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Die Herrschaft Wadenswil war im Mittelalter ein zeitweise eigenstandiges reichsunmittelbares Staatswesen und in der Fruhen Neuzeit eine Landvogtei von Zurich Das Territorium der Herrschaft bis 1798 bestehenden umfasste mehrere heutige Gemeinden rund um Wadenswil am oberen Zurichsee Heute gehort das Gebiet zum Schweizer Kanton Zurich Wadenswil mit dem Zurcher Landvogteischloss Neu Wadenswil im Mittelgrund und der Ruine der Freiherren und Johanniterburg Alt Wadenswil im Hintergrund 1716 Zurcher Landeskarte von Hans Conrad Gyger mit dem Grenzverlauf der Herrschaft Wadenswil links und rechts des Zurichsees 1667 Ubersichtskarte der Herrschaft Wadenswil Inhaltsverzeichnis 1 Geographie 2 Geschichte 2 1 Hochmittelalter Freiherrschaft bis 1287 2 2 Spatmittelalter Johanniterkomturei 1287 1550 2 3 Fruhe Neuzeit Zurcher Landvogtei 1550 1798 2 4 Nachspiel in der Restaurationszeit Zurcher Oberamt 1814 1830 3 Wappen 4 Literatur 5 WeblinksGeographie BearbeitenSchwerpunkt der Herrschaft war das Gebiet um Wadenswil am sudlichen oberen Zurichseeufer Der Grenzverlauf orientierte sich uber weite Strecken an naturlichen Grenzen Mulibachtobel Huttnersee Rossberg Hohronen Sihl Aabach Meilibach Zurichsee Ebenfalls zur Herrschaft gehorte das am gegenuberliegenden Seeufer situierte Dorf Uetikon am See dessen Territorium vom See bis zur Krete des Pfannenstils reichte Heutige Ortschaften in der alten Herrschaft Wadenswil Ortschaft Pfarrei heutige Gemeinde heutiger BezirkRichterswil St Martin Richterswil Richterswil Bezirk HorgenSamstagern St Martin RichterswilHutten St Martin Richterswil 1496 Filialkapelle 1703 Anschluss an die neue Kirchgemeinde Schonenberg WadenswilSchonenberg St Maria Wadenswil 1703 eigene Kirche und Gemeinde Wadenswil St Maria WadenswilWadenswiler Berg St Maria WadenswilAu Naglikon St Maria WadenswilSpitzen St Maria Wadenswil 1618 Anschluss an die neue Kirchgemeinde Hirzel HorgenUetikon am See St Martin Meilen 1423 Filialkapelle 1683 eigene Kirchgemeinde Uetikon am See Bezirk MeilenGeschichte BearbeitenHochmittelalter Freiherrschaft bis 1287 Bearbeiten nbsp Freiherrenturm der Burg Alt WadenswilDie fruhmittelalterlichen Herrschaftsverhaltnisse sind unklar Die Freiherrschaft durfte zwischen dem 9 und 11 Jahrhundert entstanden sein ursprunglich womoglich als Erblehen der Abtei Einsiedeln der Fraumunsterabtei oder der Reichsvogtei Zurich Kirchlich durften sich die Grundungen St Marien in Wadenswil und St Martin in Richterswil bereits im 8 Jahrhundert von der Mutterpfarrei St Peter in Zurich abgepfarrt haben Im 13 Jahrhundert erscheinen sie in den Quellen als Eigenkirchen der Freiherren von Wadenswil Die erste urkundliche Erwahnung Wadenswils stammt aus der auf 1130 ruckdatierten Stiftungsurkunde des Klosters Fahr die als Zeugen unter anderem Waldhere de uvadensuvilere amp fr atre s ei Eberhart Burchart nennt Walter Eberhart und Burchart sind somit die altesten bezeugten Freiherren von Wadenswil Diese waren nicht nur Landesherren und somit Inhaber der Blutgerichtsbarkeit sondern in Teilen des Territoriums auch Grundherren Gerichtsherren sowie Kollaturherren der beiden Pfarrkirchen Die Freiherren residierten in der Burg Alt Wadenswil auf einer bewaldeten Anhohe zwischen Wadenswil und Richterswil Sie war strategisch gunstig