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Staatenimmunitat ist ein Grundsatz des Volkerrechts der besagt dass die Hoheitsakte eines Staates nicht von den Gerichten eines anderen Staates uberpruft werden konnen Ausgehend von der Unabhangigkeit und Gleichheit souveraner Staaten ist es keinem Staat gestattet uber einen anderen Staat zu Gericht zu sitzen par in parem non habet iudicium 1 Dies bezieht sich jedoch nur auf hoheitliches Handeln des Staates nicht auf dessen privatrechtliche Tatigkeit Meinungsverschiedenheiten unter Staaten mussen ggf vor internationalen Gerichten z B dem Internationalen Gerichtshof ausgetragen werden Staatsoberhaupter geniessen im Ausland Immunitat von jeglicher Verfolgung hier der russische Prasident Dmitri Medwedew 2 v r anlasslich eines Staatsbesuchs in der Schweiz am 21 September 2009 in Bern Auspragung der Staatenimmunitat ist die Unverletzlichkeit des Staatsoberhaupts eines Landes im Ausland Das Staatsoberhaupt unterliegt kraft Amtes keiner Haft Festnahme Strafverfolgung oder sonstiger Zwangsmassnahmen des Gastlandes Dasselbe gilt fur amtierende Regierungschefs und Minister von Regierungen anderer Staaten und die sie amtlich begleitenden Angehorigen und ihr sonstiges Gefolge bei Besuchen in amtlicher Eigenschaft Wahrend die Immunitat fur Handlungen in Ausubung des Amtes auch nach Ende der Amtszeit fortbesteht endet sie in Bezug auf private Handlungen mit dem Ende der Amtszeit Durch neuere Entwicklungen im Volkerrecht wird die Immunitat des Staatsoberhaupts fur die Kernverbrechen des Volkerstrafrechts und ius cogens Volkermord Verbrechen gegen die Menschlichkeit Kriegsverbrechen und Verbrechen der Aggression zunehmend eingeschrankt Vor internationalen Gerichten sind Strafverfahren auch gegen amtierende Staatsoberhaupter zulassig So wurde der serbische Prasident Slobodan Milosevic vor dem Internationalen Strafgerichtshof fur das ehemalige Jugoslawien angeklagt Charles Taylor bei Anklageerhebung amtierender Prasident Liberias wurde vor dem Sondergerichtshof fur Sierra Leone verurteilt Vor dem Internationalen Strafgerichtshof ist gegenwartig ein Ermittlungsverfahren gegen den amtierenden sudanesischen Prasidenten Umar al Baschir anhangig Stand Juni 2015 2 Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung 2 Uberprufbarkeit auslandischer Hoheitsakte 3 Hoheitsakte fremder Staaten im Inland 4 Militarisches Handeln schwere Verletzungen der Menschenrechte 5 Inlandische privatrechtliche Tatigkeit fremder Staaten 6 Abgrenzung zwischen Erkenntnis und Vollstreckungsverfahren 7 Staatenimmunitat im europaischen und internationalen Vertragsrecht 8 Weitere Beispielsfalle zur Staatenimmunitat 8 1 Fall Al Adsani 8 2 Fall Pinochet 8 3 Haftbefehl Fall Kongo Belgien 8 4 Fall Honecker 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseEntwicklung BearbeitenStaatenimmunitat wurde bis ungefahr zum Ersten Weltkrieg als absolutes Verbot verstanden die Wirksamkeit von Akten eines anderen Staates innerstaatlich in Zweifel zu ziehen Act of State Doktrin Der betroffene Staat war lediglich berechtigt Gegenmassnahmen zu ergreifen auch auf diplomatischem Weg Schon in der Antike galt der Grundsatz par in parem non habet imperium Ein Gleicher hat uber einen Gleichen keine Macht Mit der immer starker zusammenruckenden Welt wurden Gegenmassnahmen als Antwort auf feindliche Akte einer fremden Macht zunehmend als weltfriedensgefahrdend angesehen Die Act of State Doktrin wurde weitgehend aufgegeben Die Staatengemeinschaft kam zu der Uberzeugung dass es notwendig sei staatliches