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Dieser Artikel behandelt den erkenntnistheoretischen Begriff Siehe auch Die Politische Meinung Ihre Meinung Meinungen der Physiker bzw Meinunger Unter einer Meinung oder Auffassung wird in der Erkenntnistheorie eine von Wissen und Glauben unterschiedene Form des Furwahrhaltens verstanden Nach einer verbreiteten philosophischen Begriffsverwendung ist das Meinen ein Furwahrhalten dem sowohl subjektiv als auch objektiv eine hinreichende Begrundung fehlt Dadurch unterscheidet sich das Meinen vom Glauben und vom Wissen Von Glauben spricht man wenn jemand eine Aussage fur wahr halt ihre Wahrheit also subjektiv als gesichert erscheint obwohl der Glaubende keine objektiv zureichende Begrundung dafur angeben kann Der Unterschied zum Wissen besteht darin dass der Wissende nicht nur von der Wahrheit der Aussage uberzeugt ist sondern auch uber eine objektiv zureichende Begrundung dafur verfugt Diese Abgrenzung der drei Begriffe ist allerdings in der Philosophie nicht allgemein anerkannt insbesondere hinsichtlich der Unterscheidung von Meinung und Glauben In englischen Texten wird diese Unterscheidung nicht vorgenommen belief kann sowohl mit Meinung als auch mit Glaube ubersetzt werden Hinzu kommt dass in der Alltagssprache oft nicht zwischen Meinung Glaube und Uberzeugung unterschieden wird Weder alltagssprachlich noch fachsprachlich hat sich eine einheitliche Begriffsverwendung durchgesetzt Inhaltsverzeichnis 1 Bedeutung ausserhalb der Philosophie 2 Etymologie und Bedeutungswandel 2 1 Bedeutung 2 2 Absicht Gesinnung oder Beurteilung 2 3 Lehrmeinung 2 4 Unzureichend begrundetes Furwahrhalten 2 5 Personliche Meinung 3 Begriffsgeschichte 3 1 Griechische Philosophie 3 2 Scholastik 3 3 Neuzeitliche Philosophie 4 Literatur 5 Weblinks 6 BelegeBedeutung ausserhalb der Philosophie BearbeitenLehrmeinung Eine Lehrmeinung wird durch die Expertise das Wissen und das Nachdenken ihres Vertreters bestimmt Anders als die personliche Meinung ist sie nicht eine Frage von dessen Personlichkeit Der Sprachgebrauch entspricht einer Denotation des Wortes Meinung die neben anderen Bedeutungen seit dem Fruhneuhochdeutschen verbreitet war Personliche Meinung Umgangssprachlich in der Sozialpsychologie und in einigen weiteren Wissenschaften versteht man unter Meinung eine von direkter Betroffenheit von individuellen Wertvorstellungen Geschmack und oder Gefuhlen gepragte Einstellung eines Menschen gegenuber einem bestimmten Gegenstand In Ausdrucken und Redewendungen wie Meinungsfreiheit Meinungsaustausch eine Meinung aussern und jemandem die Meinung sagen wird deutlich dass in demselben Sinne auch einzelne Aussagen als Meinung bezeichnet werden konnen Offentliche Meinung Personliche Meinungen konnen zur offentlichen Meinung werden wenn sie in einer Gesellschaft offentlich diskutiert und als vorherrschend und reprasentativ betrachtet werden Zwischen der personlichen Meinung einerseits und der offentlichen Meinung andererseits bestehen vielfaltige und komplexe Wechselwirkungen mit deren Beschreibung sich die Soziologie die Politikwissenschaft die Betriebswirtschaftslehre die Literatur und Medienwissenschaft und die Volkskunde beschaftigen Etymologie und Bedeutungswandel BearbeitenBedeutung Bearbeiten Das Wort Meinung geht auf germanisch maino 1 ahd meinunga und mhd meinunge zuruck das Substantiv ist eine Ableitung des Verbs meinen Im ursprunglichen Sinne bezeichnete es die Bedeutung oder den Sinn einer Aussage oder von Zeichen 2 Noch Luther benutzte den Ausdruck in diesem alten Sinne Die Weise ist dass