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Die funf klassischen Saulenordnungen sind das wichtigste Gliederungssystem der antiken und der neuzeitlichen Architektur von der Renaissance bis zum fruhen zwanzigsten Jahrhundert Der Begriff Ordnung bezeichnet baugeschichtlich immer ein System vertikaler Bauelemente mit Basis und Kapitell Sie ist folglich von Pfeiler bzw anderen Stutzenkonstruktionen formal abzugrenzen Dorische ionische und korinthische Saulenordnung Poseidontempel in Paestum Athenatempel in Priene und Monument des Lysikrates in Athen Rekonstruktionen teilweise uberholt Das gemeinsame Thema der funf Saulenordnungen ist das Verhaltnis von Saule zu Gebalk Vermittlung und logischer Bezug zwischen den Baugliedern und ihre Einbindung in den Gesamtentwurf eines Gebaudes Die aus dieser Aufgabe entwickelten unterschiedlichen Details wurden bereits in der Antike auch auf Pfeiler und Bogensysteme ubertragen eine Entwicklung die fruchtbar in der Neuzeit weiterwirkte Nach dem Verstandnis der Renaissance bauen die funf Saulenordnungen aufeinander auf und stellen in ihrer Gesamtheit ein Abbild der hierarchisch geordneten Welt dar Ansatze zu dieser Hierarchisierung ohne weltinterpretatorische Sicht sind aber bereits der klassischen Antike gelaufig Inhaltsverzeichnis 1 Verbreitung des Systems der Saulenordnungen 2 Die funf klassischen Saulenordnungen 2 1 Superposition 3 Die Saulen in der Romanik und der Gotik 4 Die Entwicklung der Saulenordnung in der Renaissance 4 1 Die Saulenordnung bei Alberti 4 2 Die Saulenordnung bei Serlio 4 3 Die Saulenordnung bei Palladio 4 4 Die Saulenordnung bei Vignola 4 5 Die Saulenordnung bei Scamozzi 4 6 Vergleich der Saulenproportionen in der Renaissance 5 Die Saulenordnung im Klassizismus und im Historismus 6 Die Saulenordnung von der Moderne bis zur Gegenwart 7 Weitere Saulenordnungen 8 Siehe auch 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseVerbreitung des Systems der Saulenordnungen BearbeitenDie Architektur der Griechen in der Folge auch der Romer richtete sich nach gewissen Regeln die sich mehr und mehr zu speziellen Vorschriften verdichteten ohne je verbindlich fixiert worden zu sein Grundlage hierfur war die zunachst an die griechischen Stamme und die von ihnen besiedelten Gebiete gebundenen landschaftlichen Stile die sich im Laufe des 7 und 6 Jahrhunderts v Chr mit der dorischen und der ionischen Ordnung ausbildeten Die dorische Ordnung war hauptsachlich auf dem griechischen Festland und in Grossgriechenland verbreitet war aber auch im restlichen dorischen Siedlungsgebiet insbesondere Rhodos anzutreffen Die Bezeichnung dorische Ordnung geht auf die Dorer einen der griechischen Volksstamme zuruck in deren Siedlungsgebiet grossen Teilen der Peloponnes auf Rhodos Kreta und Teilen Kleinasiens der Baustil hauptsachlich entwickelt wurde Demgegenuber war die ionische Ordnung vor allem im kleinasiatischen Ionien auf den ionisch besiedelten Inseln der Agais und in Attika verbreitet Die Bezeichnung ionische Ordnung ist abgeleitet von den Ioniern dem alteren und von den Dorern aus dem ursprunglichen Siedlungsgebiet vertriebenen griechischen Volksstamm Im Laufe der Entwicklung verlor sich diese strenge landschaftliche Bindung und beide Saulenordnungen wurden im ganzen griechischen Architektur und Kulturkreis eingesetzt Die korinthische Ordnung ist der jungste der drei Baustile der antiken griechischen Architektur Ihre Entwicklung begann in historischer Zeit gegen Ende des 5 Jahrhunderts v Chr mit der Erfindung des korinthischen