsspruch 852 332 Einwohner Volksgruppe Als Zahl In ProzentMagyaren 506 208 59 0 Slowaken 290 107 34 0 Juden 26 227 3 1 Deutsche 13 184 1 5 Russinen 1 892 0 2 Sonstige 14 714 1 7 Nach einer ungarischen Zahlung von Ende 1938 lebten auf dem fraglichen Gebiet nur 121 603 Slowaken Nach einer anderen ungarischen Zahlung von 1941 waren von den 869 299 Einwohnern des Gebiets 751 944 Ungarn 86 5 und nur noch 85 392 Slowaken 9 8 In der ubrigen Slowakei lebten nach slowakischen Angaben 70 000 nach ungarischen Angaben 67 000 ungarische Einwohner Nach der Volkszahlung von 1930 stellten die Slowaken in 182 Gemeinden der Schiedsspruchgebiete die Mehrheitsbevolkerung So lebten damals in Kosice 60 Slowaken im Bezirk Vrable waren es 73 Der Schiedsspruch verstiess also in einigen Gebieten gegen das Prinzip der ethnischen Grenzen Kurz nach dem Schiedsspruch schlug Janos Esterhazy der Vorsitzende der Partei der Ungarn in der Slowakei vor Ungarn solle 1000 km des erhaltenen Gebiets an die Slowakei zuruckgeben um ein langfristiges friedliches Zusammenleben beider Nationen zu sichern konkret ging es um ein slowakisches Gebiet an der Sprachgrenze Bezirk Surany Nagysurany und Palarikovo Totmegyer Sein Vorschlag fand aber in Budapest keine Beachtung nbsp An Ungarn abgetretene Gebiete der heutigen Slowakei nbsp Territoriale Gewinne Ungarns 1938 1941Bratislavaer Bruckenkopf bis zum 15 Oktober 1947 ungarisches Staatsgebiet Sudslowakei als Folge des Wiener Schiedsspruches vom 2 November 1938 bis Fruhjahr 8 Mai 1945 von Ungarn annektiert Landstreifen in der Ostslowakei um die Orte Stakcin und Sobrance als Folge des Slowakisch Ungarischen Krieges vom 4 April 1939 bis Fruhjahr 8 Mai 1945 von Ungarn annektiert Die mehrheitlich deutschsprachigen Gemeinden Devin deutsch Theben und Petrzalka deutsch Engerau waren vom 1 20 November 1938 bis 1945 von Deutschland annektiert Deutsche Schutzzone als Folge des Schutzzonenstatut mit dem Slowakischen Staat am 23 Marz 1939 eingerichtetFolgen BearbeitenBereits vom 5 bis zum 10 November wurde das abgetretene Gebiet von der Koniglich Ungarischen Armee Magyar Kiralyi Honvedseg besetzt Am 11 November zog der ungarische Reichsverweser Horthy feierlich in das besetzte Kosice Kaschau Kassa ein 30 000 Tschechen und Slowaken verliessen im Verlauf der folgenden Wochen die Stadt Der Einzug der Honvedseg wurde von der Mehrheit der magyarischen Bevolkerung des angeschlossenen Gebietes feierlich begrusst Nachdem sich jedoch die Bewohner des angeschlossenen Gebiets der relativen wirtschaftlichen Ruckstandigkeit Ungarns bewusst wurden hiess es bald auf einigen Mauern statt Mindent vissza Alles zuruck das heisst die gesamte Slowakei Minden draga vissza Praga Alles ist teuer Prag zuruck und man sagte Nem ezeket a magyarokat vartuk auf diese Ungarn haben wir nicht gewartet Der ungarische Schriftsteller Kalman Janics schrieb dazu 1994 dass zwar anfangs 90 der magyarischen Bevolkerung der angeschlossenen Gebiete den Anschluss begrussten aber bereits am Ende des Sommers 1939 wieder eindeutig fur eine Abtrennung von Ungarn waren Dies hing nicht mit Ungarn als solchem zusammen sondern mit dem dort seit langem herrschenden autoritaren Regime von Miklos Horthy der Ungarn seit dem Ersten Weltkrieg nicht aus seiner politischen und wirtschaftlichen Ruckstandigkeit befreit hatte im Gegensatz zur Entwicklung in der Tschechoslowakei der Zwischenkriegszeit So gab es u a langere Arbeitszeiten hohere Preise geringere Lohne hohere Steuern keine Kollektivvertrage keine Arbeitslosenhilfe und fast keinen Urlaub Auf Forderungen der Bevolkerung hin die Vorteile des tschechoslowakischen Systems beizubehalten wurde zumindest die Schulpflicht von 6 auf 8 Jahre erhoht Obwohl Miklos Horthy bei seinem Einzug in Kosice versprochen hatte die slowakische Sprache durfe beibehalten und gepflegt werden waren die slowakische und die judische Bevolkerung in den besetzten Gebieten verschiedenen Arten von Verfolgung und Gewalt ausgesetzt Der bekannteste Fall geschah Weihnachten 1938 als ungarische Gendarmen Slowaken beim Verlassen