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Fruitafossor ist eine ausgestorbene Gattung fruher Saugetiere aus dem Mesozoikum Sie ist bisher nur anhand eines Skelettes aus der Morrison Formation im US Bundesstaat Colorado belegt das in das Oberjura vor rund 150 Millionen Jahren datiert Es handelte sich um einen sehr kleinen Vertreter der Saugetiere der anhand des Baus der Gliedmassen vermutlich eine grabende Lebensweise pflegte Bemerkenswert sind einzelne anatomische Merkmale im Bereich der Wirbelsaule und des Gebisses die bestimmte Entwicklungen bei den heutigen Nebengelenktieren vorwegnehmen ohne dass Fruitafossor mit diesen naher verwandt ist Die naheren systematischen Beziehungen sind aufgrund der Eigentumlichkeiten im Skelettbau nicht genauer bekannt Die Gattung wurde im Jahr 2005 wissenschaftlich eingefuhrt Ihre Entdeckung und Beschreibung erweitert die Kenntnis daruber dass bereits die mesozoischen Saugetiere an zahlreiche unterschiedliche Lebensgewohnheiten angepasst waren FruitafossorFruitafossorZeitliches AuftretenKimmeridgium Jura 150 bis 148 Mio JahreFundorteMorrison Formation USASystematikLandwirbeltiere Tetrapoda Amnioten Amniota Synapsiden Synapsida Saugetiere Mammalia incertae sedisFruitafossorWissenschaftlicher NameFruitafossorLuo amp Wible 2005 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Fundstelle 3 Palaobiologie 4 Systematik 5 EinzelnachweiseMerkmale BearbeitenFruitafossor war ein kleiner Vertreter der ursprunglichen Saugetiere Es liegt bisher nur ein Teilskelett vor das aus dem Unterkiefer nebst einiger Schadelknochen und Teilen des Korperskelettes besteht Das Gewicht des ausgewachsenen Tieres wird mit nur rund 6 g veranschlagt basierend auf dem nahezu vollstandigen Unterkiefer Dieser war insgesamt 12 5 mm lang 1 und hatte an der Unterkante einen konvexen Verlauf der Unterkieferkorper ging dadurch kontinuierlich in den Gelenkast uber was an die ebenfalls urtumlichen Eutriconodonta erinnert Abweichend von diesen war ein kleiner Winkelfortsatz am hinteren Ende ausgebildet Die hintere Offnung des Mandibularkanals auf der Innenseite nahe dem Gelenkfortsatz bildete gleichzeitig das Foramen mandibulae und befand sich in der sehr breiten Meckelschen Furche eine Merkmalskombination die bei anderen mesozoischen Saugetieren nicht ausgebildet ist Die Meckelsche Furche enthielt den Meckelschen Knorpel aus dem sich bei den Hoheren Saugetieren die Gehorknochelchen des Mittelohrs gebildet haben 2 Die auffalligsten Eigenschaften von Fruitafossor finden sich im Gebiss und Zahnaufbau Die obere Gebissreihe ist im Gegensatz zur unteren nicht vollstandig uberliefert die Zahnformel lautet 1 3 3 3 1 3 3 displaystyle frac 1 3 3 3 1 3 3 nbsp Die einzelnen Zahne hatten eine nagel bis rohrenformige Gestalt mit hohen Zahnkronen Sie besassen fast alle nur singulare Wurzeln die bei den Molaren offen waren Bemerkenswert war auch das Fehlen des Zahnschmelzes Prinzipiell ahnelten die Zahne denen der heutigen Gurteltiere zeigten aber auch gewisse Ubereinstimmungen mit denen des Erdferkels Die offenen Wurzeln bewirkten dass permanent Zahnmaterial nachgebildet werden konnte und die Zahne so ein Leben lang wuchsen Derartige Zahne sind heute bei nagenden Tieren oder solchen mit harten Nahrungsbestandteilen ausgebildet etwa Grasern wodurch sie einem hohen Abrieb ausgesetzt sind Insgesamt stellen die Zahne somit eine extreme Spezialisierung fur ein fruhes Saugetier dar Die Zahne waren insgesamt relativ klein nahmen aber kontinuierlich bis zum letzten Pramolaren zu der gleichzeitig den grossten Zahn reprasentierte 3 Das Korperskelett ist zu etwa 40 uberliefert Es zeigt einige altertumliche Merkmale verfugt aber auch uber spezielle Anpassungen An vier der funf Lendenwirbel kamen an den Querfortsatzen zusatzliche Gelenkflachen Xenarthrale oder