man wenig Worte mache aber viel und tiefe Meinungen oder Sinne Je weniger Worte je besser das Gebet je mehr Worte je argerlicher das Gebet Martin Luther Eine Auslegung des Vaterunsers 3 Als meaning hat diese Bedeutung sich im Englischen bis heute erhalten Im Deutschen kam sie auch beim jungen Goethe gelegentlich noch vor GOTZ Was soll das RATH Ihr wollt nicht horen Fangt ihn GOTZ Ist das die Meinung Johann Wolfgang von Goethe Gotz von Berlichingen 4 Akt 2 Szene Absicht Gesinnung oder Beurteilung Bearbeiten Im Sinne von Vorhaben und Absicht von freundlicher oder ubelwollender Gesinnung und von Werturteil im engsten Sinne wird Meinung heute nicht mehr verwendet 2 BUTTLER Wisst Ihr andern Rat des Kaisers Meinung zu vollziehen Friedrich Schiller Wallensteins Tod 4 Akt 6 Auftritt LEICESTER Der Rang den ich bekleide das Vertrauen wodurch die Konigin mich ehrt muss jeden Zweifel in meine treue Meinung niederschlagen Friedrich Schiller Maria Stuart 4 Akt 6 Auftritt WALTER Ihr gebt mir schlechte Meinungen Herr Richter Heinrich von Kleist Der zerbrochne Krug 7 Auftritt Lehrmeinung Bearbeiten In einem moderneren Sinne war Meinung die auf Kenntnis und Erwagung gegrundete Auffassung die jemand von etwas hat 2 Diese Verwendung die sich in dem Wort Lehrmeinung bis heute erhalten hat findet sich bereits in Luthers Ubersetzung des Neuen Testaments Von den Jungfrauen aber habe ich kein Gebot des Herrn ich sage aber meine Meinung gnwmhn gnōmen als der ich Barmherzigkeit erlangt habe vom Herrn treu zu sein 1 Korinther 7 25 Luther 1912 4 Auch im 18 Jahrhundert war sie noch weit verbreitet Der Herr D Heumann war der erste welcher in seinen Actis Philosophorum seine Gedanken etwas umstandlicher daruber entdeckte und aus den Elpistikern die Christen machte Der Herr Pastor Brucker wahlte eine andere Meinung und machte Stoiker daraus Gotthold Ephraim Lessing Wohlmeinender Unterricht fur alle diejenigen welche Zeitungen lesen 5 Unzureichend begrundetes Furwahrhalten Bearbeiten Spatestens Kant verstand meinen und Meinung auch im Sinne der griechischen Philosophie siehe weiter unten also als Doxa Meinen ist ein mit Bewusstsein sowohl subjektiv als objektiv unzureichendes Furwahrhalten Immanuel Kant Kritik der reinen Vernunft 1781 S 822 Personliche Meinung Bearbeiten Im heutigen Sinne bezeichnet eine Meinung meist eine personliche Auffassung die jemand von einer Sache hat 2 In dieser Bedeutung wird das Wort spatestens seit dem 18 Jahrhundert gebraucht LADY MILFORD Kann ich eine Freude dran finden sie was zu fragen wenn ich voraus weiss was sie mir antworten werden Oder Worte mit ihnen zu wechseln wenn sie das Herz nicht haben andrer Meinung als ich zu sein Friedrich Schiller Kabale und Liebe 2 Akt 1 Szene Zu den Konnotationen des Wortes zahlt nicht nur Subjektivitat und emotionale Einfarbung der Auffassung sondern auch ein gewisser Gegensatz zum zuverlassigen Wissen und zum grundlichen Durchdachthaben gelegentlich impliziert das Wort sogar ein Irren 2 Deine geliebte Tochter Marcebille da alle Wachen auf dem Posten ruhig in Meinung dass der Riese sie beschutzte ward uns entfuhrt Ludwig Tieck Kaiser Octavianus 6 Die personliche Meinung ist in Deutschland unter den besonderen Schutz der Meinungsfreiheit gestellt welche in Art 5 Abs 1 GG kodifiziert ist Begriffsgeschichte BearbeitenGriechische Philosophie Bearbeiten Meinung zahlt zu den Grundbegriffen der Erkenntnistheorie und wird bereits in der antiken Philosophie behandelt Die Unterscheidung von Wissen und Meinung wird erstmals in Xenophanes Fragmenten vorgenommen Xenophanes wollte sich vom