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Ferdinand Joseph Meinolph Anton Maria Freiherr von Luninck 3 August 1888 in Ostwig 14 November 1944 in Berlin Plotzensee war ein deutscher Offizier und Politiker zunachst DNVP ab 1933 NSDAP Er war von 1933 bis 1938 Oberprasident der Provinz Westfalen und als solcher Teil der NS Herrschaft Nach dem 20 Juli 1944 wurde er verhaftet und vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt Ferdinand Freiherr von Luninck vor dem Volksgerichtshof 1944 Inhaltsverzeichnis 1 Familie Ausbildung und Erster Weltkrieg 2 Der Weg nach rechts wahrend der Weimarer Republik 3 1933 bis 1938 Oberprasident der Provinz Westfalen 4 Militardienst und Beteiligung am Widerstand 5 Ehrungen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseFamilie Ausbildung und Erster Weltkrieg BearbeitenFerdinand von Luninck entstammte dem alten niederrheinischen Adelsgeschlecht von Luninck und war das alteste von acht Kindern von Carl Freiherr von Luninck Sein Bruder Hermann Freiherr von Luninck wurde spater Oberprasident der Rheinprovinz Die Mutter Anna stammte aus der Familie der Zentrumspolitiker von Mallinckrodt Zunachst wurde Ferdinand von einem Hauslehrer unterrichtet spater wechselte er der Familientradition gemass auf das Internat Stella Matutina in Feldkirch in Vorarlberg und schloss die Schulausbildung am Gymnasium Petrinum Brilon 1906 ab Ferdinand von Luninck studierte Jura in Munster Gottingen und Munchen Bereits 1909 legte er sein Referendarsexamen ab Den freiwilligen Militardienst leistete er beim Garde Schutzen Bataillon in Berlin Lichterfelde ab Anschliessend war er als Referendar in Dusseldorf und im Landratsamt Erkelenz tatig Bereits zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Luninck Soldat und Kompaniefuhrer im Garde Schutzen Bataillon zuletzt war er Leutnant der Reserve Erst im Jahr 1917 konnte er sein Assessorexamen ablegen Kurz vor der Revolution von 1918 heiratete er Auguste Freiin von Gaugreben Schonau Der Weg nach rechts wahrend der Weimarer Republik Bearbeiten nbsp Wohnhaus von Lunincks wahrend seiner Zeit in Neuss 1918 1922Nach dem Ersten Weltkrieg machte er Karriere im Staatsdienst Ohne Rucksprache mit der Revolutionsregierung wurde er noch 1918 vom Regierungsprasidenten in Dusseldorf zunachst kommissarisch zum Landrat in Neuss ernannt In diesem Amt kam es immer wieder zu Konflikten mit den belgischen Besatzungsbehorden die 1920 zu einer Verurteilung zu acht Wochen Haft durch ein belgisches Gericht fuhrten Bereits durch seine Herkunft konservativ gepragt fuhrten diese Reibereien zu einer Radikalisierung seiner Ansichten Luninck lehnte Republik und Demokratie strikt ab blieb Monarchist und naherte sich immer starker den Deutschnationalen an ohne zunachst dieser Partei beizutreten Am 30 September 1922 schied er freiwillig aus dem Staatsdienst aus da die neue republikanische Ordnung nicht seinen politischen Vorstellungen entsprach 1 Nicht nur wegen der Konflikte mit den belgischen Behorden sondern auch zur Ubernahme seines Erbes kehrte er nach Ostwig zuruck 1923 ubernahm er die Leitung des Westfalenbundes eines aus der Organisation Escherich hervorgegangenen Vaterlandischen Verbandes den er 1924 in den Stahlhelm uberfuhrte Das politische Denken der Fuhrung des