www.wikidata.de-de.nina.az
Das Kastell Seligenstadt war ein romisches Kastell an der Mainlinie des Obergermanisch Raetischen Limes in Seligenstadt im Landkreis Offenbach in Hessen Heute ist die Anlage komplett uberbaut und nicht mehr oberirdisch sichtbar Kastell SeligenstadtLimes ORL 32 RLK Strecke RLK Obergermanischer Limes Strecke 6 Mainlinie Datierung Belegung trajanische Zeit bis zum LimesfallTyp KohortenkastellEinheit Cohors I civium Romanorum equitataGrosse 190 160m 3 04 haBauweise SteinkastellErhaltungszustand uberbautOrt SeligenstadtGeographische Lage 50 2 38 7 N 8 58 33 1 O 50 04409 8 97587 109 Koordinaten 50 2 38 7 N 8 58 33 1 OHohe 109 m u NHNVorhergehend ORL 23 Kastell Grosskrotzenburg nordlich Anschliessend ORL 33 Kastell Stockstadt sudlich Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Forschungsgeschichte 3 Kastell 3 1 Befunde und Geschichte 3 2 Badegebaude 3 3 Datierung 3 4 Zivilsiedlung und Graberfelder 4 Museum Seligenstadt 5 Denkmalschutz 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseLage BearbeitenDas Kastell Seligenstadt ist abgesehen von dem leicht ruckwartig am Main gelegenen Kastell Hainstadt das aber mit Kastell Salisberg und Stockstadt etwas fruher in domitianischer Zeit anzusetzen ist 1 das nordlichste Kastell der Mainlinie vor dem Ubergang des Limes uber den Fluss bei Grosskrotzenburg Das Kastell befindet sich im Stadtkern von Seligenstadt auf einer leichten Erhebung die von Westen auf einer Hohe von etwa 109 m u NN zungenformig in die Ebene des Main hineinreicht Das kleine Plateau uberragt den Fluss um vier Meter und bot damit einen gewissen Schutz vor Hochwasser Von Westen war es leicht zu erreichen wahrend sich nordlich und sudlich leichte Niederungen befinden die zum Main entwassern nbsp Kastell Seligenstadt ORL 32 Lageplan nbsp Weihestein des L ucius Gellius Celerianus fur Diana CIL 13 6659 der im Torturm des mittelalterlichen Maintores vermauert war Ausstellung im Landschaftsmuseum Seligenstadt mit freundlicher Genehmigung des Museums nbsp Vermauerte Inschrift der coh I c r eq in der Einhard Basilika 2 Leider nur teilweise zu sehen Hinter der Figur des Apostels Bartholomaeus befindet sich noch ein Teil mit der Lesung ROMANOR die Reihenfolge der Steine wurde offensichtlich bei der Einmauerung vertauscht nbsp Ziegelstempel im Landschaftsmuseum Seligenstadt nbsp Munzschatz aus dem Kastellvicus Seligenstadt Ausstellung von Teilen im Landschaftsmuseum Seligenstadt nbsp Landschaftsmuseum Seligenstadt Blick in die romische AbteilungForschungsgeschichte BearbeitenRomische Funde liessen seit dem Beginn des 19 Jahrhunderts bereits ein romisches Kastell in Seligenstadt vermuten So fand man beim Kiesgraben 1816 17 vor dem Frankfurter Tor Bruchstucke romischer Gefasse Beim Abbruch der Stadtmauer am Maintor wurden Reste von Mauern und Hypokausten gefunden die aber erst beim Abbruch des Maintores 1840 41 als Teil des romischen Kastellbades gedeutet wurden Ebenfalls dort fand sich der Weihestein des Lucius Gellius Celerianus Centurio der Legio XXII Primigenia 3 Grabungen der Reichs Limeskommission unter Friedrich Kofler folgten 1886 1896 und 1902 Kofler durchsuchte vornehmlich das Gebiet der Benediktinerabtei ohne auf eindeutig dem Kastell zuzuordnende