der Kirche beschossen weil sie in der Messe ein slowakisches Nationallied gesungen hatten Es gab militarische Sondergerichte die Untergrundmitglieder zum Tode oder zur Folter verurteilten Slowakische Bibliotheken und Bucher wurden verbrannt mehrere tausend slowakische und tschechische Angestellte vor allem bei der Eisenbahn und im offentlichen Dienst entlassen Ausserdem wurden u a Slowaken und Juden Gewerbescheine entzogen und Priester die nicht auf Ungarisch predigten misshandelt Auch die meisten slowakischen Schulen wurden geschlossen 386 Volksschulen 28 Realschulen und 10 Gymnasien die Initiatoren entsprechender Protestveranstaltungen interniert und 862 Lehrer verbannt Insgesamt wurden aus der Sudslowakei etwa 100 000 Slowaken und Tschechen vertrieben oder sie fluchteten Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen beispielsweise Einzelnachweisen ausgestattet Angaben ohne ausreichenden Beleg konnten demnachst entfernt werden Bitte hilf Wikipedia indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfugst In die 2 ungarische Armee die Ungarn 1942 in die Sowjetunion schickte wurden offen und gezielt vor allem Slowaken Rumanen und Ukrainer einberufen In der Schlacht am Don wurde diese Armee vollig aufgerieben Tausende starben Der ungarische Premierminister Miklos Kallay ausserte dazu am 23 Februar 1943 Gottseidank betreffen die Verluste der ungarischen Armee nicht in grosserem Ausmass die Substanz der magyarischen Nation weil die fremden Nationalitaten mehr Menschenleben verloren haben Die ungarischsprachige judische Bevolkerung des Gebietes wurde nach der deutschen Besetzung Ungarns 19 Marz 1944 von einem Kommando unter Fuhrung von Adolf Eichmann deportiert Nach der Besetzung des Gebietes durch die Sowjetunion wurde das Gebiet wieder an die Tschechoslowakei angeschlossen Die Ungarn galten 1945 1948 vorubergehend als Kriegsverbrecher falls sie nicht im Untergrund gegen die Deutschen gekampft hatten Eine Vertreibung der Ungarn wie im Falle der Deutschen in Tschechien wurde von den Alliierten nicht genehmigt es wurde nur ein Bevolkerungsaustausch gestattet bei dem 68 407 Ungarn im Austausch gegen Slowaken nach Ungarn umgesiedelt wurden Weitere 31 780 Ungarn wurden vertrieben weil sie erst nach dem Schiedsspruch in diese Gebiete gekommen waren Schon zuvor wurden innerhalb der Tschechoslowakei etwa 44 000 Ungarn sowie uber 100 000 Slowaken in das verlassene Sudetenland nach Tschechien zum Arbeitsdienst deportiert Nach ein bis zwei Jahren wurde den Ungarn erlaubt in die Sudslowakei zuruckzukehren was auch rund 24 000 von ihnen taten Diese faktisch rechtlose Zeit ungarische Schulen wurden geschlossen ungarische Zeitungen Parteien Versammlungen verboten Theater geschlossen dauerte bis zum kommunistischen Umsturz 1948 an danach bekamen die Ungarn die tschechoslowakische Staatsburgerschaft und die Rechte zuruck die auch den anderen Staatsburgern der kommunistischen Tschechoslowakei gewahrt wurden Annullierung BearbeitenDer Schiedsspruch wurde von den Alliierten bereits wahrend des Zweiten Weltkriegs fur nichtig erklart da er einen Bruch internationalen Rechts darstellte Dies wurde von der Pariser Friedenskonferenz 1947 dann noch einmal explizit bestatigt Siehe auch BearbeitenZweite Tschechoslowakische Republik Zweiter Wiener SchiedsspruchText BearbeitenArbitral award establishing the Czechoslovak Hungarian boundary Decision of 2 November 1938 Memento vom 27 September 2013 im Internet Archive PDF United Nations englisch Ubersetzung aus Volkerbund 1938 No 3 4 S 54 55 Einzelnachweise Bearbeiten Martin Broszat Deutschland Ungarn Rumanien Entwicklung und Grundfaktoren nationalsozialistischer Hegemonial und Bundnispolitik 1938 1941 In Manfred Funke Hitler Deutschland und die Machte Materialien zur Aussenpolitik des 3 Reiches Droste Dusseldorf 1976 S 524 562 zuerst Historische Zeitschrift Band 206 1968Normdaten Werk GND 4534958 7 lobid OGND AKS LCCN n2001154855 VIAF 185622030 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erster Wiener Schiedsspruch amp oldid 235803797