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Pyrrolidin auch als Azolidin bezeichnet ist eine organisch chemische Verbindung aus der Stoffgruppe der sekundaren heterocyclischen aliphatischen Amine Es ist ein wichtiges Intermediat welches in der pharmazeutischen Industrie und Feinchemie eingesetzt wird StrukturformelAllgemeinesName Pyrrolidin IUPAC Andere Namen Azolidin Tetramethylenimin Tetrahydropyrrol AzacyclopentanSummenformel C4H9NKurzbeschreibung farblose Flussigkeit mit durchdringendem aminartigem Geruch 1 Externe Identifikatoren DatenbankenCAS Nummer 123 75 1EG Nummer 204 648 7ECHA InfoCard 100 004 227PubChem 31268ChemSpider 29008Wikidata Q408898EigenschaftenMolare Masse 71 12 g mol 1Aggregatzustand flussigDichte 0 86 g cm 3 20 C 1 Schmelzpunkt 63 C 1 Siedepunkt 87 C 1 Dampfdruck 64 5 hPa 20 C 1 107 hPa 30 C 1 172 hPa 40 C 1 260 hPa 50 C 1 pKS Wert 11 27 H2O konjugierte Saure 2 44 DMSO 3 Loslichkeit vollstandig mischbar mit Wasser 1 mit den meisten organischen Losungsmitteln mischbar 4 SicherheitshinweiseGHS Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung EG Nr 1272 2008 CLP 5 ggf erweitert 1 GefahrH und P Satze H 225 302 332 314P 210 280 301 312 303 361 353 304 340 310 305 351 338 1 Toxikologische Daten 300 mg kg 1 LD50 Ratte oral 1 Soweit moglich und gebrauchlich werden SI Einheiten verwendet Wenn nicht anders vermerkt gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen Inhaltsverzeichnis 1 Vorkommen 2 Geschichte 3 Gewinnung und Darstellung 4 Eigenschaften 4 1 Physikalische Eigenschaften 4 2 Chemische Eigenschaften 5 Verwendung 6 Sicherheitshinweise 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseVorkommen BearbeitenPyrrolidin kommt in der Natur in verschiedenen Gemusearten z B Radieschen und eingelegten Paprika vor Einige Nahrungsmittel wie der Tilsiter Kase und Genussmittel wie Pulverkaffee konnen Pyrrolidin in geringen Konzentrationen enthalten Es bildet sich u a leicht aus der Aminosaure Prolin Pyrrolidin ist der Grundkorper der Pyrrolidin Alkaloide die sich entweder vom Prolin oder von Ornithin ableiten Im ubrigen sind Pyrrolidin Derivate auch in anderen Naturstoffen zahlreich vertreten z B in Iminozuckern oder in Polyhydroxy Alkaloiden als Glycosidase Inhibitoren 4 Geschichte BearbeitenPyrrolidin wurde erstmals 1883 von den Chemikern Giacomo Luigi Ciamician und Max Dennstedt durch die Reduktion von Pyrrol gewonnen 6 7 Gewinnung und Darstellung BearbeitenZur technischen Herstellung von Pyrrolidin setzt man 1 4 Butandiol mit Ammoniak bei Temperaturen von 165 220 C und Drucken von 170 210 bar in Gegenwart von Cobalt und Nickeloxid Katalysatoren welche auf Aluminiumoxid Al2O3 getragert sind um 8 nbsp Reaktion von 1 4 Butandiol mit Ammoniak zu Pyrrolidin und Wasser in Gegenwart eines auf Aluminiumoxid getragerten Nickeloxid KatalysatorDie komplette Reaktion verlauft dabei in der flussigen Phase in einem kontinuierlichen Rohr oder Rohrbundelreaktor welcher in der Kreisgasfahrweise betrieben wird Der Katalysator wird als Festbett angeordnet und die Umsetzung in der Rieselfahrweise durchgefuhrt Die Reinigung und Aufarbeitung des Produkts erfolgt durch mehrstufige Extraktiv und Azeotropdestillation in Rektifikationskolonnen 8 Eigenschaften BearbeitenPhysikalische Eigenschaften Bearbeiten Pyrrolidin hat eine relative Gasdichte von 2 45 Dichteverhaltnis zu trockener Luft bei gleicher Temperatur und gleichem Druck und eine relative Dichte des Dampf Luft Gemisches von 1 09 Dichteverhaltnis zu trockener Luft bei 20 C und Normaldruck Des Weiteren betragt die dynamische Viskositat 0 94 mPa s bei 20 C 1 Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10 P A B T C P in kPa T in K mit A 6 2 B 1242 und C 61 im Temperaturbereich von 296 bis 353 K 9 Chemische Eigenschaften Bearbeiten Pyrrolidin ist eine leicht entzundbare Flussigkeit aus der Stoffgruppe der heterocyclischen sekundaren Amine Es ist mit Wasser vollstandig und mit den meisten organischen Losungsmitteln gut mischbar Ausserdem ist es leicht fluchtig Durch Hitzeeinwirkung zersetzt sich der Stoff Bei Kontakt mit starken Oxidationsmitteln Chlorkohlenwasserstoffen