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Schlafende Diana von zwei Faunen belauscht ist der Titel eines Gemaldes von Arnold Bocklin im Museum Kunstpalast in Dusseldorf Schlafende Diana von zwei Faunen belauschtArnold Bocklin 1877Ol auf Leinwand77 4 105 cmMuseum Kunstpalast DusseldorfVorlage Infobox Gemalde Wartung Museum Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung und Bedeutung 2 Entstehung und Rezeption 3 Provenienz 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseBeschreibung und Bedeutung BearbeitenAnknupfend an die griechische Mythologie und die Metamorphosen Buch 3 Verse 131 252 des antiken romischen Dichters Ovid stellt der Kunstler in einer Szene die den ovidischen Stoff weitererzahlt zwei altere Faune als Symbole mannlicher Libido dar die auf ihrem Streifzug durch ein felsiges Gebirge die schlafende Gottin Diana entdeckt haben Als Gottin des Jagd ist sie durch ihren Kocher attribuiert In diesem befinden sich Pfeile mit denen sie ihre Beute erlegt Der blonde der beiden Faune ist voyeuristisch angezogen von der weiblichen Gestalt Dianas Dies entspricht dem Rollenbild der antiken Mythologie fur Faune Pane und Satyrn die das Prinzip des mannlichen Fortpflanzungstriebs verkorpern Fur die Figur der Diana die neben der Jagd auch die Keuschheit versinnbildlicht lieferte Bocklins Ehefrau Angela geborene Pascucci 1836 1915 das Modell Auf der Jagd ermudet gebettet auf einen tiefblauen Mantel ist sie in den Schlaf gesunken Der Kunstler prasentiert sie wie eine Amazone der griechischen Klassik leichtbekleidet mit einem goldfarbenen Chiton der eine ihrer Bruste unbedeckt lasst und so durchsichtig ist dass sich ihr Nabel und ihre Scham darunter abzeichnen Auch ihre roten Schnurschuhe betonen weibliche Erotik nbsp Arnold Bocklin Angela Bocklin mit rotem Haarnetz 1863 Alte NationalgalerieMit lustern geoffneten Augen und Mund reckt sich der Blonde auf um uber einen Felsbrocken zu steigen der ihn vom delikaten Ziel seiner mannlichen Begierde noch trennt Jedoch wird er von dem zweiten Faun hinter ihm in dessen Miene sich blankes Entsetzen spiegelt an seinen Schultern gefasst und zuruckgehalten Der Gesichtsausdruck der Panik reflektiert dessen Wissen um das schlimme Schicksal Aktaions 1 der die nackte Diana beim Bade uberrascht hatte und fur seinen Frevel von ihr in einen Hirsch verwandelt worden war Anschliessend hatten Aktaion seine eigenen Jagdhunde zerfleischt Die dem Geschehen als Buhne und poetischer Rahmen dienende romantische Landschaft die eine schroffe windige Gegend im Hochgebirge unter einem weitgehend von Haufenwolken bedeckten Himmel eine Felsnadel mit Hain dunkle Felsbrocken mit Flechten und Moosbewuchs sowie am rechten Bildrand eine Tiefenperspektive auf eine entfernte Hugelkette zeigt folgt Mustern der heroischen Landschaft und ist in einem Kolorismus dargestellt der Vorbildern der Fruhrenaissance verbunden ist aber bereits in die kuhleren Tone des Spatwerks des Kunstlers tendiert und vom Naturalismus zum Jugendstil hinuberleitet Die im Zustand der Aktivitat und Erregung dargestellten Oberkorper und Gesichter der Faune erscheinen wild und braungebrannt und betonen durch Behaarung mannliche Geschlechtsmerkmale wahrend der weibliche Akt Dianas als Liegefigur in makellosem elfenbeinfarbenem Inkarnat und passiver Hingabe die Femme fragile und somit die soziale Rolle eines traditionellen Frauenbildes des 19 Jahrhunderts widerspiegelt Auf den zweiten Blick