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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Korrespondenzprinzip Begriffsklarung aufgefuhrt Mit Korrespondenzprinzip wurde ursprunglich eine Beziehung zwischen Termini der klassischen Physik und der Quantenmechanik bezeichnet Der Ausdruck wurde 1920 von Niels Bohr im Kontext der alteren Quantentheorie gepragt 1 Es wird in diesem Zusammenhang auch als Bohrsches Korrespondenzprinzip bezeichnet Die quantenmechanische Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte eines Teilchens ist proportional zum Quadrat der Wellenfunktion der Materiewelle an jener Stelle Fur grosse Quantenzahlen geht die quantenmechanische Wahrscheinlichkeitsdichte asymptotisch in die klassische uber Bohr ging in seinem Atommodell von 1913 noch von einem klassischen Modell aus war aber gezwungen sehr einschrankende Bedingungen fur die vorkommenden Elektronenbahnen zu formulieren um die beobachteten diskreten optischen Spektren zu erklaren Trotzdem konnte die so formulierte altere Quantentheorie keine vollstandige Theorie der Spektren liefern Fur grosse Quantenzahlen ergaben sich jedoch asymptotische Formeln die denen der klassischen Physik entsprachen und diese Erklarungslucken teilweise fullen konnten Das Korrespondenzprinzip diente in diesem Sinn in der alteren Quantentheorie als heuristisches Prinzip um den Ubergang zur klassischen Physik in diesem Fall Elektrodynamik fur grosse Quantenzahlen zu beschreiben Auch in der ab 1925 entstandenen Quantenmechanik diente das Korrespondenzprinzip zur Beschreibung einer heuristischen Methode quantenmechanische Operatoren und ihre Vertauschungsrelationen mit denen der klassischen Mechanik in Verbindung zu bringen In der Wissenschaftstheorie wird angeregt durch das Beispiel der Quantentheorie unter Korrespondenzprinzip die Beziehung verschiedener Theorien in der Regel einer alteren und einer neueren zum selben Phanomenbereich verstanden 2 Es geht damit um das grundlegende Konzept einer Theorienhierarchie und entwicklung in den Naturwissenschaften Auch in weiteren Wissenschaften wie der Kristallographie wird in diesem Sinn von Korrespondenzprinzipien gesprochen Es besteht ein grosser Zusammenhang zur Ergodenhypothese die Aussagen uber das zeitliche Verhalten eines Systems und dessen Grundgesamtheit Erwartungswert macht und damit etwas uber das asymptotische Grenzverhalten der Mittelung uber eine unendlich lange Beobachtungszeit aussagt Inhaltsverzeichnis 1 Das Korrespondenzprinzip als Konzept zur Theorienhierarchie 1 1 Newtonsche Physik und die Relativitatstheorie 1 2 Newtonsche Physik und die Quantenphysik 1 3 Relativitatstheorie Quantenphysik und Quantengravitation 2 Das Korrespondenzprinzip in der alteren Quantentheorie 3 Das Korrespondenzprinzip in der modernen Quantenmechanik 4 Korrespondenz in der Kristallographie 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseDas Korrespondenzprinzip als Konzept zur Theorienhierarchie BearbeitenDas Korrespondenzprinzip beschreibt ein bestimmtes Verhaltnis zwischen einer alteren naturwissenschaftlichen Theorie und einer neueren mit grosserem Gultigkeitsbereich Es liegt vor wenn die neuere Theorie auf dem Gultigkeitsbereich der alteren zu denselben Ergebnissen kommt wie diese Diese Art der Theorienentwicklung ist in den Naturwissenschaften typisch und erstrebenswert In den Sozialwissenschaften war dies Gegenstand umfangreicher epistemologischer Positionskampfe die wissenschaftstheoretisch von Imre Lakatos und Thomas S Kuhn begrundet wurden Die neuere Theorie enthalt in diesem Fall die altere als Grenzfall und erklart so ihren fruheren Erfolg Ferner gerat die neue Theorie nicht in Konflikt mit den alteren experimentellen Befunden Dabei kann sich die neuere Theorie strukturell und