Glycolethern Leichtmetallen und Phenol kann es zu gefahrlichen chemischen Reaktionen kommen Des Weiteren bildet Pyrrolidin mit nitrosierenden Agenzien z B Nitriten salpetriger Saure nitrosen Gasen krebserzeugenden Nitrosaminen Eine wassrige Losung der Konzentration 100 g l weist bei einer Temperatur von 20 C einen pH Wert von 12 9 auf 1 Als sekundares Amin ist Pyrrolidin eine relativ starke Base 4 Durch Protonierung am freien Elektronenpaar des Stickstoffs wird das Pyrrolidinium Ion als konjugierte Saure gebildet nbsp Protonierung von Pyrrolidin 1 zur Bildung des Pyrrolidinium Ions 2 Das gebildete Pyrrolidinium Ion ist mit einem pKS Wert von 11 27 eine schwache Saure 2 Verwendung BearbeitenPyrrolidin ist ein wertvolles Zwischenprodukt fur zahlreiche Anwendungen in der Pharmazeutischen Industrie und zur Herstellung von Feinchemikalien Es ist Ausgangsstoff fur Arzneimittel wie Antihistaminika oder Antibiotika Des Weiteren wird zur Herstellung von Fungiziden Insektiziden Vulkanisationsbeschleuniger Antioxidantien Weichmachern Photochemikalien Dispergiermitteln und Korrosionsinhibitoren genutzt Ausserdem ist es ein Hartungsmittel fur Epoxidharze und dient als Katalysator fur die Polyurethan Herstellung Ferner findet Pyrrolidin Verwendung in der Polymermodifikation und wird als Vorlage zur Herstellung von Silica Gelen oder Zeolithe eingesetzt 4 Sicherheitshinweise BearbeitenDie Dampfe von Pyrrolidin konnen mit Luft beim Erhitzen des Stoffes uber den Flammpunkt explosive Gemische bilden Hauptsachlich wird der Stoff uber den Atemtrakt und die Haut aufgenommen Des Weiteren wurde eine sehr effektive Resorption in den Magen Darm Trakt erkannt Bei Aufnahme oder Exposition kommt es akut zu starken Reizungen bis hin zu Veratzungen der Haut und der Schleimhaute Chronisch kann es zudem zu Befindlichkeitsstorungen kommen Besonders besorgniserregend ist die schnelle Bildung von hochgiftigen und krebserzeugenden Nitrosaminen die bei Kontakt mit nitrosierenden Agenzien entstehen Eine direkte mutagene Wirkung konnte jedoch ausgeschlossen werden Zur Reproduktionstoxizitat und Kanzerogenitat liegen keine ausreichenden Angaben vor Pyrrolidin weist eine untere Explosionsgrenze UEG von ca 1 6 Vol 48 g cm3 und eine obere Explosionsgrenze OEG von ca 10 6 Vol auf Die Zundtemperatur betragt 320 C Der Stoff fallt somit in die Temperaturklasse T2 und in die Explosionsgruppe IIA Mit einem Flammpunkt von 3 C gilt Pyrrolidin als leicht entflammbar 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Pyrrolidin Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h i j k l m n o Eintrag zu Pyrrolidin in der GESTIS Stoffdatenbank des IFA abgerufen am 8 Juni 2023 JavaScript erforderlich a b H K Hall Jr Correlation of the Base Strengths of Amines In Journal of the American Chemical Society Band 79 1957 S 5441 5444 doi 10 1021 ja01577a030 Frederick G Bordwell George E Drucker Herbert E Fried Acidities of carbon and nitrogen acids the aromaticity of the cyclopentadienyl anion In Journal of Organic Chemistry Band 46 1981 S 632 635 doi 10 1021 jo00316a032 a b c d Eintrag zu Pyrrolidin In Rompp Online Georg Thieme Verlag abgerufen am 8 Juni 2023 Eintrag zu Pyrrolidine im Classification and Labelling Inventory der Europaischen Chemikalienagentur ECHA abgerufen am 11 Mai 2019 Hersteller bzw Inverkehrbringer konnen die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern G L Ciamician M Dennstedt Einwirkung nascirenden Wasserstoffs auf Pyrrol In Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft Band 16 1883 S 1536 1544 doi 10 1002 cber 18830160206 Rolf Werner Soukup Chemiegeschichtliche Daten organischer Substanzen Version 2020 S 146 pdf a b Patent EP2872494B1 Verfahren zur Herstellung von Pyrrolidin Veroffentlicht am 15 Juni 2016 Anmelder BASF SE Erfinder Roland Bou Chedid Johann Peter Melder Roman Dostalek Jorg Pastre Aik Meam Tan E Brandes W Moller Sicherheitstechnische Kenngrossen Band 1 Brennbare Flussigkeiten und Gase Wirtschaftsverlag NW Verlag fur neue Wissenschaft GmbH Bremerhaven 2003 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pyrrolidin amp oldid 234434007