Nebengelenke zur starkeren Verschrankung der Wirbelsaule vor was heute hauptsachlich von den Nebengelenktieren Sudamerikas bekannt ist Daruber hinaus waren Ansatzstellen fur Lumbarrippen ausgebildet wie sie bei den heutigen Kloakentieren noch bestehen Auch das Schulterblatt ahnelte dem der Kloakentiere und besass eine sattelformige Gelenkgrube die aus dem Schulterblatt selbst und dem Rabenbein gebildet wurde Der Oberarmknochen war extrem massiv ein kugelformiger Kopf wie er typisch fur die Hoheren Saugetiere ist fehlte der Schaft zeigte eine deutliche Drehung Ihn kennzeichnete zudem eine hypertrophierte Leiste als Ansatzstelle der Schultermuskulatur deltopectorale Leiste Das Ellenbogengelenk war seitlich stark ausladend und nahm rund 65 der gesamten Humeruslange ein was deutlich mehr ist als bei allen heutigen Saugetieren Ein ursprungliches Merkmal stellte ebenfalls die Trennung der Gelenkflachen fur die Elle und die Speiche dar Die Elle verfugte uber einen ausgedehnten oberen Gelenkfortsatz Olecranon der 66 der gesamten Knochenlange entsprach Die Hand liegt vollstandig vor und bestand aus vier Strahlen I bis IV Alle Handwurzelknochen zeigten deutliche Langsstauchungen ebenso die Mittelhandknochen und Fingerglieder vom zweiten bis vierten Strahl wobei die jeweils ersten Fingerglieder der beiden Mittelstrahlen II und III am kurzesten waren Im Gegensatz zu diesen eher blockartigen Knochen wirkten die des ersten Strahls langgliedrig und grazil Die Endglieder der Finger wiesen an jedem Strahl die grosste Lange auf sie endeten schmal und spitz besassen aber keine speziellen Einkerbungen 3 Fundstelle BearbeitenFruitafossor ist bisher nur mit einem einzigen Teilskelett aus der Fruita Palaeontological Area der Morrison Formation belegt einer lithostratigraphische Einheit des Oberjura im zentralen Bereich der USA Die Morrison Formation erstreckt sich in einem breiten Band von Montana bis ins sudliche Arizona und New Mexico und bedeckt eine Flache von rund 1 56 Millionen Quadratkilometern 4 Sie besteht aus uberwiegend terrestrischen Ablagerungen die Kalk Ton Schluff und Sandsteine sowie Konglomerate einschliessen zwischen denen einzelne vulkanische Schichten eingebettet sind Die besten Aufschlussbedingungen finden sich im Bereich des Colorado Plateaus wo mehrere Schichtglieder auseinandergehalten werden konnen Das reichhaltige Fossilmaterial setzt sich aus Wirbellosen und Wirbeltieren zusammen bei letzteren sind vor allem die Dinosaurier und die fruhen Saugetiere von Bedeutung Das palaontologische Material lasst in Verbindung mit den geologischen Ablagerungen eine offene Savannenlandschaft durchsetzt mit Auwaldern Seen und Feuchtgebieten annehmen 5 Die Fruita Palaeontological Area liegt etwa 1 bis 2 km sudwestlich von Fruita entlang des Colorado im US Bundesstaat Colorado Hier erreicht die Morrison Formation eine Machtigkeit von rund 180 m und besteht aus drei Schichtgliedern von denen das Brushy Basin Member das jungste und bedeutendste ist da von hier ein grosserer Teil der Funde stammt Es setzt sich uberwiegend aus graugrunlichen Ton Schluffsteinen zusammen Radiometrische Altersmessungen aus den zwischengeschalteten Aschelagen ergaben Werte von 148 1 bis 150 3 Millionen Jahren und stellen das Schichtglied somit in das Kimmeridgium 6 Bekannt ist die Fruita Palaeontological Area seit 1891 durch einige Fossilreste sie entwickelte sich in der Folgezeit zu einer der bedeutendsten Fundregionen der Morrison Formation Ihre Bedeutung liegt in der hohen Vielfaltigkeit an Fundmaterial auf einer Flache von nur einem 1 km das unter anderem neben knochernen Resten auch Spurenfossilien Koprolithen und uberliefertes Weichteilgewebe einschliesst Hervorzuheben sind unter anderem Reste von Schuppenechsen wie Eilenodon oder von Dinosauriern wie Ceratosaurus und Fruitadens 