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Tuiduk turkmenisch tuyduk russisch tujduk andere Umschriften tujduk tuyduk tuiduk auch kargy tuiduk gargy tujduk garghy tuyduk garghy taydak ist eine lange endgeblasene Flote der Turkmenen in Zentralasien Die tuiduk wird nur von Turkmenen eingesetzt und gehort wenn auch seltener gespielt neben der gezupften Langhalslaute dutar und der Streichlaute ghichak zu den drei traditionellen Instrumenten professioneller Musiker Der Namenszusatz kargy nach dem verwendeten Pflanzenrohr unterscheidet die Flote vom turkmenischen Einfachrohrblattinstrument dilli tuyduk Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Verbreitung 2 Bauform 3 Spielweise 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHerkunft und Verbreitung Bearbeiten nbsp Turkische kiz ney Rohrflote mit sechs Fingerlochern und acht KnotenMusikinstrumente aus vorislamischer Zeit sind in Zentralasien vor allem durch Terrakottafiguren bekannt Hierzu gehoren Langsfloten die sich wie die anderen Musikinstrumente in ahnlicher Form vom iranischen Hochland bis nach Ostturkestan verbreitet haben Die Querflote wurde in der ersten Halfte des 1 Jahrtausends n Chr als aus dem Westen kommendes Instrument am chinesischen Kaiserhof und in der allgemeinen chinesischen Musik ubernommen Bei Ausgrabungen in Afrasiab nahe Samarqand kamen mehrere bruchstuckhaft erhaltene Terrakottafiguren von musizierenden Frauen aus der Mitte des 1 Jahrtausends zum Vorschein Die aufrecht stehenden sogdischen Musikerinnen sind in lange Mantel und Pluderhosen gekleidet ihr Gesicht wird von einem fulligen Haar umrahmt Mit beiden Handen umgreifen sie ein langes dunnes Blasinstrument das sie vor dem Oberkorper senkrecht nach unten halten Den Proportionen nach musste das leicht konische Blasinstrument etwa 80 Zentimeter lang und im Vergleich mit anderen Fundobjekten eine randgeblasene Flote gewesen sein Andere Figuren aus Afrasiab belegen dass auch die Querflote in Sogdien verbreitet war Gegenuber den zahlreichen Abbildungen von Musikinstrumenten aus vorgeschichtlicher bis fruhmittelalterlicher Zeit in Zentralasien sind original erhaltene Musikinstrumente selten Die meisten erhaltenen Floten sind Knochenfloten wie ein Exemplar aus der ehemaligen Hauptstadt Bundschikat die vom 7 bis zum 9 Jahrhundert ostlich von Sogdien bestand Aus der nahegelegenen Palastfestung Tschilchudschra die zur selben Zeit existierte stammt eine schlecht erhaltene Rohrflote die mindestens drei Grifflocher besass 1 Ausser Terrakotten geben Wandmalereien andere Kleinobjekte und Inschriften die neben Floten Lauteninstrumente barbat und Harfen tschang darstellen Zeugnis einer vorislamischen zentralasiatischen Musikkultur Der im sudlichen Zentralasien geborene muslimische Gelehrte al Farabi um 872 950 verfasste das bedeutendste Werk zur Musiktheorie in fruhislamischer Zeit und spielte selbst die gezupften Lauten oud und tanbur sowie die Langsflote nay Abhandlungen aus dem 10 bis 14 Jahrhundert erwahnen als Blasinstrumente unter anderem die Flote nay die Kegeloboe surnay und eine organun oder urghanun genannte mutmassliche hydraulische Orgel 2 Heute sind in der usbekischen Musik noch die alten kurzen Schaferfloten chupon nai und ghajir nai besonders bei Frauen und Kindern im landlichen Raum beliebt In dasselbe Umfeld gehort das kleine usbekische Einfachrohrblattinstrument sibiziq das unter ahnlichen Namen unter den zentralasiatischen Turkvolkern bis in die Turkei sipsi verbreitet ist 3 Mit der tuiduk in Form und Spielweise verwandte lange endgeblasene Rohrfloten ohne Mundstuck sind ausser der iranischen nay die kurai quray kyrillische Schrift ҡuraj der Baschkiren und Tataren und die sybyzgy sibizga der Kasachen 4 Zu den Schaferfloten gehoren des Weiteren die lange turkische kaval die armenische blul die kurdische bilur die kurzere tutak aus Aserbaidschan die ostgeorgische Schnabelflote salamuri und die archarpyn in Abchasien 5 Die seltene kirgisische sarbasnai moglicherweise von persisch sarbaz nai Soldatenflote besteht aus einer 60 Zentimeter langen Metallrohre meist Messing mit funf Fingerlochern 6 Das bekannteste kirgisische