Handeln in Frage zu stellen und am ubergeordneten Volkerrecht zu messen Uberprufbarkeit auslandischer Hoheitsakte Bearbeiten nbsp Auslandisches Recht wird von dem Standesbeamten nicht angewendet wenn es fundamentalen innerstaatlichen Grundsatzen zuwiderlauft Im Ausland getroffene Hoheitsakte sog acta iure imperii unterliegen als solche grundsatzlich keiner Uberprufung durch inlandische Gerichte Sie konnen grundsatzlich nicht durch inlandische Gerichte aufgehoben werden Davon zu unterscheiden ist die Frage ob auslandische Hoheitsakte im Inland Rechtswirkungen entfalten z B um ein im Ausland ergangenes Urteil auf Zahlung eines Geldbetrages im Inland durch inlandische Vollstreckungsorgane wie dem Gerichtsvollzieher vollstrecken zu konnen Dies ist regelmassig nur anzunehmen wenn inlandische Behorden den auslandischen Akt bestatigt haben Akzeptanzmassstab fur die Anerkennung ist der ordre public Er besagt dass ein Staat berechtigt ist den Akt eines anderen Staates als im Inland unwirksam zu betrachten wenn er eigenen substanziellen Rechtsgrundsatzen in Deutschland etwa den Grundrechten zuwiderlauft vgl 328 Abs 1 Nr 4 ZPO Fur die Anerkennung von Entscheidungen auslandischer Familiengerichte zum Beispiel zum Sorgerecht Minderjahriger gilt dieselbe Einschrankung 109 Abs 1 Nr 4 FamFG Auch auslandische Gesetze sind von inlandischen Gerichten nur zu beachten wenn sie mit dem ordre public vereinbar sind Der ordre public hat vor allem im Familienrecht erhebliche Bedeutung Nach den Regeln des Internationalen Privatrechts sind inlandische Gerichte verpflichtet auslandisches Recht beispielsweise im Falle einer Scheidung zweier auslandischer in Deutschland lebender Staatsangehoriger anzuwenden Art 17 i V mit Art 14 EGBGB Dies unterbleibt jedoch wenn das auslandische Recht fundamentalen deutschen Rechtsgrundsatzen zuwiderlauft Art 6 EGBGB Ahnliches gilt fur die eher seltenen Falle dass inlandische Behorden auslandisches Recht anzuwenden haben Auch hier bietet das Familienrecht ein Anwendungsbeispiel Die Eheschliessung zweier auslandischer Staatsangehoriger richtet sich grundsatzlich nach deren Heimatrecht Art 13 EGBGB Ein auslandischer Staatsangehoriger kann jedoch nicht unter Berufung auf die in seinem Heimatland zugelassene Vielehe eine weitere Ehe auch vor einem deutschen Standesamt schliessen Das auslandische Recht findet insoweit keine Anwendung Der deutsche Gesetzgeber muss nicht Entscheidungen fremder Gesetzgeber respektieren wenn sie eigenen fundamentalen Rechtsgrundsatzen hier dem Verbot der Vielehe 172 StGB zuwiderlaufen Diese Sperrwirkung erfahrt im Aufenthaltsrecht eine Fortfuhrung Der weitere Ehepartner erhalt in Deutschland falls die Ehe bereits im Ausland geschlossen wurde keine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug 30 Abs 4 AufenthG Insoweit wird die im Ausland geschlossene Zweitehe im Inland nicht anerkannt Hoheitsakte fremder Staaten im Inland BearbeitenHoheitsakte auslandischer Staaten im Inland z B die hoheitliche Tatigkeit von Botschaften und Konsulaten im Gastland unterliegen der Staatenimmunitat Diese Massnahmen unterliegen nicht der Gerichtsbarkeit des Gastlandes Streitigkeiten eines Angestellten uber den Bestand eines mit dem Konsulat geschlossenen Arbeitsverhaltnisses das seinem Inhalt nach originar konsularische Aufgaben zum Gegenstand hat konnen nicht vor einem Arbeitsgericht des Gastlandes verhandelt werden der beklagte Staat als Partei des arbeitsgerichtlichen Verfahrens unterliegt der Staatenimmunitat 3 Militarisches Handeln schwere Verletzungen der Menschenrechte