Kapitells Ihr kanonischer Formenapparat der aus der ursprunglich reinen Saulenordnung eine in sich geschlossene Bauordnung machte lag verbindlich aber erst in der Mitte des 1 Jahrhunderts v Chr vor Seit Marcus Vitruvius Pollio Vitruv werden diese drei Hauptordnungen und einige Nebenordnungen die aus ihnen hervorgingen unterschieden wobei noch fur Vitruv die korinthische Ordnung sich allein auf die Saulen und Kapitellbildung beschrankte ein kanonischer Gebalkaufbau aber nicht mit ihr verbunden war Fur die Geschichte der europaischen Architektur sind die klassischen Saulenordnungen pragend In der Architekturgeschichte sind die Renaissance und der Klassizismus des 19 Jahrhunderts als wichtigste Phasen zu nennen in denen die Architektur durch eine Ruckkehr zum antiken Kanon erneuert wurde Wahrend diese Stile ursprunglich nur auf eingeschossige Architekturen angewandt wurden oder bei zweigeschossigen Anlagen etwa den ubereinander gestellten Saulen mancher Tempelinnenraume beide Saulenstellungen der gleichen Ordnung folgten ist seit dem Hellenismus zu beobachten dass die Anordnung verschiedener Saulenordnungen uber mehrere Stockwerke eines Gebaudes oder einer Fassade bestimmten Regeln und einer Ordnungshierarchie folgt Da eine Beschreibung der zugrunde liegenden Regeln erstmals bei Vitruv zu finden ist spricht man auch von Vitruvscher Saulenordnung Gleichwohl ist der dahinter wirkende Gedanke wesentlich alter und lasst sich mindestens bis ins 5 Jahrhundert v Chr zuruckverfolgen Denn dem hellenistischen unten oben der Hierarchie ging bereits an klassischen Bauten ein innen aussen voraus So ist die korinthische Saule zunachst nur in Innenraumen insbesondere der Tempel zu finden Spater tritt sie dann an den dem Heiligtum zugewandten Seiten der Torbauten auf also im Innern des Heiligen Bezirkes Die Verschrankung beider Aspekte begegnet schliesslich an der Stoa die Attalos II nach Athen stiftete Dort ist die untere aussere Saulenstellung dorischer Ordnung wahrend die Innensaulen der Halle ionisch sind Zugleich ist aber die aussere Halbsaulen Pfeiler Galerie des zweiten Geschosses ebenfalls ionischer Ordnung Das System der Saulenordnungen wurde in der Neuzeit durch Traktate verbreitet die sich auf Vitruv bezogen Der Begriff Saulenordnung selbst ist aus dem italienischen ordine entlehnt und wurde in der Antike fur die Baustile nicht benutzt Vitruv spricht denn meist nur vom genus Vitruv III 6 15 also der Art oder von proportiones eines Stils Vitruv IV 6 3 den Verhaltnissen der Bauglieder zueinander die innerhalb einer Ordnung eingehalten werden mussen Die wichtigsten Traktate der Neuzeit uber die klassischen Ordnungen stammen von Leon Battista Alberti Sebastiano Serlio Giacomo Barozzi da Vignola Vincenzo Scamozzi und Andrea Palladio Neuzeitliche Autoren uber die Saulenordnungen in Deutschland waren Wendel Dietterlin und Leonhard Christoph Sturm Die funf klassischen Saulenordnungen Bearbeiten nbsp Kapitelle der funf Ordnungen in einer Darstellung aus dem 18 Jhd Die funf Ordnungen werden aus denselben Bauteiltypen zusammengesetzt namlich Postament Saule mit und ohne Basis Saulenschaft und Kapitell und einem Gebalk Wenn in einem Aufriss Saulen unterschiedlicher Ordnungen verwendet werden werden sie nach einer gemeinsamen Masseinheit proportioniert dem unteren Saulenschaftdurchmesser in den Traktaten Modul genannt Entsprechend der hierarchischen Gliederung mussen die Saulen in der folgenden Reihenfolge ubereinander gestellt werden von unten nach oben toskanische oder Rustika Ordnung