Westfalenbundes wurde von den Ideen der Jungkonservativen um Arthur Moeller van den Bruck im Berliner Juniklub und dem dazugehorigen Politischen Kolleg unter Leitung von Martin Spahn beeinflusst Vor allem die mit dem Gedanken an einen Standestaat verknupfte Idee einer Volksgemeinschaft die in programmatischen Aussagen des Westfalenbundes immer wiederkehrt durfte auf den Einfluss der Jungkonservativen zuruckzufuhren sein Bis 1928 teilte sich Luninck den Vorsitz des Stahlhelm Landesverbands Westfalen mit dem Generalmajor a D Eduard Kreuter Von der gerade im Sauerland eher vom Arbeiterflugel gepragten Zentrumspartei fuhlte er sich politisch nicht vertreten und war zunachst als Parteiloser in der konservativen Bauernbewegung aktiv Bereits 1925 gehorte er zu den Grundern der Landeskulturgesellschaft Sauerland und ubernahm deren Vorsitz Dieser wurde zur wichtigsten landwirtschaftlichen Interessenorganisation in zehn sudwestfalischen Kreisen Im Jahr 1929 wurde er Vizeprasident des westfalischen Bauernverbandes und 1931 zum Prasidenten der Landwirtschaftskammer in Munster Zu dieser Zeit war Luninck langst Mitglied der DNVP und sprach sich 1929 dezidiert fur das von den monarchistischen Rechten und der NSDAP initiierte Volksbegehren gegen den Young Plan aus Auch in seiner Zeit als Prasident der Landwirtschaftskammer trat er offen und vehement gegen Demokratie und Republik auf 1933 bis 1938 Oberprasident der Provinz Westfalen Bearbeiten nbsp Strassenschild Ferdinand von Luninck Strasse in Bestwig OstwigAls scharfer Gegner der Demokratie und des Parlamentarismus begrusste Luninck die Machtubernahme der Nationalsozialisten 2 Seine politische Haltung empfahl Luninck nach dem 30 Januar 1933 den neuen nationalsozialistischen Machthabern Nicht zuletzt der Fursprache Franz von Papens der ebenfalls aus Westfalen stammte bei Adolf Hitler verdankte er seine Ernennung zum Oberprasidenten von Westfalen Er war damit oberster Reprasentant des Staates in Westfalen Als Folge dieses Amtes wurde er 1934 u a ordentliches Mitglied der Historischen Kommission fur Westfalen Sein Bruder Hermann ubernahm den Posten des Oberprasidenten in der Rheinprovinz Die Nationalsozialisten erhofften sich von diesen Personalien einen hoheren Grad der Anerkennung bei den fur sie bis 1933 kaum erreichbaren Katholiken in den beiden westlichen Provinzen In seinen Ausserungen sprach sich Luninck deutlich fur das Regime aus So verteidigte er in seiner ersten Rede als Oberprasident die so genannte Gleichschaltung 3 In einer Rede vom 12 Juli 1933 pries er Hitler als von der gottlichen Vorsehung gesandt 4 Als hohes staatliches Exekutivorgan wirkte er mit an der Verfolgung und Entrechtlichung ganzer Volksgruppen Wahrend es auch in Westfalen zahlreiche Ausschreitungen gegen Juden gab sind bremsende Initiativen Lunincks nicht ersichtlich 5 1938 wurde von Luninck auf Betreiben Gorings durch Gauleiter Alfred Meyer ersetzt der damit wie in den ubrigen Provinzen bereits seit langerem ublich beide Amter in Personalunion ausubte Da sich fur Historiker aus den Akten keine offenen Konflikte zwischen Luninck und der Partei finden lassen ist davon auszugehen dass ein Mann wie Luninck fur die Partei einfach nicht mehr in die politische Landschaft passte 6 Militardienst und Beteiligung am