Bearbeiten nbsp Erinnerungsstatte bei Distomo zum Gedenken an die Opfer des Massakers vom 10 Juni 1944Staatenimmunitat wird manchmal fur Handlungen in Frage gestellt die schwere Menschenrechtsverletzungen betreffen Das oberste griechische Gericht der Areopag verneinte die Staatenimmunitat Deutschlands hinsichtlich Entschadigungsforderungen der Angehorigen der Opfer des Massakers von Distomo Griechenland dem folgender Sachverhalt zugrunde lag Nachdem 18 Angehorige der SS in einen Hinterhalt geraten waren und von griechischen Partisanen getotet wurden umstellten deren Kameraden am 10 Juni 1944 das in der Nahe gelegene Dorf Distomo und toteten wahllos und auf besonders grausame Weise 218 Dorfbewohner Der Areopag bestatigte am 5 Mai 2000 eine Entscheidung der Vorinstanz wonach Deutschland zur Zahlung von umgerechnet 29 Millionen Euro Entschadigung verpflichtet sei Zu einer Vollstreckung in Griechenland kam es in der Folgezeit nicht weil Vollstreckungen gegen auslandische Staaten in Griechenland der Zustimmung des griechischen Justizministers bedurfen die jedoch verweigert wurde Die Glaubiger versuchten stattdessen ihre titulierten Anspruche in Italien durchzusetzen Die Entscheidung des Areopag wurde vielfach als Verstoss gegen die Staatenimmunitat angesehen 4 denn die fur Menschenrechtsverletzungen geltenden Ausschlusse von Immunitat betreffen stets Individuen und deren strafrechtliche Verantwortung nicht hingegen einen ganzen Staat und dessen zivilrechtliche Haftungsverantwortlichkeit Reparationsanspruche aus Kriegsereignissen stehen volkerrechtlich zudem dem verletzten Staat und nicht Einzelpersonen zu nbsp In Civitella in Val di Chiana verubte die deutsche Wehrmacht am 29 Juni 1944 ein Massaker an der Zivilbevolkerung In Bezug auf die Verurteilungen Deutschlands durch italienische Gerichte u a den italienischen Kassationsgerichtshof zu Entschadigungsleistungen fur Kriegsgrauel der deutschen Wehrmacht im Jahre 1944 in Civitella in Val di Chiana Italien und die Zulassung der Zwangsvollstreckung in die Villa Vigoni auch in Bezug auf die zuerkannten Entschadigungen im Distomo Fall stellte der Internationale Gerichtshof in Den Haag einen Verstoss gegen die Staatenimmunitat fest Der IGH gab der Klage Deutschlands durch Urteil vom 3 Februar 2012 5 statt und erklarte die italienischen Gerichtsentscheidungen fur volkerrechtswidrig 6 Zivilrechtliche Klagen wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen beziehungsweise schwerer Verletzungen des humanitaren Volkerrechts haben in der Staatenpraxis keine Anerkennung gefunden so dass eine Ausnahme von der Staatenimmunitat nicht als geltendes Volkergewohnheitsrecht betrachtet werden konne so der Gerichtshof in seinem Urteil Die volkerrechtliche Zulassigkeit der strafrechtlichen Ahndung von Straftaten gegen Volkerrecht und Menschenrechte wird durch dieses Urteil nicht eingeschrankt Inlandische privatrechtliche Tatigkeit fremder Staaten Bearbeiten nbsp Die Tatigkeit der Staatshandelsunternehmen hier der fruhere VEB Carl Zeiss Jena in der ehemaligen DDR fallt im Allgemeinen nicht unter die Staatenimmunitat Mit der Ausweitung des internationalen Handelsverkehrs unter Staaten ging man dazu uber Akte mit denen sich der Staat auf die Ebene eines Privaten begeben hat der nationalen Gerichtsbarkeit zu unterwerfen Dazu trug vor allem der aufkommende Staatshandel im Bereich der RGW Staaten bei Die Wirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik DDR war nahezu vollstandig verstaatlicht und in Volkseigene Betriebe VEB uberfuhrt worden Hier