etruskische Ordnung dorische Ordnung mit einer romischen Abwandlung als Unterform ionische Ordnung wird in eine attische eine kleinasiatische und eine romische Variante unterteilt korinthische Ordnung komposite Ordnung eine Verbindung von ionischer und korinthischer OrdnungWahrend die dorische ionische und korinthische Ordnung schon in der klassischen Architektur Griechenlands entstanden sind die toskanische und die komposite Ordnung eine Erfindung der klassisch romischen Architektur Superposition Bearbeiten nbsp Die Kirche St Gervasius und St Protasius in Paris1 Stock Dorische Saulen 2 Stock Ionische Saulen 3 Stock Korinthische SaulenDie geschossweise erfolgende Ubereinanderstellung nennt man Superposition Die Anordnung der Saulen ubereinander richtet sich nach der zunehmenden Komplexitat der Kapitelle Bei drei Geschossen weist die unterste Kolonnade schlichte dorische oder toskanische Wulstkapitelle die mittlere ionische Volutenkapitelle und die oberste ausgestaltete korinthische oder komposite Blattkelchkapitelle auf Die Saulen in der Romanik und der Gotik Bearbeiten nbsp Romanische Saulenreihe Kathedrale von Canterbury In der Romanik wird die Saulenordnung wie sie aus der Antike bekannt war nicht weiter gefuhrt Die massive dicke Steinwand ist das bestimmende Element der romanischen Architektur Saulen werden in weit geringeren Massen gebaut vergl Santa Maria del Naranco Oviedo und wenn dann tragen sie meist Bogen oder Bogenensemble Das Verhaltnis von Saulendurchmesser zur Saulenhohe wird oft vergrossert die Saulen wirken gestaucht im Vergleich zu ihren antiken Vorbildern 1 Die Kapitelle werden skulptural hoch variabel gestaltet Die Bandbreite reicht von einfachen Kuben die zur Saule hin als Pendentif gerundet werden bis hin zu aufwandigen Skulpturen mit biblischen Themen Tieren Fratzen Motive romanischer Saulenkapitelle nbsp Einfaches Kapitell nbsp Alttestamentliches Motiv nbsp Lowen und Pferde nbsp MusikerIm Ubergang von der Romanik zur Gotik finden sich noch Saulen mit ausgebildetem Kapitell und Fuss meist sind sie frei der korinthischen Ordnung entlehnt Bundelpfeiler die anfangs noch vor dem Kapitell der Saule enden verdrangen in der Hoch und Spatgotik die Saulen da sie nunmehr bis zum Boden gefuhrt werden Die Entwicklung der Saulenordnung in der Renaissance BearbeitenIn der Renaissance werden die Saulenordnungen Bestandteil der zeitgenossischen Architekturdiskussion was sich auch an den Traktaten ablesen lasst Dabei werden Regeln formuliert die die Saule in einem Zusammenhang mit dem daruber befindlichen Gebalk sehen und auch unterscheiden ob die Saule als tragendes Element freisteht oder in eine Wand eingebunden ist Die Saule besteht demnach aus dem Schaft dem Kapitell und der Basis wofur in den italienischen Trakaten das gleiche Wort wie fur Fusse verwendet wird Auch das Gebalk wird in drei Teile untergliedert Gesims Fries Architrav ebenso das Postament di Giorgio und Serlio nennen dies Stylobat auf das die Saule gestellt wird besteht aus drei Teilen Die Saulenordnung bei Alberti Bearbeiten In seiner Hauptschrift Zehn Bucher uber die Baukunst beschreibt Alberti im siebten Buch die Art und Weise wie Saulen zu gestalten sind insbesondere in Abhangigkeit zur uberbruckenden Weite So sollen die Saulen schmaler werden wenn die Abstande gering sind Bei der Beschreibung der Kapitelle kann er Ironie kaum verbergen als er beschreibt wie die alten Griechen das dorische und das ionische Kapitell entwickelten In seinen weiteren Beschreibungen gibt Alberti feste Masse in Fuss vor