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Gladius Dei lateinisch fur Schwert Gottes ist eine Novelle von Thomas Mann aus dem Jahre 1902 Sie nimmt Motive seines Buhnenstucks Fiorenza von 1907 vorweg Munchen leuchtete Odeonsplatz mit Theatinerkirche Schauplatz der Erzahlung Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Interpretation 2 1 Hieronymus 2 2 Bluthenzweig 2 3 Schwertsymbolik 2 4 Kunststadt Munchen 3 Literatur 4 WeblinksInhalt BearbeitenDie Novelle spielt an einem strahlenden Junitag im Munchen der spaten Jugendstilzeit als die Stadt zu den fuhrenden Kunstmetropolen der Welt zahlte Der Himmel ist von blauer Seide die Kunst bluht die Kunst ist an der Herrschaft die Kunst streckt ihr rosenumwundenes Zepter uber die Stadt hin und lachelt kurz Munchen leuchtete Wahrend alle Welt die Atmosphare geniesst schreitet der Jungling Hieronymus finsteren Blickes mit hageren Wangen das Gesicht unter einer Kapuze verhullt durch die Schellingstrasse Nach einem kurzen Gebet in der Ludwigskirche entdeckt er in der Nahe des Odeonsplatzes in einem Schaufenster der Kunsthandlung Bluthenzweig die Reproduktion eines Gemaldes das eine Madonna mit Kind in einer seiner Ansicht nach allzu freizugigen Manier zeigt Ein Weib zum Rasendwerden das zwei Passanten von denen Hieronymus erfahrt dass das Original von der Pinakothek angekauft worden sei der Kunstler hochste Wertschatzung geniesse und sogar zweimal beim Prinzregenten gespeist habe am Dogma der Unbefleckten Empfangnis irre werden lasst Nach zwei Tagen schliesslich an denen Hieronymus vergeblich versucht hat seine emporte Seele abzukuhlen und die Erinnerung an das frivole Bild von der halbnackten Schonen aus seinem Kopf zu verscheuchen glaubt Hieronymus in der dritten Nacht einen Befehl und Ruf aus der Hohe erhalten zu haben der ihn auffordert seine Stimme zu erheben gegen leichtherzige Ruchlosigkeit und frechen Schonheitsdunkel Mit den Worten Gott will es tritt er daher in besagte Kunsthandlung wo er zunachst unter all den versnobten Kunden gar nicht beachtet wird Herr Bluthenzweig indes weist seinen Appell das Bild zu entfernen schroff zuruck und wendet sich ab Hieronymus halt daraufhin eine flammende Rede gegen die ruchlose Unwissenheit und verworfene Heuchelei derartiger Werke gegen den schamlosen Gotzendienst der Kunst und verlangt schliesslich von Bluthenzweig das Gemalde mit einem heissen Feuer zu verbrennen und seine Asche in alle Winde zu streuen Der Kunsthandler lasst Hieronymus daraufhin vom Packer Krauthuber einer schwer pustenden Riesengestalt genahrt mit Malz ein Sohn des Volkes von furchterlicher Rustigkeit aus dem Laden werfen In der schwefelgelben Wolkenwand uber der Theatinerstrasse glaubt Hieronymus ein breites Feuerschwert zu erkennen woraufhin er mit den Worten Gladius Dei super terram cito et velociter entschreitet Interpretation Bearbeiten nbsp Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen beispielsweise Einzelnachweisen ausgestattet Angaben ohne ausreichenden Beleg konnten demnachst entfernt werden Bitte hilf Wikipedia indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfugst Mit seiner Karikatur vom rachenden Schwert Gottes attackiert Thomas Mann auf ironische Weise den sterilen Kunstbetrieb seiner Zeit im Allgemeinen und den florierenden Munchner Renaissancekult im Besonderen Der Begriff Renaissance steht hier fur eine Zeit ohne eigene Kreativitat in der es nur noch moglich ist Vergangenes zu reproduzieren das heisst blosse Imitationen zu schaffen ja einfallsloser noch blosse Fotos von Imitationen also Reproduktionen von Reproduktionen anzufertigen Kunst wird auf Dekor reduziert An die Stelle des ursprunglichen Kunsterlebnisses tritt eine voyeuristische