Blasinstrument ist die choor die mit der kasachischen sybyzgy weitgehend ubereinstimmt Sie ist 55 Zentimeter lang mit einer Spielrohre aus Holz oder Rohr und drei bis vier Fingerlochern 7 In der Mongolei heisst diese endgeblasene Holzflote tsuur 8 Die in der pakistanischen Wustenprovinz Belutschistan gespielte narh mit vier Fingerlochern ist wie die tuiduk eine Rohrflote mit sieben Knoten 9 Mit Ausnahme der in der Kunstmusik verwendeten persischen nay gehoren die meisten der genannten Floten zur Musik der Hirten Tulak oder tula heissen verschiedene zentralasiatische Blockfloten etwa die kleine Holzflote die in der tadschikischen Musik in Badachschan gespielt wird Eine solche tula oder nai kommt auch bei den Paschtunen und Belutschen vor Anfang des 20 Jahrhunderts war die tuiduk hauptsachlich in der Region Merw im Osten von Turkmenistan verbreitet Von den funf grossen turkmenischen Stammen fehlte sie bei den Salyr Salor Yomud Yomut und Chaudyr Diese drei Stamme siedeln nicht im Norden Afghanistans Der Stamm der Ersari dem in Nordafghanistan die meisten Turkmenen angehoren hielt demnach wesentlich die Tradition der tuiduk aufrecht 10 Bauform BearbeitenDie tuiduk besteht aus einem 80 bis 85 Zentimeter langen Pflanzenrohr 11 dessen Durchmesser 2 bis 2 5 Zentimeter betragt Das Prafix kargy bezeichnet das Pflanzenrohr das ublicherweise sechs Knoten also sieben Abschnitte haben sollte in Nordafghanistan sind es eher sieben Knoten Die sieben Abschnitte fuhrten zum Beinamen jedi bogum der tuiduk Die baschkirische quray besitzt vier Fingerlocher die kirgisische sybyzgy funf die tuiduk sechs Fingerlocher davon eines an der Unterseite und die turkische mansur nay zum Vergleich sieben Fingerlocher davon eines an der Unterseite Bei der tuiduk ergibt sich eine diatonische Skala mit einer Sexte Tonumfang der beim Spielen auf zweieinhalb Oktaven erweitert werden kann Eine 1933 bei einem Instrument aus Merw durchgefuhrte Messung ergab auf dem Grundton c die angenaherte Tonfolge B c d e f g Die Entfernung bei der 81 5 Zentimeter langen tuiduk aus Merw betragt vom Daumenloch zum oberen Ende 45 9 Zentimeter von den Fingerlochern 51 8 und 55 4 und 58 5 und 62 4 und 70 2 Zentimeter Belaiev und Pring vergleichen diese Langenangaben mit denen der anderen drei genannten Langsfloten und kommen zu dem Schluss dass alle Entfernungen nach der naturlichen Masseinheit zwischen kleinem Finger und Daumen einer gespreizten Hand gebildet sind Zwischen Anblaskante und Daumenloch betragt der Abstand zwei gespreizte Hande plus die Breite der vier Finger Zwischen Daumenloch und unterer Offnung passen eine gespreizte Hand und der Abstand zwischen gestrecktem Zeigefinger und kleinem Finger Die ubrigen Abstande wurde analog festgelegt was Abweichungen zwischen den einzelnen Exemplaren erklart und den Verfassern zufolge das bis weit in vorchristliche Zeit zuruckreichende Alter der turkischen Langsfloten belegt 12 Spielweise BearbeitenDer Spieler blast die tuiduk uber das oben offene Ende oder fur eine einfachere Tonerzeugung uber eine als Mundstuck angesetzte Messinghulse an indem er das Spielrohr in einem steilen Winkel nach unten mit der Anblaskante gegen die untere Zahnreihe halt Die Atemluft wird durch die Zunge gesteuert Die ungewohnliche Lange der tuiduk fuhrt dazu dass der Spieler haufig nicht mit gekreuzten Beinen sondern mit nach hinten geschlagenen Beinen auf den Knien am Boden sitzt um mit dem Oberkorper freier zu sein Weil die Grifflocher von der Anblasoffnung so weit entfernt sind muss der Spieler seine Arme fast ganz ausstrecken Das untere Ende der Flote erreicht in Spielposition fast den Boden Nur wenn der Spieler eine melodische Phrase besonders betonen mochte biegt er den Kopf weiter nach hinten um das untere Ende anheben zu konnen Ansonsten fuhrt er regelmassig kleine Kreisbewegungen wahrend des Spiels aus Der gerauschhafte Ton der tuiduk wird wie bei anderen zentralasiatischen Langsfloten durch eine summende Gesangsstimme erganzt die den Bordunton bildet Flote mit Brumm Das Spielen ist anstrengend weshalb die vorgetragenen Stucke relativ kurz sind Die tuiduk ist allenfalls in manchen Gegenden ein