und wechselt oft in relative Grossen Es sind seine Nachfolger die daraus ein System formulieren Er beschreibt als erster wie die Entasis bei schlanken Saulen zu konstruieren ist 2 In seinen Bauwerken weicht Alberti bei der Gestaltung der Kapitelle deutlich von den klassischen Vorbildern ab So erfindet er fur die Fassade des Palazzo Rucellai neue Formen Die Saulenordnung bei Serlio Bearbeiten Serlio beschreibt die Saulenordnung weitaus systematischer als Alberti Im vierten Buch seiner Sette Libri d architettura ordnet er die Saulenordnungen er verarbeitet dabei Angaben von Vitruv und Alberti Fur die Interkolumnien Abstande zwischen den Saulen gibt er unterschiedliche Angaben je nachdem ob die Saule freisteht oder in eine Wand eingebunden ist Er schlagt in seinem reich bebilderten Band vor die gleiche Saulenordnung bei mehreren Stockwerken anzuwenden 3 Allerdings erreicht er uberzeugendere Beispiele wenn er wie seine Nachfolger den Wechsel der Ordnungen anwendet Seine Massangaben verteilt er in seinen Texten Die Saulenordnung bei Palladio Bearbeiten Fur Palladio sollen die Saulen so verwendet werden dass die starkste Saulenart die mit dem grosseren Verhaltnis von Durchmesser zur Hohe stets unten angeordnet werden soll So soll die dorische immer unter der ionischen Saule stehen die ionische unter der korinthischen und die korinthische unter der kompositen 4 Er macht auch Angaben zum Interkolumnium zum Abstand zwischen den Saulen Stehen die Saulen frei so ist der Abstand zwischen ihnen etwa bei der toskanischen Ordnung 4 Module Durchmesser Diesen Abstand erhoht er fur die dorische auf 5 Module und reduziert sie auf 2 Module bei der korinthischen und 1 Module bei der kompositen Ordnung Wenn die Saulen in eine Wand eingebunden sind Lisenen so ist der Abstand deutlich weiter bei der toskanischen Ordnung 6 Module bei der korinthischen 6 Module 5 Bei einigen seiner Bauten wandelt Palladio die Saulenordnung sehr frei ab So gestaltet er an der Villa Sarego ab 1569 die ionische Saule in Kolossalordnung Den Schaft bildet er in Bossenwerk aus welches er als gestalterisches Element der Antike entlehnte 6 Die Saulenordnung bei Vignola Bearbeiten nbsp Die funf Ordnungen aus Vignolas Regole delle cinque ordini d architetturaVignola der gleichen Generation wie Palladio zugehorend systematisiert die Saulenordnungen am weitestgehenden Er geht in seinen Regola delle cinque ordini d architettura Regeln der funf Ordnungen der Architektur nicht vom Durchmesser der Saule als Modul aus sondern vom Radius So ist die Saule jeweils 2 Module breit Der Wechsel zum Radius erlaubt ihm fur die einzelnen Bauteile der Saule Kapitell und Basis ganzzahlige Verhaltnisse anzugeben auch das Gebalk vermag er so einfacher zu gliedern Ahnlich wie bei Palladio ist sein System anpassbar an unterschiedliche regionale Langenmasse da nur das Mass fur den Saulenradius angegeben werden muss 7 Sein Buch wird bis ins 19 Jahrhundert Bestandteil fur die Architektenausbildung Der kleine Vignola Dort finden sich fur die einzelnen Ordnungen detaillierte Angaben zur Konstruktion der Kapitelle Basen Gebalke Lisenen Abstande und der Ausbildung der jeweiligen Entasis Die Saulenordnung bei Scamozzi Bearbeiten In seinem Traktat L idea della architettura universale einem sechsbandigen Werk beschreibt Vincenzo Scamozzi im letzten Band nur sehr knapp die Proportionen und die Eingliederung von Saulen in die Fassade Obwohl ein Schuler Palladios weicht er doch bei den Proportionen ab Und obwohl er der Generation nach Vignola angehort erreicht