Konsumentenhaltung Nur als Handelsware hat Kunst noch eine Funktion Nicht mehr der Kunstler mit seiner Arbeit sondern der sich als Kunsthandler aufspielende Kaufmann bestimmt ihre Bedeutung Doch auch der Kritiker solch kommerzieller Reproduktivitat gerat zur blossen Reproduktion Als Kopie seines Renaissancevorbilds vgl den folgenden Absatz wird er selbst zum lacherlichen Epigonen und sein flammender Protest zum blossen Abklatsch Hieronymus Bearbeiten nbsp Girolamo Savonarola 1452 1498 Hieronymus tragt erkennbar Zuge des italienischen Busspredigers Girolamo Savonarola So teilt er mit dem Dominikaner nicht nur den Vornamen und die aussere Erscheinung sondern insbesondere dessen energisches Auftreten gegen die Verworfenheit der Welt Auch sonst ist in der Figur ein religioser Fanatismus prasent der an die dunkelsten Perioden des Mittelalters erinnert So betritt er die Kunsthandlung mit den sendungsbewussten Worten Gott will es der Ubersetzung des Deus lo vult des spatlateinischen Wahlspruchs mit dem Papst Urban II 1095 zum ersten Kreuzzug gegen die Unglaubigen aufgerufen hatte Auch der Appell an Bluthenzweig das Gemalde zu verbrennen gemahnt an die Inquisitoren und Scheiterhaufen des Zeitalters Die Beschworung des Gladius Dei des Schwertes Gottes am Ende der Novelle schliesslich kundet von Apokalypse und Weltgericht von der Scheidung der Sunder von den Gerechten Es ist gewiss kein Zufall dass sich in der von Hieronymus besuchten Munchner Ludwigskirche ein Fresko mit ebendieser Thematik befindet Ausserdem war das gleiche Motto die Devise Florenz wahrend der Herrschaft Savonarolas die sogar auf Munzen erscheint Bluthenzweig Bearbeiten Der Kunsthandler Bluthenzweig stellt indes in jeder Hinsicht Hieronymus Antagonisten dar Die Kunstgegenstande in seinem Laden verkorpern statt des Mittelalters die Florentiner Renaissance Hieronymus gluhenden religiosen Fanatismus kontert Bluthenzweig mit volliger kultureller Gleichgultigkeit Dem Verweis auf das eigene Gewissen begegnet er mit der kuhlen Replik dieses sei fur uns eine ganzlich belanglose Einrichtung Aber auch die Kunst selbst hat sich in Bluthenzweigs Weltbild den Interessen des Geschaftes unterzuordnen Kunstwerke werden ausschliesslich nach ihrem Marktwert taxiert und der Kundschaft in den immer gleichen platten Phrasen lieblich voller Reiz die Grazie selbst ausserst hubsch niedlich und bewunderungswurdig angepriesen Die Kaufer selbst werden berochen nach finanzieller Leistungsfahigkeit kategorisiert und entsprechend behandelt Respekt wird allenfalls der Macht also staatlicher Autoritat gezollt nicht aber der Uberzeugung und dem Gewissen eines Nichtkunden Thomas Mann zeichnet hier idealtypisch das Bild eines kapitalistisch orientierten Handlers und gibt ihm uberdies einen klischeehaft judischen Namen der allerdings zugleich eine Anspielung auf die durch ihre Gemaldereproduktionen bekannte Munchner Firma Hanfstaengl sein konnte Schwertsymbolik Bearbeiten Das bereits im Titel Gladius Dei Schwert Gottes erwahnte Schwert bleibt im Verlaufe der Erzahlung standig prasent Bereits zu Beginn taucht es auf bei den jungen Leuten die das Nothung Motiv pfeifen denn Nothung heisst Wotans Schwert in Richard Wagners Ring des Nibelungen das die Gotterdammerung und damit ebenfalls ein Weltgericht ankundigt Aber auch Hieronymus selbst versteht sich als Schwert als Instrument Gottes zur Durchsetzung seines Willens der als Befehl und Ruf aus der Hohe an Hieronymus ergeht Vor allem aber taucht das Schwert Motiv naturlich im theatralischen Finale auf als sich das Gladius Dei wie ein apokalyptisches Feuerzeichen im Schwefellicht uber die frohe Stadt hinreckte Mit dem Schluss der Novelle bezieht sich Thomas Mann