weist der mythologische Bildgehalt allerdings auf Dianas Gefahrlichkeit fur Sterbliche hin und deutet so das Sujet der Femme fatale an eines beliebten Motivs der Kunst des Symbolismus und der Salonmalerei des Fin de Siecle In ihrer ins Groteske und Phantastische reichenden Darstellung ist die Bildszene auch nicht frei von Komik Insbesondere zeigt sich dies in der Grimasse des zweiten Fauns die als Karikatur aufgefasst werden kann Seine pelzigen Ohren stehen breit ab und seine Bockshorner wirken nicht aufgerichtet sondern scheinen zu fliehen In seiner kauzigen Angstlichkeit widerspricht seine Gestalt herrschenden Mannlichkeitsidealen Der Schweizer Kunstkritiker und Bocklin Intimus Albert Fleiner 1859 1902 berichtete der Kunstler habe in einem der Faune offensichtlich in dem Blonden den fruheren Malerfreund Franz Lenbach karikiert 2 In dem anderen dem jammerlichen Faun konnte man den Kunstsammler Adolf Friedrich von Schack erblicken der bis 1874 der Hauptabnehmer Bocklinscher Gemalde gewesen war 3 Entstehung und Rezeption Bearbeiten nbsp Arnold Bocklin 1875 gemalt von Franz LenbachDer Schweizer Maler Arnold Bocklin studierte von 1845 bis 1847 an der Kunstakademie Dusseldorf bei Johann Wilhelm Schirmer Theodor Hildebrandt und Rudolf Wiegmann die auf intensives Naturstudium und Kenntnisse der Werke Alter Meister grossen Wert legten Ab 1850 bereiste Bocklin Rom Dort verkehrte er in den Zirkeln der Deutschromer Nach Stationen in Deutschland ubersiedelte er 1874 nach Florenz und entwickelte im Kreis um Adolf von Hildebrand und Aby Warburg seinen spezifischen Stil der ihn zu einem der wichtigsten Maler des ausgehenden 19 Jahrhunderts machte und Surrealisten wie Max Ernst und Salvador Dali sowie einen Kunstler der Pittura metafisica wie Giorgio de Chirico inspirierte nbsp Jan Brueghel der Altere und Werkstatt Dianas schlafende Nymphen um 1600 Bayerische Staatsgemaldesammlungen1877 wahrend seines Aufenthalts in einem Atelier des Palazzo dei Pittori des russischen Malers Wladimir Dmitrijewitsch Swertschkow in Florenz das er von 1874 bis 1885 nutzte erarbeitete er auf der Grundlage von Vorstudien das Motiv zu diesem Bild Hierbei stutzte er sich auf eine mindestens 25 jahrige Auseinandersetzung mit dem mythologischen Stoff Als altmeisterliches Vorbild konnte das in Munchen ausgestellte Gemalde Dianas schlafende Nymphen von Jan Brueghel dem Alteren gedient haben Bereits 1852 hatte er mit heidnischem Behagen 4 in der Kohlezeichnung Romische Landschaft mit Faun und Nymphen einen Nymphen beschleichenden bartigen Faun gezeichnet Dieses Motiv lehnte sein damaliger Mazen Adolf Friedrich von Schack allerdings ab 5 1862 bearbeitete er die antike Gestalt der Diana nach dem ovidischen Stoff Gestalten aus der griechischen Mythologie insbesondere niedrige Naturdamonen wie Nymphen Pane und Faune die er als naturwuchsige Verkorperung des Eros als Ausdruck der Wollust und Sexualitat auffasste hatten es dem Kunstler der von dem grunderzeitlichen Faszinosum des ruchlos Sundig Sinnlichen beeindruckt war 6 besonders angetan Entscheidenden Einfluss auf seine kunstlerische Entwicklung nahmen pompejanische Wandbilder die er 1863 bei seinem zweiten Italienaufenthalt in Neapel und Pompeji studiert hatte 7 Ende des 19 Jahrhunderts rechnete der Kunsthistoriker und Bocklin Biograf Franz Hermann Meissner das Werk zu den schonsten Bockliniana 8 Der Dichter Rainer Maria Rilke der das Bild zur Jahrhundertwende in einer Privatsammlung