erschien es unbillig Streitigkeiten uber Warenlieferungen und Dienstleistungen von der gerichtlichen Kontrolle nur deswegen auszunehmen weil der Vertragspartner systembedingt ein staatliches Organ war Allgemein auch ausserhalb des Handels mit RGW Staaten unterfallen Akte bei denen der Staat als Handelspartner im Geschaftsleben aufgetreten ist als acta iure gestionis nicht der Staatenimmunitat Dies gilt auch dann wenn das privatrechtliche Handeln in einem hoheitlichen Umfeld erfolgt Das Bundesverfassungsgericht sah in der Behandlung einer Zahlungsklage eines Handwerkers gegen Iran vor einem deutschen Gericht wegen einer Reparatur an der Heizungsanlage der iranischen Botschaft in Bonn keine Verletzung der Staatenimmunitat 7 weil dieser Vertrag nicht der hoheitlichen Betatigung des iranischen Staates zuzuordnen war wenn er ihr auch letztlich diente Die haufigsten Probleme liegen in der zutreffenden Einordnung des Verhaltens des Staates zu einem der beiden Bereiche Klarheit besteht im Wesentlichen wenn das Geschaft nur in hoheitlicher Form Verwaltungsakt offentlich rechtlicher Vertrag abgewickelt werden kann beispielsweise bei einem Vertrag zur Einrichtung einer gemeinsamen Waffenerprobung Erfullt ein Vertragspartner seine Pflichten nicht kann er der gerichtlichen Inanspruchnahme die Staatenimmunitat entgegenhalten Anders ist es wenn er Lebensmittel oder Gerate von einem anderen Staat kauft Hier handelt er wie eine Privatperson und ist im Streitfalle der nationalen Gerichtsbarkeit unterworfen Dass das Geschaft zugleich offentlichen Zwecken dient z B der Versorgung der Bevolkerung bei Naturkatastrophen ist unerheblich Insofern kommt es nicht auf den hinter dem Geschaft stehenden Zweck sondern auf die objektive Natur des Geschafts an 7 Beim Lebensmittelkauf steht der privatrechtliche Charakter des Rechtsgeschafts im Vordergrund Problematisch ist es bei Gutern mit denen Privatpersonen typischerweise nicht handeln konnen z B beim Kauf von Kriegsgerat 8 Problematisch ist auch das Handeln der vom Staat abhangigen Institutionen z B von Staatsbanken und Staatsunternehmen 9 Hier muss im Einzelfall gepruft werden ob hoheitliche oder privatrechtliche Tatigkeit vorliegt Allgemein problematisch ist auch schlichtes deliktisches Handeln von Vertretern fremder Staaten im Inland Als Beispiele sind hier Verkehrsunfalle und private Auseinandersetzungen insbesondere Korperverletzungen zu nennen an denen Diplomaten beteiligt sind Als Handlungen die oft in keinem unmittelbaren Bezug zur dienstlichen Tatigkeit stehen steht der Anrufung der nationalen Gerichte wegen einer Schadensersatzforderung des Geschadigten die Staatenimmunitat grundsatzlich nicht entgegen Diplomaten geniessen jedoch eine besondere diplomatische Immunitat die uber die Wirkungen der Staatenimmunitat hinausgeht Aufgrund der ihnen zustehenden personlichen Immunitat sowohl fur den dienstlichen als auch fur den ausserdienstlichen Bereich Art 29 Art 31 WUD ist eine strafrechtliche Verfolgung vor nationalen Gerichten uberhaupt nicht und eine zivilrechtliche nur in sehr geringem Umfang zulassig zu den Einzelheiten siehe Hauptartikel Diplomatenstatus Die statt gegen den Diplomaten gegen den Heimatstaat gerichteten Klagen haben regelmassig keinen Erfolg weil sich der Heimatstaat des Diplomaten dessen privates Fehlverhalten nicht zurechnen lassen muss Abgrenzung zwischen Erkenntnis und Vollstreckungsverfahren BearbeitenAuch wenn ein Staat zulassigerweise in einem Erkenntnisverfahren verurteilt wird bedeutet das nicht dass ohne weiteres auch in das Vermogen