noch einmal auf Savonarola Gladius Dei super terram flusterten seine dicken Lippen und in seinem Kapuzenmantel sich hoher emporrichtend mit einem versteckten und krampfigen Schutteln seiner hinabhangenden Faust murmelte er bebend Cito et velociter In der Nacht zum 5 April 1492 hatte Savonarola wahrend eines uber Florenz tobenden heftigen Gewitters angeblich die Vision eines am Himmel stehenden Schwertes die er zum Motiv seiner nachsten Predigt machte Uberliefert sind seine Worte Ecce gladius Domini super terram cito et velociter Sieh da ist das Schwert Gottes uber der Erde rasch und schnell Kunststadt Munchen Bearbeiten Schliesslich kann man in Gladius Dei auch eine heiter ironische Auseinandersetzung Thomas Manns mit seinem langjahrigen Wohnort der bayerischen Landeshauptstadt Munchen sehen die Ende des 19 Jahrhunderts nicht nur zur zweiten Metropole des Reiches sondern auch zur fuhrenden Kunststadt in Deutschland aufgestiegen war Wahrend Mann einerseits die lebensfroh sudlandische Atmosphare schon als Gegenpol zu seiner protestantisch nuchternen Heimatstadt Lubeck schatzte hatte er andererseits gleichwohl Vorbehalte Zum einen schien ihm die Kunstsinnigkeit Munchens bisweilen etwas unecht und aufgesetzt Nicht zufallig ist Kunst in der Novelle grossteils nur als Reproduktion gegenwartig und wird als solche zur blossen Handelsware geschaftstuchtiger Handler wie Bluthenzweig Auch blieb dem Autor nicht verborgen dass weite Kreise der Bevolkerung fur Kunst uberhaupt nicht empfanglich waren sondern stumpf vor sich hinlebten Dieses Munchen wird in der Novelle vom stammigen Packer Krauthuber vertreten dem malzgenahrten Sohn des Volkes Literatur BearbeitenThomas Mann Der Wille zum Gluck und andere Erzahlungen Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt 1991 ISBN 3 596 29439 8 S 192ff Thomas Mann Der Tod in Venedig und andere Erzahlungen Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt 2004 ISBN 3 596 20054 7 S 231ff Fruhwald Wolfgang Der christliche Jungling im Kunstladen Milieu und Stilparodie in Thomas Manns Erzahlung Gladius Dei In Bild und Gedanke Festschrift fur Gerhart Baumann zum 60 Geburtstag Hrsg von Gunter Schnitzler in Verbindung mit Gerhard Neumann und Jurgen Schroder Munchen 1980 S 324 342 Fussel Stephan Thomas Manns Gladius Dei 1902 und die Zensurdebatte der Kaiserzeit In Zwischen den Wissenschaften Beitrage zur deutschen Literaturgeschichte Bernhard Gajek zum 65 Geburtstag Hrsg von Gerhard Hahn und Ernst Weber Regensburg 1994 S 427 436 Barbara Neymeyr Theatralische Inszenierung im Medium der Satire Zur narrativen Dramaturgie in Thomas Manns Erzahlungen Gladius Dei und Beim Propheten In Germanistische Mitteilungen 37 1 2011 Theatralisches Erzahlen um 1900 Narrative Inszenierungsweisen der Jahrhundertwende Hrsg von Achim Kupper S 51 71 Wich Joachim Thomas Manns Gladius Dei als Parodie In Germanisch Romanische Monatsschrift 53 1972 S 389 400 Weblinks BearbeitenGladius Dei im Project Gutenberg APOKALYPSIS MONACI LAETI Wolf Wucherpfennig uber Gladius Dei und Munchen Thomas Mann Figurenlexikon von Eva D Becker im Portal Literaturlexikon onlineWerke von Thomas Mann RomaneBuddenbrooks Konigliche Hoheit Der Zauberberg Joseph und seine Bruder Tetralogie Lotte in Weimar Doktor Faustus Der Erwahlte Bekenntnisse des Hochstaplers Felix KrullErzahlungen NovellenVision Gefallen Der Wille zum Gluck Enttauschung Der Tod Der kleine Herr Friedemann Der Bajazzo Tobias Mindernickel Der Kleiderschrank Geracht Luischen Der Weg zum Friedhof Gladius Dei Tonio Kroger Tristan Die Hungernden Das Wunderkind Ein Gluck Beim Propheten Schwere Stunde Anekdote Das Eisenbahnungluck Wie Jappe und Do 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