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Dieser Artikel beschreibt das Musikinstrument Zum ghanaischen Ordensgeistlichen siehe Peter Claver Narh Narh auch naṙ narr nadd naddu ist eine lange endgeblasene Flote die uberwiegend in den wustenartigen Gebieten der Provinzen Belutschistan und Sindh in Pakistan sowie im indischen Bundesstaat Rajasthan solistisch oder zur Begleitung von Volksliedern und Balladen gespielt wird Mit der im Vergleich zur orientalischen Langsflote nay und zur indischen Querflote bansuri einfacheren Bauweise der narh blieb ein regionaler und vermutlich alterer Flotentyp erhalten Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Verbreitung 2 Bauform 3 Spielweise 4 Diskografie 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseHerkunft und Verbreitung BearbeitenLangsfloten mit unterschiedlicher Grosse und Tonproduktion aus Pflanzenrohr oder Rohrenknochen darunter Schnabelfloten und an den Enden offene Floten gehoren zu den Musikinstrumenten die seit Alters her von nomadischen Hirtenkulturen gespielt und verbreitet werden Es musste nur das Prinzip erkannt werden dass ein Ton entsteht wenn ein Luftstrom in einem bestimmten Winkel uber eine Kante geblasen und der so gebrochene Luftstrom anschliessend in einer Resonanzrohre stabilisiert und verstarkt wird Hoch tonende Floten oder Pfeifen die Vogelstimmen nachahmen dienen bis heute Hirten und Jagern als Signalinstrumente Floten mit mehreren Fingerlochern sind in Europa seit etwa 30 000 v Chr aus dem Aurignacien bekannt 1 Die enge Verbindung von Hirten und der leicht zu transportierenden und stets griffbereiten Flote ist bereits im altgriechischen Mythos vom Hirtengott Pan festgehalten Sie gehort zu den Kulturgutern die sich mit der Wanderung der Turkvolker vom Nordosten Asiens westwarts verbreitet haben 2 Der aus dem Iran stammende Geograph Ibn Churdadbih um 912 nennt in seinem halbmythischen Bericht den Ursprung der verschiedenen Musikinstrumente fur deren Erfindung er uberwiegend biblische Figuren verantwortlich macht Den Ursprung der Flote ṣaffara sieht er bei den Kurden Spater hatten die Perser gelernt aus Schilfrohr unterschiedliche Blasinstrumente nay Schilfrohr herzustellen darunter die bei festlichen Anlassen gespielte surnay eine Kegeloboe und die dunay ein Blasinstrument mit zwei Spielrohren Perser erfanden demnach auch die Harfe tschang und wesentliche Elemente der Musiktheorie Nur die Araber haben laut Ibn Churdadbih nichts Neues zur Musik beigetragen 3 Der Grammatiker Abu Ṭalib al Mufaḍḍal ibn Salama um 904 macht in seinem Werk Kitab al malahi daruber hinaus Angaben zur arabischen Musik Auch er halt einige Musikinstrumente fur die Erfindung biblischer Figuren die Holzblasinstrumente allgemein mizmar heute fur Rohrblattinstrumente ordnet er jedoch den Israeliten geformt nach der Kehle Konig Davids zu und die Flote die in fruhislamischer Zeit qasaba hiess hielt er ebenfalls fur kurdisch 4 Mittelalterliche iranische Musiktheoretiker beschreiben eine bischa bisa genannte Flote mit sieben seltener neun Fingerlochern aus getrocknetem Schilfrohr das bevorzugt aus Nischapur oder Bagdad besorgt wurde bischa i muschta war eine Mundorgel 5 Eine Handschrift vom Ende des 15 oder Anfang des 16 Jahrhunderts des Hamsa von Nezami um 1141 1209 zeigt auf einer Miniatur ein typisches kleines Unterhaltungsensemble jener Zeit Die drei Musiker spielen Langhalslaute rubab Flote nay und Rahmentrommel daira Flote Rahmentrommel und Handeklatschen begleiteten nach einer persischen Miniatur vom Ende des 15 Jahrhunderts tanzende Derwische 6 Die langs geblasene Rohrflote nay die in Varianten in der turkischen arabischen und persischen Musik vorkommt ist der hauptsachliche Flotentyp im islamischen Orient und sudlichen Zentralasien