des Staates vollstreckt werden kann Auch insofern ist zu unterscheiden ob das Vermogen der hoheitlichen Tatigkeit des Staates zuzuordnen ist z B bei der Guthabenpfandung eines Botschaftskontos 10 oder ob es um Gegenstande geht die der Staat als Fiskus halt Staatenimmunitat im europaischen und internationalen Vertragsrecht BearbeitenDie Staaten des Europarats haben mit dem Europaischen Ubereinkommen uber Staatenimmunitat vom 16 Mai 1972 auch Basler Abkommen genannt einen ersten Versuch unternommen den bis dahin gesicherten Stand des Volkerrechts uber die Immunitaten eines Staates im gerichtlichen Erkenntnisverfahren zu kodifizieren 11 Das Abkommen ist am 16 August 1990 fur Deutschland BGBl 1990 II S 34 am 11 Juni 1976 fur Osterreich und am 7 Oktober 1982 fur die Schweiz in Kraft getreten Weitere Vertragspartner sind bisher nur Belgien Luxemburg Niederlande das Vereinigte Konigreich und Zypern Auch die Vereinten Nationen haben am 2 Dezember 2004 ein Ubereinkommen der Vereinten Nationen uber die Immunitat der Staaten und ihres Vermogens von der Gerichtsbarkeit 12 verabschiedet das zur Unterzeichnung ausliegt Das Abkommen ist bisher nicht in Kraft getreten da es mindestens von 30 Staaten ratifiziert worden sein muss es gegenwartig Stand 7 November 2020 aber nur 22 Staaten 13 ratifiziert haben Weitere Beispielsfalle zur Staatenimmunitat BearbeitenFall Al Adsani Bearbeiten nbsp Die Staatenimmunitat geht der Durchsetzung von Entschadigungsforderungen fur Menschenrechtsverletzungen nach Auffassung des Europaischen Gerichtshofs fur Menschenrechte vor Al Adsani war ein kuwaitischer Soldat der auch zugleich die britische Staatsangehorigkeit besass Nach seinen nicht bewiesenen Angaben habe sich Folgendes zugetragen Mit der Besetzung Kuwaits durch Irak im Jahre 1991 habe er beschlossen nach Kuwait zuruckzukehren und als Pilot in der kuwaitischen Luftwaffe gegen den Irak zu kampfen Nach der erfolgreichen Invasion habe er in der Widerstandsbewegung weitergekampft In dieser Zeit seien ihm mehrere Videokassetten in die Hande gefallen die einen kuwaitischen Scheich in sexuell kompromittierenden Situationen zeigten Unter ungeklarten Umstanden seien die Videos an die Offentlichkeit gelangt Der Scheich der ein Verwandter des Emirs und eine einflussreiche Personlichkeit sei habe Al Adsani dafur verantwortlich gemacht Nach der Befreiung Kuwaits sei der Scheich in das Haus Al Adsanis eingedrungen habe ihn unter vorgehaltener Waffe in einem staatseigenen Fahrzeug in ein staatliches Gefangnis gebracht wo er drei Tage verbracht habe und mehrfach von den Wartern geschlagen worden sei Zwei Tage nach seiner Entlassung habe ihn der Scheich erneut mit vorgehaltener Waffe zum Palast des Bruders des Emirs gebracht Dort sei er in ein Schwimmbecken getaucht worden in dessen Wasser Leichen schwammen Anschliessend sei er in ein Zimmer mit benzingetrankten Matratzen gebracht worden die in Brand gesetzt worden seien Dabei habe er schwere Verbrennungen erlitten Nach seiner Ruckkehr nach England verklagte er den Scheich und den Staat Kuwait vor einem britischen Gericht auf Schadensersatz wegen der erlittenen Korperverletzungen Gegen den Scheich erging ein Versaumnisurteil das mangels pfandbaren Vermogens des Scheichs in England nicht vollstreckt werden konnte Die Zustellung der Klageschrift an den Staat Kuwait lehnte der Londoner High Court ab Das Berufungsgericht liess die Zustellung der Klage zu Kuwait beantragte die Streichung des Verfahrens Der High Court entsprach diesem Antrag weil Kuwait nach britischem Recht Immunitat