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Paul Rudolf Lindau Pseudonym Rudolf Graetz 28 Marz 1888 in Riddagshausen 18 Oktober 1977 in Berlin war ein deutscher Politiker und Historiker Nachdem er vor dem Ersten Weltkrieg der sozialdemokratischen Jugendbewegung in Hamburg angehort hatte gehorte er nach der Novemberrevolution zu den treibenden Kraften der Hamburger KPD Innerhalb der KPD war er der Mitte der sogenannten Mittelgruppe zuzuordnen Er war vor allem in der Presse und Agitproparbeit tatig 1934 emigrierte er in die Sowjetunion wo er an der Internationalen Lenin Schule arbeitete und wahrend des Zweiten Weltkriegs an Antifaschulen in Kriegsgefangenenlagern unterrichtete In der Deutschen Demokratischen Republik leitete Lindau ab 1947 die neu gegrundete Parteihochschule Karl Marx Im Zusammenhang mit der Flucht Wolfgang Leonhards wurde Lindau im September 1950 abgelost und hauptamtlicher Mitarbeiter des Marx Engels Lenin Instituts beim ZK der SED Er trug zur Etablierung einer marxistisch leninistischen Geschichtsschreibung bei eckte aber mit seinem Bestreben das sozialistische Element in der Novemberrevolution zu betonen bei der SED an Rudolf Lindau um 1924 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Bis zum Ersten Weltkrieg 1 2 Funktionar der KPD 1 3 In der DDR 2 Werk 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenBis zum Ersten Weltkrieg Bearbeiten Rudolf Lindau wurde als Sohn eines Sattlers und Tapezierers in Riddagshausen bei Braunschweig geboren Die Familie war arm Lindau besuchte die Volksschule in Braunschweig und Hildesheim Er arbeitete in verschiedenen Berufen bis er 1907 in Hamburg bei Blohm amp Voss Beschaftigung fand Als Transportarbeiter schloss er sich 1904 der Gewerkschaft an und wurde 1907 Mitglied der SPD Er war in der Jugendbewegung der Partei aktiv und wurde 1910 als Sekretar von Heinrich Laufenberg hauptamtlicher Angestellter der SPD Als Autodidakt unterstutzte er Laufenberg bei der Abfassung einer Geschichte der Arbeiterbewegung in Hamburg Altona und Umgegend und war ab 1911 beim sozialdemokratischen Hamburger Echo als Berichterstatter fur Streik und Gewerkschaftsfragen tatig Lindau gehorte zum linken Parteiflugel leistete im Ersten Weltkrieg systematische Antikriegsarbeit in der Jugendbewegung und beteiligte sich 1916 an der Grundung der Freien Jugendorganisation von Hamburg Altona Als Vertreter Hamburgs nahm er an der Reichskonferenz der Gruppe Internationale am 1 Januar 1916 in Berlin teil Gemeinsam mit dem Bremer Vertreter Johann Knief forderte er dort die sofortige Grundung einer eigenen linksradikalen Partei Damit war er auch in der Hamburger SPD in der Opposition Am 1 September 1916 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen und war bis Kriegsende als Armierungssoldat an der Westfront eingesetzt Seine erste Frau Auguste hielt wahrenddessen die Verbindung zur Zentrale des Spartakusbundes in Berlin Als er Mitte November 1918 nach Hamburg zuruckkehrte ubernahm Lindau die Pressestelle des Hamburger Arbeiter und Soldatenrates unter Laufenberg Funktionar der KPD Bearbeiten Im Fruhjahr 1919 war Lindau Sekretar der Hamburger Ortsgruppe der KPD die als ultralinks eingeschatzt wird 1 Ab Mai 1919 wirkte er als einziger Redakteur der neuen Zeitung Kommunistische Arbeiterzeitung in der er sich gegen die nationalbolschewistische Richtung Laufenbergs wandte Als sich die Hamburger KPD Ende Februar 1920 spaltete verblieben lediglich 300 von den 3000 Mitgliedern unter Lindaus Fuhrung bei der KPD Lindau wurde Sekretar und Wanderredner schliesslich Redakteur der Hamburger Volkszeitung Auf dem VIII Parteitag der KPD in Leipzig 1923 wurde er mit den meisten Stimmen aller Kandidaten in die Zentrale gewahlt und verliess Hamburg um von Mai 1923 bis April 1924 beim Organisationsburo der KPD zu arbeiten dem seinerzeit auch Wilhelm Pieck Walter Ulbricht Georg Schumann und Ottomar Geschke angehorten Er grundete das Funktionarsorgan Der Parteiarbeiter war leitender Redakteur von KPD Presseorganen wie der Kommunistischen Arbeiterzeitung der Kommunistischen Pressekorrespondenz und der Bergischen Arbeiterstimme und erarbeitete