vom Maghreb bis in die Mongolei Ahnliche Rohrfloten ohne Mundstuck heissen auf dem Balkan und in der Turkei kaval in Armenien blul bei den Kurden bilur im Osten Georgiens eine Version der salamuri ueno salamuri in Kasachstan sybyzgy sibizga in Kirgistan tschoor und in der Mongolei entsprechend tsuur 7 Daneben kommen in Zentralasien und in Afghanistan kurzere Schnabelfloten vor die zum Wortumfeld der tulak gehoren und unter anderem in der tadschikischen Musik gespielt werden Uberwiegend werden diese Floten ebenfalls von Hirten solistisch oder in einem Ensemble zur Tanzbegleitung geblasen Die fuhrenden Melodieinstrumente der bei Besessenheitszeremonien aufgefuhrten Musik gwati in Belutschistan sind die Fiedel sorud suroz surando mit der sarinda verwandt die Langhalslaute damburag entspricht der nordafghanischen dambura und die Doppelflote dōneli donali dunali 8 Im Sindh dient die Doppel Schnabelflote alghoza gelegentlich zur Behandlung von Besessenheit 9 nbsp Doppellangsflote satara zusammen mit einer Fasstrommel des Typs dholki von Musikern der Langa einer Ethnie in Rajasthan gespielt In Pakistan endet das Verbreitungsgebiet der nay die hier durch die nordindische klassische Bambusquerflote bansuri und durch volksmusikalische Varianten bansi ersetzt wird Floten im indischen Kulturraum gehoren nach der altindischen Instrumentenklassifizierung zu den sushira vadya den hohlen Musikinstrumenten In einigen vedischen Texten heisst die Flote auf Sanskrit nadi nada in den grossen Epen Ramayana und Mahabharata heisst sie venu wie noch heute in Sudindien Floten haben in Sudasien vielfach eine magisch religiose Bedeutung und ihre Verwendung unterliegt gewissen Tabus Die Hirtenflote ist ein mannliches Instrument das von Mannern gespielt und mancherorts zur Brautwerbung eingesetzt wird Gott Krishna blies als schoner junger Kuhhirte die Flote zur Erbauung der Hirtenmadchen Gopis was auf die erotische Bedeutung der Flote verweist Weitaus seltener als Querfloten von Typ der bansuri sind die regionalen Langsfloten etwa die alghoza auch satara im Punjab und in Rajasthan die wie die dōneli in Belutschistan aus zwei Spielrohren besteht 10 Die samui sumui im nordostindischen Bundesstaat Tripura ist eine Bambuslangsflote mit sieben oder acht Fingerlochern 11 Die peli in Rajasthan ist eine kurze Langsflote der Hirten aus einem 30 Zentimeter langen Bambusrohr Alghoza narh und die ubrigen Floten der Volksmusik ermoglichen nicht die verfeinerte Spielweise der bansuri mit den fur die klassische Musik charakteristischen gleitenden Ubergangen zwischen den Noten Urdu Hindi meend weshalb die bansuri auch in Pakistan zur Standardflote wurde Gegenuber der weiter westlich vorkommenden nay und der sich von Osten ausbreitenden bansuri blieb die narh in einem kleinen Gebiet erhalten das abgelegene Regionen in den pakistanischen Provinzen Sindh und Belutschistan sowie im angrenzenden indischen Rajasthan umfasst Das Wort narh wird haufig vom persischen nay hergeleitet genauso naheliegend ist eine Abstammung vom Sanskritwort nada das ebenfalls Rohr bedeutet 12 Bauform BearbeitenDie narh unterscheidet sich von der Langsflote nay und der Querflote bansuri durch ihre Spielhaltung schrag seitwarts nach unten Narh ist wie nel in Belutschistan und nay das allgemeine Wort fur Pflanzenrohr Die spezifische Grasart ist unter den Namen sacho narh oder kangore bekannt Als am besten geeignet gilt das Rohrgras der wustenartigen Kustenregion Makran Wie eine typische tuiduk ist das Rohr der narh durch sechs Knoten in sieben Abschnitte geteilt 13 Eine persische nay besitzt zum Vergleich funf Knoten und eine turkische ney acht Knoten Die lange Form der narh misst 60 bis 100 Zentimeter Die kani eine kurzere Variante in derselben Region ist 30 