begrifflich komplett von der alteren unterscheiden Die altere Theorie ist damit zwar im Prinzip widerlegt sie bleibt jedoch in ihrem begrenzten Gultigkeitsbereich weiterhin nutzlich Im Folgenden werden einige bedeutende wissenschaftsgeschichtliche Beispiele fur Erfullungen dieses Korrespondenzprinzips erlautert Newtonsche Physik und die Relativitatstheorie Bearbeiten Obwohl die Relativitatstheorie vollig neue Vorstellungen von Raum und Zeit einfuhrt gehen ihre Vorhersagen in die der newtonschen Physik uber wenn man sie auf unseren Alltagsbereich anwendet In der speziellen Relativitatstheorie hangen raumliche und zeitliche Distanzen vom Bewegungszustand des Beobachters ab Sind die entsprechenden Geschwindigkeiten hinreichend klein gegen die Lichtgeschwindigkeit so geraten die Differenzen dieser Distanzen unter die experimentelle Nachweisgrenze so dass die an sich uberholten Konzepte von Raum und Zeit der newtonschen Physik angewendet werden konnen Ebenso ist die Krummung des Raumes durch die Anwesenheit von Massen und die Abhangigkeit des Ganges von Uhren von ihrer Position im Gravitationsfeld wie sie in der allgemeinen Relativitatstheorie vorhergesagt werden fur hinreichend kleine Raumgebiete wie beispielsweise innerhalb unseres alltaglichen Aktionsradius experimentell kaum feststellbar Auch das Verhaltnis zwischen spezieller und allgemeiner Relativitatstheorie entspricht dem Korrespondenzprinzip Newtonsche Physik und die Quantenphysik Bearbeiten Die Gesetze der newtonschen Physik lassen sich als Grenzfall aus denen der Quantenphysik herleiten obwohl letztere auf vollig andersartigen und nicht mehr anschaulich zuganglichen Konzepten von Materie und Bewegung beruhen und obwohl es in der Quantenmechanik Grossen gibt z B den Spin die in der klassischen Mechanik nicht vorkommen Die Quantenphysik erlaubt in der Regel lediglich Wahrscheinlichkeitsprognosen fur den Wert einer Messgrosse wie beispielsweise den Ort an dem sich ein Objekt befinden wird Sie ist daher nicht mehr bezuglich jeder Fragestellung deterministisch Berechnet man den so genannten Erwartungswert das heisst den Mittelwert dieser Messgrosse im Grenzfall unendlich haufiger Wiederholung des Experiments so stellt sich bei Existenz der Grosse in der klassischen Physik heraus dass dieser den bekannten Gleichungen der newtonschen Physik gehorcht Ehrenfest Theorem Wendet man die Regeln der Quantenphysik auf makroskopische mechanische Systeme an so wird die statistische Streuung der Messergebnisse nahezu unmessbar klein Dabei entsprechen solche Systeme i a einem statistischen Ensemble aus einer grossen Zahl von sogenannten reinen Quantenzustanden mit grossen Quantenzahlen Damit folgt der deterministische Charakter der klassischen Physik fur den makroskopischen Grenzfall aus der Quantenphysik obwohl letztere selbst nicht deterministisch ist Relativitatstheorie Quantenphysik und Quantengravitation Bearbeiten Eines der grossen Probleme des Theoriengebaudes der Physik besteht derzeit darin dass seine beiden Saulen die allgemeine Relativitatstheorie und die Quantenphysik in ihrer Beziehung zueinander das Korrespondenzprinzip nicht erfullen Beide Theorien haben daher nur einen begrenzten Gultigkeitsbereich so dass die heutige Physik keine abgeschlossene Beschreibung der Natur liefern kann Es wird daher nach einer Theorie der so genannten Quantengravitation gesucht die die Relativitatstheorie und die Quantenphysik vereinigt indem sie beide als Grenzfall im Sinne des Korrespondenzprinzips enthalt Das Korrespondenzprinzip in der alteren Quantentheorie BearbeitenDie altere Quantentheorie kombiniert die klassische Mechanik quasiperiodischer Systeme mit zusatzlichen Annahmen deren wichtigste die Einschrankung der zulassigen Bahnen im Phasenraum ist auf solche fur