zustehe Die hiergegen eingelegte Berufung wurde zuruckgewiesen Das House of Lords entschied keine Revision zuzulassen Versuche Al Adsanis auf diplomatischem Wege Entschadigung zu erhalten scheiterten Die gegen die britischen Gerichtsentscheidungen erhobene Menschenrechtsbeschwerde in der Al Adsani vortrug der Menschenrechtsschutz verpflichte Grossbritannien einem seiner Burger zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes zu verhelfen und geniesse Vorrang vor der Staatenimmunitat blieb ebenfalls der Erfolg versagt Der EGMR vertrat im Urteil vom 21 November 2001 14 mit einer ausserst knappen Mehrheit von neun zu acht Stimmen die Auffassung trotz der herausragenden Bedeutung des Folterverbots sei es im Volkerrecht noch nicht anerkannt dass Staaten im Falle von zivilrechtlichen Schadensersatzklagen wegen ausserhalb des Vertragsstaates begangener Folterungen keine Staatenimmunitat mehr verlangen konnten Dies gelte umso mehr als das in Art 3 der Europaischen Menschenrechtskonvention EMRK enthaltene Folterverbot und das in Art 6 Abs 1 EMRK gewahrte Recht eines effektiven Rechtsschutzes in Ubereinstimmung mit den anderen Regeln des Volkerrechts dessen integraler Bestandteil diese Artikel seien das aber auch die Staatenimmunitat mitumfasse auszulegen seien Fall Pinochet Bearbeiten nbsp Das House of Lords sprach Pinochet im Marz 1999 die Immunitat ab Dem in den Jahren 1973 bis 1990 amtierenden chilenischen Staats und Regierungschef Augusto Pinochet war nach der Machtubergabe an eine demokratische Regierung die Stellung eines Senators auf Lebenszeit zuerkannt worden Zwischen 1994 und 1997 besuchte er Grossbritannien mehrfach mit dem Rang eines Sonderbotschafters Ihm wurden die normalen diplomatischen Vorrechte gewahrt Als er im September 1998 erneut mit Diplomatenstatus in das Vereinigte Konigreich einreiste um sich einer Operation zu unterziehen erliess die Londoner Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen Pinochet Der Haftbefehl erging aufgrund eines Auslieferungsersuchens von Spanien Spanien warf Pinochet Beteiligung an Volkermord Folter und Geiselnahmen in Chile und anderen Staaten wahrend seiner Amtszeit als Staatschef vor Das gegen die Verhaftung angerufene House of Lords entschied 15 dass Pinochet keine Immunitat zustand 16 Fur die wahrend seiner Amtszeit als Staatsoberhaupt begangenen Taten konnte Pinochet wegen seiner grundsatzlich auch nach Amtsende fortbestehenden Amtsimmunitat nicht belangt werden jedoch erfuhr der aus der Staatenimmunitat fliessende Schutz des Staatsoberhaupts durch das am 30 Oktober 1988 auch fur Chile in Kraft getretene Ubereinkommen vom 10 Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe BGBl 1990 II S 246 eine Einschrankung Dessen Art 5 Abs 2 verpflichtet die Vertragsstaaten die notwendigen Massnahmen zu treffen um nationale Gerichtsbarkeit uber die von dem Abkommen geachteten Straftaten zu begrunden In dieser Formulierung erblickte das House of Lords einen volkervertraglichen Verzicht Chiles auf die Immunitat fur die nach dem 30 Oktober 1988 begangenen Tatvorwurfe Haftbefehl Fall Kongo Belgien Bearbeiten nbsp Nach der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag fallen amtierende Aussenminister eines Staates unter die Staatenimmunitat Ein weiteres Beispiel fur die Wirkungen der Staatenimmunitat bildete der letztlich vor dem IGH ausgetragene Konflikt zwischen Belgien und Kongo uber einen von einem belgischen Untersuchungsrichter ausgestellten Haftbefehl gegen den damaligen kongolesischen Aussenminister Abdoulaye Yerodia Ndombasi