Absolutheitsanspruch der Mythen befreien und war auf der Suche nach forschungsorientierter Erkenntnis Er ging davon aus dass endgultige Wahrheit allein den Gottern zuganglich sei da er jedoch nicht an gottliche Offenbarung glaubte konnte er nur schlussfolgern dass der menschlichen Erkenntnis endgultiges Wissen grundsatzlich versagt bleibe Meinung verstand er etwa dem heutigen Begriff einer Hypothese entsprechend als blosse Annaherung an die Wahrheit als Scheinwissen 7 Parmenides unterschied in seiner ebenfalls fragmentarisch erhaltenen Schrift Uber die Natur 5 Jh v Chr Aletheia ἀlh8eia Wahrheit und Doxa do3a Meinung Im Gegensatz zu Xenophanes hielt er menschliche Erkenntnis fur moglich schrankte jedoch ein dass sie ausschliesslich durch Denken noeῖn noein erlangt werden konne die auf Beobachtung basierende Naturphilosophie gelange ebenso wie der Mythos lediglich zur Meinung also zum Schein 8 Ein Jahrhundert spater unterschied Sokrates die Doxa von der Episteme ἐpisthmh Wissen Platon folgte ihm darin und bezog Meinung auf die veranderlichen sinnlich wahrgenommenen Dinge die kein Wissen im engen Sinne zulassen er unterschied zwei Gestalten der Meinung namlich die Vermutung eἰkasia eikasia einerseits und den Glauben bzw die Uberzeugung pistis pistis andererseits 9 Aristoteles wich davon insofern ab als er feststellte dass jeder Meinung zwangslaufig eine Uberzeugung pistis innewohne denn es ist nicht moglich dass jemand der eine Meinung hat von dem was ihm wahr zu sein scheint nicht uberzeugt ist 10 Arkesilaos vertrat im 3 Jh v Chr die Auffassung dass nicht nur der Sinneswahrnehmung nicht zu trauen sei sondern dass auch Intelligibles also Gegenstande die nur uber den Verstand zu erfassen sind nicht mit letztlicher Gewissheit erkannt werden konnen Er begrundete damit den Skeptizismus innerhalb der Platonischen Akademie und riet den Philosophen auf die Formulierung von Lehrmeinungen ganz zu verzichten Eine entgegengesetzte Position nahmen die Stoiker um Zenon ein die grosses Vertrauen in Begrundung und Argumentation logos logos lat ratio hatten und Wissen dann gelten lassen wollten wenn das Gewusste durch keinerlei Argumentation widerlegt werden konne Meinungen verstanden die Stoiker als schwache oder falsche Annahmen Uber die Klassiker Sokrates Platon Aristoteles gingen sie hinaus indem sie als Wahrheitskriterium das Meinung und Wissen voneinander schied das Erfassen katalhpsis katalepsis lat comprehensio einfuhrten 11 Scholastik Bearbeiten Thomas von Aquin und die Vertreter der Spatscholastik die sich eingehend mit Aristoteles auseinandergesetzt haben verstanden unter opinio eine Meinung bei der der Verdacht mitschwingt dass die Wahrheit einer Aussage nur irrtumlich angenommen wird Daneben benutzte Thomas den Ausdruck gelegentlich auch um eine blosse Neigung zum Furwahrhalten zu bezeichnen 12 Neuzeitliche Philosophie Bearbeiten Spinoza unterschied in seiner Ethik 1677 drei Stufen der Erkenntnis Einbildung bzw Meinung imaginatio opinio Vernunft ratio und intuitive Erkenntnis scientia cognitio intuitiva 13 Als empirisches Wissen das auf Wahrnehmung und Erinnerung beruht war imaginatio fur ihn die niedrigste Art der Erkenntnis sie entspringt seiner Auffassung nach ja nicht der Aktivitat des menschlichen Geistes sondern wird von diesem nur passiv wahrgenommen 14 Kant verwendete Meinung und meinen im selben Sinne wie die Griechen einer Meinung liegt fur ihn immer eine mogliche Erfahrung zugrunde wahrend in Urteilen a priori kein Meinen stattfindet 15 In der Erkenntnistheorie der Gegenwart spielt der Begriff Meinung u a beim Gettier