7 Die ersten Hinweise auf fruhe Saugetiere fanden sich bereits Ende der 1970er Jahre bis heute sind fast ein Dutzend Arten uberliefert die unter anderem zu Priacodon aus der Gruppe der Eutriconodonta oder Glirodon aus der Gruppe der Multituberculata gehoren Daruber hinaus kommen Vertreter der Symmetrodonta und Dryolestida vor wobei letztere die haufigsten Saugetiere der Fruita Palaeontological Area darstellen 8 9 Palaobiologie BearbeitenVon allen bekannten Saugetieren der Morrison Formation ist Fruitafossor der bisher kleinste Vertreter der ein Korpergewicht vergleichbar mit den heutigen Schmalfuss Beutelmausen besitzt 1 Im gesamten Korperbau ahnelt Fruitafossor den rezenten Ameisenigeln die teils unterirdisch leben Fur eine derartige grabende Lebensweise bei Fruitafossor spricht der Bau der Vorderbeine etwa der Oberarmknochen mit einer massiven deltopectoralen Leiste dem ausladenden Ellenbogengelenk und dem deutlich verlangerten Olecranon was auf eine hervorragende Schulter und Armmuskulatur hinweist wobei vor allem das Olecranon fur einen sehr kraftigen Trizeps spricht Auch die breite und kraftige Ausbildung der Handknochen lasst auf grabende Tatigkeiten schliessen im Unterschied zu zahlreichen heutigen grabenden Saugetieren sind die Endglieder der Finger aber nicht gespalten Als bemerkenswert konnen zwei Merkmalskomplexe hervorgehoben werden die einige extreme Spezialisierungen bei den Nebengelenktieren vorwegnehmen Dazu gehoren zum einen die an den Lendenwirbeln ausgebildeten Nebengelenke welche die Wirbelsaule starker stabilisieren Diese zusatzlichen Gelenkverbindungen helfen zum Beispiel den Gurteltieren und den Ameisenbaren die teilweise ebenfalls eine grabende Lebensweise verfolgen oder harte Termitenbaue aufbrechen die dabei auftretenden starkeren Drehbewegungen der Wirbelsaule abzufedern Die andere Spezialisierung findet sich im Gebiss mit seinen homodonten Zahnen denen der Zahnschmelz fehlt und deren Wurzeln offen sind Ein vergleichbares Gebiss haben die Gurteltiere und im gewissen Masse auch das Erdferkel die sich uberwiegend von staatenbildenden Insekten ernahren Moglicherweise bestand die Hauptnahrung bei Fruitafossor deshalb ebenfalls aus Insekten 3 10 Systematik BearbeitenSystematische Stellung von Fruitafossor innerhalb der Saugetiere nach Luo et al 2005 3 Mammalia Australosphenida Ausktribosphenidae Monotremata Fruitafossor Theriimorpha Multituberculata Eutriconodonta Trechnotheria Symmetrodonta Theria Eutheria MetatheriaVorlage Klade Wartung 3Vorlage Klade Wartung StyleFruitafossor ist eine Gattung aus der Klasse der Saugetiere mit nicht genau bekanntem Verwandtschaftsverhaltnis Die Schwierigkeiten der Einordnung und Bestimmung der systematischen Stellung beruhen vor allem in der abweichenden Gestaltung der Zahne welche in der Regel als Hauptmerkmal zur Klassifizierung der Saugetiere herangezogen werden Im Skelettbau weist Fruitafossor eine Mischung aus ursprunglichen plesiomorphen und abgeleiteten autapomorphen Charakteristiken auf Die Gestaltung des Unterkiefers mit der ausgepragten Meckelschen Furche und dem dadurch ausgebildeten Meckelschen Knorpel spricht dafur dass das Mittelohr noch nicht vollstandig ausgebildet war sondern noch mit dem Unterkiefer in Verbindung stand Dadurch muss Fruitafossor in eine sehr fruhe Radiation der Saugetiere gestellt werden da die Trennung des Mittelohrs vom Unterkiefer ein typisches Kennzeichen der Kronengruppe der entwickelten Saugetiere Beutelsauger und Hohere Saugetiere darstellt 2 Der nach unten gewolbte Verlauf des unteren Unterkieferrandes mit seinem nahtlosen Ubergang in den Gelenkansatz erinnert an die Eutriconodonta einer fruhen Saugetiergruppe des Mesozoikums in der Entwicklungslinie zu den modernen Vertretern der Kronengruppe Von den meisten anderen mesozoischen Saugetieren