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Unter Gleichgewichtsfiguren genauer hydrostatischen Gleichgewichtsfiguren versteht die Geophysik und Astronomie einen flussig gedachten stabilen physikalischen Aufbau von Himmelskorpern bei denen alle inneren Grenz und Niveauflachen sowie die freie Oberflache im volligen Gleichgewicht aller Krafte sind In der Natur ist dieser Idealzustand jedoch nirgends zu 100 Prozent gegeben Inhaltsverzeichnis 1 Eine idealisierte Erde 2 MacLaurin und Wiechert Modelle 3 Gleichgewichtsfiguren in anderen Fachgebieten 4 Einzelnachweise 5 LiteraturEine idealisierte Erde BearbeitenDer mittlere Meeresspiegel der Erde den man sich als Geoid unter den Kontinenten fortgesetzt denkt und allgemein als Hohenbezug verwendet ware auch bei Einebnung des Gelandes noch keine exakte Gleichgewichtsflache Erst wenn das Wasser vollig unbewegt den ganzen Planeten bedecken wurde und uberall dieselbe Tiefe hatte ware der Meeresspiegel die Oberflache einer hydrostatischen Gleichgewichtsfigur Die Schwerkraft auf einer solchen und auf jeder naturlichen Niveauflache ist zwar nicht uberall gleich wirkt aber immer lotrecht zur Oberflache sodass sich kein Wassertropfen von der Stelle bewegen wurde 1 Allerdings mussten auch alle inneren Niveauflachen und Gesteinsgrenzen einer analogen Bedingung genugen was offensichtlich nicht ganz der Fall ist Die Erdkruste ist nur zu etwa 90 im Gleichgewicht das flussige Erdinnere zu fast 100 Um die Idealform der Erde oder eines Planeten berechnen zu konnen muss das Modell vereinfacht werden zumindest die unregelmassig aufgebaute Kruste ware einzuebnen und alle ihre Gesteinsschichten ebenfalls Zur Berechnung eines Kraftegleichgewichts sind dann fur jede innere Schicht der Erde mindestens 5 Grossen relevant Masse Druck Dichte Gravitation Rotation teilweise auch der Verlauf von Temperatur und Elastizitat wenn in neuesten Modellen die Thermodynamik mitberucksichtigt wird Auch bei vollig regularisierter Erdkruste lt K Ledersteger blieben Restabweichungen im Erdinnern Je homogener aber das Magma des Erdmantels und das Material im Erdkern sind desto genauer kann auf ihre Trennflachen der Dichte und evtl Temperatur geschlossen werden Alle diese Phanomene wirken sich auf die aussere Erdfigur aus und sind damit von fundamentaler Bedeutung auch fur die Geodasie Bei Gleichgewicht stellt ferner das Clairaut Theorem eine einfache Beziehung zwischen Erdabplattung und Schwerefeld her MacLaurin und Wiechert Modelle BearbeitenDas einfachste Modell ist ein vollig homogenes flussiges Ellipsoid das genau die Masse Grosse und Rotation der Erde hat MacLaurin Ellipsoid Die theoretische Losung liegt in einer Bedingungsgleichung dieser drei Grossen die Colin Maclaurin 1742 in Edinburgh publiziert hat A Treatise of Fluxions Allerdings kommt eine Erdabplattung von 1 231 heraus statt tatsachlich f a b a 1 298 25 Aquatorhalbachse a 6378 13 km und Polhalbachse b 6356 74 km Der Erdkern muss also wesentlich dichter sein als der Durchschnitt der gesamten Erde 5 52 g cm Das nachstbessere Modell ist ein Zweischalen Modell mit flussig homogenem Mantel und ebensolchem Kern Seine theoretische Losung ist bereits wesentlich komplizierter in Lit 2 immerhin 10 Seiten weil der Druck im Erdkern auch vom Gewicht des Mantels abhangt Sie stammt von Emil Wiechert Uber die Massenverteilung im Erdinnern Nachr Kgl Ges Wiss Gottingen 1897 weshalb das