er nicht dessen Systematik 8 Vergleich der Saulenproportionen in der Renaissance Bearbeiten In der folgenden Tabelle sind die Verhaltnisse als moduli fur den unteren Saulendurchmesser zur Hohe der Saule inklusive Kapitell und Basis dargestellt Ordnung Alberti di Giorgio Serlio Palladio Vignola ScamozziToskanisch k A k A 1 7 1 6 5 1 7 1 7 5Dorisch 1 7 1 7 1 8 1 7 5 1 8 1 8 5Ionisch 1 9 1 8 1 9 1 9 1 10 1 8 75Korinthisch 1 8 1 9 1 11 1 9 1 12 1 9 75Komposite k A k A 1 12 1 10 1 12 1 10Die proportionalen Festlegungen zwischen Saulendurchmesser zu Basis und Kapitell sowie zum Gebalk sei an Vignolas Vorgabe zur toskanischen Ordnung dargestellt Die Basis und das Kapitell erhalten je ein Modul Radius fur ihre Hohe Das daruber liegende Gebalk gliedert sich in Architrav Fries und Gesims Der Architrav erhalt die Hohe von einem Modul der Fries ein Modul plus 2 12 Modul Vignola teilt das Modul in 12 Teile analog zu den ublichen Fussmassen und das Gesims ist ein Modul plus 4 12 Modul hoch Durch die nach oben grosser werdenden Abstande sollen die obersten Gebalkteile gleich zu den unteren erscheinen der optische Verkurzungseffekt gemindert werden Ahnliche Festlegungen trifft Vignola fur die anderen Ordnungen Die oben aufgefuhrten Architekten geben fur die diversen Bauteile und Ordnungen abweichende Proportionen vor Die Saulenordnung im Klassizismus und im Historismus BearbeitenDie Schopfer des Klassizismus beriefen sich selbst auf ihre Vorbilder aus der Antike und der Renaissance sie strebten keine Veranderungen in der Saulenordnung an Vielmehr variierten sie die Einbindung der Saule in das Bauwerk z B Schinkel im Alten Museum Claude Perrault ubersetzte den Vitruv ins Franzosische und verfasste ein Standardwerk uber die Saulenordnungen Ordonnance des cinq especes des colonnes selon la methode des anciens Ordnung der funf Saulenarten nach der Methode der Alten 9 Dessen Regeln wendete er konsequent in der Fassade des Louvre an Auch Inigo Jones und der Kreis um Lord Burlington deren Wirken in der Architektur im Palladianismus eingeordnet werden schufen dennoch Neuerungen Im Historismus werden neue Bautechniken und Materialien Gusseisen und Portlandzement entwickelt doch fuhrt dies zunachst zu keiner neuen Formensprache neue Technik im alten Kleid Besonders die Stilepochen Neorenaissance Neoklassizismus leben ihre historischen Vorbilder getreu aus z B die Bauten Gottfried Sempers in Dresden Die Saulenordnung von der Moderne bis zur Gegenwart BearbeitenDas Verwenden von Stahl in der Architektur seit Mitte des 19 Jahrhunderts und wenig spater der neue Beton liessen den Skelettbau als bald dominierende Bauform entstehen Dieser war anfangs kaum von der Saulenordnung zu unterscheiden In der beginnenden Moderne Art deco Jugendstil Werkbund finden sich noch deutliche Anklange an die klassische Saulenordnung Sie wurden zunehmend stilisiert und frei umgestaltet bis hin zur Unkenntlichkeit ihrer Vorbilder Als Beispiele fur neue Formen einer Saulenordnung Otto Wagner erbaute die Villa Wagner noch ganz im Stil des Neohistorismus seine Variante der klassischen Ordnung eroffnete er im Umgang mit den Kanneluren der Saulen denen er nur ein Drittel der Saulenhohe gab Sein Stadtbahn Pavillon ist in Gusseisensaulen erstellt fur die er die klassische Saulenordnung neu formulierte Auch beim Krematorium im Pragfriedhof in Stuttgart finden sich deutliche Anklange an die klassische Saulenordnung Heinrich Tessenow setzte beim Festspielhaus in Hellerau statt der Saulen Pfeiler in freier toskanischer Ordnung An der