bis 46 Zentimeter lang Vier aquidistante Fingerlocher befinden sich nahe am unteren Ende die beiden mittleren Fingerlocher zwischen dem vierten und funften Knoten Bei der persischen nay sind es funf bei der turkischen ney sechs Fingerlocher jeweils mit einem zusatzlichen Daumenloch Die geringere Zahl von Fingerlochern weist die narh als eine gegenuber der nay und der bansuri einfachere und damit moglicherweise in alterer prahistorischer Zeit entstandene Flote aus 14 Eine Besonderheit ist die Bemalung des gesamten Rohrs mit geometrischen Mustern Streifen Rauten in roter Farbe Manche Floten sind mit Bandern aus Tierdarm umwickelt Spielweise Bearbeiten nbsp Raghunath Prasanna um 1920 1999 spielt die in Grosse und Spielhaltung mit der narh vergleichbare Bambusflote sumui aus dem nordost indischen Bundesstaat Tripura Die Flote wird zwischen Daumen und den ubrigen Fingern in einem Winkel zwischen 10 und 30 Grad aus der Senkrechten seitwarts nach unten gehalten Der Musiker greift wegen der Lange des Spielrohrs die Fingerlocher mit nahezu ausgestreckten Armen Er deckt mit Zeigefinger und Mittelfinger beider Hande jeweils zwei Fingerlocher ab Im Gegensatz zur einfachen Form ist die Spielweise kompliziert und erfordert Gabelgriffe ausserdem hat der Blasdruck einen Einfluss auf die Tonbildung Die Flote uberblast in die Quinte Oktave und Duodezime Daruber hinaus lasst sich die Tonhohe im Halbtonbereich verandern indem das untere Ende teilweise abgedeckt wird Der Tonumfang betragt ungefahr eine Undezime bei einer heptatonischen Skala Der Musiker singt haufig parallel zur gespielten Melodie einen Bordun in veranderlicher Tonhohe in die Flote Ein solcher Bordunton verbindet die narh in ihrer Region musikalisch mit der Doppelflote alghoza deren eines Rohr einen Bordunton hervorbringt sowie den Fiedeln surando und kamaycha Letztere Fiedel mit kreisrundem Korpus spielen mannliche Mitglieder der Manganiar Kaste in Rajasthan Ein in vorwiegend gleichbleibender Tonhohe gesungener Bordunton tiefer Dauerton gehort ferner zur Spielweise der tuiduk und anderer zentralasiatischer und mongolischer Floten Die Flote wird hauptsachlich in drei Musikstilen verwendet Phuk sind Instrumentalstucke und Lieder die auf der langen narh mit einem gesungenen Bordunton gespielt werden und denen kurze Gedichte zugrunde liegen die metaphernreich von der Anrufung des Liebenden an seine Geliebte handeln Gur sind Stucke auf der kurzen kani mit denen ebenfalls ein Liebesgefuhl ausgedruckt werden soll Hauptsachlich im Norden des Sindh begleitet die narh auch lange Balladen die unter der Bezeichnung bait bayt den Hauptbestandteil der Sindhi Volkspoesie ausmachen Die bait sind von der arabischen Gedichtform qasida abgeleitet und entstanden wahrend der arabischen Herrschaft uber den Sindh von 711 bis 1050 15 Gelegentlich werden die bait vom Flotisten selbst gesungen 16 Eine andere teilweise von der narh begleitete Erzahlform sind die dastan Beim phuk Stil vereinen sich Flotenmelodie gesungener Bordun und Rhythmus zu einer komplexen musikalischen Struktur die nur ein geubter Musiker darstellen kann Der phuk besteht aus einem einfuhrenden Teil der uthan oder saddu Ruf genannt wird und dem Alap eines Raga entspricht gefolgt vom Hauptteil Unter den regional unterschiedlichen Spielweisen ist der Stil von Belutschistan am weitesten verbreitet wahrend im Sindh die narh gegenuber nay und alghoza in den Hintergrund getreten ist Allgemein ist die Melodiebildung gegenuber der rhythmischen Funktion der Flote zuruckgegangen Im 19 Jahrhundert entwickelte sich zu den vier Fingerlochern ein System von sieben Fingerpositionen fur die bei entsprechenden Stilen oder Spielweisen benotigten Tonhohen Namentlich sind dies Rup auch sur Eine haufige Fingerposition