www.wikidata.de-de.nina.az
Die dako romanische Kontinuitatstheorie besagt dass die Rumanische Sprache in heutigen Rumanien auf die dako romanische Bevolkerung in der Provinz Dacia zuruckgehe und dass es eine raumliche Kontinuitat des Rumanischen im Raum der Provinz Dacia bzw in Rumanien gegeben habe Die konkurrierende Migrationstheorie geht hingegen davon aus dass die rumanisch sprechende Bevolkerung im Wesentlichen sudlich der Donau und damit ausserhalb Rumaniens uberlebte und erst spater wieder in das heutige Rumanien einwanderte Raumverhaltnisse und mutmassliche ethnisch sprachliche Verhaltnisse im fruhen Mittelalter die Ausdehnung des Bezugsraums des Rumanischen umfasst sowohl Gebiete nordlich als auch sudlich der Donau Die Jirecek LinieNachdem die Romer die Provinz im Jahre 270 aufgegeben hatten sei die dakisch romische Mischbevolkerung im Land verblieben Nach dem Hunneneinfall 376 habe sie sich aus den Stadten in die Gebirge und Walder zuruckgezogen wo sie als Bauern oder Wanderhirten die folgenden Einfalle der Goten Gepiden Slawen Awaren Petschenegen und Kiptschak uberlebt habe Aus dieser dako romanischen Bevolkerung sowie aus Geten und Griechen in der heutigen Dobrudscha seien die Rumanen hervorgegangen Deren Ethnogenese habe sich zwischen dem 6 und 10 Jahrhundert im Gebiet des heutigen Rumaniens vollzogen Diese Theorie behauptet damit nicht nur die Vorstellung von einer sprachlichen bzw ethnischen Kontinuitat des Rumanischen seit der Antike die unbestritten ist sondern daruber hinaus eine raumliche Kontinuitat Die Theorie wurde im 18 Jahrhundert von der rumanischen Siebenburgischen Schule Școala Ardeleană entwickelt und wird seitdem nahezu ubereinstimmend von rumanischen Wissenschaftlern vertreten Demgegenuber steht die 1871 von Robert Rosler weiterentwickelte und formulierte Migrationstheorie einer seiner Vorlaufer war Franz Josef Sulzer wonach die Rumanen erst im hohen Mittelalter also nach der Ankunft der Ungarn im 9 Jahrhundert in das heutige Gebiet Rumaniens insbesondere nach Transsylvanien eingewandert sein sollen Die Daker seien bei den romischen Eroberungskriegen weitgehend umgekommen die lateinischsprechende Bevolkerung sei bei der Aufgabe der Provinz evakuiert worden Die Ethnogenese der Rumanen habe sich demnach sudlich der Donau aus balkanromanischen Wanderhirten vollzogen die aufgrund ihrer Lebensweise der Transhumanz jahreszeitlicher Wechsel der Weideplatze uber grosse Entfernungen hinweg mit der Folge hoher Mobilitat 1 seit dem Mittelalter in Rumanien und Siebenburgen eindrangen Inhaltsverzeichnis 1 Argumente fur die Kontinuitatstheorie 2 Argumente fur die Migrationstheorie 3 Rumanen und Albaner 4 Ideologische Auseinandersetzungen 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenArgumente fur die Kontinuitatstheorie BearbeitenBei der Eroberung Dakiens wurden die Daker nicht vernichtet was der romischen Politik gegenuber besiegten Volksstammen auch nicht entsprochen hatte Die Walachei und das innere Transsylvanien besassen eine dakisch romanische Mischbevolkerung wie sich nicht zuletzt aus uberliefertem Namenmaterial ergibt Dies sind Fakten die auch die Migrationstheorie nicht bestreitet genauso wenig wie die zentrale Rolle des Lateinischen bei der Entstehung des Rumanischen Archaologische Funde aus der Romerzeit sind in Siebenburgen bis zum Ende des 4 Jahrhunderts belegt die Raumung der Provinz war also nicht vollstandig wenngleich nach dem Ruckzug nur noch eine sparliche Restbesiedlung vorhanden gewesen sein durfte gibt es auch Hinweise auf fortbestehende Siedlungen 2 Entscheidendes Argument der Kontinuitatstheorie ist dass sich im heutigen Siebenburgen zwar kaum romische Ortsnamen finden lassen sehr