gesehen hatte beschrieb es in seinem Tagebuch enthusiastisch 9 10 Ich sah da zuerst einen sehr starken Bocklin schlafende Jagerin an einem Felsblock von zwei braunen Faungestalten angeschaut Es geht eine sehr grosse breite Bewegung durch das farbige Bild Die beiden Faune der alte und der junge stemmen sich in ihrem lusternen Gespanntsein auf dem graugrun moosigen Felsblock vor welchem schleierverhullt der geloste Korper der Gottin ruht auf dunkelblauem Mantel und rote Lederschuhe an den herrlich schlafenden Fussen In Wolken und Baumen scheint uberall diese Gebarde des Aufstemmens und Schauens sich zu wiederholen ein grosses Schreckhaftsein zuckt in dem ganzen sehr einheitlichen Bilde nbsp Arnold Bocklin Schlafende Nymphe belauscht von zwei Faunen 1884 Van Gogh Museum1898 erschien im Verlag von Johann Jacob Weber Leipzig in einer Mappe unter dem Titel Sechszehn Holzschnitte nach Gemalden Arnold Bocklin Meisterwerke der Holzschneidekunst Neue Folge Heft V eine Xylografie des Gemaldes auf Japanpapier 43 5 53 3 cm Auf Grundlagen der Einfuhlungstheorie wurden Bocklins mythologische Figuren und Landschaften von dem Kunsthistoriker Hubertus Kohle als anthropomorphisierende Projektionen gedeutet die den Primitivismus der Modernen Kunst vorbereitet hatten Sein Schaffen charakterisierte er in diesem Zusammenhang als mythische Kunstpraxis die eine Poesie des Traums einer rationalen Naturbetrachtung gegenuberstellte 11 Nach der Monster Theory 1996 von Jeffrey Jerome Cohen 1964 erklarte die Kunsthistorikerin Kerstin Borchhardt Bocklins Darstellung von Mischwesen als kunstlerische Moglichkeit eine gesellschaftlich akzeptierte und eingangige von der Evolutionstheorie angeregte dem Zeitgeist entsprechende Bildformel fur liminale Befindlichkeiten und Wesensmerkmale des Menschen und seiner Ordnungssysteme zu entwickeln 12 13 Provenienz BearbeitenDer Bankier und Kunstsammler Eduard Ludwig Behrens sen 1824 1895 Inhaber des Bankhauses L Behrens amp Sohne aus Hamburg erwarb das Bild 1894 in der Verlagsanstalt fur Kunst und Wissenschaft vorm Bruckmann Munchen Aus dem Nachlass des Sohnes Eduard L Behrens jun 1853 1925 erhielt dessen Ehefrau Franziska Behrens geborene Gorissen 1856 1951 es 1925 im Erbgang Als Mischling ersten Grades unterlag Franziska Behrens der Verfolgung durch die 1935 eingefuhrten nationalsozialistischen Rassegesetze Zum 1 April 1935 waren die Werke der Kunstsammlung Behrens darunter auch das hier behandelte Bocklin Gemalde auf Grundlage der Reichsverordnung zum Schutz national wertvollen Kunstbesitzes vom 11 Dezember 1919 in das Verzeichnis national wertvoller Kunstwerke aufgenommen worden so dass ihr Verkauf nur noch im Inland moglich war Zwischen April 1935 und Marz 1939 erwarb das Deutsche Reich das Werk uber die Galerie der Kunsthandlerin Maria Almas Dietrich und stellte es dem Sonderauftrag Linz zur Verfugung Almas Dietrich hatte 1936 Heinrich Hoffmann einen Fotografen Adolf Hitlers kennengelernt und uber diesen erste Auftrage erhalten Kunst fur Hitler zu erwerben Nachdem das Bild ab 1943 in das Salzbergwerk Altaussee in der Steiermark eingelagert war um es vor Kriegseinwirkungen zu schutzen wurde es nach dem Zweiten Weltkrieg am 10 Oktober 1945 vom US amerikanischen Kunstschutz in den Munich Central Collecting Point verbracht und am 1 Dezember 1948 von der US amerikanischen Militarregierung mit anderen Kunstgegenstanden in die Treuhanderschaft des bayerischen Ministerprasidenten