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Der Gelbe Ring war im Mittelalter eine fur Juden vorgeschriebene Kennzeichnung Als weitere Bezeichnung je nach Ausfuhrung sind Judenring Judenkreis Gelber Fleck oder Rouelle franzosisch Scheibe ublich Juden mussten seit dem 13 Jahrhundert in vielen Landern und Regionen Europas aussen sichtbar ein Stoffstuck in Kreis Ring oder Rechteck Form meist vorn in Brusthohe auf der Kleidung tragen Darstellung eines Juden und einer Judin aus Worms mit dem gelben Ring Zu finden im Thesaurus Picturarum um 1600 Dies war Teil einer Gesetzgebung der kirchlichen und weltlichen Herrscher die darauf zielte Juden auszugrenzen und zu diskriminieren Der Judenring gilt als Vorlaufer des Judensterns aus der Zeit des Nationalsozialismus Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Zeittafel fur Kleiderordnungen 2 1 Islam 2 2 Christentum 3 Zeit des Nationalsozialismus 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenAhnliche Kleiderordnungen fur religiose Minderheiten waren im Islam seit dem fruhen 8 Jahrhundert fur Dhimmis Schutzbefohlene Untergebene ublich Sie betrafen Juden und Christen Diese Kennzeichnungspflicht begann 717 mit einem Befehl von Kalif Umar II Die Art des Kennzeichens war anfangs nicht festgelegt und variierte 807 befahl Kalif Harun ar Raschid in Persien fur Juden einen gelben fur Christen einen blauen Gurtel In anderen islamischen Landern waren es Halsketten und verschiedenfarbige Schuhe Der alteste Beleg einer besonderen Kleidungsordnung fur Juden in Europa findet sich auf Sizilien Bereits wenige Jahre nach Beginn der muslimischen Eroberung der Mittelmeerinsel im Jahr 827 wurden von den neuen muslimischen Machthabern entsprechende Verordnungen erlassen die sich damals auch gegen die Christen richteten In der abendlandischen Farbsymbolik war die Farbe Gelb im Gegensatz zum sehr ahnlichen Gold uberwiegend negativ besetzt und stand fur Sunden wie Geiz Neid Hochmut Gelbliche Pferde galten Rittern als minderwertig Beim 4 Laterankonzil 1215 unter Papst Innozenz III wurde eine ganze Reihe einschrankender Bestimmungen darunter besondere Symbole zur Kennzeichnung Andersglaubiger Kanon 68 beschlossen Juden und Sarazenen beiderlei Geschlechts in jeder christlichen Provinz und zu allen Zeiten sollen in den Augen der Offentlichkeit durch die Art ihrer Kleidung von anderen Volkern unterschieden sein Damit wurde die verschiedentlich schon bestehende Praxis bestimmte Aussenseiter vor allem Leprakranke durch Kleidungsaccessoires zu kennzeichnen auch offiziell uberall fur nichtchristliche religiose Minderheiten gefordert Der bestehende Usus unterscheidender Kleidung fur soziale Gruppen wurde fur Juden und Moslems zur Vorschrift Wie die geforderten Zeichen auszusehen hatten sollte jeweils regional geregelt werden so dass sich in der Folge sehr unterschiedliche Judenzeichen entwickelten In Deutschland war es zunachst der Judenhut ein konischer oder halbkugeliger Hut mit breiter flacher Krempe und einem Knauf am Scheitel Dies war fur judische Manner schon seit dem 11 und bis ins 15 Jahrhundert eine ubliche Tracht Seit der Mitte des 15 Jahrhunderts setzte sich in Deutschland und im ubrigen Europa meistens ein gelber oder roter Ring oder Fleck durch Die kirchlichen Vorschriften benotigten fur ihre Umsetzung die Unterstutzung durch die jeweiligen weltlichen Machthaber die aber mehrheitlich noch lange versagt blieb So wurden die kirchlichen Forderungen nach Kennzeichnung auf zahlreichen Provinzialsynoden immer wieder erneuert Erst im 15 Jahrhundert als sich die abendlandische Gesellschaft zunehmend als eine in erster Linie christliche Gesellschaft verstand in der Andersglaubige bestenfalls geduldet mehrheitlich aber vertrieben wurden wurden einschlagige