Fassade der Elisabethhalle in Aachen gliedern Saulen die Fensterfront und schaffen so die Einbindung in eine Ordnung aus Konsole und Dachgesims Bei den Hackeschen Hofen in Berlin werden die Saulen als Lisenen in Dienste aufgelost und das Dachgesims deutet ein Gebalk an Beim Hebbel Theater ebenfalls in Berlin wird eine Einbindung mit einem angedeuteten Gebalk bewirkt Bei der Hoffnungskirche in Pankow besteht das Gebalk aus einem einfachen Fries Beim Spitalgasse 19 Coburg sind kunstvoll gegliederte Saulen mit Gesimsen in die Fassade eingebunden Beim Prinzregententheater in Munchen erhalten die Saulen des Einganges statt der Triglyphen Lowenkopfe das Motiv findet sich an verschiedenen Stellen beim Gebaude Fritz Hoger baute teilweise getreu der Saulenordnung setzte aber verstarkt Ziegelstein ein so etwa beim Klopperhaus in Hamburg Beim Chilehaus formulierte er die Saulenordnung expressionistisch um Ebenso gestaltete Fritz Schumacher die Saulenordnung in Backsteinen um etwa beim Entwurf fur das Emil Krause Gymnasium in Hamburg Dulsberg bei der noch die toskanische Ordnung erahnbar ist Bei der Casa Batllo weitete Antonio Gaudi die klassische Saulenordnung am innovativsten aus Das Gebalk uber den Saulen ist in Giebeln aufgelost und schmiegt sich in organischen Formen in statisch optimierten Linien die Fassade hinauf Auch die Saulen werden bei Gaudi eher als Skulptur verstanden und erfahren eine kunstvolle Weiterentwicklung Bei seinem Entwurf fur die Sagrada Familia loste er sich endgultig von der klassischen Ordnung und setzte Saulen nur noch schragstehend ein die zur statischen und kunstlerischen Optimierung den Kettenlinien folgen Die Saulenordnungen werden im Faschismus und in der Nazi Zeit wiederbelebt So propagierte Marcello Piacentini 1926 eine eigene liktorische Saulenordnung indem er Rutenbundel und Beilklingen an den 14 Saulen des Bozner Siegesdenkmals anbrachte und das Liktorenbundel als faschistisches Herrschaftszeichen etablierte 10 Speer formulierte bei der Reichskanzlei die Saulenordnung um Bei der Gartenfront erhielten die Saulen einfache Basen in Anlehnung an die ionische Ordnung und die Kapitelle wurden flach reliefiert stilisiert und scheinen der korinthischen Ordnung entlehnt Doch meist wurden die Basen und Kapitelle auf einfache Plinthen reduziert die Schafte glatt ohne Kanneluren oder Entasis ausgefuhrt Das Gebalk wurde meist auf seine Quaderform reduziert oder uberhoht stilisiert wie beim Haus der Kunst in Munchen oder der Eingangsfront beim Germania Entwurf der Halle des Volkes Erst die Postmoderne verwendete die Saulenordnung wieder Charles Willard Moore 1925 1993 schuf in New Orleans mit der Piazza d Italia eine frohliche Wiederbelebung der Renaissance und der Saulenordnung Rob Krier interpretierte sie in seiner Cite Judiciaire in Luxemburg ab 1992 neu indem er die toskanischen Lisenen stauchte und auch das Gebalk vereinfachte sowie das Gesims wie das Fries gestaltete Ricardo Bofill und Paolo Portoghesi wirkten in ahnlicher Weise Weitere Saulenordnungen BearbeitenWahrend die klassische griechische und romische Architektur auch bei mehrgeschossigen Bauten nur Ordnungen kennt die sich an die Stockwerke halten beginnen ab der Renaissance Saulen wie auch Halbsaulen grossere Abschnitte zu ubergreifen Dieses Gestaltungsmittel wird als Kolossalordnung bezeichnet In der Romanik werden die Saulen mitunter mit deutlich starkerem Durchmesser ausgebildet Es entstehen losgelost von der klassischen Ordnung eine Vielzahl von Kapitellformen die bis in die Gotik tradiert