unter dem Pseudonym Hohmann im Dezember 1923 die Richtlinien zur Reorganisation der Partei Lindau setzte sich fur die Bolschewisierung der Partei und die Umstellung der Parteiarbeit auf Betriebszellen ein Damit erwies er sich als Anhanger der Mittelgruppe der KPD Von 1921 bis 1924 und 1927 1928 gehorte Lindau der Hamburgischen Burgerschaft an Im Mai 1924 erhielt er nach Wilhelm Deisens vom Parteivorstand erzwungenem Mandatsverzicht dessen Mandat im Reichstag Noch vor der Eroffnung des Reichstags wurde Lindau im Mai 1924 als Mitglied der Zentrale von 1923 und Beteiligung am Hamburger Aufstand verhaftet Bis Ende 1925 sass er in Untersuchungshaft in Moabit und schrieb unter dem Pseudonym Karl Walther fur Die Internationale Dem Umbau des KPD Apparates durch die neue Parteifuhrung unter Ernst Thalmann war er damit entgangen Da er in der Partei hohes Ansehen genoss sollte er als politischer Leiter des Bezirks Wasserkante wirken wurde aber da er gegen Korruption und Misswirtschaft in der Hamburger Parteiorganisation auftrat im Februar 1927 auf Betreiben Thalmanns von dieser Funktion entbunden und durch John Wittorf ersetzt Zuruck in Berlin arbeitete Lindau in der Agit prop Abteilung des ZK im Ressort Presse 1930 wurde er Chefredakteur des Kampfer in Chemnitz ab 1932 bis 1933 des Illustrierten Volksechos fur Sachsen Leipzig und Dresden Nach der Machtubernahme Hitlers gehorte Lindau zunachst der illegalen Bezirksleitung Ostsachsen in Dresden an Unter dem Decknamen Toni leitete er den Agit prop Bereich und gab die illegale Arbeiterstimme heraus Sein Sohn der ebenfalls Rudolf Lindau hiess wurde von einem NS Gericht wegen angeblicher Beteiligung am Altonaer Blutsonntag zum Tode verurteilt und am 10 Januar 1934 hingerichtet Lindau emigrierte 1934 uber die Tschechoslowakei in die Sowjetunion forschte dort unter dem Pseudonym Rudolf Graetz weiter zu historischen Themen Er gehort zu den 18 von 68 KPD Funktionaren welche die Stalinschen Sauberungen uberstanden Er arbeitete am deutschen Sektor der Lenin Schule war Lehrer an Parteischulen und gehorte einer im Dezember 1935 einberufenen Kommission fur Parteigeschichte an Im Oktober 1941 wurde er in eine Kolchose in Ufa evakuiert aber Anfang 1942 nach Moskau zuruckbeordert Ab April 1942 unterrichtete er an Antifa Schulen fur deutsche Kriegsgefangene Er gehorte zu den Unterzeichnern des Aufruf an das deutsche Volk vom 25 Januar 1942 und des Nachrufs auf Thalmann am 17 September 1944 Auch wurde er in die Arbeitskommission des ZK der KPD ab Marz 1944 berufen und arbeitete im Nationalkomitee Freies Deutschland NKFD In der DDR Bearbeiten nbsp GrabstatteIm August September 1945 kehrte Lindau nach Deutschland zuruck und wurde Mitarbeiter der Agit prop Abteilung Er wurde 1946 Mitglied der SED und war von 1947 bis 1950 zunachst mit Paul Lenzner paritatischer dann ab Januar 1949 alleiniger Direktor der Parteihochschule Karl Marx Seine Broschure Probleme der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung war ein Grundlagentext historisch theoretischer Parteiarbeit Am 12 September 1950 setzte das Politburo der SED Hanna Wolf als Direktorin der Parteihochschule ein und Rudolf Lindau wurde wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts fur Marxismus Leninismus IML beim ZK der SED mit dem Auftrag eine Biographie Ernst Thalmanns zu erarbeiten 1953 wurde er von dieser Aufgabe entbunden und veroffentlichte 1956 noch die Broschure Ernst Thalmann Leben und Kampf Stattdessen wurde er Professor an der Hochschule fur Planokonomie in Berlin Karlshorst zugleich Lektor und Konsultant der Abteilung Propaganda des ZK der SED und Mitglied des Wissenschaftlichen Rates des Museums fur Deutsche Geschichte Berlin Als Historiker befasste er sich vor allem mit der Geschichte der deutschen Linken vor dem Ersten Weltkrieg sowie der KPD Der Vaterlandische Verdienstorden wurde Lindau am 6 Mai 1955 in Silber und am 5 Marz 1973 in Gold verliehen Seine Urne wurde in der Grabanlage Pergolenweg des Berliner Zentralfriedhofs Friedrichsfelde beigesetzt Werk BearbeitenLindau trug nach dem Urteil Jurgen Schroders massgeblich zur Etablierung der marxistisch