gelegen und erlaubte es die Umgebung und den Zurichsee zu uberblicken Die Burg bestand unter den Freiherren nur aus einem einfachen Wohnturm Vermutlich wurde dieser im 13 Jahrhundert errichtet die alteste uberlieferte Erwahnung als castrum stammt von 1287 Freiherren von und zu Wadenswil Walter Eberhart und Burchart erwahnt 1130 Rudolf I erwahnt 1188 Rudolf II erwahnt 1217 1240 Rudolf III erwahnt 1233 1300 Rudolf III hatte mehrere Tochter aber keinen Sohn Aufgrund der patrilinearen Erbfolge erlosch mit ihm die Zurcher Linie derer von Wadenswil Daher verkaufte der betagte Freiherr bereits 1287 Burg und Herrschaft Wadenswil an die Johanniterkomturei Bubikon mit der Bedingung bis zu seinem Tode in der Burg wohnen zu durfen Freiherren von Wadenswil zu Rotenfluh UnspunnenRudolf II war mit Uta von Rothenfluh Unspunnen verheiratet Seine Sohne Walter und Konrad ubernahmen diese Herrschaft im Berner Oberland Die Berner Linie derer von Wadenswil erlosch im 15 Jahrhundert Spatmittelalter Johanniterkomturei 1287 1550 Bearbeiten nbsp Johanniterhaus der Burg Alt Wadenswil Hauptartikel Johanniterkommende Wadenswil 1287 erwarb die Johanniterkomturei Bubikon die Herrschaft Die 1192 gegrundete Kommende des aufstrebenden Johanniterordens ubte damit die Landesherrschaft aus Nach dem Tod Rudolfs von Wadenswil am 1 Dezember 1300 richtete Bubikon in der Burg Alt Wadenswil eine Tochterkomturei ein Im Jahr 1330 erlangte sie schliesslich durch eine von Meister Rudolf von Masmunster vollzogene Ausscheidung ihre Eigenstandigkeit Der Komtur von Wadenswil wurde demokratisch aus den Mitbrudern gewahlt stammte jedoch zumal die Johanniter ein Ritterorden waren immer aus adeligem Haus Noch unter Bubikon erhielt die Burg im fruhen 14 Jahrhundert einen Kapellenanbau Um 1460 wurde ein grosszugiges Palas errichtet das so genannte Johanniterhaus und die Burg mit einer von Turmen bewehrten Ringmauer mit Zwinger umgeben Alt Wadenswil gilt als grosste Burgruine im Kanton Zurich Die Johanniter hatten dank zahlreicher Guter im Herrschaftsgebiet der Landesherrschaft mit hoher und zum Teil auch niederen Gerichtsbarkeit und den Kollaturrechten an den Kirchen eine weitreichende okonomische politische gerichtliche und kirchliche Macht In der Regel wurden die Pfarramter durch Priester aus der eigenen Ordensgemeinschaft besetzt Auch die Grundherrschaft wurde im Laufe der Jahrzehnte weiter ausgebaut Nach der kurzfristigen Kontrolle durch die Komturei Bubikon 1287 1330 war die Herrschaft Wadenswil nun bis 1549 wieder ein weitgehend eigenstandiges Staatswesen unter der Herrschaft der Johanniterkomturei nbsp Zurich demonstrierte seine Herrschaftsanspruche bereits 1468 in einem Steuerstreit mit Besetzung der Burg um 1500 Im Verlauf des 15 Jahrhunderts erfolgte eine zunehmende Bindung an die Stadt Zurich Bereits 1342 schloss die Komturei einen Burgrechtsvertrag mit Zurich der eine militarische Gerhorsamspflicht eine Steuerpflicht und eine Anerkennung Zurichs als Gerichtsstand in Streitfragen festlegte Ab 1402 trieb die Stadt Zurich auch bei den Dorfleuten von Wadenswil Steuern ein Trotz Burgrecht gelang es der Komturei sich im Alten Zurichkrieg der in den umliegenden Gebieten tobte neutral zu verhalten Die Dorfbevolkerung strebte zunehmend nach politischen und okonomischen Freiheiten und wandte sich im Verlauf des 15 