Befunde zu stossen Erst Ernst Fabricius vermutete im Limeswerk das Kastell richtig unter der Seligenstadter Altstadt 4 1937 schliesslich wurden Teile der Kastellumwehrung bei Kanalarbeiten durch Otto Muller und Karl Nahrgang dort nachgewiesen Bei erneuten Grabungen im Klosterareal 1951 sowie 1954 55 wurden die dortigen Befunde als Teil des Vicus erkannt Hinter dem Rathaus erbrachten Ausgrabungen 1975 76 durch Egon Schallmayer einen Ausschnitt der Innenbebauung des Kastells Kastell BearbeitenBefunde und Geschichte Bearbeiten Die sehr ausschnitthaften Befunde Nahrgangs und Mullers erlaubten es die Kastellgrosse mit 160 190 Meter zu bestimmen Das Kastell nahm einen grossen Teil der Altstadt ein von der Kaiserpfalz bis uber den Marktplatz hinaus und von der Kleinen Maingasse bis an die Mohrmuhlgasse Als Besatzung ist die cohors I civium Romanorum equitata 1 teilberittene Kohorte romischer Burger belegt Eine Inschrift die oberhalb der Kanzel der Einhards Basilika vermauert wurde nennt diese Einheit 2 Funde von vier verschiedenen Stempeltypen der Kohorte auf Ziegeln in Seligenstadt legen ebenfalls eine Anwesenheit dieser Einheit nahe 5 Aus Militardiplomen ist die Einheit zunachst in Niedergermanien bezeugt aber bereits seit 116 n Chr in Obergermanien nachweisbar Eine Inschrift aus Grosskrotzenburg belegt dass ihrem Kommandanten einem Kohortenprafekt gleichzeitig die dortige IIII Vindelikerkohorte unterstand 6 Die Grabungen 1975 76 erbrachten einen Ausschnitt der Innenbebauung des Kastells mit zwei 3 3 Meter grossen Raumen sowie einer davor liegenden Portikus bestehend aus einem Pfostengraben und einem zweiperiodigen Traufgrabchen Es bleibt unklar ob es sich um einen Teil des Stabsgebaudes Principia handelt da es ahnliche Raumgrossen auch bei Mannschaftsbaracken gibt 7 Damit bleibt auch die Ausrichtung des Kastells unsicher wahrscheinlich lag das Kastell mit dem Haupttor nach Osten auf den Main und Limes zu 8 Dies entsprache auch der Ausrichtung der beiden sudlich gelegenen Mainkastelle Stockstadt und Niedernberg Badegebaude Bearbeiten Die fruhen Grabungen am sudostlich des Kastells gelegenen Badegebaude haben nicht das komplette Gebaude erfasst Im Wesentlichen wurden die hypokaustierten Heiss und Laubaderaume angeschnitten Vermutlich handelte es sich um ein Bad des Reihentyps bei dem die unterschiedlich temperierten Raume nacheinander genutzt wurden Eine Besonderheit in der Bauweise war das unterschiedliche Hohenniveau der Raume am Abhang zum Mainufer hin Die Zufuhr mit Frischwasser erfolgte wahrscheinlich von Sudwesten mittels eines Abzweiges des dort verlaufenden heute kanalisierten Breitenbachs 9 Im Kastellbad wurden zahlreiche gestempelte Ziegel gefunden darunter viele der 22 Legion aus Mainz sowie der coh I c r eq Die Funde waren bereits zu Zeiten der Reichs Limeskommission verschollen Im Landschaftsmuseum Seligenstadt werden heute wenige Ziegelstempel aus spateren Grabungen ausgestellt Datierung Bearbeiten Die Funde aus den Grabungen 1975 76 hier besonders aus den Traufgrabchen die inschriftlichen und Ziegelfunde legen folgende Chronologie nahe Erste Holzbauphase um 100 n Chr Der Ausbau in Stein erfolgten dann um 150 n Chr Das passt gut zu der Datierung der umliegenden Kastelle