wohl aber Flussnamen mit lateinischen Wurzeln In vielen Landern wurde die Sprache der unterprivilegierten Schichten erst relativ spat verschriftlicht Die vorherrschenden Sprachen bei der Verschriftlichung waren das Lateinische Griechische auch das Kirchenslawische und zum Teil das Idiom der herrschenden bzw privilegierten Schichten in Siebenburgen zum Beispiel die Sprachen der drei herrschenden Nationen der Ungarn Szekler und Siebenburger Sachsen Dies konnte erklaren warum gerade in Siebenburgen der Nachweis der rumanischen Sprache im Mittelalter zum Teil schwerfallt Erwahnenswert ist im vorliegenden Zusammenhang auch dass die Bevolkerungsgruppe der Walachen in Siebenburgen 1288 als Universitas Valachorum in Erscheinung tritt 3 Siehe auch Nichtorganisierter StaatArgumente fur die Migrationstheorie BearbeitenDakien stand nicht viel mehr als anderthalb Jahrhunderte unter romischer Herrschaft Keine andere Provinz des Romischen Reiches ist in derart kurzer Zeit romanisiert worden Es bleibt unklar warum die Assimilation hier besonders schnell abgelaufen sein soll Die Raumung der Provinz hatte zudem insbesondere die stark romanisierten Bevolkerungsteile betroffen 4 Die archaologische Uberlieferung romischer Fundstucke reisst nach dem Ende des 4 Jahrhunderts ab International allgemein anerkannte Belege fur eine walachische das heisst rumanische Bevolkerung im Karpatenvorland gehen nicht vor das 12 Jahrhundert zuruck Auch sind kaum dakische oder romanische Ortsnamen in Siebenburgen uberliefert Flussnamen lateinischen Ursprungs konnen wie teilweise in Germanien aus anderen Gebieten retransferiert oder durch andere Bevolkerungsgruppen uberliefert worden sein Das Rumanische kennt zwar einige Worter vorromanischer Herkunft die moglicherweise aus dem Dakischen stammen vielleicht auch aus dem Thrakischen doch konnen diese auch spater in das Rumanische ubernommen worden sein zum Beispiel durch slawische Vermittlung Bemerkenswert sind gewisse Gemeinsamkeiten des Rumanischen mit dem Albanischen die auf eine Herkunft der Rumanen bzw des Rumanischen aus weiter sudwestlich gelegenen Gebieten hindeuten konnten Hierzu passt die Verbreitung der Aromunen im Grenzraum zwischen Albanien Griechenland und Slawo Mazedonien Johannes Kramer sieht in den romanischen Erbwortern des Rumanischen Belege dass diese sudlich der Donau gepragt worden sein mussen Dazu zahlt er christliche Vokabeln wie păresimi Fastenzeit von lat quadragesima die erst in der Spatantike entstanden seien wahrend Dakien bereits zuvor aufgegeben worden ist Analog zur Rheingrenze sei eine Ausbreitung des Christentums und damit der christlichen Vokabeln uber die spatantike Reichsgrenze hinaus unwahrscheinlich sodass die christlichen Vokabeln im Suden entstanden sein mussen 5 Rumanen und Albaner BearbeitenAuf Gemeinsamkeiten zwischen dem Rumanischen und Albanischen aufbauend entwickelte Gottfried Schramm eine Theorie der gemeinsamen Entstehung von Albanern und Rumanen im Gebiet zwischen Nis Sofia und Skopje Die Rumanen seien von dort aus nach Norden die Albaner nach Suden Sudwesten gewandert Mit Albanien befasste Wissenschaftler weisen diese Theorie jedoch uberwiegend als zu spekulativ zuruck 6 Die walachische Kultur des Sud und Westbalkans ist ursprunglich eng mit der Wanderviehzucht Transhumanz assoziiert Die Wanderungen der balkanischen Viehzuchter vollzogen sich Karl Kaser zufolge jedoch meist uber kurze Distanzen und zwischen stationaren Weideplatzen 7 Schramm und andere sehen hingegen bei den ursprunglichen Walachen des Balkans einen in Europa einzigartig ausgepragten Bergnomadismus der entlang der Gebirge verlaufen sei Die umstrittenen Gebiete Rumaniens sind vom Zentral und Sudbalkan