Jahrhunderts zunehmend von der restriktiven Herrschaft der Komturei ab Dies verscharfte sich mit der von Zurich ausgehenden Reformation die 1529 in Wadenswil und Richterswil angenommen wurde Gleichzeitig verschuldete sich die Komturei Wadenswil und der Orden wurde in die Reformationswirren verstrickt 1548 beschloss Georg Schilling von Cannstatt dem Rat von Zurich die Herrschaft zum Kauf anzubieten Dieser stimmte zu nachdem er die Kaufsumme von 32 000 auf 20 000 Gulden heruntergehandelt hatte Rechtskraftig und vollzogen wurde der Verkauf erst 1550 Fruhe Neuzeit Zurcher Landvogtei 1550 1798 Bearbeiten nbsp Zehntentrotte von 1555 im Schloss Neu Wadenswil nbsp Schloss Wadenswil Stich von Matthaus Merian 1642 nbsp Hauptgebaude von 1816 im Schloss Neu WadenswilMit der Herrschaft Wadenswil verzeichnete die Stadt Zurich einen ansehnlichen Zuwachs ihres Territoriums und militarisch strategischen Einflussbereichs Zur Herrschaft gehorten laut Kaufvertrag auch die Burg samt Nebengebauden die Dorfer Wadenswil Richterswil und Uetikon die hohe und niedere Gerichtsbarkeit das Mannschaftsrecht das Besteuerungsrecht und die Grundzins und Zehntrechte Unerwahnt ebenfalls an Zurich ubertragen wurde das Kollaturrecht der Kirchen Die dem alten Glauben zugehorigen Zentralschweizer Stande protestierten zunachst gegen diesen Kauf Zurichs und den damit verbundenen Machtzuwachs Sie stimmten dem Kauf jedoch 1550 unter der Bedingung zu dass die gefahrlich nahe an der politischen und konfessionellen Grenze zum Kanton Schwyz gelegene Burg geschleift werde Auf einer Anhohe oberhalb von Wadenswil liess der Zurcher Rat 1551 1555 das Schloss Neu Wadenswil errichten denn ein Verwaltungsgebaude gestatteten die eidgenossischen Bundnispartner Zurichs Noch vor dem Ersten Villmergerkrieg 1656 wurde das Schloss entgegen den Vereinbarung zur Festung ausgebaut und bis zum Zweiten Villmergerkrieg weiter befestigt Da die Herrschaft Wadenswil an der politisch konfessionellen Grenze zu den eidgenossischen Orten Schwyz und Zug lag kam es in beiden Kriegen zu Gefechten und Zerstorungen Mittels einer Kette von Schanzen an der Grenze versuchte die Zurcher Militarfuhrung 1712 die feindlichen Truppen zuruckzuhalten Politisch wurde die Herrschaft Wadenswil unter Zurich zu einer Landvogtei Im Gegensatz zu den stadtnahen Territorien den Obervogteien verfugten die Landvogteien uber reprasentative Verwaltungsbauten in denen die Landvogte residierten Es handelte sich dabei stets um angesehene Stadtzurcher Burger und Ratsmitglieder Der erste Landvogt etwa war der Patrizier Bernhard von Cham Der Landvogt hatte neben administrativen und fiskalischen Pflichten weitreichende Herrschafts und Gerichtskompetenzen So ubte er an den Landtagen den politisch gerichtlichen Versammlungen der Bevolkerung die Hohe Gerichtsbarkeit aus Die Einbindung der Bevolkerung uber die Landtage und die der dorflichen Oberschicht entstammenden Untervogte war ein zentrales Herrschaftsinstrument Die Dorf und Kirchgemeinden konnten in vielen Fragen autonom operieren auch wenn ihre Einwohner Untertanen Zurichs waren Obwohl der Landvogt in erster Linie ein Beamter des Zurcher Rats und keineswegs immer von Adel war war seine Herrschaft mit der fur die Barockzeit typischen Lebensweise von Adeligen verbunden Reprasentation Schloss nobler Prunksitz in der Kirche