Hans Ehard ubergeben Mit Grundung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemass Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermogen Seit 1966 war es als Dauerleihgabe dem Kunstmuseum Dusseldorf zur standigen Ausstellung uberlassen Im Ergebnis eines Restitutionsverfahrens das von 2006 bis 2010 dauerte kam das Gemalde im Jahr 2009 in das Eigentum der Erbengemeinschaft des Nachlasses Eduard L Behrens Von dort erwarb es die Stiftung Museum Kunstpalast im Jahr 2010 mit Hilfe der Landeshauptstadt Dusseldorf der Bezirksregierung Dusseldorf der Kunststiftung Nordrhein Westfalen der Kulturstiftung der Lander und des Beauftragten der Bundesregierung fur Kultur und Medien Literatur BearbeitenRolf Andree Arnold Bocklin Die Gemalde Friedrich Reinhardt Verlag Pestel Verlag Basel Munchen 1977 ISBN 978 3 72450 927 1 S 396 Nr 314 Miriam von Gehren Bleiberecht fur Diana Zum Ankauf von Arnold Bocklins Die schlafende Diana von zwei Faunen belauscht Ausstellungskatalog Museum Kunstpalast Dusseldorf 2010 Weblinks BearbeitenArnold Bocklin Die schlafende Diana von zwei Faunen belauscht Datenblatt im Portal kunstverwaltung bund de Die schlafende Diana von zwei Faunen belauscht Datenblatt im Portal emuseum duesseldorf deEinzelnachweise Bearbeiten Cornelius Gurlitt Arnold Bocklin In Friedrich Pecht Hrsg Die Kunst fur Alle XI Jahrgang Heft 2 15 Oktober 1893 S 20 Abb S 23 Google Books Roland Fleiner Hrsg Albert Fleiner Mit Arnold Bocklin Huber amp Co Frauenfeld 1915 S 41 Georg Winkler Graf Schack und Bocklin In Die Kunst Monatshefte fur freie und angewandte Kunst F Bruckmann Munchen 1902 S 546 Google Books Roland Fleiner Hrsg Albert Fleiner Mit Arnold Bocklin Huber amp Co Frauenfeld 1915 S 24 Otto Brandis Gedachtnisrede auf Arnold Bocklin Gehalten bei der Bocklin Gedenkfeier der Gesellschaft Hamburgischer Kunstfreunde in der Kunsthalle am 31 Januar 1901 In Jahrbuch der Gesellschaft Hamburgischer Kunstfreunde VII Band Hamburg 1901 S 5 Google Books Thomas Nipperdey Deutsche Geschichte 1866 1918 Band 1 Arbeitswelt und Burgergeist Verlag C H Beck Munchen 1994 ISBN 3 406 34453 4 S 108 Google Books Georg Schmidt Arnold Bocklin Pan Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal Bibliothek Band 85 Philipp Reclam Munchen 1963 S 5 f Digitalisat S 13 Digitalisat S 23 Digitalisat Franz Hermann Meissner Arnold Bocklin Nachdruck der Originalausgabe von 1899 Severus Verlag Hamburg 2011 ISBN 978 3 86347 058 6 S 84 Google Books Gisela Gotte Jo Anne Birnie Danzker Hrsg Ursel Berger Beitrage Rainer Maria Rilke und die bildende Kunst seiner Zeit Prestel Verlag Munchen 1996 ISBN 978 3 79131 750 2 S 14 Rainer Maria Rilke Tagebucheintrag vom 27 September 1900 in Ruth Sieber Rilke Carl Sieber Hrsg Rainer Maria Rilke Tagebucher aus der Fruhzeit Insel Verlag Leipzig 1942 S 313 f Hubertus Kohle Arnold Bocklins Halluzinationen Malerei im Zeitalter der Psychologie PDF im Portal epub ub uni muenchen de 31 Dezember 2009 Giorgos Chatzoudis Visuelle Auseinandersetzung mit Grenzverschiebungen Interview mit Kerstin Borchhardt uber Mischwesen und Monster in der Kunst Webseite vom 8 August 2017 im Portal lisa gerda henkel stiftung de abgerufen am 2 Dezember 2023 Kerstin Borchhardt Bocklins Bestiarium Mischwesen in der modernen Malerei Dissertation Universitat Jena 2013 Reimer Berlin 2017 ISBN 978 3 49601 565 9 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schlafende Diana von zwei Faunen belauscht amp oldid 239740543