Problem eine zentrale Rolle Literatur BearbeitenMarcus Birke Meinung Glaube In Hans Jorg Sandkuhler Hrsg Enzyklopadie Philosophie Band 2 Meiner Hamburg 2010 ISBN 978 3 7873 1999 2 S 1522 1526 Alwin Diemer Meinen Meinung In Historisches Worterbuch der Philosophie Band 5 Schwabe Basel 1980 Sp 1017 1023 Theodor Ebert Meinung In Der Neue Pauly Band 7 Metzler Stuttgart Weimar 1999 ISBN 3 476 01477 0 Sp 1161 1163 Jurgen Mittelstrass Meinung In Jurgen Mittelstrass Hrsg Enzyklopadie Philosophie und Wissenschaftstheorie 2 neubearbeitete Auflage Bd 5 Metzler Stuttgart Weimar 2013 ISBN 978 3 476 02104 5 S 308 309 Peter Ptassek Birgit Sandkaulen Bock Jochen Wagner Georg Zenkert Macht und Meinung Die rhetorische Konstitution der politischen Welt Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1992 ISBN 978 3 525 30505 8 Weblinks Bearbeiten Wiktionary Meinung Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Wikiquote Meinung Zitate Patrick Gensing Faktum Meinung Aus Politik und Zeitgeschichte bpb 13 Marz 2020 Belege Bearbeiten Hjalmar Falk Alf Torp Wortschatz der germanischen Spracheinheit Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1979 ISBN 3 525 26405 4 S 302 a b c d e Meinung Abgerufen am 14 Oktober 2013 Deutsches Worterbuch von Jakob Grimm und Wilhelm Grimm Martin Luther Eine Auslegung des Vater Unsers Abgerufen am 14 Oktober 2013 1 Korinther 7 25 Luther 1912 Abgerufen am 14 Oktober 2013 Karl Lachmann Hrsg Gotthold Ephraim Lessing Samtliche Schriften Band 5 Voss Berlin 1838 S 47 eingeschrankte Leseprobe in der Google Buchsuche Ludwig Tieck Sammtliche Werke Erster Band Tetot Freres Paris 1837 S 76 eingeschrankte Leseprobe in der Google Buchsuche Franz Schupp Geschichte der Philosophie im Uberblick Band 1 Antike Felix Meiner Hamburg 2003 ISBN 3 7873 1701 5 S 88 f Franz von Kutschera Das Fragment 34 von Xenophanes und der Beginn erkenntnistheoretischer Fragestellungen PDF 1 3 MB Abgerufen am 17 Oktober 2013 Parmenides Fragmente Abgerufen am 15 Oktober 2013 Jan Rohls Offenbarung Vernunft und Religion In Ideengeschichte des Christentums Band 1 Mohr Siebeck Tubingen 2012 ISBN 978 3 16 151012 0 S 48 eingeschrankte Leseprobe in der Google Buchsuche Jan Rohls Offenbarung Vernunft und Religion In Ideengeschichte des Christentums Band 1 Mohr Siebeck Tubingen 2012 ISBN 978 3 16 151012 0 S 53 56 eingeschrankte Leseprobe in der Google Buchsuche De anima Buch III Teil 3 Sextus Empiricus Adversus mathematicos VII 151 Friedo Ricken Antike Skeptiker Beck Munchen 1994 ISBN 3 406 34638 3 S 36 f eingeschrankte Leseprobe in der Google Buchsuche Barbara Guckes Zur Ethik der alteren Stoa Vandenhoeck amp Ruprecht 2004 ISBN 3 525 30143 X S 84 f eingeschrankte Leseprobe in der Google Buchsuche Rudolf Schussler Doxanischer Voluntarismus bei Thomas von Aquin PDF 245 kB Archiviert vom Original am 21 Oktober 2013 abgerufen am 21 Oktober 2013 Edmund Byrne Probability and Opinion In A study in the medieval presuppositions of post medieval theories of probability Martinus Nijhoff 1968 Christof Ellsiepen Die Erkenntnisarten In Michael Hampe Robert Schnepf Hrsg Baruch de Spinoza Ethik in geometrischer Ordnung dargestellt Berlin Auflage Akademie Verlag Berlin 2006 ISBN 3 05 004126 9 S 133 ff eingeschrankte Leseprobe in der Google Buchsuche Catherine Newmark Passion Affekt Gefuhl In Philosophische Theorien der Emotionen zwischen Aristoteles und Kant Felix Meiner Hamburg 2008 ISBN 978 3 7873 1867 4 S 160 Kritik der Urteilskraft 90f Normdaten Sachbegriff GND 4038459 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Meinung amp oldid 234832803