namentlich Grosskrotzenburg das vermutlich erst nach der Aufgabe des Kastells Hanau Salisberg in trajanischer Zeit entstand Analog dazu konnte sudlich des Mains eine gleiche Entwicklung mit der Aufgabe des Kastells Hainstadt fur Seligenstadt vorliegen Das Kastell bestand bis in die Zeit des Limesfalls um 260 n Chr Spatantike Funde aus dem 1975 76 freigelegten Kastellinneren bestatigen die Anwesenheit von Alamannen in nachromischer Zeit Zu diesen Funden gehoren ein Follis des Constans ein Beinkamm sowie radchenverzierte Argonnensigillata Zivilsiedlung und Graberfelder Bearbeiten Das zugehorige Kastelldorf Vicus erstreckte sich an den drei Landseiten um das Kastell herum Einzelne Funde reichen im Norden uber die Stadtmuhl und die Schlusselgasse hinaus Im Klostergelande sudlich des Kastells konnten mehrere Gruben Strassen und Keller nachgewiesen werden Die Ausdehnung nach Westen ist unsicher Hier wurde 1965 ein Munzschatz aus 162 Denaren gefunden der heute im Museum ausgestellt ist Vermutlich war der wahrend Kanalarbeiten durch den Bagger auseinandergerissene Schatz umfangreicher als publiziert da die Funde nicht komplett in offentliche Sammlungen kamen Er konnte ursprunglich bis zu 500 Munzen umfasst haben 10 Die Funde aus dem Vicus reichen zeitlich bis zum Limesfall um 260 n Chr Der Fund eines Graffito auf einer Terra Sigillata Scherbe OGABI NVNDINENSIVM wird als Nennung einer Marktgottheit interpretiert und konnte andeuten dass in Seligenstadt ein romischer Markt existiert hat 11 Eine Inschrift mit Nennung eines beneficiarius consularis konnte Hinweis auf eine Station dieser Polizeitruppe ahnlich wie in Obernburg oder Grosskrotzenburg sein 12 Graberfelder befanden sich erwartungsgemass an den sudlichen westlichen und nordlichen Ausfallstrassen Ein grosses Graberfeld befand sich in der Umgebung des Steinheimer Tores ein weiteres unter der evangelischen Kirche und an der Froschhausener Strasse Haufige Gefassfunde wenige Munzfunde und viele Einzeluntersuchungen romischer Graber bei Bauarbeiten fugten das Gesamtbild dieser Graberfelder zusammen Die Romerstrassen entsprechen der Verbindung am Main von Stockstadt zu den nachgewiesenen Mainbrucken bei Grosskrotzenburg und Kesselstadt sowie westlich der Verbindung uber Babenhausen nach Dieburg Die im Main 1887 aufgefundenen Reste einer holzernen Brucke stammen wahrscheinlich aus karolingischer Zeit oder noch spater aus dem Mittelalter Museum Seligenstadt BearbeitenDas ortliche Museum befindet sich in der ehemaligen Benediktinerabtei Kloster Seligenstadt der Eingang erfolgt vom Klosterhof aus Das RegioMuseum fruher Landschaftsmuseum Seligenstadt informiert uber Romerzeit Kloster und Stadtgeschichte sowie Volkskunde 13 Gleich rechts im Eingangsbereich wird der Weihestein aus dem Maintorturm ausgestellt Die romische Abteilung befindet sich im 1 Stock Sie enthalt Teile einer Jupitersaule grosse Mengen Keramikfunde darunter gestempelte Ziegel sowie Teile des erwahnten Munzschatzes Denkmalschutz BearbeitenDas Kastell Seligenstadt und die erwahnten Anlagen sind als Teil des Obergermanisch Raetischen Limes seit 2005 Teil des UNESCO Welterbes Ausserdem sind es Bodendenkmaler nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig Zufallsfunde an die