Grundlage hierfur war ein belgisches Gesetz aus dem Jahre 1993 das eine Bestrafung schwerer Verstosse gegen die Genfer Konvention und die Zusatzprotokolle I und II auch fur Taten vorsah die ausserhalb Belgiens begangen wurden Der Anwendungsbereich des Gesetzes erstreckte sich unter anderem auf Volkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit Dem kongolesischen Aussenminister wurde vorgeworfen vor seinem Amtsantritt durch offentliche Auftritte zu Ausschreitungen gegen die Bevolkerungsgruppe der Tutsi aufgerufen zu haben in deren Folge es zu Hunderten von Lynchmorden Hinrichtungen und willkurlichen Verhaftungen gekommen sei 17 Kongo berief sich auf die Staatenimmunitat seines Aussenministers Obwohl der belgische Haftbefehl offizielle Besuche Yerodias in Belgien ausdrucklich von seiner Geltung ausnahm erblickte der Internationale Gerichtshof am 14 Februar 2002 18 in dem belgischen Gesetz und dem Haftbefehl einen Verstoss gegen die Staatenimmunitat Die einem amtierenden Aussenminister zustehende Immunitat diene dazu diesem die Erfullung seiner reprasentativen Aufgaben wahrend internationaler Verhandlungen und Konferenzen zu ermoglichen Hierzu stehe ihm volkergewohnheitsrechtlich personliche Immunitat fur hoheitliches wie fur privates Handeln zu Diese Immunitat schutze den Aussenminister vor jeglichem Eingriff anderer Staaten der ihn bei der Erfullung seiner Aufgaben behindern wurde Den Einwand Belgiens die Immunitat schutze den Aussenminister nicht davor wegen Volkermords oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit verfolgt zu werden liess der IGH nicht gelten weil es eine volkerrechtliche Regel des Inhalts amtierenden Aussenministern vor nationalen Gerichten die Immunitat zu versagen nicht gabe Dies folge insbesondere nicht aus dem Fall Pinochet Moglich sei eine Strafverfolgung vor den Gerichten des Heimatlandes Nach dem Amtsende sei Strafverfolgung vor fremden Gerichten fur Handlungen moglich die vor Amtsantritt lagen oder nach Amtsende begangen wurden und fur private auch wahrend der Amtszeit begangene Handlungen Wahrend und nach der laufenden Amtszeit bestehe die Moglichkeit der Strafverfolgung vor internationalen Gerichten nicht aber vor einem nationalen Gericht Belgien musste den Haftbefehl aufheben und sein nationales Gesetz andern Fall Honecker Bearbeiten nbsp Um beim Besuch Honeckers in Bonn dessen Immunitat sicherzustellen wurde vorab das Gerichtsverfassungsgesetz geandert Nach Inkrafttreten des Grundlagenvertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik 1972 bestanden insbesondere seit Anfang der 1980er Jahre seitens der Regierung der DDR Uberlegungen fur einen Staatsbesuch des Staats und Parteichefs Erich Honecker in Bonn Die Plane wurden nicht nur wegen der weltpolitischen Lage zuruckgestellt ihre Umsetzung verzogerte sich auch wegen des ungeklarten Status Honeckers in Westdeutschland Die DDR befurchtete wegen der verfassungsrechtlichen Situation der Bundesrepublik die DDR nicht als Ausland anzuerkennen kame Honecker nicht die Immunitat eines auslandischen Staatsoberhaupts zu Tatsachlich lagen zu dieser Zeit mehrere Strafanzeigen gegen Honecker vor die bei fehlender Immunitat dessen Verhaftung befurchten liessen Erst als der Bundestag im Zweiten Gesetz zur Anderung des Bundeszentralregistergesetzes vom 17 Juli 1984 BGBl I S 990 den heute noch geltenden 20 Abs 1 GVG einfugte die sog Lex Honecker 19 konnte der Besuch Honeckers in der Bundesrepublik 1987 schliesslich stattfinden Literatur BearbeitenKarl Doehring Volkerrecht 2 neubearbeitete Auflage