die die Quantisierung des Bahndrehimpulses gilt 3 p d q n h n 1 2 displaystyle oint p mathrm d q nh quad n 1 2 ldots nbsp mit dem generalisierten Impuls p displaystyle p nbsp der generalisierten Koordinate q displaystyle q nbsp der Hauptquantenzahl n displaystyle n nbsp dem Plancksches Wirkungsquantum h displaystyle h nbsp bzw L n ℏ displaystyle L n hbar nbsp mit dem Bahndrehimpuls L displaystyle L nbsp dem reduzierten Planckschen Wirkungsquantum ℏ h 2 p displaystyle textstyle hbar frac h 2 pi nbsp Das Korrespondenzprinzip fordert nun einen Zusammenhang zwischen den Koeffizienten D k displaystyle D k nbsp der Fourierentwicklung der Ortskoordinaten nach der Zeit q t k D k e i s k t displaystyle q t sum k D k e mathrm i s k t nbsp und den quantentheoretisch moglichen Strahlungsubergangen sowie der Intensitat und Polarisation des dabei ausgesandten Lichts So lassen sich u a die spektroskopischen Auswahlregeln ableiten indem vom Verschwinden der n ten Fourierkomponente auf die Unmoglichkeit des korrespondierenden Quantensprungs um n Einheiten geschlossen wird Eine Bedingung die Bohr an diese Korrespondenz stellt ist die der naherungsweisen Ubereinstimmung mit der klassischen Elektrodynamik fur grosse Quantenzahlen Dies stellt somit eines der oben beschriebenen wissenschaftstheoretischen Korrespondenzprinzipien dar Das Korrespondenzprinzip in der modernen Quantenmechanik BearbeitenIm Anschluss an Heisenberg wird die Zuordnung klassischer Observablen zu ihren Entsprechungen in der mathematischen Formulierung der Quantenmechanik den Operatoren auf Hilbert Raumen als Korrespondenz bezeichnet Damit dient die klassische Theorie in der Anwendung des Korrespondenzprinzips in dieser Bedeutung dazu die physikalisch sinnvollen Gleichungen der Quantenmechanik zu finden eben durch Ubernahme der algebraischen Form der Gleichungen wobei bestimmte klassische Observablen durch die ihnen korrespondierenden quantenmechanischen Operatoren ersetzt werden Beispielsweise entsteht durch die Ersetzung der Impulsvariable durch die entsprechenden Impulsoperatoren und entsprechend fur die Ortsvariable aus der klassischen Energiegleichung die Schrodingergleichung Diese Zuordnung wurde fruher gelegentlich auch als Jordan sche Regel bezeichnet Korrespondenz in der Kristallographie BearbeitenPaul Niggli formulierte die Korrespondenz zwischen Kristallstruktur und Morphologie Zum einen ist die Symmetrie der ausseren Kristallflachen s Punktgruppe hoher oder gleich der Symmetrie der Kristallstruktur s Raumgruppe Zum anderen verlauft jede aussere Kristallflache parallel zu einer Schar von Netzebenen Ebenso verlauft eine Kristallkante parallel zu einer Schar von Gittergeraden Diese morphologisch strukturelle Korrespondenz gilt auch fur alle anderen Eigenschaften des Kristalls und ist als Neumann sches Prinzip von Woldemar Voigt 1910 formuliert worden Die Symmetrie einer Eigenschaft ist hoher oder gleich der Symmetrie der Kristallstruktur Weblinks BearbeitenAlisa Bokulich Bohr s Correspondence Principle In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy mikomma de Korrespondenzprinzip Animationen zu Elektronen in Rydberg Zustanden Einzelnachweise Bearbeiten Niels Bohr Uber die Serienspektra der Elemente In Zeitschrift fur Physik Bd 2 Nr 5 1920 S 423 469 doi 10 1007 BF01329978 Karl Popper Die Zielsetzung der Erfahrungswissenschaft In Hans Albert Hrsg Theorie und Realitat Ausgewahlte Aufsatze zur Wissenschaftslehre der Sozialwissenschaften Die Einheit der Gesellschaftswissenschaften 2 ISSN 0424 6985 J C B Mohr Paul Siebeck Tubingen 1964 S 75 86 hier S 84 Max Jammer The Conceptual Development of Quantum Mechanics McGraw Hill New York NY u a 1966 S 109 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Korrespondenzprinzip amp oldid 221425568