Wadenswil eigener Hofstaat rauschende Feste Die Verwaltung verlief nicht immer reibungslos 1646 lehnt sich die Bevolkerung Wadenswil im so genannten Wadenswiler Handel gegen eine zusatzliche Besteuerung durch Zurich auf Der Rat reagierte auf den passiven und angedrohten aktiven Widerstand mit der Entsendung einer militarischen Schutzstaffel und der Hinrichtung der Radelsfuhrer Das Verhaltnis blieb auch im 18 Jahrhundert gespannt Die Franzosische Revolution ab 1789 und der Stafnerhandel 1795 befeuerten den Willen der Herrschaftsleute zu mehr Freiheitsrechten Am 3 April 1798 kurz nach der franzosischen Invasion in die Eidgenossenschaft ritten zwanzig Wadenswiler unter Fuhrung eines als Wilhelm Tell verkleideten Einwohners zum Schloss und setzten Landvogt David von Orelli ab Neun Tage spater war die Herrschaft Wadenswil Geschichte Das Gebiet wurde in der Helvetischen Republik dem Kanton Zurich zugeschlagen Die Dorfer wurden als politische Gemeinden neu institutionalisiert und mit Burgerrechten ausgestattet Das Gebiet sudlich des Sees um Wadenswil wurde dem Bezirk Horgen das Dorf Uetikon am See dem Bezirk Meilen zugeschlagen 1804 wurde das Schloss durch einen Volksaufstand auf Vorabend des Bockenkriegs zerstort Nachspiel in der Restaurationszeit Zurcher Oberamt 1814 1830 Bearbeiten Wahrend der Restauration also von 1814 bis zum Inkrafttreten der neuen Kantonsverfassung 1830 war Wadenswil erneut Hauptort einer Zurcher Verwaltungseinheit namlich des Oberamtes Wadenswil Dieses umfasste das Gebiet des heutigen Bezirks Horgen Das Schloss dessen Hauptgebaude 1816 im klassizistischen Stil neu erbaut wurde fungierte wiederum als Verwaltungssitz Mit der alten Herrschaft Wadenswil hatte dieses Oberamt ansonsten weder rechtlich noch territorial wesentliche Gemeinsamkeiten 1830 wurde im Rahmen der neuen Bezirksgliederung endgultig Horgen als Hauptort festgelegt Wappen Bearbeiten nbsp Vergoldetes Wadenswiler Dorf und Herrschaftswappen am Turmportal der 1767 vollendeten reformierten KircheDie Freiherren von Wadenswil fuhrten als Familienwappen eine rautenformige Schnalle mit Spiess Die Johanniter und spater die Landvogte ubernahmen dieses heraldische Motiv fur Siegel und Hoheitszeichen In abgewandelter Form bildet die Schnalle heute das Wappen der Stadt Wadenswil Literatur BearbeitenPeter Ziegler Wadenswil Band 1 Von den Anfangen bis zum Ende des 18 Jahrhunderts Wadenswil 1982 Peter Ziegler Wadenswil Band 2 Vom 19 Jahrhundert bis zur Gegenwart Wadenswil 1988 Peter Ziegler 1287 Verkauf der Herrschaft Wadenswil an die Johanniter In Jahrbuch der Stadt Wadenswil 1987 Wadenswil 1987 S 46 52 Peter Ziegler Vor 450 Jahren Zurich kauft die Herrschaft Wadenswil In Jahrbuch der Stadt Wadenswil 1999 Wadenswil 1999 S 104 107 online Peter Ziegler Das Wehrwesen der Herrschaft Wadenswil Ein Beitrag zur Zurcher Militargeschichte Wadenswil 1959 Johann Heinrich Kagi Geschichte der Herrschaft und Gemeinde Wadenswil Wadenswil 1867 Hermann Fietz Die Kunstdenkmaler des Kantons Zurichs Bd 2 Die Kunstdenkmaler der Schweiz Bd 15 Basel 1943 Digitalisat Weblinks BearbeitenPeter Ziegler Wadenswil Herrschaft In Historisches Lexikon der Schweiz Quellen und Darstellungen zu den Villmergerkriegen in der Herrschaft Wadenswil Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Herrschaft Wadenswil amp oldid 220985641