Denkmalbehorden zu melden Siehe auch BearbeitenListe der Kastelle am Obergermanisch Raetischen LimesLiteratur BearbeitenDietwulf Baatz Der Romische Limes Archaologische Ausfluge zwischen Rhein und Donau 4 Auflage Gebr Mann Berlin 2000 ISBN 3 7861 2347 0 S 176 Dagmar Kroener Gesine Weber Neues aus dem romischen und mittelalterlichen Seligenstadt Ergebnisse von baubegleitenden Massnahmen und Notbergungen In hessenARCHAOLOGIE 2001 Theiss Stuttgart 2002 ISBN 3 8062 1749 1 S 112 f Karl Nahrgang Die Bodenfunde der Ur und Fruhgeschichte im Stadt und Landkreis Offenbach am Main Verlag Waldemar Kramer Frankfurt am Main 1967 S 187 196 Egon Schallmayer Das romische Seligenstadt Kreis Offenbach Fuhrungsblatt zum Kastell und zur Zivilsiedlung Landesamt fur Denkmalpflege Wiesbaden 1979 Archaologische Denkmaler in Hessen 9 Egon Schallmayer Ausgrabungen in Seligenstadt Zur romischen und mittelalterlichen Topographie Saalburg Jahrbuch 43 1987 S 5 60 Egon Schallmayer in Dietwulf Baatz und Fritz Rudolf Herrmann Hrsg Die Romer in Hessen 3 Auflage 1989 Lizenzausgabe Nikol Hamburg 2002 ISBN 3 933203 58 9 S 477 479 Bernd Steidl Welterbe Limes Roms Grenze am Main Begleitband zur Ausstellung in der Archaologischen Staatssammlung Munchen 2008 Logo Obernburg 2008 ISBN 3 939462 06 3 S 68 73 Gesine Weber Schreibfreudige Romer Neufunde aus dem romischen Seligenstadt In hessenARCHAOLOGIE 2006 S 82 84 Georg Wiesenthal in Werner Jorns Neue Bodenurkunden aus Starkenburg Barenreiter Kassel 1953 S 115f 141f Grabungsbericht der Reichs Limeskommission Ernst Fabricius Das Kastell Seligenstadt In Ernst Fabricius Felix Hettner Oscar von Sarwey Hrsg Der obergermanisch raetische Limes des Roemerreiches Abt B III Nr 32 1914 S 1 6 und Tafeln Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kastell Seligenstadt Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Kastell Seligenstadt auf der Webprasenz der Deutschen LimeskommissionEinzelnachweise Bearbeiten Nach einer neueren Auswertung der Munzreihen sogar erst zwischen 100 und 110 n Chr siehe Klaus Kortum Zur Datierung der romischen Militaranlagen im obergermanisch raetischen Limesgebiet In Saalburg Jahrbuch 49 1998 Zabern Mainz 1998 S 30 a b Helmut Castritius Manfred Clauss Die romischen Steininschriften des Odenwaldes und seiner Randlandschaften RSOR In Beitrage zur Erforschung des Odenwaldes und seiner Randlandschaften 3 Breuberg Neustadt 1980 Nr 27 CIL 13 6659 Fabricius 1914 ORL B II Nr 32 Fabricius 1914 ORL B II Nr 32 S 5 CIL 13 7411 Schallmayer 1989 S 478 So auf dem Plan bei Nahrgang 1967 S 188 Abb 189 Schallmayer 1989 S 478 Schallmayer 1979 Helmut Schubert Die Fundmunzen der romischen Zeit in Deutschland FMRD Abt V Hessen Bd 2 1 Darmstadt Mainz 1989 ISBN 3 7861 1292 4 S 389 403 Nahrgang 1967 S 189 Bernd Steidl Welterbe Limes Roms Grenze am Main Logo Obernburg am Main 2008 S 107 AE 1989 572 RegioMuseum auf der Homepage des Landkreises Offenbach Kastelle des Obergermanischen Limes ORL Strecke 6 Mainlinie Kastell Hainstadt Kastell Seligenstadt Kastell Stockstadt Kastell Niedernberg Kastell Obernburg Kastell Worth Kastell Trennfurt Kastell Miltenberg Altstadt Kastell Miltenberg Ost Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kastell Seligenstadt amp oldid 233157338