C F Muller Heidelberg 2004 ISBN 3 8114 0834 8 Knut Ipsen Volkerrecht 5 vollig neu bearbeitete Auflage C H Beck Munchen 2004 ISBN 3 406 49636 9 Reinhard Bottcher Ottmar Breidling Wolfgang Siolek Ulrich Franke Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz Grosskommentar Band 7 De Gruyter Recht Berlin 2003 zu 20 GVG Helmut Kreicker Die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs zur Staatenimmunitat Auswirkungen auf das Volker Strafrecht PDF 236 kB Anmerkungen zum Urteil des IGH vom 3 Februar 2012 aus strafrechtlicher Sicht In Zeitschrift fur internationale Strafrechtsdogmatik ZIS 2012 S 107 123 Weblinks BearbeitenBardo Fassbender Die souverane Gleichheit der Staaten ein angefochtenes Grundprinzip des Volkerrechts In Aus Politik und Zeitgeschichte B 43 2004 Bundeszentrale fur politische Bildung 15 Oktober 2004 Aktueller Begriff Staatenimmunitat Memento vom 15 April 2015 im Internet Archive PDF 88 kB Fachinformation des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags Nr 18 09 5 Marz 2009 Einzelnachweise Bearbeiten Doehring Volkerrecht 12 Rn 658 S 285 Ipsen Epping Volkerrecht 26 Rn 16 Vgl auch den expliziten Immunitatsausschluss in Artikel 27 Abs 2 des Romischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs Bundesarbeitsgericht Urt v 16 Mai 2002 2 AZR 688 00 AP Nr 3 zu 20 GVG Ipsen Epping Volkerrecht 26 Rn 22 mit weiteren Nachweisen Jurisdictional Immunities of the State Germany v Italy Greece intervening Judgment I C J Reports 2012 p 99 PDF 491 5 kB In icj cij org International Court of Justice 3 Februar 2012 abgerufen am 15 Mai 2019 englisch Den Haag starkt Deutschlands Immunitat In FAZ 3 Februar 2012 abgerufen am 26 Februar 2012 a b Grundlegend BVerfG Beschl v 30 April 1963 2 BvM 1 62 In NJW 1963 1732 ff Beispielsfalle entnommen aus Doehring Volkerrecht 12 Rn 662 S 287 Vgl hierzu BVerfG Beschl v 12 April 1983 2 BvR 678 81 2 BvR 679 81 2 BvR 680 81 2 BvR 681 81 2 BvR 683 81 bezuglich Arrestbefehlen mehrerer auslandischer Glaubiger gegen die National Iranian Oil Company einem Staatsunternehmen von Iran Staatenimmunitat verneint Entschieden in Bezug auf die Pfandung von Mietschulden fur das Botschaftsgebaude BVerfG Beschl v 13 Dezember 1977 2 BvM 1 76 NJW 1978 485 ff Siehe auch die Denkschrift der deutschen Bundesregierung zu dem Basler Ubereinkommen in BT Drs 11 4307 PDF 1 1 MB S 30 ff abgerufen am 20 Februar 2012 Text des UN Ubereinkommens vom 2 Dezember 2004 PDF 426 kB abgerufen am 26 Februar 2012 Stand der Ratifikation des UN Ubereinkommens vom 2 Dezember 2004 Memento des Originals vom 17 Januar 2018 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot treaties un org auf der Seite der Vertragssammlung der Vereinten Nationen EGMR Urt v 21 November 2001 35763 97 Kurzfassung in deutscher Sprache mit weiterfuhrendem Link zur englischen Langfassung PDF 230 kB abgerufen am 12 Marz 2015 House of Lords Urt v 24 Marz 1999 Sechs zu Eins gegen Pinochet In Lateinamerika Nachrichten April 1999 abgerufen am 20 Februar 2012 Den Sturm per Wasserglas einfangen Aussenminister Luis Michel besucht einen Amtskollegen den die eigene Justiz wegen Anstiftung zum Volkermord sucht In Der Freitag 28 Juli 2000 abgerufen am 26 Februar 2012 IGH Urt v 14 Februar 2002 PDF 3 9 MB Abgerufen am 9 Marz 2019 englisch franzosisch In deutscher Ubersetzung abgedruckt in EuGRZ 2003 563 Bottcher Breidling Siolek Franke Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz Auszug uber Google Books zu 20 GVG Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Staatenimmunitat amp oldid 229815613