leninistischen Geschichtswissenschaft in der DDR wahrend der funfziger und sechziger Jahre bei Seine Geschichtsdarstellung sei dogmatisch verzerrt gewesen und habe Merkmale stalinistischer Historiographie getragen Gleichwohl hatten sich seine Beitrage von der zunehmend tristen schon vollig ausgerichteten Parteigeschichtsschreibung jener Jahre abgehoben 2 Fur seine geplante Thalmann Biographie hatte Lindau auf der Sammlung exakten Materials beharrt Seine Aktivitaten bei denen er das sozialistische Element der Novemberrevolution betonte und die Existenz eines linken Flugels in der KPD wahrend der Jahre 1919 bis 1923 berucksichtigt sehen wollte wurden zunehmend mit Argwohn betrachtet 1961 62 geriet er mit Hanna Wolf aneinander Wahrend Lindau die Ablehnung des wissenschaftlichen Meinungsstreites kritisierte wurde im Institut fur Marxismus Leninismus Druck auf ihn ausgeubt und ein Parteiverfahren eingeleitet Sein Buch Revolutionare Kampfe 1918 19 von 1958 wurde von Heinz Wohlgemuth auf Anforderung kritisiert Lindau wurde vorgeworfen die Rolle der Linksradikalen gegenuber der Spartakusgruppe uberzubewerten und damit die Einschatzung Lenins infrage zu stellen Der als starrkopfig geltende Lindau weigerte sich anders als andere angegriffene Historiker Selbstkritik zu uben und den offiziellen Standpunkt zu vertreten Er wurde nicht fur das Autorenkollektiv der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 1966 berucksichtigt Erst mit dem Amtsantritt Erich Honeckers machte sich Lindau wieder Hoffnungen zumal sein Schwager Horst Sindermann hohe Amter einnahm Lindau hat zusammen mit einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter die Ausrichtung der historischen Seminare und Institute in der DDR nach den Vorgaben der SED vorangetrieben Die Zunft der DDR Historiker stand dabei zunachst keineswegs in der marxistischen Tradition Nach Angaben von Lothar Mertens habe Lindau ahnlich wie Horst Bartel Walter Bartel Karl Bittel und Albert Schreiner jedoch die notige fachwissenschaftliche Kompetenz gefehlt sodass er mit den genannten anderen sogar parteiintern als reiner Propagandist angesehen worden sei 3 Jurgen Schroder sieht in ihm einen Dogmatiker der sich Rudimente eines radikal sozialistischen Selbstverstandnisses bewahrt habe und seinen Nimbus als Parteiveteran geschickt zu nutzen verstand 4 Literatur BearbeitenDieter Lent Lindau Rudolf In Horst Rudiger Jarck und Gunter Scheel Hrsg Braunschweigisches Biographisches Lexikon 19 und 20 Jahrhundert Hahnsche Buchhandlung Hannover 1996 ISBN 3 7752 5838 8 S 384 Jurgen Schroder Rudolf Lindau 1888 1977 In Jahrbuch fur Historische Kommunismusforschung 1997 S 271 293 Kurzbiographie in Hermann Weber Die Wandlung des deutschen Kommunismus Die Stalinisierung der KPD in der Weimarer Republik Band 2 Frankfurt Main 1969 S 208 209 Kurzbiografie zu Lindau Rudolf In Wer war wer in der DDR 5 Ausgabe Band 1 Ch Links Berlin 2010 ISBN 978 3 86153 561 4 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Rudolf Lindau Sammlung von Bildern Rosa Luxemburg Stiftung Kurzbiographien 2005 873 KB PDF Datei Hermann Weber Entscheidungstrukturen in der SED Fuhrung 97 KB PDF Literatur von und uber Rudolf Lindau im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Rudolf Lindau in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten Nachlass BArch NY 4006Einzelnachweise Bearbeiten Jurgen Schroder Rudolf Lindau 1888 1977 In JHK 1997 S 273 Jurgen Schroder Rudolf Lindau 1888 1977 In JHK 1997 S 288 f Lothar Mertens Priester der Klio oder Hofchronisten der Partei Kollektivbiographische Analysen zur DDR Historikerschaft V amp R unipress Gottingen 2006 S 125 ISBN 3 89971 307 9 Jurgen Schroder Rudolf Lindau 1888 1977 In JHK 1997 S 293 Normdaten Person GND 130089168 lobid OGND AKS LCCN n90645897 VIAF 45399642 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Lindau RudolfALTERNATIVNAMEN Graetz Rudolf Pseudonym KURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker und HistorikerGEBURTSDATUM 28 Marz 1888GEBURTSORT RiddagshausenSTERBEDATUM 18 Oktober 1977STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rudolf Lindau Politiker amp oldid 234275133