Modell von den Geowissenschaftern Wiechert Modell genannt wird Die Frage wo die Kern Mantel Grenze anzusetzen ist richtet sich nach dem Ergebnis erst wenn die beiden Dichtewerte plausibel sind und den o a Abplattungswert f plus einen zusatzlichen Formparameter aus der Satellitengeodasie ergeben kann das Modell realistisch sein Von den unendlich vielen Moglichkeiten halt K Ledersteger 1966 Zeitschrift fur Geophysik die Dichtewerte 4 17 und 12 44 g cm sowie eine Kerntiefe von 2900 km fur jene die dem seismisch erforschten Erdaufbau am nachsten kommen Tatsachlich betragt aber die Krustendichte im Mittel 2 7 g cm wahrend die Dichte des Erdmantels nach innen von 3 3 bis uber 5 g cm zunimmt und die des Erdkerns vermutlich 10 bis 14 g cm betragt Daher bietet sich ein drittes Modell an dessen Dichte nach innen linear zunimmt mit einem noch zu bestimmenden Faktor Karl Ledersteger und Laszlo Egyed s Lit 3 nennen diese Modellfolge einparametrige Gleichgewichtsfiguren Das Ideal ware nun die um die Erdkruste entblatterte Erde durch eine Kombination des Wiechert und des einparametrigen Modells anzunahern Die theoretische Losung ist freilich ausserst kompliziert und wird heute umgangen indem numerisch statt analytisch integriert wird Fur eine in passend kleine Korper zerlegte Erde z B durch Homooid Schalen die Gleichgewichts Bedingungen zu formulieren ist allerdings ein eigenes Problem Gleichgewichtsfiguren in anderen Fachgebieten BearbeitenIn der Astrophysik spielen Modelle fur das Innere der Sonne und von Sternen eine zunehmende Rolle Ihre Grundzuge konnen hier aber nicht mehr dargestellt werden weil die herrschenden Temperaturen einige Tausend bis viele Millionen Grad andere physikalische Vorgange in den Vordergrund rucken Ebenso wichtig wie das hydrostatische Gleichgewicht im Innern eines so heissen Gasballs ist namlich die Energiebilanz nur jene Modelle konnen plausibel sein bei denen jede Schicht des Sonneninneren ebenso viel Energie weitergibt wie sie von unten empfangt Im Zentrum erzeugt die Kernfusion von Wasserstoff in Helium eine intensive Gammastrahlung die nach oben in Rontgen und UV Strahlung und erst zuletzt in Licht ubergeht Dazwischen muss eine markante Schicht liegen ab der der Energietransport durch Konvektion erfolgt Erst in den letzten Jahren ist es gelungen solche komplizierten Modelle an Grosscomputern zu simulieren Im Bauwesen kennt man ebenfalls das Problem des Gleichgewichts etwa bei der Formfindung von Flachentragwerken Ein moglicher Modellansatz ist dass sich alle Netzknoten im Kraftegleichgewicht befinden wahrend die Randknoten der Flache im Raum fixiert d h durch aussere Bedingungen vorgegeben sind 2 Einzelnachweise Bearbeiten Ohne Wind und Gezeiten ware dies auch beim tatsachlichen Geoid der Fall obwohl es infolge der Kontinente und Meerestiefen Undulationen bis 100 m hat Gert Eilbracht Workshop Leichte Flachentragwerke Bauen mit Membranen In Rudolfinum 2007 S 75 77 zobodat at PDF abgerufen am 5 Februar 2018 Literatur BearbeitenHeinrich Bruns Die Figur der Erde Berlin 1878 Karl Ledersteger Band V J E K Astronomische und Physikalische Geodasie 871 p Verlag J B Metzler Stuttgart 1969 Laszlo Egyed Physik der festen Erde 370 p Akademiai Kiado Budapest 1969 Kiepenheuer Hanslmeier Einfuhrung in die Sonnenphysik Normdaten Sachbegriff GND 4157516 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gleichgewichtsfigur amp oldid 231374469