Bestimmungen zunehmend von weltlicher Seite erlassen so dass sich die Kennzeichnung der Juden in Europa weitgehend durchsetzte Allerdings war es der judischen Oberschicht durch den Erwerb entsprechender Privilegien weiterhin noch moglich vom Zwang zum Tragen der Judenzeichen befreit zu werden 1551 bekraftigte Konig Ferdinand I das Gebot des Judenrings fur die osterreichischen Erblande 1583 legte die Reichsstadt Speyer genaue Masse dafur fest Auf bildhaften Darstellungen von Juden fruher Skulpturen wie der Judensau und Wandmalereien spater auch Flugschriften und illustrierten Blockbuchern sind vom fruhen 13 bis zum 17 Jahrhundert sowohl der Judenhut wie auch der Judenring erkennbar Schriftliche Dokumente berichten oft uber angebliche Verbrechen von Juden Die Judentracht kommt in vielen Buhnenstucken und Komodien des 16 Jahrhunderts als Verspottung und Wiedererkennungszeichen vor Zeittafel fur Kleiderordnungen BearbeitenIslam Bearbeiten 807 Der abbasidische Kalif Harun ar Raschid befiehlt fur Juden einen gelben Gurtel und fur Christen einen blauen 853 Kalif al Mutawakkil von Persien gibt ein entsprechendes Edikt heraus 887 Juden und Christen werden im muslimisch eroberten Sizilien einer besonderen Kleiderordnung unterworfen 1005 Der Fatimid al Hakim verpflichtet Juden in Agypten und Palastina Glocken an ihren Gurteln und holzerne Goldketten um den Hals zu tragen 1121 Ein Brief aus Bagdad beschreibt die dortige judische Kleiderordnung zwei gelbe Gurtel einen um den Kopf den andern um den Nacken Ferner muss jeder Jude ein Stuck Leder an seinen Nacken hangen auf dem das Wort dhimmi steht Auch um seine Taille muss er einen Gurtel tragen Die Frauen mussen einen roten und einen schwarzen Schuh tragen dazu eine kleine Klingel an ihren Nacken oder Schuhen 1301 In islamischen Landern mussen Juden gelbe Turbane tragen 1315 1326 Emir Ismael Abu I Walid zwingt die Juden von Granada den Gelben Fleck zu tragen Christentum Bearbeiten 12 Jahrhundert Der konische Judenhut wird in Deutschland ublich 1215 Das Vierte Laterankonzil verlangt Unterscheidungskennzeichen fur Juden und Muslime 1219 Papst Honorius III erlasst den Juden von Kastilien eine besondere Kleidungsordnung 1222 Der Erzbischof von Canterbury Stephen Langton ordnet an dass englische Juden ein weisses spater ein gelbes Band zu tragen haben 1228 Konig Jakob I befiehlt den Juden von Aragon den gelben Gurtel zu tragen 1267 Das Provinzialkonzil von Wien fordert dass Juden einen besonders geformten gehornten Hut pileum cornutum zu tragen hatten 1269 Ludwig IX von Frankreich erlasst mit Bezug auf das 4 Laterankonzil eine Kleiderordnung fur Juden seines Landes Judische Manner mussten eine kreisformige Scheibe die Rouelle auf der Brust tragen judische Frauen eine besondere Haube Die Kennzeichnung diente der Umsetzung eines Edikts von 1252 das alle Juden aus Frankreich auswies die sich nicht zu Christen taufen liessen oder sich nicht fur einen bestimmten Betrag davon freikauften Juden die offentlich ohne ihre Kleidungskennzeichen angetroffen wurden mussten ein Bussgeld von zehn Silberstucken zahlen 1274 Eduard I von England verscharft das Dekret Der Gelbe Fleck in Form der Gesetzestafeln des Mose muss von jedem Juden ab dem siebten Lebensjahr uber dem Herzen getragen werden 1279 Im Kirchenkonzil von Buda wird das Tragen des Judenrings vorgeschrieben Infolge des Einspruchs des ungarischen Konigs wird diese Bestimmung jedoch nicht konsequent angewandt 1294 In Erfurt wird der Gelbe Fleck erstmal in Deutschland erwahnt 1321 Heinrich II von Kastilien zwingt Juden zum Tragen des Gelben Flecks 1415 Der Gegenpapst Benedikt XIII verhangt die Bulle von Avignon Juden mussen einen gelben oder roten Fleck tragen die Manner auf ihrer Brust die Frauen auf dem