werden In der Gotik besonders in der Hoch und Spatgotik werden die Saulenordnungen durch Dienste abgelost Eine barocke Variante der ionischen Ordnung wird auch deutsche Saulenordnung genannt Bereits in konstantinischer Zeit waren spiralformig gedrehte Saulenschafte bekannt In der Architekturtheorie des 16 Jahrhunderts taucht eine sogenannte Salomonische Saulenordnung auf Weblink doch war es Gianlorenzo Bernini der im Jahr 1624 mit dem auf vier gedrehten Saulen ruhenden Baldachin uber dem Petrusgrab im Petersdom den Anstoss fur die fortan reichhaltige Entwicklung der Salomonischen Saulen gab die im kolonial spanischen Churriguerismus ihren Hohepunkt erreichte Liang Sicheng spricht von einer chinesischen Saulenordnung der klassischen ostasiatischen Holzskelettbauweise 11 Siehe auch BearbeitenHalbsaule Pilaster Gesims Theatermotiv MischordnungLiteratur BearbeitenHeiko Lass Begriffe erkunden Saulenordnungen im Schlossbau der Fruhen Neuzeit In Burgen und Schlosser Zeitschrift fur Burgenforschung und Denkmalpflege Jahrgang 62 Nr 4 2021 ISSN 0007 6201 S 245 247 Weblinks BearbeitenLeone Battista Alberti De re aedificatoria Venedig 1485 In Archimedes Projekt der Max Planck Gesellschaft Volltext der Erstausgabe Sebastiano Serlio Tutte l opere d architettura Venedig 1585 In UB Heidelberg digitales Facsimile Andrea Palladio I Qvattro Libri Dell Architettvra Venedig 1581 In UB Heidelberg digitales Facsimile Vignola dreisprachiger Nachdruck von 1620 Arnheim 1620 In UB Heidelberg digitales Facsimile Carl Heidelhoff Kleines Handbuch von 1857 zur Konstruktion der Saulen PDF 1 7 MB Carl Heidelhoff Nurnberg 1857 In Ohm Hochschule digitales Facsimile Vincenzo Scamozzi L idea della architettura universale Venedig 1615 italienisch In UB Heidelberg digitales Facsimile Vincenzo Scamozzi L idea della architettura universale Venedig 1615 In UB Heidelberg digitales Facsimile Band 2 mit der Saulenordnung Ulrich Furst Architektur der Renaissance und des Barock Institut fur Kunstgeschichte Munchen 2003 Hubertus Gunther Die Salomonische Saulenordnung Eine unkonventionelle Erfindung und ihre historischen Umstande Munchen 2011 In RIHA Journal 15Einzelnachweise Bearbeiten Raymond Oursel Henri Stierlin Romanik Berlin ohne Jahresangabe ohne ISBN Henri Stierlin Enzyklopadie der Weltarchitektur Koln 1994 ISBN 3 8228 8925 3 S 121 ff Leon Battisti Alberti Zehn Bucher uber die Baukunst Darmstadt 1975 ISBN 3 534 07171 9 z B Buch IV Kapitel 6 Fol 30 Andrea Palladio Quattro Libri Buch 1 Kapitel 12 Andrea Palladio Quattro Libri Buch 1 Kapitel 13 18 Lionello Puppi Andrea Palladio Munchen 1982 ISBN 3 423 02881 5 S 216 ff Vignola Regola delle cinque ordini d architettura S 11 ff Vincenzo Scamozzi L idea della architettura universale 6 Bucher veroffentlicht in Venedig 1615 Bologna 1982 Ordonnance for the five kinds of columns after the methods of the ancients Ordonnance des cinq especes de colonnes selon la methode des anciens Getty Center for the history of art and humanities Santa Monica Calif 1993 ISBN 0 89236 232 4 Repr d Ausg Paris 1683 Sabrina Michielli Hannes Obermair Red BZ 18 45 ein Denkmal eine Stadt zwei Diktaturen Begleitband zur Dokumentations Ausstellung im Bozener Siegesdenkmal Folio Verlag Wien Bozen 2016 ISBN 978 3 85256 713 6 S 89 und 95 mit Abb Wilma Fairbank Hg Liang Szŭ ch eng Liang Sicheng Chinese Architecture A Pictorial History Nachdruck Dover 2005 ISBN xxx S 10 73 und passim Normdaten Sachbegriff GND 4130741 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Saulenordnung amp oldid 232000541