bei der die oberen drei Fingerlocher geschlossen werden und das vierte offen bleibt Katth Vier geschlossene Fingerlocher sind beim Stil gur der auf den gesungenen Bordunton verzichtet ublich Bleiben die unteren beiden Fingerlocher offen heisst es morhalo murhalo Diese Fingerposition gehort zum Musikstil lahra lahro Bei der Position kharaz sind die drei unteren Fingerlocher geschlossen und das obere bleibt offen Sie wird bei einem gur in hoher Tonlage gebraucht Umgekehrt sind beim phuk die unteren drei Fingerlocher offen und das obere wird geschlossen Dies gehort zum gleichnamigen Stil mit einem tiefen Bordungesang Die Position nutt klingt tiefer als morhalo und gehort zu jener Tonfolge Hierbei werden die oberen beiden Locher geschlossen und die unteren bleiben offen Die Fingerposition von phukun jokatth entspricht der Position phuk wobei in diesem Fall der Bordungesang auf dem hochsten Ton der entsprechenden Melodie hinzukommt 17 Diskografie BearbeitenFlutes du Rajasthan Le Chant du Monde Collection du Centre national de la recherche scientifique et du Musee de l homme CD produziert von Genevieve Dournon und Komal Kothari bei Harmonia Mundi 1989Literatur BearbeitenNazim Khizar Narh The Desert Flute of Pakistan Naṙ In Laurence Libin Hrsg The Grove Dictionary of Musical Instruments Vol 3 Oxford University Press Oxford New York 2014 S 571Weblinks BearbeitenFlute narh avec bourdon vocal Sherha Mahamad spielt eine narh und singt dazu einen Bordunton Aufnahme von Genevieve Dournon im Distrikt Jaisalmer 1993 Centre de Recherche en Ethnomusicologie CREM Rana Ram Bheel Youtube Video Rana Ram Bhil ein Schuler von Karna Ram Bhil dem bekanntesten narh Spieler Einzelnachweise Bearbeiten Bo Lawergren The Origin of Musical Instruments and Sounds In Anthropos Bd 83 H 1 3 1988 S 31 45 hier S 39 Kurt Reinhard Die Musikpflege turkischer Nomaden In Zeitschrift fur Ethnologie Bd 100 H 1 2 1975 S 115 124 hier S 116 Henry George Farmer Islam Heinrich Besseler Max Schneider Hrsg Musikgeschichte in Bildern Band 3 Musik des Mittelalters und der Renaissance Lieferung 2 VEB Deutscher Verlag fur Musik Leipzig 1966 S 24 James Robson Henry George Farmer The Kitab al malahi of Abu Ṭalib Al Mufaḍḍal ibn Salama In Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland No 2 April 1938 S 231 249 hier S 240 Roger Blench The distribution of the free reed mouth organ Draft presented at the 14th Euraseaa Meeting Dublin September 2012 S 8 Henry George Farmer Islam 1966 S 98 118 George S Golos Kirghiz Instruments and Instrumental Music In Ethnomusicology Vol 5 No 1 Januar 1961 S 42 48 hier S 43 M T Massoudieh Baluchistan iv Music of Baluchistan In Encyclopaedia Iranica Richard Wolf Music in Seasonal and Life Cycle Rituals Memento vom 26 Juni 2015 im Internet Archive S 272 287 hier S 286 Bigamudre Chaitanya Deva Musical Instruments National Book Trust Neu Delhi 1977 S 5 54 61 V P Vathsala Tripura s musical ensemble Deccan Herald 22 Juni 2014 Nazir A Jairazbhoy Review Flutes du Rajasthan Recordings photographs and text by Genevieive Dournon Taurelle Collection Musee de l Homme One 12 33 1 3 rpm disc 1977 Le Chant du Monde LDX 74645 In Ethnomusicology Vol 24 No 2 Mai 1980 S 330 333 hier S 332 Vgl Victor Belaiev S W Pring The Longitudinal Open Flutes of Central Asia In The Musical Quarterly Vol 19 No 1 Januar 1933 S 84 100 Nazim Khizar Narh The Desert Flute of Pakistan S 1 Peter J Claus Sarah Diamond Margaret A Mills South Asian Folklore An Encyclopedia Afghanistan Bangladesh India Nepal Pakistan Sri Lanka Routledge New York 2003 S 37 Naṙ In Laurence Libin Hrsg The Grove Dictionary of Musical Instruments S 571 Nazim Khizar Narh The Desert Flute of Pakistan Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Narh amp oldid 238502331