Hirteninstrument in Afghanistan gehort sie zur Unterhaltungsmusik in den Stadten Die Flote wird meist solistisch zur Gesangsbegleitung gespielt daneben treten zwei unisono spielende Flotisten tuiduktschis auf die sich einander gegenuber aufstellen und in einen musikalischen Wettstreit eintreten Da die tuiduk schnell durch Luftfeuchtigkeit weich wird und dann unsauber klingt halten die Musiker einen Vorrat an Floten parat In der nordafghanischen Musik wird die tuiduk uberwiegend von professionellen Musikern gespielt die bei den Turkmenen als bachschi bedeutet Meistermusiker nicht wie im Usbekischen Epensanger oder Schamane angesprochen werden Die Turkmenen in Nordafghanistan spielen vorwiegend die Laute dutar tuiduk und dilli tuyduk selten die Maultrommel qopuz die in dieser Region vielerorts als ein Instrument der Frauen und Kinder gilt Tuiduk Lieder beginnen stets mit mehreren kurzen Phrasen die jeweils etwa funf Sekunden lang sind und durch Atemholen unterbrochen werden Ein bestimmter musikalischer Abschnitt besteht aus mehreren solcher Phrasen die vom Grundton ausgehend zu diesem zuruckkehren Diese Struktur entspricht weitgehend den auf der dutar gespielten Stucken die Flote muss jedoch auf die mehrstimmigen Zupftechniken des Saiteninstruments verzichten und sich auf die Betonung einzelner Noten beschranken Die Melodien fallen haufig von einer hohen Tonlage in sich wiederholenden Phrasen ab 13 Die Bedeutung als eines der drei hauptsachlichen turkmenischen Musikinstrumente ist in Mythen begrundet Nach einer biblischen Erzahlung schuf Gott Adam aus Lehm gab ihm aber keine Seele mit Diese bliesen ihm mehrere Engel mit der tuiduk ein In einer abgewandelten Version vom sagenhaften Konig Midas erzahlt der Barbier die Wahrheit uber in diesem Fall die Eselsohren Alexanders des Grossen einem Erdloch uber dem nachher nicht Binsen wachsen sondern das kargy Schilfrohr und tuiduks floten die Wahrheit in die Welt Passend zu einer Geschichte uber die turkmenische dutar die mit Hilfe des Teufels entstanden sei heisst bei der tuiduk das untere Fingerloch fur den Daumen Teufelsloch 14 Literatur BearbeitenVictor Belaiev S W Pring The Longitudinal Open Flutes of Central Asia In The Musical Quarterly Vol 19 No 1 Januar 1933 S 84 100 Mark Slobin Music in the Culture of Northern Afghanistan Viking Fund Publications in Anthropology 54 The University of Arizona Press Tucson Arizona 1976 S 251 256 Tuiduk In Laurence Libin Hrsg The Grove Dictionary of Musical Instruments Vol 5 Oxford University Press Oxford New York 2014 S 110Weblinks BearbeitenTurkmen Musical Instruments Gargy Tuyduk Youtube Video Elena DOLGOVA Pod zvuki tujduka turkmenistan gov tm 31 Juli 2012 russisch Fotos von tuiduk Spielern Einzelnachweise Bearbeiten F M Karomatov V A Meskeris T S Vyzgo Mittelasien Werner Bachmann Hrsg Musikgeschichte in Bildern Band II Musik des Altertums Lieferung 9 Deutscher Verlag fur Musik Leipzig 1987 S 26f 96 154 Vgl Henry George Farmer The Organ of the Ancients from Eastern Sources Hebrew Syriac and Arabic William Reeves London 1931 bei Internet Archive Faizullah Karomatov Tom Djijiak Theodore Levin Mark Slobin Uzbek Instrumental Music In Asian Music Vol 15 No 1 1983 S 11 53 hier S 15 Jean During Razia Sultanova Zentralasien In Ludwig Finscher Hrsg Die Musik in Geschichte und Gegenwart Sachteil 9 Barenreiter Kassel 1998 Sp 2363 Saadat Abdullayeva Shepherd s Pipes Sounds in Orchestra IRS November 2012 S 50f Mark Slobin Kirgiz Instrumental Music Society for Asian Music New York 1969 S 19 George S Golos Kirghiz Instruments and Instrumental Music In Ethnomusicology Vol 5 No 1 Januar 1961 S 42 48 hier S 43 Traditional music of the Tsuur UNESCO 2009 Nazim Khizar Narh The desert flute of Pakistan Mark Slobin 1976 S 254 Mark Slobin 1976 S 252 dort Langenangabe fur Turkmenistan 75 bis 80 Zentimeter gemass K Vertkov u a Atlas muzykal nykh instrumentov narodov SSSR Moskau 1963 S 115 82 Zentimeter jedoch bei Victor Belaiev S W Pring 1933 S 87 Victor Belaiev S W Pring 1933 S 89 Mark Slobin 1976 S 201 203 Mark Slobin 1976 S 252 256 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tuiduk amp oldid 238502437