Widerstand BearbeitenMit Kriegsausbruch trat von Luninck wieder in den Militardienst ein und wurde 1939 zunachst Bataillonskommandeur in Soest und spater im 9 Grenadier Ersatzbataillon in Potsdam Ende 1943 schlug ihm Carl Friedrich Goerdeler vor nach einem geplanten Staatsstreich ein Amt als Politischer Beauftragter fur Westpreussen zu ubernehmen und setzte ihn mit seinem Einverstandnis auf eine Liste der vorgesehenen Politischen Beauftragten und Verbindungsoffiziere Diese Liste fand die Gestapo nach dem gescheiterten Attentat vom 20 Juli 1944 in den Aufzeichnungen Goerdelers Daraufhin wurde von Luninck auf seinem Gut Haus Ostwig bei Bestwig verhaftet Am 13 November wurde er vom Volksgerichtshof unter Vorsitz von Roland Freisler zum Tode verurteilt und einen Tag spater in Plotzensee erhangt Im Gestapo Verhor nach seiner Verhaftung erklarte von Luninck durch die Behandlung der Kirchen und des Christentums im nationalsozialistischen Staat sei in den Wein der ersten Begeisterung manches Wasser geflossen 7 Da er sich im Ubrigen weder zu seinen gesellschaftspolitischen Vorstellungen fur die Zeit nach dem Umsturz geaussert noch Angaben dazu gemacht hat wann er erstmals Kontakte zum Widerstand hatte ist vieles unklar Als gesichert darf gelten dass von Luninck dem so genannten nationalkonservativen Widerstand zuzurechnen ist Dieser billigte die NS Innen und Aussenpolitik bis zu einem gewissen Masse lehnte aber insbesondere die nach Kriegsbeginn dabei angewandten Methoden ab Den Kontakt zu Goerdeler hatte hochstwahrscheinlich der Widerstandskampfer Fritz Dietlof von der Schulenburg hergestellt welcher Offizier im ebenfalls in Potsdam stationierten 9 Infanterie Ersatzbataillon war und enge Kontakte zu Goerdeler pflegte Nach Ekkehard Klausa 8 soll von der Schulenburg von Luninck bereits im Sommer 1942 und damit vor der Niederlage von Stalingrad fur den Widerstand angeworben haben Der Schulenburg Biograph Ulrich Heinemann betont demgegenuber dass solche Rekrutierungsversuche erst ab 1943 stattfanden 9 Ehrungen BearbeitenDie katholische Kirche hat Ferdinand Freiherr von Luninck als Glaubenszeugen in das deutsche Martyrologium des 20 Jahrhunderts aufgenommen Literatur BearbeitenEkkehard Klausa Vom Bundnispartner zum Hochverrater Der Weg des konservativen Widerstandskampfers Ferdinand von Luninck In Westfalische Forschungen 43 1993 S 530 571 Gerd Kruger Von den Einwohnerwehren zum Stahlhelm Der nationale Kampfverband Westfalenbund e V 1921 1924 In Westfalische Zeitschrift 147 1997 S 405 432 Peter Mohring Ferdinand Freiherr von Luninck In Friedrich Gerhard Hohmann Hrsg Westfalische Lebensbilder Band 17 Munster 2005 S 60 102 Helmut Moll Hrsg im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz Zeugen fur Christus Das deutsche Martyrologium des 20 Jahrhunderts Paderborn u a 1999 7 uberarbeitete und aktualisierte Auflage 2019 ISBN 978 3 506 78012 6 601 604 Ines Reich Potsdam und der 20 Juli 1944 Auf den Spuren des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus Begleitschrift zur Ausstellung des Militargeschichtlichen Forschungsamtes und des Potsdam Museums Rombach Freiburg im Breisgau 1994 ISBN 3 7930 0697 2 S 82 f Patrick Ernst Sensburg Die grossen Juristen des Sauerlandes 22 Biographien herausragender Rechtsgelehrter F W Becker