ziemlich weit entfernt dies sprache gegen eine Einwanderung der Rumanen aus dieser Region Andererseits zeigt die einst und zum Teil noch heute vorfindbare weite Verbreitung sowohl rumanisch als auch albanischsprachiger Gruppen dass durchaus auch weitraumige Wanderungen dieser Volker stattgefunden haben Schramm geht fur die Bergnomaden seiner Theorie von Wanderungen bis zu 150 bis 200 Kilometer in einem Sommer aus So finden sich im weiteren Sinne walachische bzw rumanische Volksgruppen von Nordgriechenland bis in die Sudukraine also auch weit ausserhalb des historischen Dakiens Albaner siedelten hingegen nachweislich bis in das Gebiet von Attika Nach Schramms Modell waren demnach ursprunglich Romanen auf dem Balkan der Spatantike von den vordringenden Slawen in Berggegenden abgedrangt worden die bereits von den Albanern bewohnt waren Von diesen hatten sie die Transhumanz ubernommen und sich dann aus Mangel an Weidegrund von diesen bereits besiedelten Hochlandgebieten aus entlang der Gebirge nach Norden ausgebreitet mit Auslaufern bis in den Osten des heutigen Tschechien Diese hohe Mobilitat und das Siedeln in fur andere unattraktiven Bergregionen habe es den Walachen spater auch ermoglicht nach den periodischen Entvolkerungen der reicheren dichter besiedelten Ebenen Mongolen Pest Turkenkriege immer wieder in diese nachzustossen und ihren Bevolkerungsanteil dort allmahlich zu steigern 8 Ideologische Auseinandersetzungen BearbeitenBesondere ideologische Auswuchse fand die dako romanische Kontinuitat in der lateinischen Benennung von Orten so zum Beispiel wenn dem nichtrumanischstammigen Stadtnamen Cluj deutsch Klausenburg ungarisch Kolozsvar der antike dako romanische Name Napoca im Jahr 1974 angefugt wurde Cluj Napoca Andererseits ist von ungarischer Seite die Annahme einer Einwanderung der Rumanen aus dem inneren Balkan besonders im 19 Jahrhundert dazu benutzt worden rumanische Anspruche auf den inneren Karpatenbogen also Transsylvanien und westlich angrenzende Gebiete historisch zu bestreiten Obgleich das Land in den letzten zwei Jahrhunderten unbestreitbar eine rumanischsprachige Bevolkerungsmehrheit besass bestehen viele Ungarn bis heute auf der historischen Zugehorigkeit Transsylvaniens ungarisch Erdely zu Ungarn da es Teil Grossungarns war Andere Balkanwissenschaftler legen sich aufgrund der Faktenlage nicht auf eine der beiden Theorien fest 9 auch Zwischenlosungen sind denkbar zum Beispiel ein Uberleben der lateinischsprachigen Bevolkerung in einigen Ruckzugsgebieten Sowohl die Kontinuitats als auch die Migrationstheorie wurden 10 11 12 so verwendet dass die in ihnen betrachteten Bevolkerungsgruppen mit modernen Nationen identifiziert werden Das widerspricht modernen und konstruktivistischen Nationalismustheorien 13 die Nationalbewusstsein erst seit der Entstehung des modernen Nationsbegriffs im 18 und 19 Jahrhundert fur moglich halten Es ist der Nationalismus der die Nationen hervorbringt und nicht umgekehrt Ernest Gellner Literatur BearbeitenJohannes Kramer Sprachwissenschaft und Politik Die Theorie der Kontinuitat des Rumanischen und der balkanische Ethno Nationalismus im 20 Jahrhundert In Balkan Archiv 24 25 1999 2000 ISSN 0170 8007 S 103 163 Thomas Nagler Die Rumanen und die Siebenburger Sachsen vom 12 Jahrhundert bis 1848 hora Verlag Hermannstadt u a 1999 ISBN 3 929848 13 9 Transsylvanica pro Kontinuitat Ștefan Pascu Ștefan Ștefănescu Hrsg The dangerous game of falsifying history Studies and articles Editura Științifică și Enciclopedică Bukarest 1987 dieses Werk gibt einen guten Eindruck von der ideologischen Bedeutung des Gegenstandes Mircea Rebreanu Die schicksalhaften Entscheidungen in der rumanischen Geschichte