Schleier 1434 Kaiser Sigismund fuhrt auf Wunsch der Stadt und nach entsprechenden Forderungen des Basler Konzils vom selben Jahr den Gelben Fleck in Augsburg wieder ein 1528 Der Senat von Venedig erlaubt dem beruhmten Arzt Jakob Mantino ben Samuel fur zwei Monate den regularen Doktorhut statt des gelben Judenhuts zu tragen Spater wurde die Frist auf Empfehlung des englischen und franzosischen Botschafters sowie des papstlichen Legaten und anderer prominenter Patienten des Arztes verlangert 1555 Papst Paul IV verfugt dass im Kirchenstaat ansassige Juden blaue Hute tragen mussen 1566 Papst Pius V bestatigt die Kennzeichnungspflicht fur Juden durch ein gelbes Zeichen an der Aussenkleidung Konig Sigismund II August unterzeichnet ein Gesetz das den Juden Litauens gelbe Hute und Kopfbedeckungen auferlegt Zwanzig Jahre spater wurde das Gesetz aufgehoben 1775 Papst Pius VI ordnet im Edikt fur die Juden Paragrafen 17 und 18 mit Bezug auf den Papsterlass von 1566 eine besondere und detaillierte Kleiderordnung fur Juden des Kirchenstaates an Das Edikt wurde 1797 als Folge der Franzosischen Revolution aufgehoben Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten nbsp Der sogenannte Judenstern Hauptartikel Judenstern Schon die NS Propaganda wahrend der Weimarer Republik etwa das Hetzblatt Der Sturmer griff auf Stereotypen des christlichen Antijudaismus zuruck um Juden auch ausserlich als abstossende fremde Rasse darzustellen Angesichts der Judenverfolgung seit 1933 gab Lion Feuchtwanger 1936 eine Sammlung von Zeitungsberichten uber Gewalttaten an Juden unter dem Titel Der Gelbe Fleck heraus 1 nbsp Menschen mit Fleck statt Stern im besetzten Ciechanow Aufnahme der Propagandakompanie 1941Im Zweiten Weltkrieg fuhrten NS Behorden einen Kennzeichnungszwang fur Juden in den besetzten Gebieten ein Zunachst wurden Vorschriften nach dem Uberfall auf Polen in besetzten Gebieten Polens seit Beginn des Russlandfeldzugs in eroberten Gebieten der Sowjetunion und ab 1 September 1941 im Deutschen Reich selbst erlassen Diese Erlasse bildeten nur den Abschluss zahlreicher Ausgrenzungs und Verfolgungsmassnahmen gegen Juden und den Auftakt ihrer Deportationen in osteuropaische Ghettos und Vernichtungslager In den meisten vom Deutschen Reich eroberten Landern mussten Juden bei Androhung der Todesstrafe solche Erkennungszeichen tragen Im Generalgouvernement bestanden diese aus einem weissen Armband oder runden Stoffstuck mit blau konturiertem Davidstern in weiteren deutsch besetzten Gebieten und im Altreich aus dem gelben Judenstern aus zwei uberlappenden Dreiecken auf schwarzem Grund Dies war sichtbarer Ausdruck des menschenverachtenden Antisemitismus und Rassismus der NS Ideologie die die Endlosung der Judenfrage vorbereitete Siehe auch BearbeitenGeschichte des Antisemitismus bis 1945 Kleidung im MittelalterLiteratur BearbeitenWolfgang Osiander Gelber Fleck gelber Ring gelber Stern Kleidungsvorschriften und Kennzeichen fur Juden vom Mittelalter bis zum Nationalsozialismus In Geschichte lernen ISSN 0933 3096 Heft 80 2001 S 26 f Jens J Scheiner Vom Gelben Flicken zum Judenstern Genese und Applikation von Judenabzeichen im Islam und christlichen Europa 841 1941 Peter Lang Frankfurt am Main 2004 ISBN 3 631 52553 2 Davide Abulafia La comunita di Sicilia dagli arabi all espulsione 1493 in Storia d Italia Gli Ebrei in Italia ed by C VIVANTI Torino 1996 Annali 11 Einaudi Torino 1997 ISBN 978 88 06 13036 7 S 45 62 Weblinks BearbeitenJudisches Museum Judenzeichen Einzelnachweise Bearbeiten Dokument des DHM Berlin Der Gelbe Fleck Die Ausrottung von 500 000 deutschen Juden Mit einem Vorwort von Lion Feuchtwanger Editions du Carrefour Paris 1936 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gelber Ring amp oldid 234837958