Arnsberg 2002 ISBN 978 3 930264 45 2 Karl Teppe Die Oberprasidenten der Provinz Westfalen 1919 bis 1945 Eine sozialhistorische Studie In Mentalitaten und Lebensverhaltnisse Beispiele aus der Sozialgeschichte der Neuzeit Rudolf Vierhaus zum 60 Geburtstag Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1982 S 261 274 Karl Teppe Provinz Partei Staat Zur provinziellen Selbstverwaltung im Dritten Reich untersucht am Beispiel Westfalen Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Westfalen Band 38 Munster 1977 Karl Teppe Ferdinand von Luninck 1888 1944 In Jurgen Aretz Rudolf Morsey Anton Rauscher Hrsg Zeitgeschichte in Lebensbildern Aus dem deutschen Katholizismus des 19 und 20 Jahrhunderts Band 8 Matthias Grunewald Verlag Mainz 1997 ISBN 3 7867 2015 0 S 41 56 Digitalisat Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Ferdinand Freiherr von Luninck Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Ferdinand Freiherr von Luninck Biographische Angaben auf den Seiten der Historischen Kommission fur Westfalen Kurzbiografie der Gedenkstatte Deutscher Widerstand Lunincks Wirken in der Landwirtschaftskammer PDF 401 kB Susanne Ilse Der hochste Einsatz Ein freier exemplarischer Suhneopfertod PDF 7 6 MB Zeitungsartikel uber Ferdinand von Luninck in den Historischen Pressearchiven der ZBWEinzelnachweise Bearbeiten Karl Teppe Provinz Partei Staat S 19 Klausa S 535 Karl Ditt Raum und Volkstum Die Kulturpolitik des Provinzialverbandes Westfalen 1923 1945 S 164 Teppe Die Oberprasidenten der Provinz Westfalen S 269 Klausa S 550 Karl Teppe Provinz Partei Staat S 84 Hans Adolf Jacobsen Hrsg Spiegelbild einer Verschworung Stuttgart 1989 S 168 Klausa S 564 Ulrich Heinemann Ein konservativer Rebell Berlin 1990 S 102 Landrate im Landkreis Neuss Wilhelm von Bolschwing 1816 1842 Carl Conrad Loerick 1842 1849 Karl Friedrich Favreau 1849 1850 Leonhard Stommel 1850 Franz Aldenhoven 1850 1851 Hermann Seul 1851 1874 NN Bruckhoff 1874 1875 Constantin von Briesen 1875 1876 Kaspar von Heinsberg 1876 1888 Clemens Freiherr von Schorlemer Lieser 1888 1897 Friedrich von der Leyen Bloemersheim 1897 1906 Alexander von Brandt 1906 1916 Bruno Eichhorn 1916 1918 Ferdinand von Luninck 1918 1922 Simon Groener 1922 1929 Oberprasidenten in der Provinz Westfalen Ludwig von Vincke 1816 1844 Eduard von Schaper 1845 1846 Eduard von Flottwell 1846 1850 Franz von Duesberg 1850 1871 Friedrich von Kuhlwetter 1871 1882 Robert Eduard von Hagemeister 1883 1889 Conrad von Studt 1889 1899 Eberhard von der Recke von der Horst 1899 1911 Karl Prinz von Ratibor und Corvey 1911 1919 Felix von Merveldt 1919 Bernhard Wuermeling 1919 1922 Felix von Merveldt 1922 Johannes Gronowski 1922 1933 Ferdinand von Luninck 1933 1938 Alfred Meyer 1938 1945 Rudolf Amelunxen 1945 1946 Normdaten Person GND 128653922 lobid OGND AKS LCCN n2007027571 VIAF 74910577 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Luninck Ferdinand vonALTERNATIVNAMEN Luninck Ferdinand Joseph Meinolph Anton Maria Freiherr von vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Gutsbesitzer und OffizierGEBURTSDATUM 3 August 1888GEBURTSORT OstwigSTERBEDATUM 14 November 1944STERBEORT Berlin Plotzensee Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ferdinand von Luninck Oberprasident amp oldid 239195394