Hansel Hohenhausen Egelsbach u a 1997 ISBN 3 89349 932 6 neuere rumanische Darstellung Harald Roth Kleine Geschichte Siebenburgens 2 durchgesehene Auflage Bohlau Koln u a 2003 ISBN 3 412 13502 X pro Migration Gottfried Schramm Ein Damm bricht Die romische Donaugrenze und die Invasionen des 5 7 Jahrhunderts im Lichte von Namen und Wortern Sudosteuropaische Arbeiten Bd 100 Oldenbourg Munchen 1997 ISBN 3 486 56262 2 Karl Strobel Die Frage der rumanischen Ethnogenese Kontinuitat Diskontinuitat im unteren Donauraum in Antike und Fruhmittelalter In Balkan Archiv 30 32 2005 2007 S 59 166 umfangreiche Darstellung auf der Grundlage des aktuellen Forschungsstandes pro Migration Weblinks BearbeitenWissenschaftliche Arbeit von Christian Schneider zum Kontinuitatsproblem aus Osterreich Memento vom 10 Oktober 2007 im Internet Archive Anmerkungen Bearbeiten Harald Roth Siebenburgen S 22 Nicolae Gudea Landliche Siedlungen in den dakischen Provinzen In Jahrbuch des Romisch Germanischen Zentralmuseums Mainz 56 2009 S 187ff hier S 195 online Siehe auch Vladimir Iliescu Die Raumung Dakiens im Lichte der Schriftquellen in Dacoromania 1 1973 Karl Albert Verlag Freiburg i Br S 6 27 sowie die anderen Aufsatze des Bandes Siehe ebenfalls Vladimir Iliescu Romania du Sud Est in Romanische Sprachgeschichte ed G Ernst M D Glessgen Chr Schmitt W Schweikard Vol 2 Art Nr 101 Walter de Gruyter Berlin New York 2006 S 1153 1167 Die Schlussfolgerungen dieser Arbeiten werden auch in der Cambridge Ancient History 2 Auflage Band 12 Cambridge 2005 S 53 u a ubernommen Meinolf Arens Joachim von Puttkamer Gottfried Schramm Unter welchen historischen Umstanden wurden die Rumanen zur Mehrheit auf dem Boden ihres heutigen Staates Ergebnisse einer kleinen Konferenz 18 19 10 2001 Freiburg im Breisgau In Zeitschrift fur siebenburgische Landeskunde 25 2002 Heft 1 S 62 71 hier S 64 Meinolf Arens Joachim von Puttkamer Gottfried Schramm Unter welchen historischen Umstanden wurden die Rumanen zur Mehrheit auf dem Boden ihres heutigen Staates Ergebnisse einer kleinen Konferenz 18 19 10 2001 Freiburg im Breisgau In Zeitschrift fur siebenburgische Landeskunde 25 2002 Heft 1 S 62 71 hier S 64 f Clewing in Jens Reuter Konrad Clewing Der Kosovo Konflikt Klagenfurt 2000 ISBN 3 85129 329 0 S 26 auch Noel Malcolm Kosovo A short history London 1998 M D Peyfuss Grundprobleme der Balkanologie oder Damme mussen irgendwann brechen Osterreichische Osthefte OOH 42 S 211 215 2000 Karl Kaser Familie und Verwandtschaft auf dem Balkan Wien 1995 ders Sudosteuropaische Geschichte und Geschichtsschreibung Koln 2002 ISBN 3 8252 8224 4 S 60 ff Meinolf Arens Joachim von Puttkamer Gottfried Schramm Unter welchen historischen Umstanden wurden die Rumanen zur Mehrheit auf dem Boden ihres heutigen Staates Ergebnisse einer kleinen Konferenz 18 19 10 2001 Freiburg im Breisgau In Zeitschrift fur siebenburgische Landeskunde 25 2002 Heft 1 S 62 71 hier S 65 f zum Beispiel Karl Kaser Sudosteuropaische Geschichte S 60 Ekkehard Volkl Rumanien Regensburg 1995 ISBN 3 7917 1463 5 S 13 f aus ungarischer Sicht Kurze Geschichte Siebenburgens Ungarische Akademie der Wissenschaften herausgegeben von Bela Kopeczi Budapest 1989 Kap 1 und 2 die rumanische Sicht referiert Christian Schneider Die Kontinuitat der rumanischen Bevolkerung in Siebenburgen Wien 1986 Einleitung pdf Vg Walter Pohl Conceptions of Ethnicity in Early Medieval Studies Debating the Middle Ages Issues and Readings ed Lester K Little and Barbara H Rosenwein Blackwell 1998 S 13 24 Seite 20 21 On line text Nationalismproject Uberblick uber Nationalismustheorien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dako romanische Kontinuitatstheorie amp oldid 225043562