und deren unmittelbaren Vorgangern Mammaliaformes weicht Fruitafossor durch das Vorhandensein eines kleinen Kronenfortsatzes am Unterkiefer ab Im Schultergurtel und vor allem im Bereich des Schulterblattes mit dem ausgebildeten Rabenbein zeigen sich wiederum Ahnlichkeiten zu den Kloakentieren und damit deutliche Unterschiede zu den stammesgeschichtlich jungeren Saugetierformen Dem gegenuber bilden die einwurzeligen Molaren das ausgepragte Vordergebiss und die Gestaltung der Hand mit dem sehr schlanken ersten Finger auffallige Abweichungen zu den Kloakentieren wahrend die extrem kurzen und breiten Mittelhandknochen und Fingerglieder keine Entsprechungen bei den Eutriconodonta und Multituberculata haben Aufgrund der auffalligen Merkmalskombinationen kann Fruitafossor derzeit keiner der bisher bekannten Ordnungen und Familien der Saugetiere zugewiesen werden 3 Die Gattung Fruitafossor wurde im Jahr 2005 von Zhe Xi Luo und John R Wible wissenschaftlich erstbeschrieben Grundlage bildete das bisher einzige bekannte Skelett aus der Fruita Palaeontological Area im US Bundesstaat Colorado das als Holotyp mit der Exemplarnummer LACM 150948 verzeichnet ist und in Los Angeles aufbewahrt wird Der Name Fruitafossor bezieht sich einerseits auf die Fundregion andererseits auf die grabende Lebensweise der Tiere wie sie anhand der Skelettmerkmale rekonstruiert werden konnte lateinisch fossor fur Graber Die einzige benannte Art bildet Fruitafossor windscheffeli Das Artepitheton windscheffeli bezieht sich auf Wally Windscheffel welcher das Fossil aufgefunden hatte 3 Die Entdeckung von Fruitafossor zeigt auf dass bereits die fruhen Saugetiere und saugetierahnlichen Formen des Mesozoikums eine hohe Anpassung an unterschiedliche Biotope besassen da unter anderem etwa zeitgleich mit Castorocauda auch ein biberahnliches Tier mit Spezialisierung auf ein Leben im Wasser oder mit Haldanodon eine den Desmanen vergleichbare Form bekannt sind 10 Einzelnachweise Bearbeiten a b John R Foster Preliminary body mass estimates for mammalian genera of the Morrison Formation Upper Jurassic North America PaleoBios 28 3 2009 S 114 122 a b Zhe Xi Luo Developmental patterns in Mesozoic evolution of mammal ears Annual Review of Ecology Evolution and Systematics 42 2011 S 355 380 a b c d e f Zhe Xi Luo und John R Wible A Late Jurassic Digging Mammal and Early Mammalian Diversification Science 308 2005 S 103 107 Debra S Jennings David M Lovelace und Steven G Driese Differentiating paleowetland subenvironments using a multi disciplinary approach An example from the Morrison formation South Central Wyoming USA Sedimentary Geology 238 2011 S 23 47 Christine E Turner und Fred Peterson Reconstruction of the Upper Jurassic Morrison Formation extinct ecosystem a synthesis Sedimentary Geology 167 2004 S 309 355 Bart J Kowallis Eric H Christiansen Alan I Deino Fred Peterson Christine F Turner Michael J Kunk und John D Obradovich The age of the Morrison Formation Modern Geology 22 1998 S 235 260 Richard J Butler Peter M Galton Laura B Porro Luis M Chiappe Donald M Henderson und Gregory M Erickson Lower limits of ornithischian dinosaur body size inferred from a new Upper Jurassic heterodontosaurid from North America Proceedkings of the Royal Society B 277 2010 S 375 381 T E Rasmussen und George Callison A new species of triconodont mammal from the Upper Jurassic of Colorado Journal of Paleontology 55 3 1981 S 628 634 James I Kirkland Fruita Paleontological Area Upper Jurassic Morrison Formation Western Colorado an example of terrestrial taphofacies analysis New Mexico Museum of Natural History and Science Bulletin 36 2006 S 67 96 a b Thomas Martin Early Mammalian Evolutionary Experiments Science 311 2006 S 1109 1110 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fruitafossor amp oldid 228718982